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Degen und Pistolen im Landtag, Rache von Bastindas Schatten und Erlösung aus langer Einsamkeit - Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis
(Pinnow 09.05.2025) Wussten Sie, dass auf den mecklenburgischen Landtagen nicht nur politisiert, sondern auch der Degen oder Pistolen gezogen wurden? Ist Ihnen bekannt, dass mecklenburgische Dorfschullehrer nicht als Einjährigfreiwillige im deutschen Heer dienen durften? Wenn nicht, der Autor wird Ihnen davon berichten und zwar im zweiten der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters, die sieben Tage lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 09.05. 2025 bis Freitag, 16.05. 2025) zu haben sind. Anschließend an seinen ersten Band Wie aus Meklenburg Mecklenburg wurde. Geschichten und Personen nimmt Lutz Dettmann seine Leserinnen und Leser in Geschichten aus der Geschichte. Geschichten und Personen aus Mecklenburg wieder mit in die Geschichte Mecklenburgs, erzählt, warum der Postillion nicht unbedingt der Traumberuf eines jeden Jungen war, berichtet vom Brückenschlag über den Schweriner See und stellt ein besonderes Mühlen- und Bienenmuseum bei Woldegk vor. Wir werden Zeuge der Hochzeit des letzten Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin und sitzen auf einem der Bahnsteige des Schweriner Hauptbahnhofs bei Kaffee und Kuchen. Der Leser begibt sich in das Mecklenburg des frühen 19. Jahrhunderts, erfährt etwas über das Schulwesen in beiden Großherzogtümern und nimmt Teil am Landtag in Sternberg. Wie im ersten Band seiner Geschichten erfahren wir das alles auf eine leicht zugängliche, unterhaltsame Weise. Die 26 Texte, zum Teil Erstveröffentlichungen, zum Teil schon in der Schweriner Volkszeitung, im Nordkurier, der Zeitschrift Mein Mecklenburg und anderen Publikationen erschienen, sind in diesem Buch erstmals vereint und einige der Texte auch erweitert worden. Geschichten für Zwischendurch - Geschichte, einmal anders erzählt. Das gedruckte Buch zu diesem E-Book erschien gleichzeitig bei EDITION digital, Imprint des Geschichtlichen Büchertisches Ralf G. Jordan, 31162 Bad Salzdetfurth.
In seinem erstmals 1942 in Moskau erschienenen Roman Der Hirt von Rauhweiler entfaltet Adam Scharrer ein kraftvolles Panorama des dörflichen Lebens im ausgehenden 19. Jahrhundert - rau, archaisch und durchdrungen von sozialen Spannungen. Im Mittelpunkt stehen zwei außergewöhnliche Figuren: Eva Illenschauer, Tochter eines verachteten Schinders, klug, unbeugsam, ausgegrenzt. Und Franz Leikant, ein ehemaliger Soldat, der als Hirt für seine Familie, für Gerechtigkeit und für seine Würde kämpft. Als Textgrundlage für das E-Book diente die 2. Auflage, die 1969 im Aufbau-Verlag Berlin und Weimar erschienen ist.
Erstmals 1997 erschien als Band 2 der Nikolai-Bachnow-Bücher Die Schlange mit den Bernsteinaugen von Aljonna und Klaus Möckel damals noch unter dem gemeinsamen Pseudonym Nikolai Bachnow, das erst viel später aufgelöst wurde.
Im Süden des Zauberlandes befindet sich ein Schloss, das einst der Hexe Bastinda gehörte. Doch Bastinda ist tot und das Schloss verfallen. Nach einem langen, heißen Sommer, in dem alle Bäche versiegten, entzündet sich das Gras im Hof, und von dem früher prächtigen Palast bleibt nur noch Glut und Asche. Aus der Asche aber kriecht die schöne und hinterlistige Schlange Lelia hervor, eine Kreatur Bastindas, und auch der Schatten der Hexe bekommt durch die Glut neues Leben eingehaucht.
Im Zauberland geht inzwischen alles seinen friedlichen Gang, niemand ahnt etwas von diesen Geschehnissen. Bastindas Schatten jedoch sinnt auf Rache. Sein Ziel ist es, mit Hilfe der Schlange dem Weisen Scheuch sein Nadelgehirn, dem Löwen seinen Mut und dem Holzfäller sein mitfühlendes Herz zu rauben.
Erstmals 2004 veröffentlichte Alexander Kröger im Verlag KRÖGER-Vertrieb Cottbus Robinas Stunde null, den 2. Teil der Robina Crux-Serie. Vagabundierende Raumfahrer erlösen Robina aus jahrzehntelanger Einsamkeit auf dem Kristallboliden. Doch sie begegnen ihr distanziert. Während der Reise zu einem lebensfreundlichen Planeten erfährt Robina vom abscheulichen Tun der Fremden.
Robina kehrt nach Jahren zurück, aber wie findet sie ihre Erde vor! (Siehe dazu Der erste Versuch von Alexander Kröger.) Doch hoffnungsvoll gesellt sie sich zu jenen, die einen Neubeginn wagen.
Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Wieder stehen die Schrecken des Krieges m Mittelpunkt. Aber auch Hoffnung, verzweifelte Hoffnung.
Bittere Feldpost diese Sketchs von Friedrich Wolf entstanden in den Jahren 1942 bis 1944. Diese Sammlung von kraftvollen und erschütternden Sketchs aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, die das menschliche Drama hinter den Kulissen der Front beleuchten. Durch lebendige Dialoge und packende Szenen gibt das Buch einen intimen Einblick in das Leben und die Sorgen von Familien, Soldaten und Zivilisten, die mit Verlust, Angst und Hoffnung umgehen. Die Geschichte von Kurt, dessen Eltern sich verzweifelt nach Nachrichten von ihm sehnen, steht stellvertretend für Millionen. Ein Werk, das die Unmenschlichkeit des Krieges aufzeigt und gleichzeitig die tiefe Menschlichkeit jener, die durch ihn geprägt wurden. Ein zeitloses Buch für alle, die sich mit Geschichte, Menschlichkeit und den bleibenden Auswirkungen des Krieges auseinandersetzen wollen.
In seiner Sammlung Geschichten aus der Geschichte. Geschichten und Personen aus Mecklenburg nimmt Lutz Dettmann die Leserinnen und Leser mit auf eine Reise durch Mecklenburgs Vergangenheit lebendig, detailreich und oft mit einem Augenzwinkern erzählt. In der folgenden Episode geht es um den Paulsdamm bei Schwerin eine unscheinbare, aber historisch bedeutsame Verbindung über den See, deren wechselvolle Geschichte vom mühsamen Handelsverkehr bis zur modernen Verkehrsplanung reicht. Wer glaubt, Brücken seien nur Bauwerke, wird hier eines Besseren belehrt.
Mit dem Paulsdamm bekam Schwerin einen besseren Anschluss nach Osten
Über den Sinn oder Unsinn der Verlängerung der Nordtangente in Richtung Paulsdamm wurde in den letzten Monaten viel diskutiert. Nun, dem Autor steht es nicht zu, an dieser Stelle darüber zu diskutieren, auch wenn er mehr einen Unsinn in diesem Projekt sieht. Sie wird wohl kommen, die neue Paulsdammbrücke. Anlass für mich, über ihre Vorgänger zu berichten.
Wie fing alles an? Nun, über Jahrhunderte führten die Handelsstraßen um den großen See, um von Osten nach Schwerin oder umgekehrt zu kommen. Ein Heidenaufwand an Strecke und Zeit, dem Handel nicht förderlich. So ließ man, wenn möglich, die Stadt, im wahrsten Sinne des Wortes, links liegen. Und auch für die Schweriner war der große See ein Problem. So wurde man keine Handels- oder sogar Hansestadt, hatte zwar seinen zollfreien Stapelplatz in Wismar. Doch das wars bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts.
Großherzog Paul Friedrich, 1837 aus Ludwigslust nach Schwerin zurückgekehrt, prägte in den Jahren seiner Regierung nicht nur das Bild der Residenz, sondern förderte auch das Gewerbe in seiner Residenz. 1840 begannen die Arbeiten für die Schüttung des Paulsdamms, der den Verkehr mit allen östlichen Landesteilen erleichtern sollte. Ob, wie oft zu lesen ist, wirklich jeder Bauer, der nach Schwerin kam, Feldsteine für die Schüttung des Dammes mit sich führen musste, bezweifle ich. Jedenfalls wurde ein Kanal vom Ziegelsee durch das Wickendorfer Moor gegraben, um die Erdmassen für die Schüttung des Dammes zu transportieren. Für die Befestigung des Dammes wurden 3.000 Fuder (4.170 m3) Faschinen benötigt. Die Bauleitung hatten die Baumeister Jatzow und Wier.
Bereits 1842 konnte die neue Chaussee übergeben werden! Sie war, wie auch die anderen mecklenburgischen Chausseen, nach dem Mc Adamschen Prinzip (siehe Wie aus Meklenburg Mecklenburg wurde, Edition digital 2021) gebaut worden. Auf einzelnen Streckenabschnitten wurde ein Sommerweg angelegt, die Bankette teilweise erhöht.
Die erste Paulsdammbrücke war bereits eine Drehbrücke. Das Tragwerk der Brücke unter der Fahrbahn als Ziegelmauerwerk, verbunden mit Kalkmörtel, die im Wasser ragenden Bauteile mit Zement gefugt. Die Brückenöffnung betrug 4,80 m. Die Länge der kürzeren Flügelmauer betrug 5,23 m, die nordwestlichen Flügelmauern 5,59 m. Beide Mauern deckten Sandsteinplatten ab. Die Höhe der Stirn und Flügelmauern betrug 2,08 m. Zur Sicherung der Mauern und des Drehkreises waren Spundwände aus tannenem Holze eingeschlagen. Die anderen Mauerwerke standen auf Pfahlrosten. Die Walzen zur Bedienung der Drehbrücke waren schmiedeeisern, der Drehmechanismus gusseisern ausgeführt. Der Kranz selbst nur aus Holz. Auf der Brücke lag eine 5,60 m lange Plankung, die 9,6 cm stark war. Das Brückengeländer war aus Tannenholz. Diese Brücke sollte über 60 Jahre ihren Dienst tun.
1912 kam man zu der Erkenntnis, dass die gesamte Brücke neu gebaut werden müsste, da sie in jeder Beziehung abgängig sei. Ein Jahr später begann man mit dem Neubau der Brücke. Sie sollte eine Tragfähigkeit von 23 Tonnen ausweisen. Als Baukosten wurden 23.000 Reichsmark veranschlagt. Die Arbeiten wurden durch Landbaumeister Wittmann geführt, der Bauführer hieß Klingberg. Ausführende Firmen waren für den Unterbau Hofzimmermeister Andreas, für den Oberbau die Norddeutsche Eisenbahnsignal- und Brückenbauanstalt Paul Harm mit Sitz in Güstrow. Diese ging nach dem Bau in Konkurs. Man hatte sich wohl verkalkuliert. Laut Vertrag führte die Firma die Eisenkonstruktion zum Neubau der Brücke aus. Baubeginn: 1. Juli 1913, Übergabe: 1. September 1913! Heute unvorstellbar Am 24. Januar 1914 wurde die Brücke offiziell übergeben. Die Durchflussöffnung betrug 8,60 m, die Höhe 1,93 m. Die Breite der Brücke 6,00 m, wovon 4,40 m für die Fahrbahn und je 80 cm beidseitig für den Fußgängerverkehr vorgesehen wurden. Während des Baus diente eine Notbrücke dem Verkehr. Ihre Kosten: 4.000 Reichsmark. Die gesamten Baukosten betrugen 42.500 Reichsmark. Nach dem Projekt vom November 1912 sollte eine feste Brücke gebaut werden. Das war aber durch das bautechnisch schwierige Terrain nicht möglich gewesen. Diese Brücke diente bis 1970 dem Verkehr.
Inzwischen hatte sich die Dichte des Straßenverkehrs stark erhöht, die Verkehrssicherheit war nicht mehr gegeben. Die Linienführung, ein starker Rechtsbogen erschwerte den Verkehr, musste geändert werden. Der Neubau erfolgte 1970/71 nach modernen bautechnischen Aspekten. Die Brücke, sie ist noch heute unter Verkehr, ist 66 m lang und wurde als Spannbeton-Zweifeldbrücke mit zwei Fahrbahnen und einem Radweg gebaut. Beim Bau wurde die Besonderheit der Lage zwischen der Gaststätte Seewarte und den beiden Seen berücksichtigt. Um die Standsicherheit zu gewährleisten, ruht der Brückenkörper auf 230 Stahlbetonpfählen, die 18 m tief in den Untergrund gerammt wurden. 80.000 Kubikmeter Kies aus der Kiesgrube Leezen wurden geschüttet. Da man mit einer langen Setzungszeit der Brücke rechnete, erfolgte die Schwarzdeckenbefestigung später. Diese Brücke ist nun genau 54 Jahre im Dienst.
Mit feinem Gespür für innere Konflikte und gesellschaftliche Zwänge erzählt Adam Scharrer in Der Hirt von Rauhweiler die Geschichte eines einfachen Mannes, der zwischen Hoffnung und Enttäuschung, Pflichtgefühl und Sehnsucht schwankt. In der folgenden Szene wartet Franz sehnsüchtig auf eine Antwort von Lene doch was als banges Warten beginnt, entwickelt sich überraschend anders. Ein zartes Stück Gefühlsgeschichte, voller leiser Spannung und menschlicher Wärme.
Zwei Tage, rechnete Franz, würde der Brief bis Rauhweiler gehen. Wenn Lene sofort antwortete, konnte er ihren Brief in vier Tagen haben. Einen Tag Überlegung, das wären fünf Tage. Wenn Lene der Mensch war, für den er sie hielt, würde sie ihn, ganz gleich, wie sie über ihn und sein Anerbieten dachte, nicht unnötig warten lassen. Ließe sie dennoch nichts von sich hören, nun, so würde das ein Zeichen dafür sein, dass er sich eben geirrt und gar nichts zu bereuen hatte. Mit diesen Zweifeln und Hoffnungen trug er den Brief zur Post, machte seinen Dienst weiter, ging schlafen, stand auf Und als am fünften Tage nach der Absendung seines Briefes die Post ausgeteilt wurde und für ihn nichts dabei war, konnte er dies nicht gleich fassen. Er hatte im Stillen gehofft, dass Lene sehnsüchtig einen Brief von ihm erwartete und, da in diesem Falle doch so viel für beide Teile auf dem Spiel stand, sofort antworten würde und später ja ausführlich schreiben könnte. Aber vielleicht war kein Papier oder keine Tinte bei der Hand? Oder die Briefe wurden in dem entlegenen Dorf nicht jeden Tag abgeholt? Oder Lene wollte von ihm nicht dafür angesehen werden, dass sie es eilig hatte, geheiratet zu werden? Wahrhaftig Gründe genug, einen Tag länger zu warten Aber auch am anderen Tag kam kein Brief, am folgenden wieder nicht
Wieder kam ein Sonntag und wieder wurde zum Postempfang aufgerufen, und wieder hatte Franz vergebens gehofft. Auch gut! versuchte er sich einzureden. Irren ist menschlich. Was ist denn schon verloren? Fünf Pfennig für Porto und weiter nichts! Aber es gelang ihm nicht, sich seine Enttäuschung auszureden. Nun erst, da er berechtigten Grund zum Zweifel hatte, fühlte er, wie schmerzlich diese Enttäuschung war. Ganz krank fühlte er sich. Vielleicht lachten sie jetzt in Rauhweiler über ihn. Sollen sie! Er wird dieser Lene einen Brief schreiben, den sie sich wahrhaftig nicht hinter den Spiegel steckt. Dass er sich in sie vergafft hatte, dessen brauchte er sich verdammt nicht zu schämen; aber dass sie ihm noch nicht einmal anstandshalber antwortete, zeigte doch, dass der Brief mit der Einladung ein albernes Getue war!
Grund genug, den Brief aufs Neue zu lesen und in neue Zweifel zu verfallen. Mühsam war Buchstabe an Buchstabe gereiht, und Lene und der Alte mussten mit Andres sehr ausführlich gesprochen haben, sonst hätte dieser das nicht alles so ausführlich zu Papier bringen können. Sie mussten sogar noch während des Schreibens mit ihm gesprochen haben: Ein Brief von so schwerer Hand an einen unbekannten Menschen wird doch sonst nicht so lang? Und nach langem Grübeln stellte sich Franz die ganze Geschichte wieder anders dar. Der Brief konnte gut gemeint und grundehrlich sein, weil die Leute ihn für einen anständigen Menschen hielten. Hatte er darum ein Anrecht auf Lene? Konnte sie nicht längst einem andern, diesem David womöglich, versprochen sein? War denn gerade sie verurteilt zu warten, bis sich eine Einquartierung nach Rauhweiler verirrte? Und nun wollte sie ihm vielleicht nicht weh tun, überlegte hin und her, er hatte ihr ja geschrieben, bis wann er die Antwort haben musste, und bis dahin waren noch drei Tage Zeit. Vielleicht war ihre Antwort schon unterwegs, lag auf der Post, aber es wird eine Absage sein, kann nur eine Absage sein, im andern Falle wäre eine solch lange Überlegung ja nicht nötig. Damit hieß es sich eben abfinden.
Wieder wie an allen Sonntagnachmittagen leerte sich die Stube. In sauber gebürsteten Uniformen, mit blitzblanken Knöpfen und Sporen, verließen die Kameraden die Kaserne. Franz zählte sein Geld, es waren siebenundzwanzig Pfennig. Er ging in die Kantine, trank ein Glas Bier, kaufte sich sieben Zigaretten und für zehn Pfennig Schmalz zum Kommissbrot. Einige Kameraden betrachteten interessiert die zum Verkauf ausgestellten buntbebänderten Reservistenstöcke, mit denen die entlassenen alten Knochen abzogen.
Für Franz waren diese Dinge und die sich an sie knüpfenden Gespräche von zweifelhaftem Reiz, und die Kameraden wussten es. Er, als Kapitulant, würde ja hierbleiben, würde die neueinrückenden Rekruten auf Pferden ohne Sättel in der Reitbahn herumjagen, bis sie sich den Hintern durchgehopst hatten. Manche wunderten sich wohl darüber, dass Franz sich dazu entschlossen hatte, aber sie hüteten sich, ihn zu fragen. Ein abfälliges Wort konnte böse Folgen haben.
Als Franz im Begriff war, missmutig die Kantine zu verlassen, kam einer der Rekruten vom jüngsten Jahrgang auf ihn zu und fragte ihn: Bist du der Leikant? Ja. Was willst du? Du sollst einmal hinauskommen vors Tor. Dort will dich jemand sprechen. Wer will mich sprechen?, fragte Franz unwirsch. Lene heißt sie, hat sie gesagt.
Franz war plötzlich ganz fassungslos, und die Antwort des Rekruten bewirkte ein vieldeutiges Lächeln der Reservisten. Das also war der Grund, warum der Leikant kapitulierte! Da wartete eine Vaterschaft auf Anerkennung, und da der nette Bräutigam sich nicht mehr hören und sehen ließ, blieb dem betrogenen Mädchen nichts anderes übrig, als ihn aufzusuchen und ihn nachdrücklichst an seine Pflichten zu erinnern!
Trink aus!, sagte Franz in freudigem Schreck und schob dem Rekruten den Rest seines Bieres zu. Dann reichte er ihm eine Zigarette: Und da, rauch an, und dann lauf zurück und sag ihr, ich komme auf der Stelle. Ich muss mich nur schnell umziehen! Mit riesigen Schritten eilte Franz aus der Tür, über den weiten Hof in seine Stube. Er hatte weder Stiefel noch Sporen noch Knöpfe geputzt. Nicht einmal rasiert war er. Wie hatte er auch an Ausgang denken können! Zum Glück saßen in der Stube einige Rekruten; denen warf er Stiefel und Sporen und Waffenrock hin und sagte: Ihr müsst mir helfen, Kameraden. In fünf Minuten muss ich fertig sein. Fasst zu, ihr sollt es nicht umsonst tun! Und den einen, der gelegentlich für einen Löffel voll Schmalz oder für eine Zigarette rasierte, forderte er auf: Mach mich glatt! Aber schnell. Da! Er legte dem Rasierer drei Zigaretten hin und setzte sich breitbeinig zurecht.
Die Kameraden machten sich lachend und verwundert an ihre Arbeit. Hast ein Telegramm bekommen, dass du eine Erbschaft antreten sollst?, fragte einer. Oder das große Los gewonnen?, ein anderer.
Ja!, triumphierte Franz. Ein Telegramm. Der Telegrafenbote steht noch unten. Ich soll eine Erbschaft in Rauhweiler antreten, wo wir in Quartier waren. Aber macht nur, macht nur! Und du, seif nicht so lange. Mach, dass du sie runterkriegst, die paar Haare! Und dann musste Franz alle Witzeleien und Sticheleien still über sich ergehen lassen, denn jede Erwiderung hätte eine Unterbrechung der Arbeit des Verschönerungsrates und eine weitere Verzögerung bedeutet. Er hörte nur, wie mit Bürsten und Lappen Stiefel, Uniform, Knöpfe und Sporen bearbeitet wurden. Der Barbier hatte kaum das Messer von seinem Gesicht genommen, als Franz aufsprang, sich wusch, anzog, einen Blick in den Spiegel warf, die Tür aufriss und, so rasch er konnte, die Steinstufen hinunterlief.
In Die Schlange mit den Bernsteinaugen entführen Aljonna und Klaus Möckel ihre Leserinnen und Leser in eine fantastische Welt voller Magie, Geheimnisse und düsterer Mächte. In der folgenden Szene zeigt sich, wie groß die Bedrohung durch die boshafte Hexe Bastinda geworden ist und wie selbst ein mächtiger Schmied vor ihrer finsteren Zauberkraft erzittert. Doch nicht nur Mut und Stärke entscheiden in diesem Abenteuer, sondern auch Klugheit, Loyalität und das Rätsel um eine geheimnisvolle Schlange.
Der Schmied hieß Ruppert und hatte vor nichts und niemanden Respekt außer vor der Hexe. Da sie ein Schatten war, hätte er sie mit seinen kräftigen Fäusten nie fassen können, gegen ihre Zauberei war er machtlos. Doch es ging ihm gut, solange er ihren Willen erfüllte. Unter dem Eisernen Holzfäller als Herrscher wäre er nie zu solcher Macht gelangt.
"Ich habe eine Aufgabe für dich", krächzte die Hexe, als Ruppert vor ihr stand. "Es sind Leute ins Land gekommen, die unser Werk in Gefahr bringen. Zwar glaube ich nicht, dass sie mir ernstlich etwas anhaben können, aber es ist möglich, dass sie Schaden anrichten."
"Wer sind diese Leute und wo halten sie sich auf?" Der Schmied griff nach seinem Degen.
"Es handelt sich um ein Mädchen namens Jessica, um die Strohpuppe Scheuch, die wir schon ein paarmal gerupft haben, die aber anscheinend sieben Leben hat, um den sogenannten Tapferen Löwen und andere Personen. Ich kann nur hoffen, dass nicht auch der Eiserne Holzfäller wieder auferstanden ist."
"Wie sollte er das?", sagte der Schmied. "Ich habe ihm die Brust aufgeschnitten und ihn hinterm Haus zu anderem Gerümpel in eine Grube geworfen."
"Du Narr", erwiderte die Hexe. "Du weißt, dass im Zauberland die unmöglichsten Dinge passieren. Ich hatte dir befohlen, ihn zehn Klafter tief in der Erde zu verscharren."
"Ich bin bisher nicht dazu gekommen, hatte in der letzten Zeit eine Menge zu tun", entschuldigte sich der Schmied kleinlaut.
"Falls du meine Anordnungen noch einmal missachtest, werde ich dich zur Strafe zu Stein verwandeln, merk dir das!"
Der Schmied duckte sich.
"Es wird nicht wieder vorkommen, Herrin", murmelte er.
Bastinda war etwas besänftigt.
"Also hör zu. Du nimmst all deine Leute und suchst die Umgebung ab. Dieses Pack ist wahrscheinlich schon in der Nähe. Wir müssen es aufspüren."
"Zu Befehl!", der Schmied schlug die Hacken zusammen.
"Dann geh jetzt."
Als der Schmied verschwunden war, schwirrte die Hexe zur Haustür, um nach Lelia Ausschau zu halten. Wo bleibt das Schlangenvieh bloß, dachte sie, wie lange braucht sie für die paar Kilometer zum Hügel. Sie flirrte zum Gartentor und blickte auf die Straße. Plötzlich hörte sie hinter sich ein Miau.
Bastinda fuhr herum, doch im Garten war niemand. Oder huschte dort etwa eine schneeweiße Mieze durchs Gebüsch? Im Nu war der Schatten bei dem Strauch, konnte aber nichts Verdächtiges entdecken. Nur ein großer grauer Felsblock lag im Gras: Hermosa, die zu Stein gewordene ehemalige Haushälterin des Eisernen Holzfällers.
In seinem visionären Science-Fiction-Roman Robinas Stunde null erzählt Alexander Kröger die Geschichte einer starken Frau, die nach Jahrzehnten der Isolation zwischen Hoffnung und Zweifel ihren Weg zurück zur Menschheit sucht. In der folgenden Szene steht Robina am Wendepunkt ihres Lebens: Zwischen Stillstand und Aufbruch, zwischen Misstrauen und Mut, erlebt sie den Moment, der alles verändert ihre ganz persönliche Stunde null.
Die vom Ersten genannte Aufbruchsfrist verstrich, ohne dass sich das Geringste tat. Immer wieder mahnte Robina Birne, Informationen ein zuholen, aber auch er beteuerte, keinerlei Kontakt zu seinen Erzeugern zu haben. Alle Ansätze, über Funk eine Verbindung herzustellen, verhallten echolos.
Einige Male versuchte Robina die Anderen aufzusuchen. Sie scheiterte stets an den Schutzfeldern vor den Tabuzonen. Zweifel und Mutlosigkeit befielen sie - sollten diese nicht mehr zu ihren Zusagen stehen? Signalisierte deren zur Schau gestellte Gleichgültigkeit gegenüber den Menschen einen Sinneswandel? Und diese depressiven Gedanken nagten an Robinas Entschluss, mit den Fremden zu diesem Wankelplaneten zu reisen.
Sie wanderte ziellos umher, verharrte in besonders üppigen Kristallwucherungen, ohne wirklich deren Schönheit aufzunehmen, als sei sie in einem leichten Trancezustand.
Stundenlang saß sie im Cockpit des Landebootes, starrte in die Ebene, verfiel über Minuten in einen flachen Schlaf, träges, auswegloses Denken kreiste in ihrem Hirn.
Am dritten Tag nach dem genannten Zeitpunkt, wieder im Boot, plötzlich überlaut und förmlich die Stimme der Ersten: Wir haben einen Spruch mit höchster Energie zur Erde gesandt mit dem Hinweis, dass du lebst und den notwendigen Positionen. Unser Start ist in zwei Stunden. Folge dem Leitstrahl zum Hangar Schiff vier. Erwarte weitere Anweisungen.
Überrascht, plötzlich aus der Lethargie gerissen, rief Robina: Hallo, ich
Ein Knacken verriet, dass der Erste die Verbindung bereits unterbrochen hatte.
Eine heiße, erleichternde Welle durchflutete Robinas Körper. Endlich, ihr Affen! Erregung griff nach ihr. Nervös glitten ihre Blicke über die Armaturen. Und zum ersten Mal, seit sie sich wieder in ihrem intakten Boot befand, stellte sie sich schreckhaft die Frage: ,Haben die wirklich ordentlich repariert? Woher hatten sie überhaupt die Kenntnis? Wird der Start gelingen ...? Und dann stieg Ärger in ihr an. ,Nicht für nötig haben sie gefunden, den Spruch zur Erde mit mir abzustimmen. Blödes Volk, arrogantes!
Exakt zwei Stunden nach der Ankündigung wieder die Stimme des Ersten: Starte jetzt! Es klang eher sanft denn wie ein Befehl.
,Kein Countdown, dachte Robina unterbewusst und griff mechanisch zum Hebel - Hunderte Male geübte Routine.
Bekanntes Beben rüttelte das Boot. Noch bevor die Beschleunigung sie in den Sessel drückte, passte Robina sich ein. Und was sonst stets Beklemmung ausgelöst hatte, empfand sie jetzt beinahe vergnüglich: Den atemraubenden Druck, das Sausen in den Ohren. Und sie hätte jubeln mögen, sich nicht bewusst, ob des funktionierenden Bootes wegen oder weil ihre Robinsonade ein Ende fand und die Erde ein Stück näher rückte.
Als sie sich plötzlich des Abschieds von ihrer jahrzehntelangen Heimstatt bewusst wurde und hektisch den Blick zurück suchte, zeigte der Schirm lediglich einen milchig leuchtenden Klumpen, einen Scheinboliden.
Friedrich Wolf verstand es wie kaum ein anderer, das Leid einfacher Menschen im Krieg und unter der nationalsozialistischen Herrschaft eindringlich und menschlich zu schildern. In der folgenden Szene aus Bittere Feldpost treffen Wut, Ohnmacht und Fürsorge in einem Sprechzimmer aufeinander: Ein kriegsblinder Vater kämpft um das Leben seiner Tochter und zwingt einen überforderten Arzt zu einem Akt des Mutes, der weit über ein gewöhnliches Rezept hinausgeht.
Das Rezept
Sprechzimmer des Dr. Barth. Frau Höppner, eine junge Frau mit ihrem Töchterchen Gretl, und ihr Mann, ein Kriegsblinder
Dr. BARTH: Also vor Smolensk haben Sie Ihren Kopfschuss bekommen, Herr Höppner? Rechts herein und links heraus, da haben Sie ja noch mächtig Dusel gehabt!
HÖPPNER schweigt.
Dr. BARTH: Und das Eiserne Kreuz haben Sie auch, alle Achtung! Wie wars denn so vor Moskau? Erzählen Sie doch mal n bisschen, Höppner!
HÖPPNER: Ich habe nichts von Moskau gesehen, Herr Doktor; mir verging da Hören und Sehen.
Dr. BARTH: Na, so hab ichs ja nicht gemeint, Höppner. Sie wissen ja, für Kriegsblinde und deren Angehörige wird besonders gesorgt.
HÖPPNER: Deshalb bin ich auch mitgekommen mit meiner Gretl. Sie sagen, Herr Doktor, die Kleine hats auf der Lunge?
Dr. BARTH: Na ja, so ein bisschen, wenn man genau hinhört, ein kleiner trockner Katarrh.
FRAU HÖPPNER: Aber den hat sie jetzt schon vom Herbst an, Herr Doktor.
Dr. BARTH: Etwas chronisch ist er geworden, das stimmt; aber man muss auch nicht auf jedes kleine Hüstchen achten.
FRAU HÖPPNER: Bei meiner Nachbarin ihrer kleinen Elfriede hat man auch nicht darauf geachtet, erst so ein Hüstchen und immer heiße Händchen, dann lag die kleine Göre zwei Monate und hat Blut gespuckt, und dann hat man sie in einem Holzkistchen weggeschafft! Verzweifelt. Herr Doktor, so solls der Gretl nicht gehn!
Dr. BARTH: Na, na, Frau Höppner, so weit sind wir noch lange nicht. Komm mal her zu mir, Gretl, so, siehst du na, bisschen mager ist schon das kleine Haserl, da kann man ja alle Rippen zählen hm, das faucht ja nicht schlecht in dem kleinen Blasebalg, müssen doch mal was aufschreiben. Nimmt seinen Rezeptblock und schreibt.
HÖPPNER: Was schreiben Sie da, Herr Doktor?
Dr. BARTH: Etwas gegen den Husten.
HÖPPNER: Und was, bitte?
Dr. BARTH: Ipecacuanha-infus mit etwas Dionin; aber das verstehen Sie ja doch nicht, Höppner.
HÖPPNER mit Nerven: Stimmt, Herr Doktor, das verstehe ich nicht, weil das nämlich ein falsches Rezept ist.
Dr. BARTH: Na, erlauben Sie mal! Schließlich bin ich der Arzt!
HÖPPNER: Sie sind ein Arzt, Herr Doktor, und doch kein Arzt.
Dr. BARTH: Hören Sie mal, Höppner, wenn Sie unverschämt werden! Glauben Sie, weil Sie Kriegsblinder sind
HÖPPNER: Weil ich der Vater meines kleinen Mädels bin und weil ich als Blinder mein Kind zwar nicht mehr sehen kann, dafür aber ist mein Ohr um so feiner geworden, und da hörte ich in den Lazaretten Tag und Nacht immer das Stöhnen und Ächzen der Verwundeten, da wusste ich genau an jedem Geräusch, das aus einer Menschenbrust kam, wie es um den Menschen steht Übung, Herr Doktor! Wie habe ich mich fortgesehnt, weit weg von diesen Geräuschen, in mein ruhiges Zimmer zu meinem Weib und meinem Kind! Und jetzt höre ich auch hier die Geräusche, immer diese Geräusche, auch bei der Gretl!
Dr. BARTH: Nerven, Höppner, nehmen Sie sich zusammen! Ein Mann mit dem Eisernen Kreuz
HÖPPNER: Wollen Sie es haben, Herr Doktor? Hier Er reißt es herunter; nehmen Sie es als Honorar für ein richtiges Rezept! Schreiben Sie ein richtiges Rezept für das Kind, Herr Doktor!
Dr. BARTH: Und was soll ich denn da schreiben?
HÖPPNER: Also schreiben Sie Frau gib acht, ob ers auch schreibt! schreiben Sie, Doktor: Für die sechsjährige Gretl Höppner wegen Unterernährung und Lungenleiden täglich 1/2 Liter Milch, wöchentlich 1/2 Pfund Butter.
Dr. BARTH: Das ist doch unmöglich, das gibt es doch einfach nicht.
HÖPPNER: Das gibt es, Herr Doktor! Sehen Sie sich bloß unsern Herrn Luftminister Göring an, den die Landser Deutschlands letzte Fettreserve nennen, oder den dicken Dr. Ley von der Deutschen Arbeitsfront, glauben Sie, die essen weniger als ein halbes Pfund Butter die Woche?
Dr. BARTH: Sie sind toll, Höppner; das darf ich nicht länger mitanhören!
FRAU HÖPPNER: Aber den Husten meiner Gretl, den können Sie sich anhören.
Dr. BARTH: Was glauben Sie, Frau Höppner, müssen wir Ärzte uns heute alles anhören und mit ansehen? Haben Sie eine Ahnung! Die Lazarette überfüllt mit Verwundeten und Krüppeln, die Isolierbaracken mit Flecktyphus überbelegt, Kinderlähmung und Diphtherie wüten im Land, Rachitis und Tuberkulose nehmen von Tag zu Tag zu, es fehlt an Ärzten, an Nahrungsmitteln
FRAU HÖPPNER: Und das soll nun immer so weitergehn?
Dr. BARTH: Wie wollen Sie das ändern?
HÖPPNER: Schreiben Sie das Rezept, Herr Doktor! Schreiben Sie hier für die Gretl 1/2 Liter Milch täglich und 1/2 Pfund Butter wöchentlich; schreiben Sie!
Dr. BARTH: Und wenn ichs schreibe, wie werden Sies bekommen?
HÖPPNER: Meine Sorge, Herr Doktor! Ich werd nicht lockerlassen, verlassen Sie sich darauf! Ich weiß, was los ist! Jeden Tag werden Tausende deutscher Jungens an der Front zu Krüppeln geschossen, Hunderte verlieren täglich ihr Augenlicht, ich weiß, was das heißt, Herr Doktor! Es ist schade um jeden Tag! Man muss anfangen, Herr Doktor; jeder muss anfangen, dass dieser gottverdammte Krieg zu Ende geht! Jeder muss da an seiner Stelle anfangen!
Dr. BARTH: Deshalb soll ich das Butter- und Milchrezept schreiben?
HÖPPNER: Deshalb.
Dr. BARTH: Aber wenn
HÖPPNER: Sagen Sie nicht wenn, Herr Doktor! Ich weiß, dieses Rezept zu schreiben, von dem morgen die halbe Stadt sprechen wird, dazu gehört mehr Mut, als gegen ein Maschinengewehrnest anzurennen.
Dr. BARTH: Und Sie glauben, es nützt?
HÖPPNER: Es nützt, Herr Doktor, es nützt der Gretl, Ihnen und uns.
Dr. BARTH schreibt: Da haben Sie Ihr Rezept!
DER SCHLUSSTEIL
Und haben Sie sich den zweiten Teil von Robina Crux von Alexander Kröger mal angesehen und vielleicht auch schon zum Kaufen vorgemerkt? Es spricht vielen dafür, sich die beiden Titel dieser Reihe einmal genauer anzusehen. Und vielleicht könnte man sogar mit Teil 1 beginnen, mit Die Kristallwelt der Robina Crux, der erstmals 1977 als Band 137 der Reihe Spannend erzählt im Verlag Neues Leben, Berlin erschienen und 2004 in einer überarbeiteten Auflage im Verlag KRÖGER-Vertrieb Cottbus neu herausgekommen war.
Schon hier ergeht es Robina anfangs schlecht, sehr schlecht: Wie ein gewaltiger Spiegel ragt plötzlich die Fläche eines Riesenkristalls vor Robina auf. Und obwohl die junge Kosmonautin das Höhenruder zurückreißt, erfolgt Sekundenbruchteile später ein schmetternder Aufprall. Das Beiboot ist auf jenem geheimnisvollen Kristallboliden havariert, den die Besatzung der REAKTOM auf der Heimreise zur Erde entdeckt hat. Bestürzt sucht Robina Kontakt zum Raumschiff, um die Bergung zu veranlassen, doch die Funksignale bleiben ohne Antwort. Etwas Unfassbares ist geschehen. Die REAKTOM ist verschwunden, und Kernstrahlung deutet auf eine Katastrophe. Niemand wird Robina retten können; sie ist allein in dieser unwirtlichen Kristallwelt, viele Lichtjahre von der Erde entfernt. Tiefe Verzweiflung ergreift die junge Kosmonautin, der nur ein Hoffnungsschimmer bleibt: Da ist jenes fremde Funkfeuer, dessen kalte Lumineszenz den Boliden in rhythmischem Abstand aus der Schwärze des Alls reißt.
Also vielleicht lesen Sie doch erst Teil 1, dann Teil 2. Die Bekanntschaft mit Robina Crux und ihren kosmischen und irdischen Abenteuern lohnt sich auf jeden Fall.
Bleiben Sie ansonsten weiter vor allem schön gesund und munter und der Welt der Bücher gewogen. Die nächsten Sonderangebote sind schon mit Express-Post zu den Leserinnen und Lesern unterwegs.
Die nächste Ladung enthält auch einen Klassiker der DDR-Literatur, den erstmals 1976 beim Mitteldeutschen Verlag Hale Leipzig veröffentlichten Roman Gesucht wird die freundliche Welt von Heinz Kruschel.
Sabine Wulff reißt von zu Hause aus und lebt mit Jimmy zusammen, der sie zum Zigarettendiebstahl verleitet. Dafür muss sie in den Jugendwerkhof.
Nach der Entlassung möchte sie ein neues Leben beginnen. Sie mietet ein möbliertes Zimmer und arbeitet in einer Schuhfabrik. Ihre Kolleginnen reagieren misstrauisch und ablehnend. Doch sie hat einen starken Willen und vertritt offen ihre Meinung. Sie deckt einen Betrug auf und fasst allmählich in der Fabrik Fuß.
Sabine sehnt sich nach Liebe und scheint von Jimmy nicht loszukommen. Doch in der Fabrik ist ein tüchtiger junger Mann, der Vorurteile gegen eine vom Werkhof hat.
Unter dem Titel Sabine Wulff wurde das Buch 1978 von der DEFA verfilmt (Drehbuch und Regie: Erwin Stranka). Als Sabine ist Karin Düwel zu sehen.
Und so fängt der berührende Roman an:
Nach einem Tag Freiheit
Da kann man eigentlich noch nicht viel sagen, ein Tag ist kurz. Aber für dieses Mädchen, dessen Geschichte erzählt werden soll, ist er lang. Sie sieht sich wie einen Menschen, den man flüchtig gekannt hat: Das bist du also, das ist aus dir geworden, achtzehn Jahre alt, du willst dein Leben nun selber bestimmen, und dieser Tag ist dein Anfang. Sagen wir: ein neuer Anfang. Denn die Geschichte des Mädchens beginnt eigentlich früher.
Aber wann beginnen solche Geschichten? Sie könnte mit dem Tage beginnen, da sie von ihrem Vater wegen schlechter schulischer Leistungen mit einem Kleiderbügel verprügelt wurde. Sie könnte im Zimmer eines Frauenarztes beginnen. Oder bei Jimmy. Da sagen die Dramatiker: Mach die ersten drei Minuten stark, sonst schalten die Leute ab. So gesehen, wäre auch die Ankunft im Jugendwerkhof ein starker Auftakt - ein aggressives Mädchen, asozial, anarchistisch, wird eingeliefert.
Es gibt noch andere Möglichkeiten. Die Chronologie zum Beispiel. Wie das in ihrer Kindheit war, in diesem nach außen völlig intakten Elternhaus, wie sie nicht lügen, nicht heucheln wollte und wie sie sich darum eine Traumwelt aufbaute. Man wird viel Bedauern mit diesem Kinde haben können, man wird Partei ergreifen für Sabine, die Sympathie des Lesers wäre ihr sicher. Anders, wenn die Geschichte in einem der Selbstbedienungsläden begänne, in dem ein raffiniertes Mädchen stahl, besagte, bedauernswerte, sympathische Sabine Wulff nämlich, da hören doch Mitleid und Sympathie auf, und das ist sehr verständlich, denn sie verstößt gegen Normen des menschlichen Zusammenlebens. Das alles und viel mehr wäre möglich und vielleicht auch richtiger, als mit diesem ersten Tag der Freiheit zu beginnen, an dem das Mädchen spätnachmittags durch die Straßen geht und von allen Seiten, wo sie auch stehenbleibt, den Dom auf dem einzigen Hügel sieht. Der Dom, die bedeutendste Sehenswürdigkeit, ist für die Stadt, die wie ein eingerolltes Tier im Flachland liegt, das, was für Samarkand der Platz des Registan, für London der Tower. Ein schmutziggrauer Fluss umschnürt den Hügel des Doms und den mittelalterlichen Teil der Stadt.
Sabine geht unter den Leuten, die es eilig haben, weil sie vor Geschäftsschluss noch einkaufen wollen und es heute in den Gemüseläden Bananen geben sol. Sie hat es nicht eilig, nicht mehr, und sie mag gar nicht mehr den alten Dom sehen, der behäbig und selbstzufrieden mit seinem dicken Turm droht. Sie geht nicht einmal im Sinne eines gleichmäßigen Sichfortbewegens, mal balanciert sie auf der Bordsteinkante, mal streicht sie wie eine Katze an den Schaufenstern entlang, bleibt stehen vor der eingerosteten Sonnenuhr, deren Stiefmütterchen sich zu runden Beettupfern verwuchert haben, und achtet nicht auf die Burschen, die durch die Zähne pfeifen und dem Mädchen nachsehen. Sabine Wulff weiß, wie sie aussieht. Daran liegt es nicht, beachtet wird sie schon. Sie hat einfach kein Ziel.
Die Menschen auf der Straße haben heute alle ihre Pflicht getan, sie nicht. Liegt es daran? Sie ist enttäuscht. Dabei hat sie am Morgen das fremde, möblierte Zimmer verlassen, das ihr zugewiesen worden ist, und ist losgelaufen, da noch schnell, da noch voller Erwartung. Nun ist sie enttäuscht.
Natürlich, sie hat Zeit. Zum ersten Male seit zwanzig Monaten Zeit, über die sie frei verfügen kann. Sie muss sich nicht bis siebzehn Uhr in dem nach Bohnerwachs riechenden Gemeinschaftsraum aufhalten, um sich einen Vortrag über Babypflege anzuhören. Sie muss nicht die Ordnung in den Schränken der anderen Mädchen kontrollieren und ihre spitzen Worte schlucken. Sie muss nicht ihre Schuhe putzen, sie muss nicht. Sie muss sich nicht selber einschätzen. Nichts muss sie?
Sie könnte in ein Kino gehen, ganz allein, nicht wie bisher in der geschlossenen Gruppe, angeführt von einer Erzieherin, der kleinen Wachtel etwa, die wie ein runder Wachturm durch enge Gassen walzt, die immer darauf achtete, dass sie brav zu zweit gingen: eine Herde halbflügger Enten mit einer Ersatzhenne. Sie könnte sogar ein Bier und einen doppelten Braunen trinken oder Eis essen und darauf warten, bis ein Bekannter kommt: He, Sabs, du bist wieder draußen, die Zeit vergeht, eh? Solche Fragen fürchtet Sabine nicht, wirklich, darüber ist sie hinaus. Was soll nun werden?