Home
eBook-Shop (nur Verlagstitel)
Links
Warenkorb

Elektronische Partnersuche, Heiratsabsichten eines hässlichen Drachens und Waffen aus Kapstadt - Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis
Achtung, bevor Sie weiterlesen, noch ein wichtiger Hinweis: Ab Mai 2026 versendet EDITION digital diesen Newsletter sowie die aktuellen Pressemitteilungen nicht mehr per E-Mail. Diese Texte können Sie aber zumeist sogar eher selbst unter den Internet-Adressen https://edition-digital.de/Blog/ (bisheriger Newsletter) und https://edition-digital.de/Presse/ (Pressemitteilungen) finden. Probieren Sie es doch jetzt schon mal aus zum Eingewöhnen.
Und noch was Wichtiges: Auch in diesem Jahr überrascht EDITION digital vom 1. Dezember bis zum 26. Dezember 2025 wieder mit einem speziellen Adventskalender. An jedem dieser Tage steht jeweils ein E-Book aus dem umfangreichen Verlagsangebot zum kostenlosen Download unter edition-digital.de bereit - von Weihnachten weltweit am 1. Dezember 2025 bis Weihnachtsgans Auguste am 26. Dezember 2025.
(Pinnow 19.12. 2025) Wolfgang Schreyer kennt man vor allem als Verfasser von spannend geschriebenen Büchern mit abenteuerlicher Handlung, die nicht selten an für DDR-Bürger seinerzeit exotischen und unerreichbaren Schauplätzen spielten, und zugleich mit politischem Tiefgang überzeugen. Wie das zweite der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters, die sieben Tage lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 19.12. 2025 bis Freitag, 26.12. 2025) zu haben sind, beweist, konnte der Erfolgsautor aber auch anders, ganz anders. Und dieses heute vorgestellte Buch hatte eine Vorgeschichte sowie ein für Wolfgang Schreyer unangenehmes Nachspiel
Erstmals 1987 war im Mitteldeutschen Verlag Halle-Leipzig sein Roman Der sechste Sinn erschienen, dem Schreyer eine einerseits vielsagende, anderseits liebevolle Bemerkung für seine zweite Frau vorangestellt hatte: Angesichts der vorhersehbaren Bereitschaft, hinter den Figuren dieses Romans lebende Personen zu vermuten, erklärt der Verfasser, dass er mit Ausnahme der eigenen Person nur von Prototypen ausgegangen ist; wobei eingeräumt sei, dass wirkliche Menschen manchmal wie Prototypen handeln.
Für Ingrid, ohne deren Dasein und Mitarbeit manche Zeile nicht geschrieben worden wäre, im Leben wie im Buch. Aber worum geht es im Sechsten Sinn?
Um die Jahrtausendwende entwerfen drei Männer ein diskret tragbares Gerät zur elektronischen Partnersuche. Sie, die selbst nach der Richtigen suchen und sie in Vera bald zu finden glauben, wagen viel für diese Idee. Und die attraktive Vera tut ein Übriges, die Situation und die drei Männer zu verwirren.
Wolfgang Schreyer, erfahrener und vielgelesener Autor zeitgeschichtlich-abenteuerlicher Bücher, schrieb einen Gegenwartsroman mit utopischer Komponente. Die Geschichte einer Entdeckung, die unser Liebesleben zum Besseren wenden könnte: Mit dem Auto kann man jeden aufsuchen, per Telefon jeden sprechen, mit dem neuen Gerät jeden finden, der halbwegs zu einem passt.
Ein großer Entwurf, aber Traum und Wirklichkeit kollidieren. Ehe es gelingt, ein Serienmodell zu fertigen, riskiert das Team im Selbstversuch das Chaos im eigenen Haus. Die Idee stößt auf Unverständnis, Bürokratie, ja auf Karrierismus, Ehrgeiz und Charakterschwächen der Schöpfer selbst. Das Allzumenschliche fordert seinen Preis.
Das stark autobiografische, DDR-kritische Buch hatte Wolfgang Schreyer bereits 1980 geschrieben, durfte es aber, mit großem Widerwillen der zuständigen Behörden, erst 1987 beim Mitteldeutschen Verlag Halle-Leipzig veröffentlichen. Unter dem Titel Harmo 88 hatte er für einen Verlag in der BRD eine Erzählung mit der brillanten Idee der Partnersuche über ein Armband mit Mikrochip verfasst. Dieser Verlag gab die Geschichte an den Playboy weiter, der sie 1978 unter dem Titel Die Staatsmacht regelt den Verkehr veröffentlichte. Ein ausführliches Nachwort schildert die Repressalien, denen der Autor danach ausgesetzt war.
In seinem seit 2013 ebenfalls bei EDITION digital verfügbaren Lebensbericht Der zweite Mann. Rückblick auf Leben und Schreiben schreibt Wolfgang Schreyer dazu unter der Überschrift STANDESGERICHT:
Am 15. Februar 79 findet zu Harmo 88 im Erich-Weinert-Haus zu Magdeburg eine erweiterte Vorstandssitzung des DSV statt. Der Uhu hat die Versammlung beauftragt, den unerlässlichen Selbstreinigungsprozess zu vollziehen. Von daher ähnelt der Ausschuss wohl Gremien zur Wahrung der Standesehre von Ärzten oder Anwälten. Entfernt erinnert mich dies an das Standesgericht in der Komödie Dr. med. Hiob Prätorius von Curt Goetz - ein Stück der Irrungen und Vorurteile; spritzige Dialoge krönen die Situationskomik.
Der Fall scheint ernst. Der Vorladung meines Berufsverbands ist zu folgen, auch durch den Schnee. Auf Ingrid wirkt die bedrohlich, in Kenntnis des Briefwechsels mit Winnig bangt sie um meine Freiheit. Selber fürchtet sie nichts, hält die Neigung zum Protest für den wichtigsten Wert in der Gesellschaft und war schon früher bereit, ins Gefängnis zu gehen; wen die Obrigkeit einsperrt, den nimmt sie ja ernst ... Ich bin schon drin gewesen, 32 Jahre ist's her, längst passé. Höchst unwahrscheinlich, dass diese Erfahrung sich jetzt wiederholt. Was riskiere ich also? Dass man von mir kaum noch was druckt, zeitweilig, und mich nicht mehr einlädt zu Lesungen. Letzteres wäre kein großer Verlust.
Immerhin, ich bin nervös und bitte sie, mich als Zeugin zu begleiten. Ihr Dabeisein dürfte, zumal sie mitstenografiert, den Angriff hemmen. Dass Ingrid weder geladen noch überhaupt Mitglied ist, stört uns nicht. Der Vorstand hat vier Leute hinzubestellt, je einen Mann von Partei und Staat sowie zwei junge Autoren, da bringe ich halt meine Lebensgefährtin mit. Wohlweislich sind wir vorzeitig da, als Erste, und es misslingt den maßgeblichen Kollegen, Ingrid durch Zureden wegzuschicken. Entfernt man sie massiv, so ist's vereinbart zwischen uns, gehe ich gleichfalls; dann wär der Termin geplatzt.
Das scheint der Ausschuss zu spüren, er duldet schließlich ihre Anwesenheit. Dies legt ihm Dr. Harry Ziethen nahe, der den Kulturchef vom Rat des Bezirkes vertritt. Der Uhu, schwer durch mich gekränkt, hat seinen Sektorenleiter für Kultur geschickt, Dr. Manfred Koch. Und der beginnt, im zeitlos systemübergreifenden Stil der Politik die Leistungen seines Sektors zu würdigen. Viel sei erreicht worden in der Ära Honecker, sagt er glanzlos - ein Unterton von Erschöpfung schwingt mit -, ein gutes Klima habe sich entwickelt, ein ansteigendes kulturelles Prinzip, mit jenen Sprüchen von der amusischen Bezirksstadt sei es längst vorbei! Man führe Tagungen durch und sonstige große Ereignisse, ein produktives Verhältnis zu den Kulturschaffenden bilde sich heraus; es mache ihn stolz, dies in beharrlichem Einsatz erreicht zu haben. Das lasse man sich von keinem schmälern oder nehmen. Zu der Entwicklung habe auch Kollege Schreyer bisher beigetragen, um so mehr enttäusche die Münchner Doppelpublikation. Man möge sich doch dazu äußern.
Andächtiges Schweigen. Gesichter drehen sich mir zu, wie Radar spiegeln sie die herrschende Tendenz. Wortwolken hat Dr. Koch geschoben, semantische Schleier gehängt, nach denen schnappen jetzt junge Autoren zu, die als Wadenbeißer geladen und atemlos durch den Schnee hergehastet sind. Kinderbücher und Laienspiele haben sie verfasst, denken in Bühnenkategorien, immer gibt es Bösewichte für sie, die man zur Schnecke machen muss. Ein Zerrbild unseres Staates hätte ich geliefert, heißt es, mich ausnutzen lassen und beschämenderweise in dem Sexblatt unter Wert verkauft.
Das Stichwort für mich. Mein Westhonorar, sage ich, habe das Büro für Urheberrechte kassiert. Von dort seien mir 2.000 Ostmark zugegangen, mit dem Recht, ein Drittel davon rückzutauschen in Einkaufschecks für den Intershop - ein genehmigter Abdruck also ... Aus der Handakte mit eingelegtem Alphabet, auf die sich meine Verteidigung stützt, löse ich Belege über den Zahlungsweg, reiche sie herum und sage: Entweder - oder. Den Autor verdammen und sein Geld einsacken, beides zugleich, das geht wohl schlecht.
Der Satz verschwindet spurlos in der Runde. Nur Walter Basan äußert Entlastendes, der Rest hält sich an die Spielregeln. Martin Selber zieht den Part des grollenden Onkels durch, Heinz Kruschel, ein Günstling des Uhus, gibt den korrekten Moderator, Manfred Koch den besorgten Förderer der Kunst, und Harry Ziethen gefällt sich in der Rolle des wendigen Kulturfunktionärs, den es privat stark hinzieht zur Literatur. Stasikontakte verdunkeln sein Wirken, das hat er mir angedeutet. Man merkt ihm an, dass er - über meine Renitenz hinaus - den ganzen Ablauf hier missbilligt.
Die Partie endet remis. Freispruch mangels Beweisen. Das Protokoll hält fest, ich bin zur Aussöhnung mit dem Uhu bereit. Der freilich legt keinen Wert darauf, er wil mich gar nicht sehen, vorerst. Offenbar hat er den Eindruck, sich nicht durchgesetzt zu haben. Ein anonymer Stasibericht vom 24. April 1979 nennt ihn denn auch außerstande, die Kulturschaffenden anzuspornen und bei unliebsamen Anlässen wieder in den Griff zu kriegen. Der Informant schreibt: Dem Vorstand sollte klargemacht werden, wie man Widerspenstige zähmt, doch das Gegenteil dieser Zielsetzung ist erfolgt: a) Schreyer schreibt und veröffentlicht, was und wo es ihm einfällt; b) dieses Beispiel findet möglicherweise Nachahmer. Kurzum, Dr. Winnig sei überhaupt kein starker Mann. Das klingt, als habe ich diesmal von internen Rivalitäten profitiert.
Der mehrfach in diesem Text erwähnte Uhu war Dr. Helmuth Winning von der SED-Bezirksleitung Magdeburg.
Schon kurz nach dem Beginn seines Romans Der sechste Sinn lässt Schreyer einen seiner Helden, den eher erfolglosen Schreiber Alexander Woelk, über Vera, das Objekt seiner Begierde, sinnieren:
Fest stand, Vera war in der Stadt, die Frau, zu der es ihn trieb, immer schon und mit wachsender Macht, seit sie aus seinem Leben verschwunden war. Nun streiften sich noch einmal ihre Wege, frühmorgens hatte er von ihrem Aufenthalt in dieser Stadt gehört und Schritte unternommen, sie zu finden. Wenn ihm das glückte im Laufe des Tages was ziemlich sicher schien dank des Meldewesens und dieses kleinen Spürgeräts in seiner Hand, was geschah dann? Wie eh und je würden sie einander in die Arme sinken! Kaum denkbar aber, dass sie ihm zurück in die Heimat folgte, oh, Woelk kannte sie zu gut, ihr neues Wertgefühl, die spät erwachte Energie. Sie würde fordern, dass er bei ihr blieb und alle Brücken hinter sich abbrach.
Woelk versuchte, klaren Kopf zu behalten, sein Denken und Tun wieder in Einklang zu bringen. Ihn plagte das Gefühl, verloren zu sein, falls das Bild zerfloss, das er von sich hatte; und es verschwamm ihm ja schon, die Konturen lösten sich auf. Zu bleiben, über die Frist des Visums hinaus, das wäre endgültig, ein Schritt ins Dunkle, die Folgen unabsehbar. Eine Schreibhemmung von ungewisser Dauer wäre noch die geringste gewesen. Der Eindruck von Torheit und Selbstzerstörung drängte sich ihm auf, flankiert vom Verdacht einer Sucht! Als öffne sich da eine Falltür in den Untergrund der Seele ... Was war er eigentlich für ein Mensch? Wortbruch, das lief seinem Wesen ganz zuwider, dem, was er unter Fairness und Redlichkeit verstand.
Aljonna und Klaus Möckel sind die gemeinsamen Autoren von Der Fluch des Drachenkönigs, das erstmals 1999 bei der LeiV Buchhandels- und Verlagsanstalt GmbH als Band 4 der Nikolai-Bachnow-Bücher erschien damals noch unter dem Pseudonym Nikolai Bachnow.
In diesem Märchen aus dem Zauberland sieht sich Telwina Wunderschön zu ihrem Entsetzen und dem Entsetzen ihres Onkels Din Gior von einem hässlichen Drachen zur Frau begehrt. Raubald, so heißt dieser Unhold, versetzt mit seinen Raubzügen nicht nur Menschen und Tiere in Angst und Schrecken, er besitzt auch magische Kräfte. Als der Scheuch, Prinzessin Betty, der Löwe und andere sich gegen ihn stellen, spricht er einen schrecklichen Fluch aus. Feuersbrünste und Überschwemmungen verwüsten von nun an das Zauberland.
Wie sollen der Herrscher der Smaragdenstadt und seine Freunde mit dem Untier fertig werden und Telwina retten? Gewiss, es gibt Pet Riva, der sich ein bisschen aufs Zaubern versteht, aber er verwechselt die Formeln und bewirkt oft das Gegenteil von dem, was er erreichen will - soll man etwa ihn um Hilfe bitten? Ein verzweifelter Kampf beginnt, und obwohl der Scheuch und Din Gior vorübergehend in Riesen verwandelt werden, ist das Ende völlig ungewiss.
Mit ihren insgesamt acht Bachnow-Büchern knüpften Aljonna und Klaus Möckel an die bekannte und beliebte Reihe des russisch-sowjetischen Autors Alexander Wolkow an, die besonders in der DDR sehr gern gelesen wurde.
Außerdem präsentiert der heutige Newsletter noch zwei weitere Bücher von Dietmar Beetz, deren Themen und Zeiten zwar sehr unterschiedlich sind, die aber beide erstmals anfangs der 1980-er Jahre veröffentlicht wurden:
Als Band 177 der Reihe Spannend erzählt erschien 1983 im Verlag Neues Leben Berlin sein Buch Oberhäuptling der Herero. Die Handlung dieses spannenden Romans führt in das ehemalige Deutsch-Südwest-Afrika. Man schreibt das Jahr 1890. Im Hafen Walvisbaai wartet Assa Riarua, Großmann der Herero, auf Nikodemus, der per Schiff eine Ladung Waffen aus Kapstadt bringt. Assa soll den Transport auf dem gefährlichen Weg durch das Nama-Land geleiten. So hat es Samuel Maharero gewünscht. Aber will der Sohn des alten Maharero überhaupt, dass das Unternehmen ein Erfolg wird? Assa hat Zweifel, denn Samuel und Nikodemus sind zerstritten, sie streben beide nach dem Amt des Oberhäuptlings. Assa ahnt auch, dass hinter dieser Rivalität nicht nur Machtstreben steht. Die Deutschen beginnen sich im Hereroland einzunisten. Man sollte sie bekämpfen. Aber über das Wie und Wann sind Nikodemus und Samuel sehr unterschiedlicher Ansicht. Assa wird den Gedanken nicht los, dass die aufkeimende Feindschaft zwischen seinen beiden Freunden ihn selbst und sein Volk vor harte Belastungsproben stellen wird.
Bereits im Jahr zuvor hatte Dietmar Beetz den Kriminalroman Mord am Hirschlachufer veröffentlicht, der auf andere Weise in die deutsche Vergangenheit zurückführt.
An einem sonnigen Septembertag des Jahres 1948 ist ein Mann auf Hamstertour im Eichsfeld unterwegs. Aber es gibt noch andere Geschäfte, die ihn in das Dörfchen Ulmbach treiben ... Der Großbauer Hugo Strauch weiß nur zu genau, warum er Schneiders Kommen fürchten muss. Als wenig später im nächtlichen Erfurt ein furchtbares Verbrechen geschieht, führen die Spuren nach dem weltabgeschiedenen Ulmbach - und zurück in eine dunkle Vergangenheit.
Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Heute geht es um Anpassung oder Widerstand, um Liebe oder Verrat. Wie werden sich die handelnden Personen entscheiden?
Erstmals 1948 erschien im Verlag Lied der Zeit dessen Gründung auf Ernst Busch zurückgeht, dem die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) am 12. August 1946 die Lizenz zur Gründung der Schallplattenfirma Lied der Zeit erteilt hatte - der Erzählungsband Dorfgeschichten einmal anders von Adam Scharrer (1889 bis 1948), der als einer der ersten Arbeiterschriftsteller gilt.
Hinter der ländlichen Idylle lauert das Grauen. Adam Scharrer erzählt von Bauern, Kriegswirren und menschlichen Schicksalen.
Das Dorf als Mikrokosmos einer Gesellschaft im Umbruch: Adam Scharrer beleuchtet in seinen bewegenden Erzählungen die Schicksale einfacher Menschen, die zwischen Tradition, Krieg und persönlichem Überlebenskampf zerrissen werden. Bauern kämpfen um ihr Land, Familien um ihre Existenz, Soldaten um ihr Leben.
Während die politische Maschinerie immer gnadenloser wird, müssen sich die Protagonisten entscheiden: Anpassung oder Widerstand? Liebe oder Verrat? Unterwerfung oder Freiheit? Vom erbitterten Überlebenskampf an der Ostfront bis zum stillen Widerstand im eigenen Heim zeigt Scharrer die dramatischen Umbrüche, die das Leben der Menschen für immer prägen.
Dorfgeschichten einmal anders ist ein literarisches Meisterwerk über Hoffnung und Verzweiflung, Macht und Ohnmacht, Pflicht und Gewissen - beklemmend aktuell und zutiefst bewegend.
Ein Drachenkönig erhebt Anspruch, wo er kein Recht hat und spricht einen Fluch, der eine ganze Stadt ins Verderben stürzen kann. Die folgende Leseprobe Der Fluch des Drachenkönigs von Aljonna und Klaus Möckel aus führt mitten hinein in einen dramatischen Moment voller Trotz, Mut und dunkler Magie.
Raubald wusste nicht, was ein Zelt war, er hielt das graue Ding für einen spitzen Felsen und wunderte sich nur, wie er hierher kam. Auf die Stadt zusegelnd, rief er laut den Namen Telwinas, denn er dachte sich schon, dass sie dort zu finden war.
Telwina hörte seinen Ruf und schloss schnell alle Fenster. Sie wollte nicht mehr mit dem Ungeheuer sprechen.
Auch der Scheuch und seine Gäste vernahmen die laute krächzende Stimme. Sie sahen den Drachen heranschweben und sprangen auf. Doch selbst der Herrscher der Smaragdenstadt, der fast die Höhe seines Palastes erreichte, musste den Kopf in den Nacken legen. Raubald dachte nämlich an den Tritt gegen seinen Unterkiefer und hütete sich, tiefer herabzukommen.
"Lass Telwina in Ruhe", rief der Scheuch. "Sie feiert nächste Woche Hochzeit. Was willst du noch von ihr?"
Der Drachenkönig schrie wütend:
"Halte du dich da raus, Riese. Es gibt keine Hochzeit. Komm aus deiner Höhle, Telwina, damit ich dich mitnehmen kann."
"Was Telwina tut, entscheidet allein sie. Scher dich fort aus unserem Land, sonst müssen wir dich mit Gewalt vertreiben." Der Scheuch wurde langsam ärgerlich.
"Mit Gewalt? Was kannst du mit deinem am Boden kriechenden Zwergenvolk schon gegen einen wie mich ausrichten?"
Der Tapfere Löwe mischte sich ein. Er brüllte, so laut er konnte:
"Zwergenvolk? Komm herunter, du Angeber, und stell dich, damit ich dir meine Zähne in die Kehle schlage."
Der Eiserne Holzfäller trat neben den Löwen und zog seine Axt aus dem Gürtel.
"Du solltest dich schämen, so mit uns zu sprechen", erklärte er. "Jeder, der ein bisschen Herz hat, weiß, dass Liebe nicht zu erzwingen ist. Ob nun Zwerg oder Riese, das trifft auf alle zu."
Doch die Worte der beiden beeindruckten den Drachen wenig. Erst als sich der Scheuch nach einem Findling bückte, der im Park zu einer Grottenlandschaft gehörte, fauchte er wütend:
"Ich sehe schon, ihr wollt nicht gehorchen. Dann wisst, dass ich einen Fluch über eure Stadt bringen kann, der euch in Not und Verzweiflung stürzt. Auf Knien werdet ihr zu meiner königlichen Höhle gekrochen kommen und mich unterwürfig um Vergebung bitten."
Der Scheuch konnte nicht mehr an sich halten. Er nahm den Stein und warf ihn nach dem Drachen. Besonders geschickt stellte er sich dabei freilich nicht an. Nicht nur, dass er sein Ziel um Längen verfehlte - der herabfallende Findling hätte beinahe noch die Stadtmauer beschädigt.
Trotzdem schrie Raubald:
"Das wirst du mir büßen, Riese, alles werdet ihr mir büßen. Ihr sollt zum Leiden verdammt sein, bis ihr euch meinem Willen unterwerft!" Und er fügte, heftig mit den Flügeln schlagend, den Bannspruch hinzu, der sich ihm eingeprägt hatte:
"Fluch über euch, Blitz und Gewitter! Wasserfluten, solange ihr mir nicht gehorcht! Hagel über das Land, Tod und Verwüstung! Nacht über euch in Gingemas Namen."
Macht, Misstrauen und politische List prallen hier ungebremst aufeinander: In einer scheinbar formalen Entscheidung am Okuruo entscheidet sich das Schicksal eines Mannes und vielleicht mehr als das. Die folgende Leseprobe aus Oberhäuptling der Herero von Dietmar Beetz zeigt eindringlich, wie dünn die Grenze zwischen Verantwortung und Intrige ist.
Es sollte wohl trösten, und es war seine letzte Rechtfertigung Assa gegenüber. Von da an mied er den einstigen Freund und Vertrauten, der ihm schon länger aus dem Weg ging, und sie begegneten einander nur noch selten und stets in der Öffentlichkeit.
So Wochen nach der Wahl, als Samuel am Okuruo dem Rat der Großleute vorschlug, Nikodemus zum Häuptling der Ostherero zu ernennen.
Der Vorschlag kam offenbar für alle überraschend. Die meisten guckten, als hätten sie sich verhört, und erst allmählich wurden Stimmen laut. Jemand erkundigte sich: Was hast du vor? Welche Absicht verfolgst du?
Nikodemus, erklärte der Oberhäuptling, ist, wie ihr wisst, ein energischer Mann. Er wird dort im Osten für Ruhe und Ordnung sorgen, ein guter Nachbar der Khauas sein und die Gelben zugleich von unseren Weiden fernhalten.
Ich dein Wachhund? Nikodemus war aufgefahren, unfähig, sich länger zurückzuhalten. Du willst mich loswerden, willst mich Lampert und seinen Khauas ausliefern!
Samuel tat erstaunt. Hast du Angst?
So hatte er schon einmal gefragt, damals, als Nikodemus den Auftrag, im Süden Waffen und Munition einzutauschen, zurückwies. Hast du Angst?
Dieselben Worte, und wieder blieb Nikodemus kein Ausweg. Er wusste das wohl und wehrte sich deshalb verzweifelt. Ich lass mich nicht verbannen, nicht im Sandfeld begraben! Gobabis das ist der ödeste Winkel der Welt!
Deine Werft liegt am Weißen Nossob, näher bei Okaseva als bei Gobabis. Sie hat gutes Land, und sie ist unser wichtigster Stützpunkt im Osten. Außerdem kannst du, sooft du willst, hierherkommen vorausgesetzt, du erfüllst deine Aufgaben.
Meine Aufgaben erfüllen! Nikodemus lachte höhnisch. Wie denn, womit?
Tjetjoo wird dir unterstellt.
Tjetjoo ist selber Häuptling!
Er hat dir zu gehorchen, erklärte Samuel mit Nachdruck, und er wird dir gehorchen fett und träge, wie er ist. Die Krieger von Tjetjoo unterstehen in Zukunft dir!
Nikodemus stockte, runzelte die Stirn, und sein Gesicht spiegelte die Gedanken, die ihn jagten, die Versuchung, die ihn lockte. Es war so still, dass man das Feuer auf dem Okuruo knistern hörte.
Nein! Er riss sich los, fuhr erneut auf. Ich geh nicht in diese Falle! Du hast kein Recht, mich zu verbannen wie einen Verbrecher. Erst Kavazeri, nun ich ... Wer dir im Weg ist, den schickst du fort.
Samuel blieb gelassen, ja, er lächelte sogar. Merkst du nicht, dass. du dich wiederholst und verhedderst? Wer außer dir hält Kavazeri für einen Verbannten, einen Verbrecher?
Das unterstellst du mir; das habe ich nicht gemeint!
Aber gesagt, und alle habens gehört!
Zustimmung und Widerspruch wurden laut, Spott und Protest und Schadenfreude. Nikodemus warf einen verwirrten Blick in die Runde, suchte Assa.
Samuel kam ihnen zuvor. Schluss jetzt! Wir haben lange genug gestritten; mir ist schon der Schlund wie ausgedorrt.
Mir auch!, rief Absalom, und Kamumbumbi fiel ein.
Assa, fuhr Samuel fort, erklär du Nikodemus dann bitte noch einmal alles in Ruhe! Dir glaubt er vielleicht.
Assa, erklär du ihm ...! Nach allem, was war, diese Aufforderung, dieses hinterhältige Ansinnen! Als wär ich sein Helfershelfer, ohne Bedenken auf seiner Seite!
Die List gelang. Assa war überrumpelt. Verwirrt wich er dem beschwörenden Blick aus, und was er sagen wollte für Nikodemus, blieb ihm in der Kehle stecken. Er murrte nur.
Gut. Stimmen wir also ab! Wer dafür ist, dass wir Nikodemus zum Häuptling der Ostherero ernennen, der gebe das Zeichen! Assa rührte sich nicht. Er sah, wie viele Hände sich hoben, sah, dass Nikodemus den Kopf senkte ...
Danke. Und wer ist dagegen?
Einer meldete sich, dann noch jemand, zögernd.
Ich auch! Assa riss die Hand hoch.
Samuels Miene veränderte sich nicht.
Schön, sagte er lächelnd. Damit ist Nikodemus ernannt. In den nächsten Tagen wird er abreisen, um die Würde zu übernehmen. Wir wünschen ihm für seine schwierige und wichtige Aufgabe Glück und Erfolg.
Ein Mord, ein Netz aus Lügen und zwei Männer, die glauben, alles im Griff zu haben. Die folgende Leseprobe aus Mord am Hirschlachufer führt direkt in die beklemmende Gedankenwelt der Täter und zeigt, wie Berechnung, Angst und politische Hetze ineinandergreifen.
Die Sache rollt, der Händl wird marschieren! Ich dirigiere ihn mit festem Griff und Kniff. Ich habs gewollt, und er muss mir parieren. Methode Strauch - sie hat den altbewährten Pfiff.
Er summte dabei vor sich hin, und während er so zurückging zum Haus, vorbei an der Kate, am duftenden Gras, am Birnbaum und an den Apfelbäumen, an den rauschenden Pappeln und Eschen vorbei während dieser Minuten verschwamm rings um ihn der Garten, und Strauch sah seine Welt wieder in ihrem alten Gefüge.
Hier auf dem Weg zwischen Blumenrabatten, die später Gemüsebeeten weichen mussten, war er damals auf und ab gegangen, gemeinsam mit Händl, den die Panik trieb damals, im November neunzehnhundertzweiunddreißig, Tage nach dem Mord. Was du nur willst? Er ist nicht wieder zu Bewusstsein gekommen, hats nicht überlebt na und? Dein Glück. Und seins dazu! So hat ers hinter sich und braucht nicht erst ins Gras zu beißen, wenn demnächst die große Abrechnung beginnt.
Aber ich habs doch nicht gewollt, Hugo, ich bin unschuldig! Du und dein Rohr ... Du hast mirs in die Hand gedrückt, hast mich besoffen gemacht mit deinem Gerede und dem Schnaps ...
Max, was soll das? Ich versteh überhaupt nicht, wovor du solche Angst hast. Wichtig ist doch nur, dass wirs geschafft haben und niemand an uns denkt.
Noch nicht, Hugo, noch nicht ...
Ach was! Wenn du die Nerven behältst und nicht durchdrehst, wird keiner auf den Gedanken kommen, uns zu verdächtigen. Die suchen in ganz anderer Richtung, bei seinen Genossen.
Bei den Kommunisten? Händl war stehen geblieben, Argwohn im Blick, Argwohn, Verwirrung und einen Funken Hoffnung. Seine eigenen Leute sollen ihn ...?
Man glaubts, Max, man ist davon so gut wie überzeugt. Kein Wunder, es deutet ja auch alles darauf hin!
Auf die Kommunisten? Unter den buschigen Brauen von Händl glommen bereits Erleichterung und beschämtes Einverständnis. Strauch legte ihm die Hand auf die Schulter, und während sie weitergingen über den knirschenden Kies, sagte er voller Genugtuung: Seine engsten Kumpane werden verdächtigt dank meiner Strategie. Ich weiß nicht, ob ich dir schon erzählt habe, dass ich ihn zum Vorarbeiter befördert hatte, zwei Tage vorher ...
Händl schüttelte den Kopf. Du ihn?
Ja, und er ist in die Falle gegangen und hat angenommen, hats sogar für einen ersten Erfolg ihrer Streikdrohungen gehalten. Aber seine Genossen, die vom Kreis, waren da anderer Meinung ganz wie vorausgesehn. Sie fielen über ihn her, am Freitagabend bei ihrer Sitzung, warfen ihm Opportunismus vor, Verrat; es kam beinah zu Handgreiflichkeiten!
Ja, und ...?
Den Rest kennst du: Er rennt raus aus dem Lokal und wird Stunden später ganz in der Nähe aufgefunden. Die Ermittlungen beginnen, man kommt auch zu mir ...
Sie haben dich verhört?
Sagen wir mal: mich befragt. Ein guter alter Bekannter war am Montag eine halbe Stunde im Steinbruch, bei mir im Büro. Ich konnte ihm leicht beweisen, dass ich mit Lustig in bestem Einvernehmen stand.
Händl war bei dem Namen zusammengezuckt. Nun schüttelte er den Schädel und seufzte ächzend. Heilige Muttergottes, was hab ich in den letzten Tagen durchgemacht!
Strauch nickte, und eine Weile war nur das Knirschen ihrer Schritte zu hören.
Na ja, sagte Händl wie in Gedanken, vielleicht kommt man mit der Zeit drüberweg. Mir hat schon geholfen, dass mir Herzog die Absolution erteilt hat.
Diesmal dauerte es, bis Strauch begriff. Du hast gebeichtet? Dem?
Da blieb Händl stehen, sichtlich verwirrt. Aber ... Aber er ist doch unser Pfarrer. Ich wusste ja nicht mehr ein noch aus!
Du Idiot, du hirnverbrannter Trottel! Wie bist du nur auf diese blödsinnige Idee gekommen? Eine Visage wie ein Gorilla, aber ein Gemüt wie eine Feldmaus. Rennt zu diesem Schwarzkittel und heult sich aus; hat nichts Eiligeres zu tun, als dem alles brühwarm aufzutischen!
Aber er ist doch ...
Schweig! Er ist ein Hinterägypter, ein verkappter Kommunist. Der und seine Predigten! Harret aus, das Reich Gottes wird kommen! Uns ist ein Stern erschienen ... Ein Stern? Wohl ein fünfzackiger im Osten?
Strauch verstummte und starrte auf den Weg. Sekundenlang sah er vor sich das kantige Gesicht des Pfarrers, die strengen Augen, den schmalen Mund, und hörte noch einmal, wie erst vor Wochen: Behandeln Sie doch bitte Ihr Gesinde ein wenig sozialer, Herr Strauch! Die Zeiten sind hart, aber am härtesten trifft es die Ärmsten. Ihnen müssen wir geben, mit ihnen teilen, den Rock, das Brot, wie Gottes Sohn von uns fordert.
Teilen - täl! Der Thälmann will täl, wie sie im Fränkischen sagen. Herzog drückt sich zwar anders aus, gewählter, aber dem Sinn nach verlangt er das gleiche, fast genauso viel wie dieser Lustig: Teilen die Macht, den Besitz -, erst teilen, dann hergeben!
Strauch blieb stehen und holte tief Luft. Er hatte das Gefühl, an einem Abgrund zu stehen, einem Abgrund, der dort aufgeklafft war, wo ers nicht erwartet hatte, und dieses Unvorhergesehene bei aller Bedachtsamkeit, allem Kalkül, auf das er so stolz gewesen war, verwirrte, ja entsetzte ihn.
Das wird noch was geben, sagte er beinah kläglich. Das hat bestimmt für uns Folgen.
Händl, der mit dem Blick an ihm hing wie ein geprügelter Hund - Händl straffte sich und wagte ein Lächeln. Aber Hugo, als Pfarrer hat er doch sein Beichtgeheimnis zu halten! Er wird uns nicht verpfeifen, selbst wenn er Lust hätt.
Ein Dorf feiert Kirchweih doch hinter der festlichen Fassade verbergen sich alte Verletzungen, Schuld und unausgesprochene Ängste. Die folgende Leseprobe aus Dorfgeschichten einmal anders von Adam Scharrer zeigt eindringlich, wie sehr Vergangenheit, familiäre Härte und gesellschaftlicher Druck das Leben einer jungen Frau bestimmen.
Karin und ihre Freier
Die Ernte war gut ausgefallen, das Wetter war prächtig; die Kirchweih in Heiligenhain war daher auch aus anderen Dörfern gut besucht. Das ganze Dorf war voll von Musik.
Im Zanderhaus jedoch, dem rechten von dem Zweigehöft an der Kulmberger Straße, wollte keine rechte Kirchweihstimmung aufkommen. Der Zanderbauer stampfte zornig im Haus herum, weil Karin, seine Tochter, sich weigerte, mit zur Kirchweih zu gehen. Auch der Onkel und die Tante machten betretene Gesichter. Der Vetter versuchte, Karin durch einen Scherz aufzumuntern. Hab mich so darauf gefreut, sagte er, mit dir tüchtig zu tanzen. Verdirb doch wenigstens mir nicht die ganze Kirchweih. Die Alten halten doch nicht so lange aus, und auf dem Heimweg kommen wir schon auf unsere Kosten! Doch sofort stellte sich heraus, dass der Witz nicht am Platze war. Warum traktiert ihr mich, wenn ich doch nicht will, antwortete Karin, stand dann auf und ging aus der Stube in ihre Kammer.
Zander zog seinen Mantel über, griff nach seinem Hut. Auch die Gäste machten sich zum Gehen fertig. Karin blieb in ihrer Kammer sitzen. Die Gedanken jagten wild durch ihren Kopf. Diese Gedanken enthielten die ganze Geschichte des Zanderhofes und darin eingeschlossen den Grund für Karins Verhalten.
Schon der Großvater war als mürrischer Sonderling bekannt. Außer den Verwandten durfte kein Mensch den Hof betreten. Als er starb, flossen die Tränen nicht sehr reichlich, und er starb auf eigenartige Weise.
Er hatte eine Kuh verkauft und sie nach Kulmberg zum Händler getrieben. Es war im Herbst, des Nachts fiel das Thermometer einige Grad unter Null. Der Viehhändler zahlte dem Alten sein Geld auf den Tisch und fragte ihn, ob er, da er doch viel Geld bei sich trage, nicht mit der Bahn fahren wolle. Der Alte deutete auf seinen Hund: Der sorgt schon dafür, dass nichts passiert. Der Viehhändler goss dem Alten einen Schnaps ein. Der Alte trank, trank noch einen und dann noch einen. Der Schnaps schoss ihm schwer in die Füße.
Als er auf dem Heimweg die Bank erreicht hatte, die unter den Eichen am Oberndorfer Weg stand, beschloss er, ein wenig auszuruhen. Dort schlief er ein. Als ein Radfahrer vorbeikam, lag er vor der Bank, Hut und Stock daneben. Der Radfahrer wollte helfen, doch der Hund knurrte ihn drohend an. Der Radfahrer fuhr ins Dorf und holte Hilfe. Zu spät. Der Alte war tot. Schlaganfall, meinte der Arzt, und dann erfroren.
Die Leute im Dorf waren der Meinung: Der ist an seinem Geiz erstickt. Von seinem Geld hätte er sich nicht so vollgesoffen.
Nun erst war der junge Zander Herr auf dem Hofe, der ihm wohl schon lange überschrieben war, aber der Alte hatte die Herrschaft keinen Augenblick aus der Hand gegeben, obgleich sein Sohn bereits Vater von drei Kindern war. Karin war sechs, ihre Brüder, der Kaspar und der Christian, acht und elf Jahre alt.
Der junge Zander legte die abfälligen Reden als Neid und Missgunst aus. An dem Verhältnis zu den Leuten im Dorf änderte sich nichts. Als die Wasserleitung ins Dorf gelegt wurde, sollten Zander und sein Nachbar, der Sterk, einige hundert Meter Rohr extra bezahlen, weil ihre Höfe zu weit vom Dorf ablagen. Zander weigerte sich, so dass die Rechnung für Sterk noch höher wurde. Sterk beschloss, die Leitung dennoch legen zu lassen, musste aber, wenn er einen großen Umweg vermeiden wollte, mit der Rohrleitung durch einen Acker von Zander. Zander gab seine Einwilligung nicht. Dadurch war die Feindschaft zwischen den Nachbarn noch erbitterter geworden. Ob ein Kalb zur Welt kam, einige Fuder Heu oder Korn vom Gewitterregen bedroht waren: Keiner der Nachbarn nahm mehr die Hilfe des anderen in Anspruch.
Auch die Kinder wurden streng angehalten, jeden Verkehr miteinander zu meiden. Doch dieses Gebot wurde oft durchbrochen. Eines Tages fuhr der Sterk-Ludwig mit dem Fahrrad nach Kulmberg. Karin hütete unweit der Kulmberger Straße die Kühe. Ludwig hatte Karin versprochen, Murmeln mitzubringen. Er hielt Wort: Einen ganzen Beutel voll funkelnagelneuer Murmeln brachte er mit, dazu zwei große, bunte, gläserne. Er schüttete den ganzen Reichtum in Karins Schürze und lächelte sie aufgeregt an. Und plötzlich, ehe Karin mit dem Zählen fertig war, hatte Ludwig sie zu Boden gedrückt. Erst als sie seine Hand zwischen ihren Schenkeln spürte, begriff sie, was Ludwig wollte. Sie biss, kratzte, riss sich los, sprang auf und erschrak noch mehr, wie sie Ludwig nun vor sich sah: Augen wie ein Ochse, Ohren wie ein Esel, Arme und Hände wie ein Affe; Wie ein gehetztes Wild lief sie aus dem Walde zu ihren Kühen. Von diesem Tage an bedurfte es keiner Ermahnung des Vaters mehr, den Umgang mit Ludwig zu meiden. Ludwig war damals dreizehn, Karin elf Jahre alt.
Als Karin aus der Schule kam, entließ Zander die Magd. Christian, der älteste Bruder, machte den Knecht, Kaspar, der jüngere, arbeitete im Schieferbruch. Das Geld, das er verdiente, verwendete Zander für die Bezahlung der Tagelöhner, die er zur Ernte brauchte. Sein Konto auf der Sparkasse stieg von Jahr zu Jahr. Und als es dann galt, im Jahre 1914 Haus und Hof gegen den Erbfeind zu verteidigen, war das für Zander wohl so plötzlich unfassbar, aber dann doch selbstverständlich.
Christian fiel in Polen, Kaspar in Belgien. Als Zander die Nachricht vom Tode seines zweiten Sohnes erhielt, aß er den ganzen Tag keinen Bissen und sprach kein Wort. Seine Frau stellte in der Kammer die Bilder ihrer Söhne auf die Kommode, daneben zwei lange, dicke Kerzen. Sie betete mehrere Male am Tag laut und lange. Zander sah seine Frau verwundert an und blieb stehen. Doch sie wies ihn hinaus, und als er nicht gehen wollte, schrie sie ihn an: Raus du, du Satan! Zander ging erschrocken aus der Kammer. Die Alte verschloss die Tür und betete laut weiter. Sie arbeitete nicht mehr, kochte kein Essen. Eines Tages stürzte sie mit einem Küchenmesser auf die alte Sterk los. Jetzt hab ich dich, schrie sie, du bist schuld, an allem schuld. Du hast alles verhext!
Die alte Sterk rannte in die Scheune und schrie laut um Hilfe. Zander musste Gewalt anwenden, um der Tobenden das Messer zu entreißen.
In einer kalten Winternacht war sie dann fortgelaufen, ohne sofort bemerkt zu werden. Sie lief auf die Lichter am Bahnhof Kulmberg zu, die von der Straße aus zu sehen waren. Das große grüne, meinte sie, sei der Geist von Christian und das große rote der von Kaspar. Sie lief geradeaus, nicht darauf achtend, dass die Straße eine Biegung machte, verirrte sich im Schnee, und als Karin und ihr Vater sie fanden, war sie starr und kalt.
Zur Beerdigung fanden sich viele ein, mit denen die Zander keine Freundschaft gehalten hatten. Auch die Sterks kamen. Der alte Sterk ging, als Karin ihren Vater vom Grabe wegführte, auf diesen zu, hielt ihm die Hand hin und sagte: Ich denk, Nachbar, Ihr werdet mirs doch nicht verwehren, dass ich Euch wenigstens die Hand drücke.
Zander schlug ein. Ich dank Euch, Nachbar!, sagte er. Dann gingen sie miteinander zum Leichenschmaus.
Sterk hatte weniger Land als Zander, doch nur zwei Kinder, den Ludwig und die Marie. Der Ludwig war auch nach Beendigung des Krieges beim Militär geblieben. Die Marie hatte wenig Aussicht auf eine Heirat, wegen ihrer Hasenscharte. Wenn der Ludwig mit einigen tausend Mark Abfindung vom Militär abgeht, rechnete Sterk, wird Zander nichts gegen eine Heirat mit Karin haben. Zander war einverstanden. Wenn schon kein Zander auf den Zanderhof kommen soll, so wenigstens eine Zanderin, um den Preis, dass der Sterkhof später verschwindet. Doch über diese Einzelheiten sprachen die Nachbarn nicht. Sie sprachen nur darüber, dass der Ludwig und die Karin ein stattliches Paar seien.
Ludwig jedoch kam bei Karin keinen Schritt weiter. Als er sie einmal im Kuhstall umfassen wollte, erschrak sie so sehr, dass er sofort von ihr abließ. Mit steinernem Gesicht sah sie ihn an und sagte dann: Nachbar, das darfst du nicht denken, das nicht, auf keinen Fall. Sie ging aus dem Stall, und Ludwig blieb enttäuscht und verletzt zurück und kam dann wochenlang nicht mehr ins Zanderhaus.
Der alte Sterk ließ Zander unterdessen wissen, dass Ludwig nicht nur so viele Frauen bekommen könnte, wie er wolle, sondern auch solche, die es mit Karin sehr wohl aufnehmen könnten, auch was das Heiratsgut anbelangt. Zander antwortete nachdenklich: Die Karin hat halt viel durchgemacht, da muss der Ludwig ein bisschen mehr Geduld haben als mit der erstbesten. Sie hat halt ein starkes Innenleben. Ein guter Wein gärt lang. Und zu Karin sagte Zander: Ich weiß nicht, Karin, wie du dir das denkst, für später. Ich werde immer älter, und wenn ich die Augen zumache, und ich muss dich allein zurücklassen, das bedrückt mich. Der Ludwig ist doch kein unrechter Bursch, und dass er immer nur auf ein gutes Wort von dir wartet und nach keiner andern schaut, das macht auch nicht jeder. Aber einmal reißt ihm sicher die Geduld, und vielleicht denkst du nachher anders, wenn es zu spät ist.
Du stirbst noch lange nicht, Vater, meinte Karin da. Und daran denken, dass ich deswegen heiraten soll, das könnt mirs erst recht verleiden. Ich hab halt gar kein Verlangen danach. Und wenn das nicht von selber kommt, bringt es auch kein Glück. Und Unglück haben wir doch grad genug hinter uns. Jetzt sind wir noch unser eigener Herr, was nachher kommt, wissen wir nicht. Warum sollen wir uns Sorgen machen, grad weil wir jetzt keine haben? Der alte Zander ging schweigsam und nachdenklich in seine Schlafkammer, denn über Karin ging das Gerede, dass sie mütterlicherseits erblich belastet sei, weil sie wortkarg und verschlossen war und nichts von Männern wissen wollte.
Fast alle Leute, die in der DDR aufgewachsen sind und dort das Schreiben und Lesen gelernt haben, können sich an die fantasievollen Bücher von Alexander Wolkow erinnern, die nicht zuletzt sehr gern verschenkt wurden und sich damals in vielen Bücherregalen und Bücherschränken fanden. Daran hatten Aljonna und Klaus Möckel ab 1996 angeknüpft und mit ihren zunächst unter dem Pseudonym Nikolai Bachnow erschienen Büchern ebenfalls viel Erfolg. Aber wer war eigentlich dieser Alexander Wolkow?
Laut dem Internet-Lexikon Wikipedia wurde Alexander Melentjewitsch Wolkow (russisch Александр Мелентьевич Волков) am 2. Junijul. / 14. Juni 1891greg. in Ust-Kamenogorsk im Osten des heutigen Kasachstan geboren. Wolkow starb am 3. Juli 1977 in Moskau. Große Popularität habe er mit seinem Kinderbuch Der Zauberer der Smaragdenstadt und den folgenden Bänden der Zauberland-Reihe erlangt, die auch als Wunderland-Reihe bezeichnet wurde.
Wolkow beschäftigte sich schon als Jugendlicher intensiv mit Literatur. Sein Vater, ein pensionierter Feldwebel, hatte bereits dem vierjährigen Alexander das Lesen beigebracht. Auf Grund seiner guten Lesekenntnisse wurde er zwei Jahre später direkt in die 2. Klasse eingeschult. Er beendete die Grundschule mit zwölf Jahren als bester Schüler seines Jahrgangs und legte dann auf dem Gymnasium sein Examen ab. Von 1907 bis 1910 studierte er Mathematik am Staatlichen Pädagogischen Institut in Tomsk. Danach arbeitete er als Lehrer, zunächst in Kolywan im Altai und dann in Ust-Kamenogorsk an seiner ehemaligen Schule. In den 1920er Jahren zog er zunächst nach Jaroslawl, war dort Schuldirektor und wurde 1929 in Moskau stellvertretender Leiter der Arbeiterfakultät. Nach einem siebenmonatigen Kurs der Mathematik an der Universität Moskau arbeitete er von 1933 bis 1953 als Lehrbeauftragter und später als Dozent am Lehrstuhl für Höhere Mathematik am Staatlichen Institut für Buntmetalle und Gold.
Ab 1917 veröffentlichte er erste literarische Arbeiten. In den 1930er Jahren begann er mit dem Erlernen der englischen Sprache und übersetzte auch erste Werke ins Russische. Dabei wollte er auch die Geschichte Der Zauberer von Oz des Schriftstellers Lyman Frank Baum übersetzen. Die Übersetzung sollte seine schriftstellerische Arbeit nachhaltig beeinflussen. Während des Übersetzens fügte Wolkow nach und nach verschiedene Elemente hinzu. Schließlich nahm er komplette Änderungen an den Personennamen und Begebenheiten vor und schuf damit ein eigenständiges Buch: Der Zauberer der Smaragdenstadt, das erstmals 1939 in der Sowjetunion veröffentlicht wurde. 1959 wurde das Buch in einer überarbeiteten Fassung und mit den Zeichnungen von Leonid Wladimirski versehen neu herausgegeben. In den Folgejahren wurde das Kinderbuch in den Staaten des Ostblocks, wie es bei Wikipedia für die damaligen sozialistischen Länder etwas herablassend heißt, und vor allem in deutscher Sprache für die DDR wiederholt neu aufgelegt. Nach dem großen Erfolg des ersten Bandes verfasste Wolkow ab 1963 fünf weitere Bücher, welche die Geschichte des Zauberlandes weitererzählen.
Aber auch Alexander Wolkow selbst hatte wie bereits zu erfahren war - ein großes literarisches Vorbild: Der Zauberer der Smaragdenstadt, das erste Buch seiner Smaragdenstadt-Bücher, ist noch sehr stark dem Buch Der Zauberer von Oz (The Wonderful Wizard of Oz) des US-amerikanischen Schriftstellers Lyman Frank Baum (1856 bis 1919) nachempfunden. Dieses Buch avancierte schnell zum Kinderbuch-Klassiker und Baum schrieb insgesamt 13 Fortsetzungsromane, die alle in der von ihm erdachten Zauberwelt Oz spielen.
Wie weiter bei Wikipedia zu erfahren ist, war Baums deutschstämmiger Vater, Benjamin Ward Baum, ein erfolgreicher Geschäftsmann und hatte mit Ölfeldern in Pennsylvania ein großes Vermögen gemacht. So verbrachte Baum seine Kindheit im luxuriösen Anwesen Rose Lawn. Zu seinem 15. Geburtstag schenkte ihm sein Vater eine Druckerpresse, die Baums Interesse am Schreiben weckte. 1882 heiratete er Maud Gage, die Tochter einer führenden Frauenrechtlerin, und zog mit ihr nach South Dakota.
Baum versuchte sich in zahlreichen Geschäftsfeldern. Er arbeitete im Theater, für Zeitungen und Zeitschriften, stellte das patentierte Schmieröl Baums Castorine her, leitete das Warenhaus Baums Bazaar und war zeitweilig auch Hühnerfarmer. Sein erstes Buch, das er 1886 veröffentlichte, handelt von der Hühnerzucht. Baum war ebenso Herausgeber einer eigenen Wochenzeitschrift, die jedoch wie die meisten seiner Unternehmen nicht besonders erfolgreich war.
1891 zog die Familie nach Chicago und Baum suchte nach einer neuen Möglichkeit, Geld zu verdienen. Da er sich stets mit Freude Gute-Nacht-Geschichten für seine eigenen Kinder ausgedacht hatte und diese ihnen am Bett erzählte, entschloss er sich, Geschichten für andere Kinder zu schreiben. In seinen ersten beiden Büchern erzählte er vorwiegend traditionelle Geschichten nach, wobei er in einer dieser Geschichten ein junges Mädchen namens Dorothy einführte. Dies führte ihn zur Schaffung des Landes der Wunder und Freuden Oz. Im Jahr 1900 erschien sein Buch The Wonderful Wizard Of Oz, das über Nacht zu einem riesigen Erfolg wurde. Binnen zweier Jahre wurde es als Bühnen-Musical adaptiert, für das Baum selbst das Libretto schrieb. Baum verfasste noch 13 weitere Romane um das wunderbare Land, wobei er mehrfach erklärte, die Serie jetzt abgeschlossen zu haben und keine weiteren Oz-Fortsetzungen mehr zu schreiben. Unterdessen wandte er sich zahlreichen anderen Kindergeschichten zu, unter anderem unter dem Pseudonym Edith Van Dyne. Aufgrund der hohen Nachfrage nach weiteren Oz-Romanen und wegen der Briefe vieler Kinder setzte er die Serie jedoch immer wieder fort.
Aber jetzt zurück zu Alexander Wolkow und seinem Buch Der Zauberer der Smaragdenstadt. Die Folgebücher behandeln stets Konflikte zwischen oder mit den Völkern des Zauberlandes und propagieren dabei egalitär-humanistische Moralvorstellungen. Der letzte Teil nimmt mit der Ankunft von Außerirdischen auf spielerische Weise sogar Science-Fiction-Elemente auf. Zur Beliebtheit der Bücher haben auch die Illustrationen des Grafikers Leonid Wladimirski beigetragen. Folgende sechs Bücher sind auch auf Deutsch erschienen:
Der Zauberer der Smaragdenstadt (1939, überarbeitet 1959)
Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten (1963)
Die sieben unterirdischen Könige (1964)
Der Feuergott der Marranen (1968)
Der gelbe Nebel (1970)
Das Geheimnis des verlassenen Schlosses (1976, 1982)
In diesem Zusammenhang sei noch darauf verwiesen, dass sich sowohl Baum als auch Wolkow durch den großen Erfolg ihres jeweils ersten Buches zu Fortsetzungen aufgefordert fühlten und es auch durch Leserzuschriften tatsächlich wurden.
Die sechs Originalbücher von Wolkow kann man sogar auch mit den Ohren genießen, denn sie wurden zwischen 2006 und 2011 von Katharina Thalbach eingesprochen und als Hörbücher veröffentlicht.
Und vielleicht schauen Sie mal nach, ob Sie nicht selbst noch ein, mehrere oder vielleicht sogar alle Wolkow-Bücher zu Hause haben? Möglicherweise sogar auf Russisch? Schließlich gibt es bald ein paar freie Tage.
Bleiben Sie ansonsten weiter vor allem schön gesund und munter und der Welt der Bücher gewogen und kommen Sie gut durch die Weihnachtsfeiertage -vielleicht mit dem einen oder anderen Buch in der Hand.
Die vorletzte Lieferung dieses zu Ende gehenden Jahres ist schon ausgewählt, zusammengepackt und auf dem Wege zu den Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters von EDITION digital, die allen Fans und Freunden ein Frohes Fest wünscht.
Zum Paket mit den nächsten Sonderangeboten gehört auch wieder ein Science Fiction Roman oder ein Utopischer Roman, wie dieses Genre in der DDR bezeichnet wurde.
Erstmals im Jahre 2000 war im Kröger-Vertrieb Cottbus Saat des Himmels erschienen. Dem E-Book liegt die 2. überarbeitete Auflage zugrunde, die 2011 im Projekte-Verlag Cornelius GmbH Halle herausgekommen war.
Vor etwa 2000 Jahren landen Außerirdische im Nahen Osten auf der Erde und erforschen die Zivilisierten, die sie dort vorfinden. Sie sind sich uneins in der Frage, ob man auf diese Primitiven nicht doch ein wenig Einfluss nehmen sollte, um sie auf den rechten Weg in eine Welt des Friedens zu bringen. Die Expeditionsleitung hat jeden Eingriff strikt verboten. Aber drei von ihnen zeugen heimlich zwei von ihnen genmanipulierte Menschen. Joshua wird von einer Jungfrau geboren und ihr Mann Jossip erkennt den Sohn der Götter an.
Hier ein kleiner Vorgeschmack auf den Anfang dieses spannenden SF-Romans, in dem es auch um männliche und weibliche Eigenschaften geht:
Der muss total übergeschnappt sein! Der 21.VomBergo stellte es ärgerlich fest.
Beim heftigen, schrägen Aufsetzen des Landers war er, wie die 17. AusGarmi auch, trotz des Haltefeldes beinahe aus der Sitzmulde gerutscht. Nur bei ihm wirkte eine größere Masse, sodass die Sicherungsgurte mehrere Wülste aus seinem Körper pressten. Er glitt mühsam zurück, stülpte den Mund hervor und schlürfte hörbar Odem. Dann reckte er sich, fuhr den Sehkopf aus und äugte durch das Seitenfenster. Gar kein Grund für das blöde Manöver; völlig eben das Gelände.
Auf meiner Seite stecken wir in einem - na, bizarren Gestrüpp, wahrscheinlich solche Biostationäre, vermutete die 17.AusGarmi. AmUlzo wird wohl absichtlich ..., um uns zu tarnen, möcht ich meinen.
Quatsch! Weswegen solten wir uns verstecken? Hier gab es weit und breit keinerlei Rotreflexe. Von diesen Biomobilen keine Spur.
In der langen Zeit, die wir hier sind, werden natürlich welche auftauchen und den Lander entdecken.
Und, was glaubst du, könnten sie damit anfangen - meinst, das bisschen Gestrüpp schützte uns genügend? Er drehte den Sehkopf zum linken Fenster. Wir müssten den Schild ...
Und die Energie ...?
Dann eben noch besser - die da draußen annulieren!
Das sähe dir ähnlich - immerhin sind Primaten darunter.
Na und? Primitivlinge!
Durch die Röhre glitt, aus dem Leitstand kommend, der 16.AmUlzo, stabilisierte sich und sagte: Da wären wir.
Das war eine ausgesprochene Glanzleistung, brummte VomBergo.
AmUlzo schüttelte den Sehkopf. Ging nicht anders. Wir haben das Zeug erst im letzten Augenblick gesehen. Es ist nur eine kleine Fläche, eine Art Insel in der Öde.
Wir wären auch ohne dieses ... Ach, pfeif drauf! VomBergo reagierte nach wie vor gereizt.
Wir hatten Order.
Meinetwegen! VomBergo formte gleichgültiges Abwinken, schluckte Odem und fuhr den Sehtentakel ein.
Es wäre an der Zeit, dass ihr euch wieder vertragt, mahnte AusGarmi. Wir werden aufeinander angewiesen sein.
Sie bekam keine Antwort. AmUlzo wedelte unbestimmt mit dem Sehtentakel.
Aus der Zentrale kommend informierte die 8.VonEtali: Befehl vom Albevolmächtigten: Ihre Augen wandten sich AmUlzo zu. Alle, die den Erkundungstrupps angehören, gehen feminin.
Warum denn das?, fragte der Angesprochene ärgerlich überrascht.
Er meint, es wird strapaziös, und das Weibliche ist halt belastungsfähiger. Sie lächelte.
Du liebe Zeit!
Die Temperatur draußen ist zwölf Strich über normal.
AmUlzo sog schlürfend an seinem Odembehälter. Sonst wäre ich ja ganz gern einmal feminin ..., sagte er anzüglich, aber nicht unbedingt wegen zwölf Strich über normal.
Mist, fluchte VomBergo. Er lag apathisch in seiner Mulde und rührte sich nicht. Schade um den Tag. Scheißwandlung!
Na, beschwichtigte VonEtali, du wirst es schon überstehen.
Du hast leicht reden, dich betrifft es ja nicht!
Diesmal nicht - vielleicht ... Vieleicht hast du Lust, eine Weile - feminin zu bleiben? Sie blinzelte ihn an.
Aber VomBergo sah es nicht; er hielt die Augen geschlossen.
Gönnt einem aber rein gar nichts, der Alte, nicht?, scherzte VonEtali.
AmUlzo blickte verdutzt.
Es hätte ja sein können, dass wir beide ...
Ist ja noch nicht aller Tage Abend, flachste AmUlzo zurück. Schließlich wird er ja die Rückwandlung irgendwann gestatten müssen.
Und wenn ich dir zuvorkomme?
Das brächtest du fertig!