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Adebar und Kunigunde. von Joachim Nowotny
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Preis E-Book:
6.99 €
Veröffentl.:
13.06.2013
ISBN:
978-3-86394-137-6 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 149 Seiten
Kategorien:
Kinder-und Jugendbuch/Tiere/Vögel, Kinder-und Jugendbuch/Natur und die natürliche Umwelt/Umwelt, Kinder-und Jugendbuch/Leser/Mittleres Niveau, Kinder-und Jugendbuch/Leser/Bücher mit Kapiteln
Kinder/Jugendliche: Natur- und Tiergeschichten, Kinder/Jugendliche: Soziale Themen: Umwelt
Naturschutz, Storchennest, Liebe, Umweltschutz, Afrika, Europa, Umweltschutz
10 - 99 Jahre
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»Ha«, rief der Storch, »Ihr besteht also immer noch auf dem Wort. Aber meinetwegen: Wenn Ihr es eine Katastrophe nennen wollt, dass nun etliche Leute auf die Beine kamen, sich hier eine Tür öffnete, da ein Fenster, dass die einen begierig, die anderen erschreckt ihre Ohren in den Wind hielten, dass vor allem die jungen Männer im Laufschritt dem Spritzenhaus zustrebten, wo sie das Eisentor ganz aufrissen und das Löschfahrzeug herausholten, dass der rote Wagen in hohem Tempo die Kurve zum Dorfplatz nahm, wobei er pausenlos auf seine Art Alarm schrie, nämlich Tatütata!, sogar nachdem er zum Stehen gekommen war und man ihm die Schläuche entrissen hatte, dass nun alles auf Kommando ging: Löschtrupp vorwärts! Wasser marsch!, dass zum Keuchen der Männer und zu Konrads Kommando nun auch das Geknatter der Motorpumpe und das Zischen des Wasserstrahls kam, kurz, wenn Ihr für all das kein anderes Wort als Katastrophe habt, so will ich es gelten lassen. Obwohl Ihr Euch damit keineswegs in Übereinstimmung mit Euren Artgenossen befindet. Denn für die Leute dort kam die Katastrophe erst später.«

»Wieso denn das?«, rief Gulamo in höchster Erregung.

Der Storch ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Gemach, gemach«, sagte er, »ich nehme mir die Freiheit, zuerst davon zu berichten, was ich als Katastrophe erlebte. Zunächst betrachtete ich das Hin und Her zu meinen Füßen von oben herab wie eine Art Übung, deren Regeln ich nicht kannte. Obwohl es rasch dunkel wurde, konnte man alles gut sehen, denn man hatte mehrere hell strahlende Lampen herbeigeschafft, die die Vorgänge beleuchteten. Freilich zuckten meine Glieder. Und ich war mehrmals drauf und dran, meinen Posten zu verlassen und Schutz in der Finsternis des Luftraums zu suchen. Doch ich unterdrückte alle Regungen dieser Art, denn noch immer vertraute ich den Leuten, die mich so lange in ihrem Dorf geduldet hatten. Es dauerte ja auch eine ganze Weile, ehe die Pumpe mit voller Kraft lief und der Wasserstrahl die Spritze steil ansteigend verließ. Konrads Kommandos wurden immer energischer. Macht Druck! Haltet drauf! rief er. Und bald wiederholten die beiden jungen Männer, die die Pumpe und die Spritze führten, die Befehle mit vor Anstrengung knirschenden Stimmen: Ich mache Druck! Ich halte drauf! Aber erst als mich der kalte Strahl traf und von meiner Plattform riss, als ich vom Druck des Wassers zu Boden geschleudert wurde, erkannte ich, wie sehr ich mich getäuscht hatte und dass der ganze Alarm nicht irgendeiner Übung, sondern einzig und allein mir gegolten hatte.«

»Wie denn«, rief Gulamo, »man hat Euch einfach ... heruntergespritzt?«

»So ist es«, sagte der Storch. »Man scheute weder Sirenengeheul noch Scheinwerferlicht, man brachte eine ganze Dorffeuerwehr auf die Beine, nur um einen Storch von einem Lichtmast zu spritzen.«

»Konntet Ihr Euch retten?«

»Mit Mühe«, sagte der Storch, »es bedurfte schon einer ganzen Reihe von kräftigen Flügelschlägen, ehe der Luftstrom mein nasses Federkleid trocknete. Aber lassen wir das. Bleiben wir bei dem Aufwand, den Euresgleichen manchmal treibt und der jeder Vernunft spottet. Hätte man nicht ...«

»Einen Augenblick!«, rief Gulamo, »wir können gleich darüber sprechen. Vergesst bloß nicht, dass Ihr mir noch etwas anderes schuldig seid.«

»Wie könnte ich«, antwortete der Storch, »kommt doch das eine aus dem anderen. Ich gewann dann doch ein bisschen Höhe, aber um in den Luftraum zu steigen, war es zu spät. Also suchte ich mir ein Stalldach, das im Dunkeln lag, und versuchte, mit meinem Schrecken fertig zu werden, so gut es ging. Im Schein der Lampen freilich beruhigte man sich nicht. Man hatte hurra! geschrien, als mich der Strahl vom Mast warf. Man war so begeistert, dass man nicht aufhören wollte. Vor allem die beiden jungen Leute, bei denen es sich natürlich um Alexanders Freunde Harzer und Stromer handelte, konnten nicht genug tun, zu rufen: Ich mache Druck! Ich halte drauf! Und so stieg der Strahl weiter zur Mastspitze hinauf und fetzte auch das letzte Zweiglein von den Isolatoren. Auf einmal aber begann es über den Drähten zu knistern, Funken sprühten, es erhob sich ein grell leuchtender Bogen inmitten des Wasserstrahls. Dann gab es einen trockenen Knall, und alles war aus. Nur das Tatütata gellte noch. Sonst aber lag das ganze Dorf plötzlich in der schwärzesten Finsternis.«

»Kurzschluss!«, stöhnte Gulamo.

»Kurzschluss«, bestätigte der Storch. »Was man von mir und meiner bescheidenen Baukunst befürchtet hatte, das war den beiden jungen Heißspornen aufs Trefflichste gelungen ... Ich will es mir ersparen, das nun ausbrechende Durcheinander zu beschreiben. Ich stand auf meinem Bein und glaubte immer noch, es könne alles gut werden.«

Adebar und Kunigunde. von Joachim Nowotny: TextAuszug