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Meine Geburt ereignete sich gewissermaßen zufällig, während des Urlaubs meiner Eltern in Swakopmund. Groß geworden bin ich in Otjiwarongo. Wir wohnten zwar ein oder zwei Jahre zwischendurch in Otavi, sind aber dann hierher zurückgekehrt. Damals hatte der Ort so um die fünfzehntausend Einwohner, ich schätze dreitausend davon waren Deutsche. In Otjiwarongo bin ich auch bis zum zwölften Schuljahr zur Schule gegangen. Dann an die Uni nach Stellenbosch/Südafrika zur Lehrerausbildung. Dort habe ich erst einmal mein BSc, den Bachelor of Science, naturwissenschaftliche Richtung, gemacht. Dem folgte 1986 das Lehrerdiplom. Das waren politisch ziemlich turbulente Zeiten. Südafrikanisches Militär stand im Norden Namibias, war praktisch überall im Lande. Wir hatten auch hier in der Stadt eine große Militärbasis. Unter den Studenten an der Uni hatte ich liberale Freunde, die teilweise die SWAPO unterstützten. Ansonsten waren die Universitäten in Südafrika weiß und sehr konservativ. In Namibia gab es damals überhaupt keine Universität. In Otjiwarongo hielten sich die Leute konsequent an die Gewohnheiten der Apartheid. Sie kennen ja sicher das Hotel Hamburger Hof bei uns in Otjiwarongo. Da gab es während der Apartheid zwei Türen. Auf der einen Tür stand: nur Weiße, und auf der anderen Seite stand: nur Schwarze. Und dann ist man eben auch in zwei Bars gegangen. Die eine Bar war für schwarze Leute und die andere für weiße Leute. Auch in den Geschäften gab es einen Eingang für die schwarzen Menschen und einen Eingang für die weißen Menschen. Am Postamt das Gleiche. Verschiedene Eingänge für Schwarz und Weiß.
Abends, so gegen zehn Uhr, wurde von der Polizei eine Glocke geläutet, danach durften sich die schwarzen Menschen nicht mehr auf den Straßen aufhalten. In meiner Erinnerung gab es die Glocke zwischen meinem zehnten und fünfzehnten Lebensjahr noch. Ich glaube das Läuten wurde 1975 abgeschafft.
In diese Art getrennten Lebens sind wir ohne große Fragen hineingewachsen.
Zu dem Zeitpunkt entwickelte sich auch hier der sogenannte Terroristenkrieg, ich erlebte mit, dass von meinen Mitschülern die Väter oder Onkel auf ihren Farmen erschossen wurden. Da hat man schon eher die Schwarzen als Feind gesehen. Das waren damals einfach die Terroristen, diesen Begriff haben wir ganz klar mit einer Hautfarbe verbunden. Die wollen unser Land übernehmen, aber wo sollen wir hin? Ich kann mich an ein Gespräch mit meinen Eltern erinnern. Ein sehr ernsthaftes Gespräch, in dem die Eltern uns gesagt haben, ich bin die jüngste von drei Töchtern, wenn ihr eure Schule abgeschlossen habt, und das geht so weiter, dann müssen wir euch ins Ausland schicken. Das war für mich ein ganz, ganz schlimmes Gespräch. Weil das Ausland mir zu der Zeit total unbekannt war. Wir hatten Verbindungen nach Deutschland, Onkel, Tanten, aber die waren uns fremd. Da gehörten wir nicht hin.
Nach dem Studium habe ich dann 1987 in Windhoek angefangen, an einer deutschsprachigen Oberschule zu unterrichten. Mathematik und Biologie. Dort wurde bis zum zehnten Schuljahr in Deutsch unterrichtet. Alle Fächer.
Danach, in der elften und zwölften Klasse, wurde der Unterricht in Afrikaans fortgesetzt, denn die Abschlussprüfungen waren nationale Prüfungen und erfolgten in Afrikaans.
In den deutschen Schulen, in den deutschen Zentren, wurde ausdrücklich deutsche Kultur gepflegt. Deutscher Karneval, Weihnachtsfeste oder Schülerbasare. In Windhoek, am Staatstheater, gab es auch mal eine deutsche Operette oder so etwas.