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Eine katholische Liebe, eine irre Verwandlung sowie zwei Schiffslehrlinge auf großer Fahrt nach Indien - Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis
Achtung, bevor Sie weiterlesen noch ein wichtiger Hinweis: Ab Mai 2026 versendet EDITION digital diesen Newsletter sowie die aktuellen Pressemitteilungen nicht mehr per E-Mail. Diese Texte können Sie aber zumeist sogar eher selbst unter den Internet-Adressen https://edition-digital.de/Blog/ (bisheriger Newsletter) und https://edition-digital.de/Presse/ (Pressemitteilungen) finden. Probieren Sie es doch jetzt schon mal aus zum Eingewöhnen.
(Pinnow 17.10. 2025) Was lesen die Leute am liebsten? Die einen sagen so, die anderen sagen so. Neben Krimis aber liegen Liebesgeschichten weit vorn in der Gunst der Leserinnen und Leser. Und so erfreut die heutige Post aus Pinnow auch mit einer Liebesgeschichte, einer ganz besonderen Liebesgeschichte, die auch noch im Untertitel so heißt. Von Steffen Mohr stammt das zweite der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters, die sieben Tage lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 17.10. 2025 bis Freitag, 24.10. 2025) zu haben sind. Erstmals 1975 war im Union Verlag Berlin Am Anfang dieser Reise. Eine Liebesgeschichte erschienen die erste größere Arbeit dieses Schriftstellers, der er ein paar erklärende Sätze vorangestellt hatte: Diesem Buch liegt nicht die Absicht zugrunde, eine bestimmte Stadt zu zeichnen oder konkrete Institutionen und Personen, die darin ein und aus gehen.
In dieser Liebesgeschichte geht es um Menschen, die in unserer nächsten Umgebung wohnen könnten. Sind sie aber wirklich bei uns zu Hause? - Da ist Kurt Voland, der 26-jährige erfolgreiche Bauingenieur. Viele Freunde glaubt er zu besitzen, an jedem Finger ein Mädchen haben zu können. Auf einmal muss er erkennen, dass Freundschaft und Liebe nicht Dinge sind, die man wie eine Prämie für gute Arbeit erwerben und wieder vertun kann. Die Liebe zu der Musikstudentin Felicitas macht ihm bewusst, dass er längst nicht zu Hause, sondern immer noch auf der Reise ist zu einem wirklichen Zuhause.
Auch die 19-jährige Felicitas ist nach ihrem Bruch mit der kleinstädtisch engen Kirchgemeinde, in der sie aufwuchs, auf der Suche nach einer neuen Gemeinschaft. Ihre Seminargruppe an der Musikhochschule ist erst auf dem Wege zum Kollektiv. Das Untermietverhältnis bei der Wirtin bietet ihr kein Daheim. Kann die stille Stadtkirche, in der sie allein ist mit ihrem Gott, die Sehnsucht nach Menschen ersetzen? In der Beziehung zu Kurt wird sie lernen, dass man selbst etwas dafür tun muss, um beim Nächsten anzukommen. Doch gerade, als sie Kurt für diese Lehre danken will, sich deshalb umso stärker zu ihm hingezogen fühlt, fallen Schatten auf ihre Liebe: Kurt ist kein Mensch ohne Fehler ...
Die Frage, ob zwei junge katholische Menschen in der DDR zu Hause sein können, stellt hier ein Autor, der vieles selbst miterlebt hat.
Schlappohr, ein irrer Vogel und andere Tiergeschichten lautet der Titel des dritten der heutigen fünf Sonderangebote. Autorin ist Barbara Kühl. Die Druckausgabe von Schlappohr und andere Erzählungen war 1990 in der Reihe Kleine Trompeterbücher (Band 195) erschienen, Ein irrer Vogel 1993 - beides im Kinderbuchverlag Berlin.
Wie ergeht es einem Jungen, der feststellen muss, dass er auf einmal eine Krähe geworden ist. Und wie lebt es sich, so als Krähe, die eigentlich ein Junge ist? Gibt es doch noch eine Möglichkeit, diese Verwandlung wieder rückgängig zu machen? Es ist eine irre Geschichte, die Barbara Kühl in Ein irrer Vogel erzählt. Und eine zum Nachdenken über Menschen und Tiere.
Aber auch die Geschichten Flummi und von Schlappohr, dem geschenkten Schäferhund, über Glücksvögel im Pech, über dreizehn gerettete Krebse und Kunstreiten auf dem LPG-Schafbock sowie über eine schwarze Spinne sind lesens- und vorlesenswert.
2002 veröffentlichte Alexander Kröger im Krögervertrieb Cottbus seinen Roman Chimären: Alle Welt redet - oft von jeder Sachkenntnis ungetrübt - vom Klonen, dafür und dagegen. Ethik und Moral werden strapaziert, als gebe es keine historischen Erfahrungen. Dieses Bewegende, Zukunftsbestimmende ist Impulsgeber, Hintergrund zu dem Kröger-Roman Chimären.
Ein gewagtes Experiment gelingt. Ruhmsucht und kommerzielle Erfolgsaussichten setzen sich gegen ethisch-moralische Bedenken und gesellschaftliche Normen durch.
Eine junge Frau kommt zwischen Fronten und in persönliche Konflikte in Bezug auf ihre Partnerschaft und ihr soziales Umfeld. Die Zucht gerät gefahrbringend außer Kontrolle; die Ereignisse eskalieren, bis ...
1974 veröffentlichte Dietmar Beetz im Verlag Neues Leben Berlin den Roman Blinder Passagier für Bombay: Pitt und Latte, beide Schiffslehrlinge, also das, was man heute wohl Matrosen-Azubi nennt, sind zum ersten Mal auf großer Fahrt. In Port Sudan, unterwegs nach Indien, kommen zwei Passagiere an Bord: ein zwielichtiger Händler und Krishna, ein Bürschchen, jünger noch als Latte und Pitt, denen er sich anvertraut und die ihm zu Freunden werden.
Er will, erfahren sie, nach Karachi, zu Kamala, seiner Tante, der einzigen Verwandten, an die er sich wenden kann, seit sein Vater verstorben ist. Wird er sie aufspüren in der großen Stadt, einer der größten auf dem Subkontinent, der in verfeindete Staaten gespalten ist? Und wenn nicht, was dann, wie weiter? Und Latte und Pitt, was steht ihnen bevor?
Dietmar Beetz, 1965 als Schiffsarzt im Indien-Liniendienst, hat ein Schicksal aufgegriffen, von dem er an Bord von MS Berlin erfahren hatte, und so davon erzählt, wie es sich damals durchaus hätte ereignen können.
Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Das heutige Angebot fragt nach den persönlichen und gesellschaftlichen Gründen für einen Weg in Hass und Unmenschlichkeit und auf diese Weise auch danach, wie sich solche Entwicklungen verhindern lassen.
Aus dem Jahre 1942 stammt die Erzählung Leben und Taten des SS-Obersturmführers Förster von Friedrich Wolf. Darin enthüllt der Autor die groteske Karriere eines ambitionierten Offiziers der Waffen-SS, der von Nazi-Ideologie und persönlichem Ehrgeiz angetrieben wird. Förster, einst ein verwöhnter Student, steigt durch Protektion und skrupellose Aktionen in die elitären Kreise des nationalsozialistischen Systems auf. Doch seine glänzenden Pläne enden im Fiasko, als er bei einem Raubzug im Kaukasus von einer Kosakenpatrouille gefangen genommen wird. Diese Geschichte beleuchtet den moralischen Verfall jener Zeit und zeigt den Kontrast zwischen den großen Versprechungen des Nationalsozialismus und der brutalen Realität an der Front. Eine packende und entlarvende Darstellung über Macht, Gier und Scheitern.
Die Erzählung von Friedrich Wolf beginnt mit Erläuterungen zur Waffen-SS z.b.V zur besonderen Verwendung:
Bei den Kämpfen im Nordkaukasus bei Mursabek im Rayon Ambulak wurde vor kurzem der Obersturmführer der Waffen-SS Dr. Norman Förster von einer Kosakenpatrouille gefangen genommen. Es war der erste und zugleich letzte Kampf dieses SS-Offiziers. Bei seinem Verhör gab dieser SS-Obersturmführer, der mit seiner 4. Kompanie des Bataillons der Waffen-SS z.b.V. ausgerückt war, über diesen für seine Einheit nicht gerade glorreichen Kampf folgendes an: Unsre Kompanie sollte auf zwei schweren Lastwagen, ferner mit etlichen MGs, einer Pak, einem Stabswagen und einer Kavallerieabteilung zur Aufklärung in den Rayon Ambulak ausfahren. Zehn Kilometer ging alles gut und ruhig vor sich. Plötzlich wurden wir aus MGs beschossen.
Der eine Lastwagen mit der Pak und dreizehn Mann wendete sofort, ließ uns im Stich und fuhr mit Vollgas zurück. Auch der Leutnant der Waffen-SS Grappert haute sofort ab und schrie mir bloß noch zu, dass er bald Verstärkung schicke. Ich saß mit meinen Leuten auf dem einen Lastwagen allein mit der Pak und den zwei MGs auf der engen Gebirgsstraße fest. Wir suchten die Pak schleunigst in Gefechtsstellung zu bringen; doch der Gegner war schneller, und die Pak wurde durch ein paar Schüsse außer Gefecht gesetzt, da die Bedienungsmannschaft getötet oder verwundet war. Auch der Leutnant der uns begleitenden Kavalleristen war gefallen. Schon galoppierten die russischen Reiter heran. Ich wollte aus meiner Parabellum feuern, doch ich war so erregt, ich hatte die Parabellum beim Abspringen vom Wagen verloren. Ich nahm die Maschinenpistole eines Verwundeten, aber sie hatte eine Ladehemmung. Da lag ich nun am Boden, verzweifelt, überzeugt, dass die Kosaken mich töten würden; unsre Propaganda hatte stets behauptet, dass die Russen keine Gefangenen machen und vor allem die Offiziere töten. Ich war derart erschöpft und mitgenommen, dass ich kurz das Bewusstsein verlor. Plötzlich merkte ich etwas. Über mir stand ein russischer Kavallerist, ich griff nach meiner Maschinenpistole; aber der Russe schlug mir mit dem Kolben seines Karabiners über den Kopf und nahm mich gefangen.
Dies war der erste militärische Einsatz jener Abteilung der Waffen SS z. b. V. Jene Leibtruppe Hitlers in ihren schwarzen Waffenröcken mit dem Totenkopf am Ärmel und Mützenrand haut beim ersten Zusammentreffen mit einer Kosakenabteilung zum Teil ab; der andere Teil wird trotz seines Geschützes und seiner MGs sehr schnell außer Gefecht gesetzt. Der Obersturmführer Förster aber wird nach Verlust seiner Parabellum und nach der Ladehemmung einer Maschinenpistole mit anschließender Ohnmacht gefangen genommen. Diese Episode spricht für sich selbst. Sie ist kein Ruhmesblatt für jene Waffen-SS, für jene Nazielitetruppe, die ihre Hauptkämpfe führt gegen die waffenlose Zivilbevölkerung Prags, gegen die Frauen und Kinder Warschaus, gegen die Arbeiter Frankreichs, Belgiens und Hollands.
Aber diese Abteilung der Waffen-SS, der jener Obersturmführer Förster angehört, ist ein Bataillon z. b. V. = zur besonderen Verwendung. Es hat also eine besondere Aufgabe. Welche Aufgabe? Diese Spezialtruppe ist auf Anregung des Ministers von Ribbentrop unmittelbar dem Auswärtigen Amt Berlin unterstellt. Diese Spritztour in den Kaukasus an die Front war, wie wir später sehen werden, bloß als ein kurzes, harmloses Gastspiel gedacht, als ein sogenannter EK-Kursus, eine kleine Tournee, damit die Herren Offiziere das Eiserne Kreuz erhielten. Der eigentliche Auftrag dieser Waffen-SS war ein ganz anderer. Ihr kriegerischer Auftrag durch das Auswärtige Amt bestand darin, die Schlösser, Museen und Bibliotheken in der Etappe Russlands auszuplündern und alle Wertgegenstände, wie alte Gemälde, Skulpturen, Gobelins, Goldgerät und seltene Druckwerke, nach Berlin abzuschleppen. Wie diese Hyänen des Schlachtfeldes den Auftrag des Herrn Ministers von Ribbentrop ausführten, darüber berichtet jener Obersturmführer Dr. Förster in einem besonderen handschriftlichen Dokument. Dr. Förster schreibt: In Zarskoje Selo bei Leningrad beschlagnahmte die Kompanie die Ausstattung des großen Palastmuseums der Kaiserin Katharina. Es wurden von den Wänden chinesische Seidentapeten und vergoldete Verzierungen abgerissen. Aus dem Palast des Kaisers Alexander wurden antike Möbel und seine große Bibliothek mit bibliografischen Raritäten weggebracht. Aus den Kiewer Museen der ukrainischen Kunst, der russischen Kunst, der West- und Ostkunst sind viele Werke russischer und ukrainischer Maler und Bildhauer nach Berlin abtransportiert worden. In Charkow in der Korolenko-Bibliothek wurden einige tausend wertvolle Bücher in Prachtausgaben ausgewählt und nach Berlin gebracht. Die übrigen Bücher wurden verbrannt. Aus der Charkower Bildergalerie wurden einige hundert Bilder abtransportiert. Stickereien, Teppiche, Gobelins und andere Ausstellungsgegenstände haben sich die deutschen Soldaten angeeignet.
In der Leseprobe aus Am Anfang dieser Reise. Eine Liebesgeschichte von Steffen Mohr wird Kurt von einer Erinnerung eingeholt, die ihn nie ganz losgelassen hat: Jutta die schwarze Jutta. In einem Rückblick erwacht der Sommer, in dem sich ihre Wege zum ersten Mal kreuzten. Eine Baustelle irgendwo in Mecklenburg, flirrende Hitze, neugierige Blicke und eine Begegnung, die sich tief in sein Gedächtnis einprägt.
Darum also saß Kurt hier, und weil die Sprüche in ihm weder Herzensglauben noch irgendeine andere Art der Andacht weckten, sah er sich um unter den Jungen und Mädchen auf den ersten Bänken. Seine Gedanken glitten zurück in die Zeit, als er, so jung wie sie, die Gregorianischen Messen mitgesungen und die deutschen Jugendgottesdienste regelmäßig besucht hatte. Er dachte an seine Studentenjahre, die eigentlich gar nicht so weit zurücklagen. Und es hatte seinen Grund, dass ihm dabei, wie oft beim Zurückdenken, Jutta einfiel - die schwarze Jutta.
Denn in der Reihe gleich vor ihm hatte er ein Mädchen gesehen, dessen Kopf jetzt verborgen war durch Rücken, Schultern und Köpfe der anderen. Doch da entdeckte er es wieder, das Mädchen mit den langen, schwarzen Haaren.
Jutta! Jutta hier? Das konnte nicht sein. Und wenn sie es doch war? Vor Überraschungen war man ja bei ihr nie sicher gewesen. Vergeblich mühte sich Kurt, indem er sich hinkniete und den Kopf weit nach vorn beugte, das Gesicht des Mädchens zu erkennen. Jetzt warf sie die Haare zurück in den Nacken. Wie sie!
Natürlich war die schwarze Jutta nicht die einzige Frau gewesen, die Kurt Voland in den acht Jahren kennengelernt hatte, seit er mannbar war. Allerdings war sie das weibliche Wesen, das ihm häufiger als andere einfiel, unverhofft beim Einschlafen, im Halbdämmer des Erwachens, wenn er sich eilig rasierte oder auch irgendwann auf der Arbeit. Stand er allein auf einem Gerüst, oder er glaubte gerade, mit der ganzen Kraft seiner Gedanken auf die Rohrleitung konzentriert zu sein, die verstopft war, und er saß rittlings darauf und klopfte sie mit dem Hammer ab, um den Fehler zu finden, da dachte er plötzlich an sie. Er hatte versucht, herauszubekommen, warum er sich so oft an diese weit zurückliegende Geschichte erinnerte, sich auch gefragt, ob er die Frau im Unterbewusstsein vielleicht noch liebe, aber das konnte nicht sein. In diesem Punkte kannte er sich, da wäre er mit Sicherheit an einem der nächsten freien Tage zu ihr gefahren. Sie wohnte in einem Kuhnest im Mecklenburgischen, die Verbindung war die denkbar schlechteste. Kurt hätte das nichts ausgemacht, wäre ihm wirklich an der Schwarzen gelegen gewesen. Nach ihr hatte er verschiedene Frauen und Mädchen gekannt. Sie waren bloß Schattenfiguren in seinem Gedächtnis geblieben. Die ältere Bekanntschaft - er war damals zwanzig, sechs Jahre war die Geschichte alt! - trat, ohne dass er es wollte, in Abständen von einigen Wochen manchmal so deutlich vor seinen Sinn, dass er glaubte, nicht Jahre wären inzwischen vergangen. Alles war frisch; er erinnerte sich an viele kleine unbedeutende Begebenheiten, als hätte er sich gestern erst von der schwarzen Jutta verabschiedet.
Sommer war es damals, Semesterferien. Kurt war der einzige Student in der Baukolonne, ein Student im Praktikum, das er sich selbst organisiert hatte, er brauchte Geld für eine Polentour. Dann war er nicht nach Polen gefahren, war in dem Kuhnest geblieben bei Jutta den ganzen August. Er hörte von ihr bereits am ersten Tag, als er auf der Baustelle eintraf. Die Maurer saßen zum Frühstück auf den Grundmauern der Halle, die sie hochziehen sollten zu einem ACZ, das weithin über dem flachen Land zu sehen sein würde, also zu einem Agrochemischen Zentrum, einem der ersten im Land überhaupt, wie sie Kurt berichteten, und sogar eine Piste für Hubschrauber sollte neben der Halle angelegt werden. Hubschrauber, die von hier aus starten und kilometerweit hineinfliegen würden in den mecklenburgischen Himmel und Dünger streuen und die Saat von oben aus der Luft.
Langeweile würde er also nicht haben, sagte ein jüngerer Maurer, dessen Oberkörper wie bei allen Männern hier von einer fast ins Schwarze gehenden Farbe war, im Unterschied zu Kurt, der sich vor seiner Abfahrt noch für gut durchgebräunt hielt, nun aber einsah, dass er noch einiges nachzuholen hatte. Ein leichter Wind, der wenig gegen die Hitze ausrichten konnte, spielte mit den Gräsern, die Männer bissen in ihre Brote, unaufhörlich zirpten die Grillen, jemand goss sich Tee aus der Emailkanne ein in seinen Becher. Nach einer Weile, in der er offenbar nachgedacht hatte, ob man dem Neuen die Sache schon erzählen könne am ersten Tag, ging ein Grienen über das Gesicht von einem der Maurer, er sagte: Langeweile sicher nicht, das Leben sei hier bunt, besonders wenn er mal Bekanntschaft mit der schwarzen Jutta schließen würde. Ein trockenes Lachen der Männer antwortete auf diese Bemerkung, einer von ihnen verschluckte sich und riss den nackten Arm hoch, um wieder zu Luft zu kommen. Kurt hätte gern gewusst, was es mit dieser schwarzen Jutta auf sich hatte, aber die Männer schwiegen nun, und er wollte sich nicht gleich am ersten Tag mit einer Frage blamieren, die den Männern möglicherweise wieder Grund zum Lachen gegeben hätte, auf Kurts Kosten.
Er hatte das Gespräch vergessen, als sie eines Nachmittags, während er nur mit einem älteren Kollegen an der Mischmaschine stand, ein wenig abseits von den anderen, das Geräusch eines Traktors hörten, das näher kam, auf die Baustelle zu. Der andere drehte den Kopf, spuckte aus und stieß Kurt in die Seite, jetzt sollte er aufpassen, da ströme sie heran, die schwarze Jutta. Als der Name fiel, kam es Kurt wieder in den Sinn, welche Vorstellung er sich damals von der Frau gemacht hatte. Ein Wesen hatte er sich ausgedacht, das etwa zwischen fünfunddreißig und fünfzig Jahren alt war. In seiner Fantasie trug sie die vernarbten, maskulinen Züge einer Zigeunermutter, vielleicht war sie auch ein Mischling, halb Weiße, halb Negerin, jedenfalls groß und mit einer schweren Stimme wie die jazzgewaltige Mahalia Jackson. Er war enttäuscht, als vor ihnen ein Mädchen vorfuhr, das in seinem Alter sein konnte - später erfuhr er erst, dass sie schon dreiundzwanzig war - etwas füllig freilich, aber dort, wo man es gern sah an einer Frau. Dort, wo ihre Hüften saßen, schien der Leib des Mädchens geradezu eingeschnitten von einem breiten, goldbeknopften Ledergürtel, die Taille setzte sich bei ihr fort in einem leicht üppigen, aber doch nicht unangenehm ausschwingenden Unterbau. Oben war sie allerdings reich gesegnet, sie wusste das und setzte sich straff auf, als sie, nun angekommen, vor den Männern noch eine Runde drehte, um den Motor leicht auszufahren. Jetzt bemerkte Kurt ihr tiefschwarzes glänzendes Haar, von Weitem hatte er das nicht sehen können, und es beeindruckte ihn sehr. Dieses Haar trug sie offen, es bedeckte den Rücken und endete kurz vor ihrem Ledergürtel. Scharf vor Kurt hielt sie an und musterte ihn vom Kopf bis zu den Füßen. Er war immer noch etwas enttäuscht, dass sie keine Negerin war oder wenigstens eine Zigeunermutter. Sie blieb auf dem Sitz, auf einmal sagte sie mit einer fordernden, aber nicht dunklen, eher noch vollen und weichen Stimme, laut sagte sie: Hebt mich denn keiner runter? Lachend trat der ältere Maurer auf das Fahrzeug zu, streckte schon die Arme nach ihr aus, da fuhr sie ihn an: Mach dir die Pfoten nicht schmutzig. Rasch zog der Mann die Hände zurück. Die Schwarze sah Kurt an, sie ließ die Feuerkünste ihrer Augen spielen. Er war zu verwundert, als dass er begriff, was sie von ihm verlangte. Da sprang sie mit einem Satz herunter. Im Sprung berührte sie scheinbar unabsichtlich seine Schulter mit der Hand, wieder drehte sie ihm das Gesicht zu. Diesmal war das Feuer in ihren Augen zu lauter kleinen Lachfünkchen geworden.
In der Leseprobe aus Schlappohr, ein irrer Vogel und andere Tiergeschichten von Barbara Kühl wird der Leser mitten in ein ebenso verrücktes wie spannendes Abenteuer geworfen: Ein Junge findet sich plötzlich im Körper einer Krähe wieder und sein Vater, ein leidenschaftlicher Forscher, sieht darin die Chance auf eine wissenschaftliche Sensation. Zwischen skurrilen Experimenten, Verwandlung und einem gehörigen Schuss Humor entfaltet sich eine turbulente Geschichte voller Fantasie.
Ach, was! Lebende Krähen liegen nicht im Bahnhof rum. Siehst du, sie ist mausetot. Wieder schubst mich ein Schuh.
Vorsicht, das ist mein Sohn!, zetert da mein Vater los, bückt sich, rafft mich empor, drückt mich an seinen Kittel.
Gibt das ein Gelächter! Der Krähenkadaver da det soll Ihr Sohn sein?
Als sich mein Vater schweigend umdreht, murmelt irgendwer: So ein Bekloppter! Der hat doch mehr als einen Vogel.
Die Fahrt zum Institut dauert kaum fünf Minuten. Der Pförtner grüßt, und schon gehts ab in die geheiligten Räume. Dabei redet mein Vater ununterbrochen von seinem Flug-Gen-Projekt natürlich und davon, dass heute ein besonderer Abschnitt seiner Forschungen begänne. Deine Krähenwerdung, Robert was für ein Glücksumstand! Ich bin sicher, durch diesen Zufall das Geheimnis um die Flugfähigkeit des Menschen enträtseln zu können. Sag nichts, Robert! Kein Wort über den Verwandlungshergang, damit ich keine falschen Schlüsse ziehe. Erst nach den Untersuchungen werde ich deine Aussagen protokollieren. Und nicht die kleinste Bemerkung zu meinem Assistenten, Robert!
Okay, Papa!, will ich sagen, aber es wird nur ein lang gezogenes Kra-ah.
Da stutzt mein Vater. Donnerwetter, Robert, dein Gekrächze klingt verblüffend echt. Die Sprache der Krähen entschlüsseln! Möglicherweise gelingt mir auch das.
Richtig glücklich ist mein Vater. Und plötzlich küsst er mich auf den Schnabel. Ja, es sind deine Augen, mein Junge. Unverkennbar. Und ich ahne, dass ich kurz vor einer sensationellen Entdeckung stehe.
Eine Tür klappt. Schritte. Oh, Herr Professor! Wieder auf Krähenjagd gewesen?
Hallo, Servatius, sagt mein Vater. Ich glaube, heute werden wir zu Schlüsselergebnissen gelangen. Mit Hilfe meines ..., dieses Wesens hier. Also getrennte Untersuchungen, Vergleichen der Ergebnisse. Klar?
Alles klar.
Na, und dann stellt mein Vater vielleicht was an mit mir! Das Wiegen geht ja noch, aber was da alles zu messen ist an meinem Körper! Kopfumfang, Brustumfang, Beinumfang, Schnabel-, Schwanz- und Flügellänge, Flügelspannweite, Krallenabstand, Durchmesser von Pupille und Popo. Beim Zählen der Schwung- und Schwanzfedern vertut sich mein Vater ein paarmal, schiebt die Brille hoch, drückt die Daumen auf die Augenlider. Die Aufregung, weißt du?, sagt er entschuldigend, man ist eben keine Maschine.
Schließlich durchleuchtet mich mein Vater von allen Seiten und speichert auch diese Daten in den Computer ein. Und dann kommt der Hammer. Ein bisschen Kramen, ein bisschen Klimpern, ein paar Streicheleinheiten, eine Spritze. Ich benötige ein bisschen Blut von dir, Robert. Keine Angst, es ist gleich vorbei.
Die Nadel berührt kaum meine Haut, da hab ich meinem Vater schon an den Kittel gekackt. Mir reichts, verdammt noch mal! Mir reichts! Laut krächze ich meinen Protest durch das Labor und denke sogar an Flucht.
Da ruft von irgendwoher eine weibliche Stimme: Herr Professor! Telefon!
Jetzt nicht!, schreit mein Vater. Ich will jetzt nicht gestört werden!
Wieder werde ich umklammert, wieder zielt diese ekelhaft spitze Kanüle auf meinen Leib. Es muss sein, Robert.
Noch einmal schallt die Stimme durchs Labor. Herr Professor, der Anrufer verlangt dringend nach Ihnen.
Wer ist es denn?, blafft mein Vater ungehalten.
Ihr Sohn.
Wer?
Ihr Sohn Robert.
Das Gesicht über mir verfärbt sich, wird aschfahl. Die Augen starren irgendwohin ins Leere, tonlos bewegen sich die Lippen. Die Hand mit der Spritze entfernt sich in Zeitlupentempo, die andere gibt mich frei. Noch nie habe ich meinen Vater so gesehen, so entsetzt, so fassungslos. Sogar der Atem scheint ihm auszugehen, als hätte ihm jemand in die Magengrube geschlagen. Dieser Bengel! Dieser unverschämte Bengel!, flüstert er endlich und stelzt mit hölzernen Bewegungen aus dem Labor.
Was läuft hier ab? Wie kann ich meinen Vater ans Telefon rufen lassen, wenn er mich zur selben Zeit Feder für Feder unter die Lupe nimmt? Was ist das für ne Teufelei? Seelenwanderung oder so n Zirkus? Irgendein Streich ist das, ein ganz mieser Trick von irgendeinem Mistkerl.
Tobias etwa? Nee, der traut sich so was nicht, der nicht.
Aus dem Nebenraum dringen Geräusche. Krächzt da nicht wer? Ich stakse rüber. Und was finde ich? Jede Menge Käfige, in drei Etagen übereinander, besetzt mit Krähen aller Art. Hallo, Kumpels!, begrüße ich sie lahm und krieg ne Gänsehaut. Mein Vater wird mich doch nicht in so ein Drahtgehäuse stecken? Es wird Zeit, dass er mich zurückverwandelt, irgendwie.
Als mein Vater wieder auftaucht, streicht er leise mit dem Finger über meinen Hals und murmelt: Ich hätte es mir denken müssen. Ja, ich hätte es mir denken müssen. Aber diese Augen! Wie kommst du Vogel zu Roberts Augen? Blöde Frage! denke ich und stoße ungeduldig hervor: Mach endlich Schluss mit dem ganzen Zauber, Papa! Deine Experimente stehen mir bis hier.
Verständnislos starrt mir mein Vater in die Pupillen. Schade, dass ich nicht Doktor Dolittle bin, antwortet er auf mein Gekrächze und öffnet ein Fenster. Er hat mich also nicht verstanden. Begreifen kann ich es zwar nicht, aber ich werde schon noch dahinter kommen.
In der Leseprobe aus Chimären von Alexander Kröger wird der Leser in eine Welt zwischen Realität und Illusion geführt. Wissenschaft, Macht und menschliche Hybris verschmelzen zu einer spannungsgeladenen Erzählung, in der nichts so ist, wie es scheint. Ein Text, der Fragen nach Fortschritt, Verantwortung und den Grenzen des Machbaren aufwirft.
Eines Abends, nach einem dieser Dialoge der beiden, rief Shirley Lux. Hallo, mein Lieber, gehen wir ein wenig spazieren?
Lux blickte zunächst erstaunt, denn in der letzten Zeit war Derartiges selten vorgekommen. Gern, antwortete er.
Sie schlenderten durch eine stille Straße an gepflegten Vorgärten entlang. Selten kam ein Auto. Aus einigen Fenstern der von Grün gesäumten Villen schimmerte Licht. Nur vereinzelt gingen Passanten ihrer Wege.
Da fragte Shirley: Was ist eigentlich mit Schäffi, Lux? Sie wirkt so niedergeschlagen in der letzten Zeit.
Lux antwortete zunächst nicht. Er sprang auf eine niedrige breite Einfassungsmauer und lief auf dieser entlang neben Shirley her. Die wird schon wieder werden, antwortete er dann mit rauer Stimme.
Aber was hat sie?, beharrte Shirley.
Sie ist halt ein wenig unglücklich, kann man ja auch verstehen, entgegnete Lux, und es klang, als sei ihm die Fragerei lästig.
Wieso unglücklich?
Naja - man ist halt kein Mensch, aber auch kein richtiger Hund mehr. Weißt nicht, wohin du gehörst. Das Mäuerchen endete, er sprang herab und setzte an die Ecke eine Marke, was Shirley geflissentlich übersah.
Die Frau ging schweigsam. Ähnliches hatte sie befürchtet, aber gehofft, die kindlichen Gemüter würden in eine solche Verfassung nicht geraten oder sich wenigstens schnell darüber hinwegsetzen. Und was, glaubst du, können wir für sie tun?
Einen Platz ihr, uns geben.
Einen Platz ... Pass auf, sag ihr das: Shirley zögerte, sprach dann eilfertig. Wenn ihr erst mehr seid, die sich verstehen ... Du siehst ja, fast täglich kommt einer hinzu, dann wird es lebhafter, und ich weiß, Direktor Lehmann schafft euch eine Umgebung und Aufgaben zum Wohlfühlen. Auch für uns ist das neu. Sag ihr das!, wiederholte sie, und sie schämte sich, dem Harmlosen ihren eigenen Wunschtraum anzubieten, der ohne jede Aussicht auf Erfüllung war.
Ich sag es ihr.
Und Shirley schaute pikiert weg, als er am Pfeiler eines Gartentors abermals das Bein hob. -
In der Leseprobe aus Blinder Passagier für Bombay von Dietmar Beetz wird der Leser mitten in die verzweifelte Welt eines Jungen geworfen, der auf den Straßen ums Überleben kämpft. Hunger, Verlust und der Kampf gegen die Hoffnungslosigkeit prägen seine ersten Schritte auf einer gefährlichen Reise eine Geschichte, die packend, bewegend und atmosphärisch dicht erzählt ist.
Irgendwann sah er dann nur noch den Tisch, der gedeckt war, beladen mit einem Stapel duftender Brotfladen, mit goldgelber Butter, mit Rührei auf einem riesigen Teller, einem ganzen Berg aus Rührei... Und Krischna versuchte im Traum, darauf zuzugehn, schluckend, von Hunger gewürgt, am Hals zurückgehalten von unsichtbarer Hand. Er wehrte sich gegen den Würgegriff, wollte ihn abschütteln, sich befrein, um an den Tisch zu gelangen; da wurde er plötzlich beiseite gestoßen, stürzte hin, schlug mit dem Kopf auf einer harten Unterlage auf und - erwachte.
Und sah, ohne zu begreifen, eine Gestalt aufspringen, in der Gasse verschwinden, und erkannte über den Dächern und unter dem Torbogen den Himmel, der eben dämmerte, einen Fetzen Morgenhimmel, und bemerkte mit einer Gewissheit, die ihn entsetzte, einen kostbaren Atemzug lang lähmte, wie niedrig sein Kopf lag, wie hart und flach auf der Matte.
Als Krischna wieder zur Besinnung kam, keuchend, taumelnd, von Schweiß überströmt, erschöpft, wusste er nicht, wo er sich befand, nicht, wie weit er gerannt war. In seinen Ohren hämmerte das Blut, und vor seinen Augen tanzten Funken. Dennoch lief er weiter, setzte beinah mechanisch Fuß vor Fuß, schlurfend.
Genauso gedankenlos, fast instinktiv, war er, nachdem er das erste Entsetzen überwunden hatte, aufgesprungen und losgestürzt, dem Dieb hinterher, schreiend. Anfangs schien die Entfernung gleich zu bleiben, sich gar zu verkürzen; mit flatterndem Hemd, das Bündel an die Brust gepresst, lief der Bursche, der Krischnas Nachbar gewesen war, hüpfend über das Pflaster, zunächst nur mit einem Vorsprung von etwa dreißig, kaum mehr als fünfunddreißig Metern. Der Dieb aber kannte hier jeden Winkel, und die Gassen und Straßen waren zu dieser Stunde fast leer. Niemand hielt ihn auf; unbehindert konnte er um Ecken biegen, immer wieder die Fluchtrichtung ändern. So war es ihm gelungen, zu verschwinden im Labyrinth dieser Stadt; so war er entkommen.
Es dauerte eine Weile, bis Krischna das voll begriff. Noch sträubte er sich, das ganze Ausmaß seines Unglücks einzusehn. Mit zitternden Beinen schlurfte er weiter, ziellos.
Sicher hatte er, als er aufgesprungen war, schreiend, tierisch schrill, die anderen Obdachlosen unter dem Torbogen geweckt. Vielleicht hockten sie jetzt auf ihrem Lager, redeten erregt durcheinander, bedauerten ihn und überlegten sogar, wie sie ihm helfen könnten.
Krischna war zu verstört, um diese Möglichkeit auch nur zu erwägen. Selbst an die Matte, die er liegengelassen hatte, erinnerte er sich erst, als es zum Umkehren zu spät war. Mit aufgerissenen und dennoch blicklosen Augen irrte er weiter in die Richtung, in der er den Dieb hatte verschwinden sehn.
Da fiel aus der Hose, die bei der Verfolgung verrutscht war, ein gelbliches Stück Knorpel auf das Pflaster. Beinah wäre Krischna daraufgetreten; wie mechanisch bückte er sich danach. Beim Aufrichten begannen plötzlich die Straße, die Häuser, der Himmel vor seinen Augen zu wanken, zu verschwimmen.
Und dann saß er auf dem Pflaster, unmittelbar neben einer Gosse, aufgestützt mit der einen Hand, in der anderen das Mittelstück der Trophäe - der einzige Besitz, der ihm geblieben war. Das begriff er nun mit voller Klarheit, und jetzt, erst bei dieser Erkenntnis, fing er zu schluchzen an, bitter und schwer.
Zu den großen Geheimnissen von Literatur gehören Erfindungen und Verwandlungen, die in der Wirklichkeit undenkbar scheinen, auf Buchseiten und damit auch in den Köpfen der Leserinnen und Leser jedoch durchaus möglich
Ein schönes Bespiel für eine solche Verwandlung findet sich in der Erzählung Ein irrer Vogel, in der sich ein Junge in eine Krähe verwandelt. Das bedeutet ein sehr anderes Leben und verleitet vielleicht zu Gedankenflügen: Wie würde es sich anfühlen, wenn man sich selbst einmal in eine Krähe verwandelt? Zumindest für kurze Zeit und mit der jederzeitigen Möglichkeit zur Rückverwandlung. Wie wäre das so ein Leben als Krähe?
In diesem Zusammenhang ist es nicht uninteressant, kurz darüber nachzudenken, was wissen wir Menschen eigentlich über diese schwarzen Vögel, die Krähen, und ihr Verhalten? Und warum heißen die Krähen Krähen?
Eine kurze Recherche ergibt, dass die Bezeichnung Krähe in fast allen indogermanischen Sprachen ein lautmalerischer Name ist, der ihre typischen Lautäußerungen nachahmt: ahd. krâwa, mhd. krâ, kraeje, kreie oder krowe, altslawisch krâja.
Weiter ist zu erfahren, dass auch die Krähen, die wie die größeren Raben zur Familie der Rabenvögel gehören, sehr anpassungsfähig sind und sehr unterschiedliche Lebensräume nutzen. Oft sind sie dabei den Menschen sehr nahe.
Und noch etwas Wichtiges: Sowohl Raben als auch Krähen gehören zu den intelligentesten Vögeln überhaupt und sie lernen erstaunlich schnell und dauerhaft. So habe ein Team um Heather Cornell an der University of Washington 2006 durch Experimente mit Masken herausgefunden, dass die Amerikanerkrähen auf dem Campus der Universität in der Lage waren, sich Angreifer zu merken. Sie gaben dieses Wissen auch weiter. Im näheren Umfeld reagieren bereits nach zwei Wochen 60 Prozent der Krähen auf die Maske des Angreifers. In einer darauffolgenden Studie konnte belegt werden, dass dieses Wissen um die Gefahr sogar an die Nachkommenschaft weitergegeben wurde. Die Krähen der nächsten Generation erkannten die ihnen eigentlich unbekannte Maske ebenfalls als Gefahr.
2012 fand Alex Taylor von der University of Auckland bei einem Experiment mit Neukaledonienkrähen heraus, dass die Vögel die Fähigkeit besitzen, bei einem beobachteten Phänomen auf eine versteckte Ursache zu schließen. Die Krähen stellten einen Zusammenhang her zwischen einem Stock, der sich scheinbar von selbst bewegte, und einem Menschen, der kurz darauf ein Versteck in der Nähe des Stocks verließ. Zuvor war vermutet worden, dass nur Menschen in der Lage sind, eine solche Schlussfolgerung zu ziehen.
Vielleicht wäre es manchmal gar nicht so schlecht, sich zumindest für kurz Zeit in Krähen zu verwandeln?
Nur eine Gefahr spricht dagegen. Denn zum Beispiel im Internet finden sich auch viele wirkungsvolle Tipps und verschiedene Werkzeuge zum Vertreiben von Krähen von glänzenden, sich bewegenden Gegenständen über laute Geräusche bis zu Ultraschall-Vertreibern. Das aber hört sich doch irgendwie gemein an, oder?
Bleiben Sie ansonsten weiter vor allem schön gesund und munter und der Welt der Bücher gewogen. Die nächsten Sonderangebote werden wieder mal per Lkw abtransportiert.
Dazu gehört das Kinderbuch Die Sommerkinder von Ralswiek von Gerhard Dallmann, das erstmals 1980 bei der Evangelischen Verlagsanstalt Berlin erschienen war.
Evelyn und Borstel, die beiden wribbligen Elfjährigen, sind zuerst verzankt, dann aber bald auf gemeinsame Abenteuer aus. Evelyn liebt ihr Pferd Atlanta, sie ist eine tüchtige Reiterin. Borstel, sehr nachdenklich, liebt die Vogelwelt. Eine gefahrvolle Kletterpartie am Steilufer auf der Suche nach den Uferschwalben hat ihre Folgen.
Dann ist da noch der liebe alte Opa Wedemeier, der Herr Büchner mit seinen Studenten, da ist die in dauernder Angst schwebende Tante Doris Stirnbach.
Die tolle Sache mit der Höhle und der Riesenfledermaus ist genauso schrecklich spannend wie das Gniedeln. Wer weiß, was Gniedeln ist? Psst! Heimlichkeit!
Der Ort, wo die beiden ihre Streiche spielen, ist die Stätte der heutigen Störtebeker-Festspiele auf der Insel Rügen. Wer die Geschichte von Evelyn und Borstel gelesen hat, der wird dort alles sehen können: Das Schloss, die drei Schwarzpappeln, die Kirche, die Höhle, das heute leider abgebrannte Hexenhaus und die Försterei Augustenhof.
Die Sommerkinder von Ralswiek von Gerhard Dalmann lesen sich auch heute noch spannend bis zum letzten Satz. Viel Vergnügen bei der Lektüre.