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Preußens erste Königin, heimliche Treffen mit dem Freund sowie ein rätselhafter Mord in Vietnam - Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis
Achtung, bevor Sie weiterlesen, noch ein wichtiger Hinweis: Ab Mai 2026 versendet EDITION digital diesen Newsletter sowie die aktuellen Pressemitteilungen nicht mehr per E-Mail. Diese Texte können Sie aber zumeist sogar eher selbst unter den Internet-Adressen https://edition-digital.de/Blog/ (bisheriger Newsletter) und https://edition-digital.de/Presse/ (Pressemitteilungen) finden. Probieren Sie es doch jetzt schon mal aus zum Eingewöhnen.
Und noch was Wichtiges: Auch in diesem Jahr überrascht EDITION digital vom 1. Dezember bis zum 26. Dezember 2025 wieder mit einem speziellen Adventskalender. An jedem dieser Tage steht jeweils ein E-Book aus dem umfangreichen Verlagsangebot zum kostenlosen Download unter edition-digital.de bereit - von Weihnachten weltweit am 1. Dezember 2025 bis Weihnachtsgans Auguste am 26. Dezember 2025.
(Pinnow 12.12. 2025) Schon wieder ist von hohen Herrschaften die Rede, wird vielleicht mancher beim Lesen des Anfangs des heutigen Newsletters denken. Aber hinter dem zweiten der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters, die sieben Tage lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 12.12. 2025 bis Freitag, 19.12. 2025) zu haben sind, verbirgt sich eine ebenso ungewöhnliche wie vielleicht auch traurige Geschichte, die viel mit den Hintergründen zu tun hat, wie damals Ehen arrangiert wurden. Oder war es doch etwas anders?
Erstmals 2001 veröffentlichte Hans Bentzien, der sich auch immer wieder mit preußischer Geschichte befasst hat, im Westkreuz-Verlag GmbH Berlin/Bonn Das ungleiche Königspaar. Der schiefe Fritz und die allerschönste Prinzessin. Märkische Miniaturen: Die sechzehnjährige Prinzessin Sophie Charlotte heiratete im Jahr 1684 den brandenburgischen Kronprinzen Friedrich; eine der üblichen politischen Eheverbindungen. Die Hannoverschen Welfen wollten nun auch die Beziehungen zum Osten aufnehmen.
Ihre ersten Kinderjahre verbrachte Sophie Charlotte im Hochstift Iburg (bei Osnabrück), bis die Familie in das Schloss Osnabrück zog. Manchmal wird sie schon auf Reisen mitgenommen, sieht den Rhein, als sie nach Holland mitfahren darf. Als Neunjährige erhält sie die Oberhofmeisterin von Harling als Erzieherin, eine Vertraute ihrer Mutter. Ebenso nachhaltig auf die Formung des Charakters mag der Aufenthalt bei ihrer Cousine Liselotte von der Pfalz am französischen Hof gewesen sein, die sich schon Gedanken machte, wie sie am besten verheiratet werden könne.
Bildungsreisen sind das eine, der direkte Einfluss von Persönlichkeiten das andere wichtige Element der Erziehung. Es war ein Glücksfall, dass Gottfried Wilhelm Leibniz, der letzte Universalgelehrte in die Dienste des Herzoghauses von Braunschweig trat. Dieser Hof war durchaus nicht kleinstaatlich in seiner Lebenshaltung beschränkt. Der Herzog kannte sich aus im Gesellschaftsleben, selbst im ausschweifenden Venedig. Obgleich Katholik, stand er den religiösen Strömungen nicht borniert gegenüber und gab der Musik und dem Theater Raum. Allerlei höfisches Maskeradenspiel, eben das anspruchsvolle Plaisier, waren in Hannover gang und gäbe. Damit wuchs das Mädchen auf.
Der brandenburgische Hof war calvinistisch-nüchtern geprägt, die Unterhaltung sehr beschränkt, denn aus prinzipiellen, religiösen Gründen galt die Welt als Jammertal, daher Theater, Ballett, Oper, lockere Belustigungen als verwerflich, wenn nicht gar als obszön. In diesem Sinn wurde Sophie Charlottes zukünftiger Mann erzogen, der allerdings keineswegs von seinem Vater Friedrich Wilhelm in seinen Neigungen ernst genommen wurde. Er war nur der Zweitgeborene. Sein älterer Bruder Karl Emil wurde auf die Thronfolge vorbereitet. Zwar wachsen die Brüder, Söhne aus der Ehe des Kurfürsten mit Louise Henriette, zusammen auf, doch Friedrich ist kränklich und hat einen Buckel. Seine Amme hatte in einer Kutsche nicht genug Obacht gegeben, der kleine Friedrich war vom Sitz gefallen und hatte sich einen Wirbelsäulenschaden, der nicht behandelt werden konnte, zugezogen. Er wurde von den frechen Berlinern daher der schiefe Fritz genannt. Seine Behinderung beeinflusste ständig seine Stellung zur Umgebung, immer musste er sie kaschieren, immer war er in Gefahr, verspottet zu werden. Daher kam seine übertriebene Geltungs- und Prunksucht. Mehr zu Sophie Charlotte etwas später.
Es folgen zunächst zwei E-Books von Dietmar Beetz. Erstmals 1984 veröffentlichte er im Kinderbuchverlag Berlin sein Buch Familien-Theater: Theater gibt es bei Familie Maiwald wahrlich genug: Nicht nur die Aufführung von Schneewittchen in Tines Klasse oder von Hänsel und Gretel als Familienstück bringen Freude, Tränen, Aufregung und Durcheinander. Dafür sorgt auch noch reichlich Tines große Schwester Suse, fünfzehn, die sich mit ihrem Freund Uwe nachts heimlich trifft. Nur Tine weiß davon. Ja, um Suses Ausflüge zu decken, den Mund zu halten, dazu ist Tine groß genug, aber von der Schwester ernst genommen zu werden ... Auch Mama und Papa kommen plötzlich auf ausgefallene Ideen und Tine hat alle Mühe, die Familie zusammenzuhalten, sich nicht unterkriegen zu lassen und sich gegenüber der großen Schwester Suse, aber auch Freundin Jana, zu behaupten.
Als Band 219 in der Reihe Spannend erzählt erschien erstmals 1989 im Verlag Neues Leben Berlin Abrechnung am Klosterfriedhof von Dietmar Beetz. Das Buch spielt in Asien, in Vietnam: An einem regnerischen Tag wird in der Nähe von Ho-Chi-Minh-Stadt auf einem Dschungelpfad bei einem Kloster ein Mord verübt. Herbeigeeilte Mönche finden einen niedergestochenen Weißen. Die alarmierten Kriminalisten stehen vor einem Rätsel. Der Tote hat keine Papiere, kein Geld. Wurde er ausgeraubt? Als sich herausstellt, dass er Amerikaner ist, wird der Fall noch brisanter. Zehn Jahre nach Kriegsende die ersten Amerikaner in Vietnam - und nun ein Mord!
Schließlich präsentiert der heutige Newsletter auch noch einen utopischen Roman. Erstmals 1985 veröffentlichte Alexander Kröger im Mitteldeutschen Verlag Halle-Leipzig seinen Wissenschaftlich-fantastischer Roman Souvenir vom Atair.
Wally 327 Esch entdeckt auf der Venus als einzige Überlebende einer Rettungsexpedition das geborstene Raumschiff, und sie findet Dirk, ihren Lebensgefährten, aus dessen toter Hand sie ein Souvenir entnimmt, das, so glaubt sie, für sie bestimmt ist. 18 Jahre hütet sie das Geheimnis dieses Geschenks. Dann berichtet sie dem Sohn Mark von der Operation in einem verlassenen Urwaldhospital und von Bea, einem Mädchen mit Tigeraugen und vier Fingern an jeder Hand, ... Sie bürdet damit dem jungen Mann eine Verantwortung auf, die er allein nicht tragen kann.
Alexander Kröger richtet in diesem Buch von 1985 in einer mitreißenden Handlung - in Sicht auf heutige Realitäten und Tendenzen wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung - das Augenmerk des Lesers auf die Verantwortung der Menschen für ihre Zukunft.
Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Wieder geht es in dem heutigen Beitrag um Menschlichkeit und Hoffnung und um die Kraft der Liebe.
Aus dem Jahr 1947 stammt Wie Tiere des Waldes. Ein Schauspiel von Hetzjagd, Liebe und Tod einer Jugend von Friedrich Wolf, in dem der Autor noch einmal auf die jüngste Vergangenheit zurückkommt.
Im Frühjahr 1945, als der Krieg seinem bitteren Ende entgegentaumelt, kämpfen junge Menschen um Freiheit, Liebe und um das nackte Überleben. Friedrich Wolfs Drama Wie Tiere des Waldes erzählt in eindringlichen und poetischen Szenen von Hanne und Kurt, deren unerschütterliche Liebe sie inmitten von Chaos und Gewalt ins Dickicht des Waldes führt - auf der Suche nach Menschlichkeit und einem Ausweg aus der Hoffnungslosigkeit. Doch der Wald, einst ein Symbol von Schutz und Freiheit, wird zur Kulisse tragischer Entscheidungen.
Eine zutiefst menschliche Geschichte über Mut, Widerstand und den Wunsch, sich selbst und einander treu zu bleiben. Ein fesselndes Zeitzeugnis, das den Kampf um Menschlichkeit in einer unmenschlichen Zeit zeigt - bewegend, hochaktuell und unvergessen.
In Das ungleiche Königspaar zeichnet Hans Bentzien mit feinem historischem Gespür nach, wie Sophie Charlotte und Friedrich I. ihre Rollen als erstes preußisches Königspaar formen zwischen persönlicher Distanz, höfischem Glanz und politischem Anspruch. Die folgende Leseprobe entführt in die Entstehungszeit der Lietzenburg, dem späteren Schloss Charlottenburg, und zeigt eindrucksvoll, wie sehr die Königin selbst zur prägenden Gestalterin dieses Ortes wurde.
Die Kurfürstin und spätere Königin mag es schwer gehabt haben, sich in Berlin heimisch zu fühlen. Nachdem der wenig geliebte Schwiegervater gestorben und ihr Gatte Friedrich III. mit den Geschäften einer ungewohnten Regierung beschäftigt war, hatte sie Gelegenheit, in Caputh, viele Kilometer von Berlin entfernt, ein zweites Herrenhausen einzurichten. Doch sie war noch fremd, nicht allgemein anerkannt, der Ort lag einsam, Potsdam war noch nicht einmal Garnisonstadt, Gäste kamen kaum hierher, und so waren einige Jahre ihrer Mühen vergebens. Über diese Zeit ist wenig bekannt, weil es sicherlich auch wenig Mitteilenswertes zu vermelden gab. Schließlich gab sie ihren Sitz zurück und verlangte einen anderen, der näher an Berlin gelegen war.
Ein Baugrund wurde gesucht und auch 1694 nordwestlich von Berlin beim Dorf Lietze gefunden. Die Lage war günstig, das Stadtschloss etwa eine Meile entfernt. Auch per Wasserweg war eine Anbindung vorhanden. Als Baumeister wurde der erfahrene Johann Arnold Nering bestimmt, ein Mann alter Schule, bewährt schon beim Großen Kurfürsten. Von ihm stammt der Grundriss der Lietzenburg, den Bau konnte er nicht mehr ausführen. Sein Nachfolger, Martin Grünberg, setzte die vorhandenen Pläne um, er war sicher kein Mann großer Inspirationen, beherrschte aber das Handwerk. Hinzugezogen wurde noch der schwedische Architekt Tessin, der gutachterliche Vorschläge unterbreitete, die jedoch letztlich nicht berücksichtigt wurden.
Anfänglich war das Schloss nur für eine Sommerresidenz geplant, Sophie Charlotte wollte mit ihrem Hofstaat die warme Jahreszeit hier verbringen, im Winter zog man wieder ins Stadtschloss. Bald aber verlangte sie ein Schloss für alle Jahreszeiten. Ihr Wunsch bedeutete den Ausbau des ursprünglich sehr klein angefangenen Lusthauses. Das 1699 eingeweihte Schloss blieb nun weiterhin Baustelle, der östliche Seitenflügel musste mit dem Kernbau organisch verbunden werden. Die Gelder standen anscheinend ohne Einschränkungen zur Verfügung. Eosander, der Grünberg nachfolgte, baute allerdings am Ostflügel nicht mehr mit, er ging ins Ausland auf eine Studienreise. Als er sich in Paris gründlich umgesehen hatte, wurde er zuerst nach Oranienburg geschickt.
Die Wünsche der Königin zu einer großen Erweiterung der Neringschen Pläne waren noch nicht ausgereift, wahrscheinlich war sie unsicher und beriet sich mit Personen ihres Vertrauens aus der Hannoverschen Heimat. Ende 1701 war es dann soweit, wieder baute Eosander das Modell, und es zeigte sich, dass seine Auffassungen ebenso stark vom französischen Vorbild geprägt waren wie die ihren. Die Reise nach Versailles hatte sich ausgezahlt. Da sich aufwendige Bauten damals wie heute hinzogen und immer wieder in Details korrigiert oder ergänzt wurden, blieb keine andere Wahl, als ihren Musenhof trotz der Bauarbeiten zu halten. Die kurze Abfolge von vier Architekten bedeutete auch immer wieder Verzögerungen und Diskussionen um Auffassungen und Änderungswünsche. Als sie entschied, nicht im Obergeschoss, sondern zu ebener Erde zu wohnen, bedeutete das, eine geplante Freitreppe aufzugeben und damit die Ansicht der Schlossfront zu ändern, die Treppe musste ins Innere verlegt werden. Erst im Jahr 1713, zum Tod des Königs, war der Bau abgeschlossen. Der Turm war 1710 gebaut worden. Eosander hatte auch die Wünsche des Königs erfüllt, nachdem dieser das Schloss nach dem Tod seiner Gattin Sophie Charlotte zu seiner eigenen Sommerresidenz ausbauen ließ.
Mit dem Bau hatte sich Sophie Charlotte endgültig als Autorität nicht nur im protokollarischen Sinn - das war sie ohnehin kraft ihrer königlichen Stellung -, sondern auch als gestaltende Persönlichkeit durchgesetzt. Ihr Schloss wurde nach ihren gut durchdachten und mit Beratern abgestimmten Zwecken aufwendig gebaut. Bevor an die Stelle des kleinen Caputh die imponierende Lietzenburg treten konnte, musste allerdings ein guter und treuer Diener auf ihr Betreiben hin seinen Platz räumen, Eberhard Danckelmann. Der kühl rechnende Mann hatte seine eigene Meinung über eine sorgsame Finanzwirtschaft im Interesse seines Landes, dafür war er praktisch der Regierungschef, und deshalb lehnte er das Betreiben der Königswürde ab. In diesem Punkt irrte er, aber der ungeahnte, unpreußische Prunk, den Friedrich I. damit verband und den er kommen sah, war unbezahlbar, und darin hatte er mit seiner Kritik recht. Aus dem gleichen Grund lehnte er auch neben dem Schlossbau in der Stadt einen zweiten, sehr aufwendigen Bau ab, er wusste, dass das Land diese Kosten nicht tragen konnte.
In Familien-Theater entfaltet Dietmar Beetz mit feinem Humor und viel Gefühl das pralle Leben in einem Hochhaus, in dem Nachbarn zu Wahlverwandten werden. Die folgende Leseprobe zeigt, wie aus einem scheinbar alltäglichen Besuch eines Trauerredners ein berührender Moment des Zusammenhalts entsteht voller leiser Komik, Wärme und überraschender Menschlichkeit.
Tag! Schaff, vom Beerdigungsinstitut ,Tiefes Leid. Es geht um Engel, Bernhard, Wohnung Siebennullfünf. Wie ich erfahren habe, kann ich hier ein paar Angaben über den Verstorbenen erhalten, Angaben für die Trauerrede. Darf ich?
Suse gab wortlos den Weg frei. Unverzüglich eilte Herr Schaff an ihr vorbei ins Wohnzimmer. Hier nickte er Oma zu, nahm aus einer Mappe einen Block und Schreibzeug, setzte sich und sagte: Da wolln wir mal!
Erst jetzt kam in Oma Bewegung. Engel?, fragte sie. War das nicht der freundliche Herr, dem man oft im Flur unten begegnet ist?
Tine nickte. Sie sah vor sich Gecko, wie er aus dem Briefkastenraum herauskam, ruckartig, mühsam, ein wenig komisch Gecko, der unbestallte Pförtner des Hochhauses, der gute Geist dieser Betonburg, wie ihn irgendjemand einmal genannt hatte.
Nun ist er tot, sagte Oma.
Es war, als spreche sie Tines Gedanken aus: Gecko tot ... Wenn ich heimkomme aus dem Hort, wenn mir die Tür aus der Hand rutscht und zuknallt Gecko wird nichts dazu sagen, wird nie mehr da sein.
Der Trauerredner räusperte sich. Da wandte sich Oma an ihn: Woran ist er denn gestorben, der Herr Engel?
Bezüglich der Todesursache bin ich überfragt, antwortete der Trauerredner.
Er sah immer so krank aus, fuhr Oma wie in Gedanken fort. Jedes Mal, wenn ich zu Besuch da war und mit ihm ein Schwätzchen gemacht hab ...
Ach, fiel ihr der Trauerredner ins Wort, da sind Sie wohl gar nicht von hier, und ich versitz meine Zeit?
Er schien bereit, unverzüglich aufzubrechen, und blieb dann doch, knöpfte sogar den Mantel auf und trank die Tasse Kaffee, die Oma für ihn gebrüht hatte. Tine und Suse erzählten unterdessen, was sie von Herrn Engel wussten. Es war nicht viel.
Besser als nichts, sagte Herr Schaff, während er Block und Schreibzeug verstaute. Und nun entschuldigen Sie mich bitte! Er stand auf und knöpfte den Mantel zu. Ich muss noch ins Büro, die Stichpunkte für die Trauerrede diktieren.
Wann ist denn die Beerdigung?, erkundigte sich Tine. Beerdigung? Ach so! Moment! Er sah in seinem Terminkalender nach und sagte: Samstag, den Siebenundzwanzigsten, zehn Uhr. Samstag! Naja, Krankheit und Tod nehmen halt keine Rücksicht auf Feiertage.
Wie wahr! Oma seufzte ebenfalls. Meine Nachbarin ist bettlägerig geworden, und wenn ich nicht morgen zurückfahre und mich um sie kümmere
Sie verstummte; Herr Schaff war bereits an der Tür.
Tine begleitete ihn zum Fahrstuhl. Sie nahm dort das Plakat ab, um das Datum der Erstaufführung zu ändern, und schrieb nach einer Beratung mit Oma und Suse auf ein anderes Blatt: Trauerfeier für Herrn Engel! Wir geben am Samstag, dem 27. Dezember, 10 Uhr, auf dem Hauptfriedhof unserem lieben Nachbarn das letzte Geleit.
Als sie das Blatt, das sie schwarz umrandet hatte, neben dem Briefkastenraum anzweckte, schlug hinter ihr knallend die Tür zu. Tine fuhr herum und holte tief Luft.
In Abrechnung am Klosterfriedhof verbindet Dietmar Beetz kriminalistische Spannung mit atmosphärischen Szenen aus Vietnam. Die folgende Leseprobe führt mitten hinein in ein erstes Verhör, in dem zwei Ermittler auf ein verunsichertes Hotelmädchen treffen und dabei mehr enthüllen, als ihnen lieb ist. Schritt für Schritt öffnet sich ein Netz aus Andeutungen, Missverständnissen und verdeckten Wahrheiten.
Son scheint von solchen Überlegungen frei zu sein und im übrigen noch unter dem Eindruck der Dame Huyen zu stehen. Jedenfalls begnügt er sich vorerst damit, Kim Hoa wie die Schlange das Kaninchen anzustarren.
Oder lauscht er, horcht er auf die Gesprächsfetzen von der Rezeption, wo Huyen, die Chefin, gerade mit Gästen Ausländern, wenngleich keinen Amerikanern spricht?
Bitte ..., sagt Kim Hoa.
Deutlicher zu drängen, wagt sie nicht.
Bitte ... Dazu ein gefälliger Blick zu den Kriminalisten und ein flinker zur Tür, die angelehnt ist.
Son räuspert sich. Wie Sie wissen, wurde Mister Smith, ein Gast des Hotels, ein Amerikaner, ermordet. Das ist Ihnen doch bekannt, oder?
Das Mädchen nickt. Ja, bekannt.
Würden Sie uns bitte verraten, wer Ihnen davon erzählt hat?
Jetzt guckt das Mädchen verwirrt, ja erschrocken, und Thanh ärgert sich wieder einmal über die anzügliche Art, in die Son bisweilen verfällt. Würden Sie uns bitte verraten ... Als ob die Kleine was verheimlichen wollte!
Na, der Chef des Teams, der Boss, Mister Mooreland!, sagt sie mit einem Anflug von Trotz.
Und wie hat er davon erzählt, mit welchen Worten, auf welche Weise?
Das Mädchen wirft Thanh einen Hilfe suchenden Blick zu, doch der Hauptmann denkt nicht daran, sich einzumischen. Die Kleine, die ja nicht auf den Mund gefallen scheint, wird mit Son, dem ein paar Kratzer guttun, schon zurechtkommen!
Sie schluckt und erklärt ostentativ: Ordentlich hat er davon geredet, sachlich, eben wie jemand, dems nahegeht und der sich beherrscht. ,Ich muss Ihnen mitteilen, dass Mister Smith einem Mordanschlag zum Opfer gefallen ist So, mit diesen Worten.
Und sonst hat er nichts gesagt?
Nein, nichts. Es war doch Betrieb in der Halle, Vormittagsbetrieb, und wir hatten alle Hände voll mit anderen Gästen zu tun und wollten Aufsehen vermeiden. Außerdem wussten wir ja schon, was passiert war.
Ach! Und woher? Von wem haben Sies schon gewusst?
Na, durch seinen Anruf hier, von Ihrem Büro aus, durch sein Gespräch mit Clark, seinem Vize!
Son wendet sich grinsend an Thanh. Interessant, was?
Das schreckt den Hauptmann auf. Er will einhaken, will verhindern, dass Kim Hoa, endlich aufgeschlossen, wieder verprellt wird, doch Son lässt sich die Gelegenheit, das Mädchen unterzukriegen, nicht nehmen. Also, konstatiert er rasch und frohlockend, hat euch, deiner Chefin und dir, schon Clark, der Vize, vom Mord an Smith erzählt?
Nein, wieso denn? Erröten und ein erschrockener, hilfesuchender Blick zur Tür. Das nicht, aber manchmal, da hört man am Telefon ...
Klar, fällt Thanh ein, und in einem Ton, der ihn selbst überrascht, fügt er hinzu: Und nun endlich zu den Kontakten von Smith!
Kim Hoa strafft sich, schweigt aber, wieder verschüchtert ein Mädchen auf dem Platz seiner Chefin, allein mit zwei Männern, zwei Kriminalisten.
Mister Smith hat also Besuch gehabt?, probiert es Thanh auf väterliche Art.
Sie schüttelt den Kopf. Nein, nicht.
Aber die anderen aus dem Team?, hilft der Hauptmann nach.
Nein, auch nicht, überhaupt kein Besuch. Erkundigt hat sich jemand.
Erkundigt nach Smith?
Ja, nach ihm und nach den übrigen Yankees, und ...
Wer, stößt Son nach, wer hat sich erkundigt?
Eine Frau, sagt Kim Hoa, eine ältere Dame.
In Souvenir vom Atair führt Alexander Kröger seine Leser tief in die unerbittliche Wildnis der Venus an einen Ort, an dem menschliche Entdecker an ihre physischen wie seelischen Grenzen stoßen. Die folgende Leseprobe zeigt einen Moment größter Gefahr: eine Expedition, die an der Absturzstelle eines Schiffes auf unheimliche Lebensformen trifft und sich in einem Kampf ums Überleben wiederfindet.
Mitsu wirkte dieser allgemeinen Missstimmung, so gut sie konnte, entgegen. Ausguck gab Auftrieb, weil verbunden mit Zuversicht, und so ließ sie beim geringsten landschaftlichen Anlass halten. Natürlich war dies nicht reine Beschäftigungstherapie. Immerhin näherten wir uns dem berechneten Punkt, der Absturzstelle. Ja ich dachte jetzt auch ,Absturzstelle und ,zerschelltes Schiff. Wie sollte ein Flugkörper auf diesem Teil der Venusoberfläche landen, selbst wenn er noch zu einem Landeanflug fähig gewesen wäre ... Auch die Hoffnung, vielleicht doch noch einen der Besatzung lebend zu treffen, begrub sich in mir mehr und mehr. Ein Mensch, hier wochenlang mutterseelenallein, müsste wahnsinnig werden, glaubte ich.
Am sechsten Tag gerieten wir in eine Landschaft, die mit unserem Modell nicht im geringsten übereinstimmte. Eine Art flachen Kraters tat sich vor uns auf, umschlossen von abgeböschten Felswänden. Die Kegelfläche, die auf einen See zulief, lag geröllig und übersichtlich vor uns.
Wir kamen aus einer Klamm unvermittelt in diese Region, hielten überrascht, kletterten in die Anzüge und aus dem Fahrzeug, sahen, staunten.
Dann drehte sich der Kugelkopf Mitsus auf mich. ,Wie alt sind die Karten, aus denen wir das Modell gemacht haben, fragte sie nicht ohne Schärfe.
,Fünfzig, die ältesten.
,Was fünfzig !
,Jahre ...
Mitsu winkte mit der Hand ab, was so viel wie ,drum heißen mochte oder auch ,lasst euch einpacken.
Mir ging das in diesem Augenblick nicht nahe. Linker Hand, aus dem überdunsteten See, zog sich eine blaugrüne Zunge ein Viertel des flachen Hanges empor. Das verwunderte mich. Wie wohl das den Augen tat, die seit Tagen roten Fels, roten Fels, hie und da eine Quarz- oder Metallader, und wieder roten Fels aufnahmen.
Nun war uns natürlich bekannt, in den gemäßigten Zonen, im geologisch ruhigen Hochland und an anderen geschützten Stellen der Venus kamen durchaus niedrige Flora und sogar Fauna vor. Du weißt, Mark, es war eine Sensation, als ein Landeapparat in einer solchen Zone bei sechzig Grad Außentemperatur das Foto einer Art Urlibelle sendete. Aber selbst in den Niederungen, wo die Temperaturen sehr viel höher sind, gedeiht pflanzliches Leben. Daran hätte nach den Ergebnissen der ersten Sonden, die man zur Venus gesandt hatte, niemand geglaubt.
Ohne einen Befehl, ohne ein Wort, Mitsu voran, gingen wir auf das Grün zu.
Es war weiter entfernt, als wir dachten, und höher, als wir vermutet hatten.
Im Grunde zarte gefiederte Gewächse, wie Spargel oder Schachtelhalme vielleicht, standen zu einem undurchdringlichen Dickicht, hüft- bis brusthoch. Und bevor wir es erreichten, übertrampelten wir zahllose fingerdicke Keime und Sprosse, also wucherte der Busch noch aus. Immerhin, die Außenthermometer zeigten siebenundfünfzig Grad Celsius.
Wir gingen am Rande der Buschzone entlang zum See. Wie eine Glocke stand Dunst über der Flüssigkeit, die wir für Wasser hielten, wölbte sich in vier bis fünf Meter Höhe. Darunterhin konnte man wie in einer Höhle bis zum zwei, drei Kilometer entfernten anderen Ufer blicken und bis auf den grünwallenden Grund. Man hatte unbedingt den Eindruck, als wären die Gewächse draußen auf dem Hang diesem Grund entstiegen, denn das Dickicht setzte sich ununterbrochen vom Land bis auf den Boden des Sees fort.
Wie es dann geschah, kann ich nur vermuten. Es ging so rasch und alles beinahe gleichzeitig.
Ich weiß noch, dass sich Luise am Rand des Sees im Winkel zwischen dem steinigen Uferstreifen und der grünen Hecke auf Knien niederließ, eine Hand eintauchte und rief: ,Ich ebne diesen verdammten Berg ein, wenn das kein Wasser ... Es folgte ein gellender, lang gezogener Schrei.
Nur aus dem Augenwinkel heraus hatte ich den dunklen Körper huschen sehen, der aus Richtung See, das Gebüsch teilend, blitzschnell hervorschoss, sich auf Luise warf, sie offenbar packte und mit ihr in das Wasser tauchte wie ein Geschoss, ohne viel Geräusch und Wallung.
Dann schrie Mitsu: ,Nein, Jonny!
Es planschte laut, Wellen leckten an unseren Füßen. Jonny tauchte mit kräftigen Schwimmstößen gegen das Luftpolster des Anzugs Luise hinterher.
Von diesem Moment an waren wir zu viert und blieben es.
Wir standen und starrten gelähmt in die Tiefe.
Die Wellen verzerrten das Bild, später quollen rote Wolken auf, die Sicht nehmend. Das Blut der Gefährten.
Aber bevor das eintrat, sahen wir entsetzt, ohnmächtig, nicht fähig, ein Glied zu rühren, wie dunkle, ovale Körper, ein halbes Dutzend vielleicht, mit paarigen Ruderfüßen pfeilschnell aus dem Unterwasserdickicht drangen und die Körper der Gefährten zerstückelnd in den wallenden Dschungel zerrten räuberische, übermetergroße Wasserkäfer.
Wir standen noch, als das Wasser vor unseren Füßen rot war, standen, bis wir wie aus einem Mund entsetzt aufschrien. Ein schwarzes Etwas tauchte unmittelbar vor uns auf, schnellte mit einer offenen sägezahnigen Zange auf uns zu. Wir rannten um unser Leben, strauchelten, stürzten.
Neben mir lief Josef, hinter mir keuchend Sam, zwei, drei Meter vor uns Mitsu.
Plötzlich wurde sie langsamer, riss an ihrem Gürtel, dann warf sie sich herum, stürzte lang hin, drehte sich im Fallen auf den Rücken, hielt krampfhaft den Gesteinsstrahler umklammert und schoss in Dauerfeuer den Hang hinab. Wir überliefen sie, versuchten dann, es ihr gleich zu tun. Josef war der nächste, dann ich, dann Sam. Wir schossen blindwütig, bar jeden Gedankens, schossen in einen Brodem hinein, eine Wolke aus Feuer, Rauch und Dampf, schossen, bis die Strahlen sichtbar und dünn wurden, die Akkumulatoren keine Kraft mehr gaben.
Unten erstarb das Zischen, hob sich die Wolke vom Boden, gab den Blick frei auf schwarze Schneisen im Grün, auf wirre Haufen des zarten Gewächses, auf weiter nichts ...
Wir saßen und starrten, die erloschenen Strahler gesenkt, umkrampft.
Dann erhob sich Mitsu, sah durch mich hindurch und ging steif den Hang hinauf. Wir folgten, schritten, stolperten mit gesenkten Köpfen.
Wir schleusten uns ein. Mitsu klappte den Helm nach hinten, warf sich in einen Sessel, Sam lehnte sich an die Dusche, ich rutschte mit dem Rücken zur Wand auf den Boden. Josef stand wie ein Stock mitten im Raum.
Dann, nach einer langen Zeit, sagte Mitsu tonlos, ohne jemanden anzuschauen: ,Wir kehren um ... Es klang nicht wie ein Befehl, noch nicht einmal wie eine Entscheidung. Sie sagte es unsäglich müde ...
Niemand antwortete.
In mein Bewusstsein drang der Satz langsam. Wir kehren um. Wir kehren um? Nein, wir kehren nicht um! In mir bäumte es sich. Wir kehren doch nicht um! ,Nein! rief ich und stemmte mich rücklings die Wand hoch. ,Jetzt erst recht nicht! Und dann überfiel mich Verzweiflung. Ich legte die Hände vor das Gesicht, begann zu schluchzen und rief dazwischen stoßweise: ,Soll denn alles umsonst gewesen sein?
Sie redeten behutsam, tröstend auf mich ein, aber es wurde deutlich, der Drang nach vorn war endgültig gebrochen. Sam ließ durchblicken, der Tod der beiden Gefährten wäre für einen Haufen Schrott doch wohl teuer genug. Und Josef meinte, er könne nicht mehr lange den nervlichen Verfall aller Beteiligten verantworten. Mitsu hörte sich das alles an, hielt sich jedoch zurück.
Trotz meiner Niedergeschlagenheit vernahm ich aus ihren Argumenten, sie glaubten nicht an einen Erfolg unseres Unternehmens, wahrscheinlich hatten sie nie daran geglaubt. Ich fand es unfair, vor allem den beiden Verunglückten gegenüber. Da hätte man die Aktion schon früher abbrechen können, müssen, und diese Opfer vermeiden.
In mir regte sich Trotz, ein wahnwitziger, selbstzerstörerischer Trotz. ,Wenn ihr umkehren wollt bitte. Dann gehe ich allein.
Von diesem Zeitpunkt an schwiegen die beiden Männer. Sie warteten wie ich, dass Mitsu entschied. Sie tat in dieser Situation das einzig Richtige. ,Wir bleiben hier, machen ihnen ein Grab ... Morgen werden wir weitersehen. Und sie klappte den Helm über den Kopf, ging in Richtung Schleuse. Ich war Mitsu in diesem Augenblick unendlich dankbar und folgte ihr sofort, während Sam und Josef zögerten, sich dann jedoch anschlossen.
In dem eindringlichen Schauspiel Wie Tiere des Waldes. Ein Schauspiel von Hetzjagd, Liebe und Tod einer Jugend fängt Friedrich Wolf die letzten Kriegstage aus der Perspektive zweier junger Menschen ein, deren Hoffnungen und Ängste unaufhaltsam mit der brutalen Realität der Zeit kollidieren. Die folgende Szene zeigt Hanne und Mucki im Frühjahr 1945 einen Moment zwischen jugendlichem Träumen, erwachender Liebe und der ständigen Bedrohung durch den Krieg.
Straße im Vorgelände einer Großstadt. Auf einem umgestürzten Telegrafenmast sitzen in der Dämmerung eines Aprilabends 1945 die junge Hanne Krug und der Bäckerlehrling Mucki. Hinter ihnen offenes Feld
HANNE zieht ihre Jacke fester um die Schultern.
MUCKI: Der April hats in sich, Hanne.
HANNE atmet tief: Die Luft ist wie Sammet.
MUCKI: Grad die ist gefährlich.
HANNE lacht plötzlich.
MUCKI: Was ist da so komisch?
HANNE: Bist bange, Mucki?
MUCKI: Wie?
HANNE: Gefährlich, Mucki, was ist denn heut noch gefährlich? Wenn ich heimkomme und da liegt vielleicht ein Brief vom Kurt auf dem Tisch und der Vater packt mich und sagt, er erwürgt mich wie ne räudige Katze, und wenn ich jetzt hier auf ihn warte und die Soldaten kommen ach, Mucki, wo alles heut gefährlich ist, ist doch schon gar nichts mehr gefährlich.
MUCKI: Und wenn er nicht kommt?
HANNE erschrocken: Was dann?
MUCKI: Glaub doch nicht an den Urlaub, Hanne
HANNE: Er hats mir geschrieben!
MUCKI: Wo heut jedes Kind zum Einsatz muss
HANNE schnell: Der Krieg ist gleich aus, schreibt er.
MUCKI: Gleich, na ja; hm, Spaß an den Bäumen hängen jetzt Birnen mit zwei Beinen.
HANNE: Die machen mir noch lange nicht gruselig, deine Birnen mit zwei Beinen! Alles abschüttelnd, plötzlich fröhlich. Du, Mucki, im Sommer, da werde ich mit dem Kurt im Wald liegen unterm Gebüsch, die Nase an der Erde ah, wie gut die riecht , und mich ins Laub wuscheln wie in ein Bett
MUCKI ebenfalls in Gedanken: Du, Hanne, weißt du eigentlich
HANNE schaut nach vom in die Dämmerung: Und der Krieg wird aus sein, und der Kurt wird ne Werkstatt auftun für Motorräder und Wagen.
MUCKI: Also auch meine Trude sagt immer: Mucki, sagt sie, du musst dich selbstständig machen, hast dich lang genug am Riemen gerissen für deine Alte! Ich sollt die Bäckerei übernehmen, wo ich schon achtzehn bin
HANNE träumend: Ich werd nähen für unsre Bekannten, und wenn er unten rumort, lass ich oben die Maschine laufen
MUCKI: Mal langsam, Hanne!
HANNE lachend: Angstbüxe!
MUCKI: Was sagt denn dein Vater dazu?
HANNE ablenkend: Du, Mucki, das muss doch einmal Schluss werden mit der Schießerei, meinst du nicht?
MUCKI: Heut sind am Himmel so Vögel wie Wildenten über unser Haus gezogen; da wirds bald Frühling.
HANNE steht plötzlich auf: Hör auf mit deinem Frühling!
MUCKI: Spaß, Hanne, was hast du bloß? Sag mal, quälst du den Kurt auch so?
HANNE: Wie?
MUCKI: Ich hab da ein Buch, da steht: die Liebe müsse einem wehtun; das sei so n Zustand, und die Trude meint zu mir, weil die Mutter mich im Geschäft nicht mitreden lässt: Mucki, sagt sie, du bist noch ein achtzehnjähriges Flaschenkind! Hm, Spaß und weil ich doch drei Finger an der Knetmaschine verloren habe, nennt sie mich ihren Stummel, aus Liebe, sagt sie
HANNE nach links lauschend: Still!
MUCKI: Was ist?
HANNE: ne Streife!
Man hört genagelte Stiefel im Gleichschritt, zugleich eine Stimme: Am Straßenrand gehen! Laden, sichern!
HANNE zu Mucki: Los, hak dich ein!
MUCKI Arm in Arm mit ihr: Mir kanns egal sein! Plötzlich in heller Angst. Aber wenn sie nach dem Kurt fragen?!
HANNE leise: Vom Kurt weißt du nichts!
Unteroffizier und zwei Soldaten als Streife von links.
UNTEROFFIZIER, gegen Mucki und Hanne: Halt! Leuchtet sie mit Taschenlampe an. Was treibt ihr euch hier herum, ihr Zigeuner? Fremdarbeiter? Blindschleichen? Ganz nahe. Oder abgehauen?
MUCKI zeigt seinen Wehrpass: Alles in bester Ordnung, Herr Unteroffizier!
UNTEROFFIZIER: Drei Finger der rechten Hand? Vorweisen!
MUCKI zeigt die Hand: Nichts zu machen, Herr Unteroffizier.
UNTEROFFIZIER: Dein Glück, Jungchen! Denn was da im Vorgelände jetzt herumkrebst, wo jeder Mann im Einsatz zu stehen hat ne Affenschande! Hast du vielleicht eben einen in ner Uniform hier sich verkrümeln gesehn? Antwort!
MUCKI: Was für ne Uniform, Herr Unteroffizier?
UNTEROFFIZIER: Idiot! Gibt ihm den Wehrpass zurück. Dein Glück, Jungchen!
Er geht mit den Soldaten schnell nach rechts, während Hanne den Mucki, der einen Augenblick verdattert dasteht, nach links zieht.
Bleiben wir zum Schluss des heutigen Newsletters noch ein bisschen bei Prinzessin Sophie Charlotte, ihrem Leben und bei der Frage, wie sie wohl ihre Hochzeit und ihre Ehe mit dem schiefen Fritz erlebt haben mag. War es eine glückliche Verbindung?
Wie wir schon wissen, wurde die Prinzessin Sophie Charlotte im Schloss Iburg geboren wo übrigen immer noch ihr Geburtszimmer besteht -, im Familienkreis Figuelotte genannt und verbrachte ihre ersten fünf Lebensjahre mit den Eltern im provinziellen Leben des Iburger Schlosses, ehe die fürstbischöfliche Familie 1673 die neu erbaute Residenz in Osnabrück, das Schloss Osnabrück, bezog, wo 1674 ihr Bruder Ernst August II. von Hannover geboren wurde. Sie war die einzige Tochter des Fürstbischofspaars und hatte drei ältere und drei jüngere Brüder. Die fürstbischöfliche Familie verließ Osnabrück und zog nach Hannover, nachdem ihr Onkel Johann Friedrich 1679 gestorben war und ihr Vater dessen Nachfolge im Fürstentum Calenberg antrat.
Dieser Wechsel nach Osnabrück änderte ihr Leben. Sie kam in eine andere Welt: Sophie Charlotte lernte Französisch, Englisch und Italienisch fließend zu sprechen. Sie wurde protestantisch erzogen, doch schlossen machtpolitische Erwägungen ihrer Eltern die Ehe mit einem Katholiken nicht aus, worauf ihre Erziehung Rücksicht nahm. Mit ihrer Mutter Sophie ging sie 1679 auf eine Reise nach Frankreich, wobei diese vorgeblich ihrem Interesse an Gartengestaltung nachging. Hauptinteresse der Reise war aber die mögliche Aussicht Sophie Charlottes auf eine Ehe mit dem Grand Dauphin, dem Sohn des französischen Königs Ludwig XIV., welche Sophie mit Hilfe ihrer Nichte und früheren Ziehtochter Liselotte von der Pfalz einzufädeln suchte, der Schwägerin des Königs. Diese Absicht scheiterte jedoch an den dynastischen Plänen Ludwigs XIV., der sich für Maria Anna Victoria von Bayern aus dem katholischen bayerischen Kurfürstenhaus entschied.
Daraufhin wurde Sophie Charlotte an das brandenburgische Kurfürstenhaus vermittelt. Am 6. November 1684 heiratete sie den bereits einmal verwitweten Kurprinzen Friedrich von Brandenburg. Vier Jahre später starb der Große Kurfürst und Friedrich bestieg mit seiner Frau den kurfürstlichen Thron. Die Ehe soll jedoch nicht glücklich gewesen sein; sie war aus politischen Gründen geschlossen worden, was in Hochadelskreisen an der Tagesordnung war. Die Kurfürstin gebar Friedrich I. drei Kinder, von denen nur ein Sohn überlebte, der spätere König Friedrich Wilhelm I. der berühmt-berüchtigte Soldatenkönig und Vater von Friedrich dem Großen. Das Kind wurde in den ersten Lebensjahren, von 1689 bis 1692, am Hof seiner Großmutter in Hannover erzogen; Sophie Charlotte verwöhnte ihren Sohn, der jedoch als Heranwachsender eine derb-soldatische Natur entwickelte und die künstlerisch-philosophische Lebensweise seiner Mutter ebenso ablehnte wie die pompöse Hofkultur seines Vaters.
Sie erhielt 1696 das Gut Lietzow (auch Lützow), eine Preußische Meile nordwestlich vor Berlin, und ein Stück Land in der Nähe als Ausgleich für ihren Landsitz in Caputh bei Potsdam, den sie ihrem Gemahl zurückgegeben hatte. Sie beauftragte den Architekten Arnold Nering anstelle des Guts das Schloss Lietzenburg, das heutige Schloss Charlottenburg, als Sommerresidenz zu errichten.
In dem Schloss lebte die Kurfürstin und spätere Königin relativ unabhängig. Ihr Gemahl Friedrich hatte nur Zutritt, wenn er ausdrücklich eingeladen war, so zum Beispiel am 11. Juli 1699, als man das Schloss anlässlich seines Geburtstages feierlich einweihte. Danach wurde es zur ständigen Residenz Sophie Charlottes.
Sophie Charlotte war eine Gegnerin der Politik des Premierministers Danckelmann. Sie zog sich nach dessen Sturz 1697, bei dem sie maßgeblich mitgewirkt hatte, auf ihr Schloss Lietzenburg zurück, da sie am Berliner Hof politisch nichts auszurichten vermochte. Am 18. Januar 1701 wurde sie von ihrem Ehemann zur ersten Königin in Preußen gekrönt. Von 1696 bis zu ihrem Tode zog sie die verwaiste Caroline von Brandenburg-Ansbach als Ziehtochter auf, welche anschließend von Sophie Charlottes Mutter, der Kurfürstin Sophie von Hannover, mit deren Enkel Georg von Hannover, dem späteren englischen König Georg II., verheiratet wurde.
Am 1. Februar 1705 starb Sophie Charlotte während eines Besuchs bei ihrer Mutter in Hannover an einer Halsentzündung nur 36 Jahre alt. Ihr Leichnam wurde seziert und einbalsamiert und auf einem Schaubett öffentlich ausgestellt. Am 9. März erfolgte die Überführung nach Berlin. Dazu gibt es noch folgende spannende Darstellung:
Nachdem Sophie Charlotte nach kurzer Krankheit am 1. Februar 1705 in Hannover verstorben war, wurde ihr Leichnam seziert und einbalsamiert und auf einem Paradebett öffentlich ausgestellt. Dies entsprach der europäischen höfischen Konvention. Am 9. März des Jahres führte Oberhofmarschall Graf von Wittgenstein auf Befehl Friedrichs I. die Leiche heim. Der große zeitliche Abstand zwischen Tod und Heimführung erklärt sich aus den aufwendigen Vorbereitungen, die der König traf, vor allem der Errichtung der ephemeren Funeralarchitekturen, die an den Stationen des Leichenzuges zu erbauen waren.
Unter stetem Glockengeläut aller Kirchen der Stadt bewegte sich der Trauerkondukt in fest geschriebener Ordnung durch Hannover. 1/2 Stunde von der Stadt blieb der größte Teil der hannoverschen Begleitung zurück. Oberhofmarschall, Schlosshauptmann und einige Kavaliere übergaben den Leichnam an der braunschweigischen Grenze an Graf von Wittgenstein und sein Gefolge.
Der Weg führte über Gardelegen, Wolmirstedt, Magdeburg, Loburg, Ziesar, Brandenburg, Nauen und Spandau nach Cölln. Für die Ordnung dieses Zuges bestand ein vom König erlassenes Protokoll. In allen Dörfern und Städten, durch die sich der Trauerkondukt bewegte, und in den umliegenden Orten sollten die Glocken geläutet werden, sobald man nur des Zuges gewahr wurde. Garnisonen schossen dreimal Salut aus allen Kanonen.
Gleiches geschah beim Auszug. Schulen, Geistlichkeit und Magistrat hatten sich barhäuptig, in Gewehr mit allerhand Trauerzeichen zu präsentieren. Die hier Versammelten trugen lange schwarze Mäntel und Kleider, die Hüte mit Trauerflören besteckt.
Verblieb die Leiche über Nacht im Orte musste sie zu ihrem Ruheort, in der Regel die Hauptkirche, begleitet werden, andernfalls durch die Stadt geführt werden. Den nächtlichen Ruheort, vom Gefolge barhäuptig zu betreten, mit schwarzem Tuch ausgekleidet, erleuchteten zahlreiche Wachslichter.
Eine Totenwache war angeordnet. Für die Totenwache in der Domkirche St. Peter und Paul in Brandenburg überließ der dort wartende Obrist-Leutnant von Tresckow sechzig Soldaten des kronprinzlichen Regiments der Totenwache. Der Domprobst Graf von Schwerin und die Domherren übernahmen zusätzlich in zweistündigem Wechsel diese Ehre.
Die Trauerfeier fand im älteren Berliner Dom statt, wo sie auch beigesetzt wurde. Heute befindet sich ihre letzte Ruhestätte in der Hohenzollerngruft des Berliner Doms am Lustgarten in Berlin. Nach dem Tode der Königin ließ der König Schloss Lietzenburg zu Ehren seiner verstorbenen Gemahlin in Charlottenburg umbenennen. Dieser Schritt hatte vor allem dynastische Gründe, denn Friedrich, ein in Ermangelung herausragender Ahnen und großer Taten von den Fürsten Europas belächelter Monarch, musste bestrebt sein, die 1701 erworbene Königswürde international anerkannt zu wissen. Er stützte sich damit auf die dynastische Tradition des Hauses Hannover, indem er seine Gemahlin nach ihrem Tod glorifizierte.
Sophie Charlotte wird wie ihre Mutter als sehr gebildet beschrieben. Sie zog bekannte Persönlichkeiten ihrer Zeit an ihren Hof zu Lietzenburg, so zum Beispiel den Philosophen Leibniz, den sie aus ihrer Zeit am hannoverschen Hof kannte. Leibniz blieb zeitlebens ihr guter Freund und war häufig Gast in Lietzenburg. Sie führten intensive philosophische Disputationen und setzten sich zusammen für die Gründung einer wissenschaftlichen Akademie zu Berlin ein, welche dann auch am 11. Juli 1700 von Friedrich gegründet wurde.
Leibniz, der Sophie Charlotte um elf Jahre überlebte, schrieb nach ihrem Tod über sie: Sie wollte mich oft in ihrer Nähe haben; so genoß ich häufig das Gespräch einer Fürstin, deren Geist und Menschlichkeit von keiner jemals übertroffen wurde [ ] Die Königin besaß eine unglaubliche Kenntnis auch auf abgelegenen Gebieten und einen außerordentlichen Wissensdrang, und in unseren Gesprächen trachtete sie danach, diesen immer mehr zu befriedigen, woraus eines Tages ein nicht geringer Nutzen für die Allgemeinheit erwachsen wäre, wenn sie der Tod nicht dahingerafft hätte.
Eine besondere Rolle im Leben von Sophie Charlotte spielte die Musik: Sie war musikalisch sehr gebildet. Sie spielte ausgezeichnet Cembalo, ihr Lehrer war der Hannoveraner Hoforganist Johann Anton Coberg. Sie sang, pflegte Ballett-Aufführungen und die italienische Oper an ihrem Hof, wofür ein separates Opernhaus errichtet wurde. Die Musiker Attilio Ariosti und Giovanni Bononcini standen jahrelang als Hofkapellmeister in ihren Diensten und komponierten dafür diverse Opern. Bei deren Aufführungen trat sie z. B. im Orchester als Generalbassspielerin am Cembalo auf. Außerdem dirigierte sie auch vom Cembalo aus. 1700 widmete ihr Arcangelo Corelli sein Opus 5, 12 Violinsonaten mit begleitendem Cembalo.
Falls Sie im nächsten Jahr Gelegenheit haben sollten, Schloss Charlottenburg zu besuchen, dann nutzen Sie diese Gelegenheit. Es lohnt sich.
Und wer noch mehr über diese von Leibniz so hochgelobte Frau erfahren möchte, dem sei als Literaturtipp zum Beispiel das 2018 im Insel Verlag Berlin erschienene Buch Sophie Charlotte. Preußens erste Königin von Barbara Beuys (1943 bis 2025) empfohlen. Barbara Beuys merkt in ihrem Buch an, dass sich die Frage, ob ihre 1684 geschlossene Ehe mit dem 1701 zum 1. preußischen König gekrönten Friedrich I. unglücklich war, wie bislang behauptet, oder doch zugetan und solidarisch, nicht abschließend klären lässt. Doch die 1668 als Kurprinzessin von Hannover geborene Sophie Charlotte hatte zumindest die Chance, sich an seiner Seite umfassend geistig und musisch zu entfalten. Der weltoffene, aufklärerische Impetus ihrer Zeit bot ihr Möglichkeiten, die für Frauen wenig später für Jahrhunderte verloren gingen.
Weitere aufschlussreiche biografische Informationen zu Sophie Charlotte gibt es auch unter der Internet-Adresse https://www.diegeschichteberlins.de/geschichteberlins/persoenlichkeiten/persoenlichkeitenot/404-sophie-charlotte.html
Gleiches gilt für https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/sophie-charlotte-knigin-in-preussen/
Es lohnt sich auf jeden Fall, sich einmal näher mit dem Leben dieser Frau, der ersten Königin von Preußen zu beschäftigen.
Bleiben Sie ansonsten weiter vor allem schön gesund und munter und der Welt der Bücher gewogen. Die neue Lieferung ist schon zusammengestellt, darunter wieder mal ein Buch von Wolfgang Schreyer.
Erstmals 1987 veröffentlichte er im Mitteldeutschen Verlag Halle-Leipzig den Roman Der sechste Sinn, in dessen Mittelpunkt eine ebenso attraktive wie geschäftstüchtige Idee steht:
Um die Jahrtausendwende entwerfen drei Männer ein diskret tragbares Gerät zur elektronischen Partnersuche. Sie, die selbst nach der Richtigen suchen und sie in Vera bald zu finden glauben, wagen viel für diese Idee. Und die attraktive Vera tut ein Übriges, die Situation und die drei Männer zu verwirren.
Wolfgang Schreyer, erfahrener und vielgelesener Autor zeitgeschichtlich-abenteuerlicher Bücher, schrieb einen Gegenwartsroman mit utopischer Komponente. Die Geschichte einer Entdeckung, die unser Liebesleben zum Besseren wenden könnte: Mit dem Auto kann man jeden aufsuchen, per Telefon jeden sprechen, mit dem neuen Gerät jeden finden, der halbwegs zu einem passt.
Ein großer Entwurf, aber Traum und Wirklichkeit kollidieren. Ehe es gelingt, ein Serienmodell zu fertigen, riskiert das Team im Selbstversuch das Chaos im eigenen Haus. Die Idee stößt auf Unverständnis, Bürokratie, ja auf Karrierismus, Ehrgeiz und Charakterschwächen der Schöpfer selbst. Das Allzumenschliche fordert seinen Preis.
Das stark autobiografische, DDR-kritische Buch schrieb Wolfgang Schreyer 1980, durfte es aber, mit großem Widerwillen der zuständigen Behörden, erst 1987 beim Mitteldeutschen Verlag Halle-Leipzig veröffentlichen. Unter dem Titel Harmo 88 schrieb er für einen Verlag in der BRD eine Erzählung mit der brillanten Idee der Partnersuche über ein Armband mit Mikrochip. Dieser Verlag gab die Geschichte an den Playboy weiter, der sie 1978 unter dem Titel Die Staatsmacht regelt den Verkehr veröffentlichte. Ein ausführliches Nachwort schildert die Repressalien, denen der Autor danach ausgesetzt war.