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Leben aus dem Schatten. Die Memoiren von Cartouche, dem Meisterdieb und Templermeister, Teil 2 von Arnold Hiess
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Preis E-Book:
7.99 €
Buch:
16.80 €
Veröffentl.:
06.05.2019
ISBN:
978-3-95655-990-7 (Buch), 978-3-95655-991-4 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 328 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Geschichte, Belletristik/Liebesroman/Geschichte/Mittelalter, Belletristik/Science Fiction /Zeitreise, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Verbrechen
Historische Abenteuerromane, Historischer Roman, Thriller / Spannung, Historische Liebesromane, Science-Fiction: Zeitreisen, Frankreich, 18. Jahrhundert (1700 bis 1799 n. Chr.)
Cartouche, Meisterdieb, Frankreich, Paris, Robin Hood, Henker, Hexenverbrennung, Liebe, Raub, Einbruch, Humor, Templer, Gral, Zeitreise, Menschlichkeit, Absolutismus, 18. Jahrhundert, Rache
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Kurze Zeit später kam ich im Untergrund an. Ich schob die Geheimtür zur Seite und betrat wachsam unser Versteck. Ich sah bereits von fern, wie die Knaben mit ihren Holzschwertern übten und wie Babette in einem gepolsterten Stuhl saß und Annabelle eine Geschichte vorlas. Als ich mich ihnen näherte, stoppte Babette ihre Erzählung und musterte mich eindringlich. „Und was geschah dann, Tante Babette?“, fragte Annabelle, als sie begeistert in die Luft sprang und neben ihr her hopste. „Gleich, meine Kleine. Ich muss kurz mit Louis sprechen“, antwortete Babette, bevor sie mich fragte, ob ich nun endlich Jacques und Eric gefunden hätte. Ich nickte, und erzählte ihr alles, was ich herausgefunden hatte. Am nächsten Tag würde mir Babette treu zur Seite stehen, denn der Henker sollte morgen sein blaues Wunder erleben. Was ich mit ihm vorhatte? Sollte er leiden? Oui! Ich hatte mir einen ausgefuchsten Plan zurechtgelegt.

Ich blickte zum Himmel – einzig ein paar Schäfchenwolken und Schlieren befleckten das tiefe Blau, als ich mich auf dem Weg zum Place de Grève befand. Salzig. Die Luft roch salzig. Eine Hinrichtung von zwei Räubern stand heute auf dem Programm und mein guter alter Henker war ebenfalls zugegen. Als ich ankam, feierte bereits ein Dutzend Bürger, die rund um den Galgen standen. Ich näherte mich dem seltsamen Gebaren und erblickte die gefesselten, verdreckten Straftäter. In ihren Gesichtern bemerkte ich Angst. Todesangst. Schon bald kam der stämmige Urteilsvollstrecker und ließ sich von der Menge feiern; er streckte beide Arme in die Luft. Die Bürger jaulten frenetisch. Dann legte er den Räubern die Stricke um ihre Hälse, während die beiden erschüttert und bleich auf die schaulustige Meute starrten. Sie zitterten am ganzen Leibe, einer von ihnen wurde feucht im Schritt. Die Bürger bewarfen sie mit faulem Gemüse und altem Brot, als der Henker seine linke Hand in die Höhe streckte, um die Menge zu beruhigen. Die Verurteilten wimmerten. Kurze Zeit später öffnete der Riese die Falltüren, die Diebe stürzten und zappelten nun frei in der Luft. Ihre Gesichter wurden schon nach kurzer Dauer blutrot, man sah, wie sie kläglich um Luft rangen und den Tod schon vor Augen hatten. Die Menge jubelte, schrie vor Freude, während sie wieder verdorbene Lebensmittel gegen die Verbrecher schleuderte. Ich erschauderte, hoffte, dass bald ihre Genicke brechen würden, damit ihnen zumindest der grausame Erstickungstod erspart bliebe. Sekunden später knackste es dumpf. Fast zeitgleich verstarben die beiden Männer an Genickbruch, und ihre reglosen Körper baumelten nun im leichten Sommerwind hin und her. Die Menge grölte und jaulte vor Glück, hatte sich aber alsbald aufgelöst. Ich beobachtete den Henker und folgte ihm unauffällig. Er ging in die nahe gelegene Schenke „Zum roten Adler“, um seinen übergroßen Durst und Hunger zu stillen, während ich an der Eingangstüre auf ihn wartete. Die Zeit verging, ich trällerte mehrere Volkslieder vor mich hin und verharrte an meinem Standort.

Nach etwa einer Stunde schwang sich der grobe Mann, der immer noch seine schwarze Henkerskluft trug, aus der Taverne und gähnte lautstark. Hurtig stellte ich mich ihm in den Weg. „Wer bist du, Maskenmann? Geh aus dem Weg!“, raunzte er mich mürrisch an, doch ich verblieb an meinem Platz. „Verschwinde endlich, du Vollidiot!“, fauchte er, als er mich an meinen Gewändern packte. Augenblicklich schubste er mich so fest, dass ich zurückgeschleudert wurde und zu Boden fiel. Als ich aufstand und den Schmutz von meiner Kleidung abstreifte, lachte er lauthals, amüsierte sich prächtig. Ich nahm meine Maske ab und grinste ihn an. Sein Lachen endete abrupt und sein Gesichtsausdruck wurde ganz starr. „Du bist doch der Räuber, den ich vor Jahren davonkommen ließ, oder?“ – „Genau, der bin ich! Und du widerlicher Bastard hast dich mit meine Frau vergnügt, sie dann verraten und nun meine geliebte Mademoiselle sogar auf dem Gewissen!“ Der Henker kam näher, ich roch seinen fauligen Atem; Essensreste klebten zwischen seinen Zähnen. „Sei froh, dass du noch lebst, Lümmel! Ich hatte schon sehr viel bessere Weiber. Such dir eine andere Frau!“, zischte er mich an, als er ganz dicht vor mir stand. Ich kochte innerlich, lachte aber gellend auf und dann rutschte mir ein unüberhörbarer Pfiff durch die Zähne. Der herzlose, grausame Henker blickte verdutzt, als sich plötzlich Babette mit einer braunen Kutsche näherte, die zwei weiße Pferde zogen. Ich klatschte in meine Hände, feixte genüsslich und turnte um den mächtigen, aber erstaunten Mann herum. Sogleich öffnete ich die Kutschentür, und eine eisenbeschlagene Truhe voller Livre und Schmuckstücke kam zum Vorschein. „Und was willst du jetzt von mir? Willst du mir das alles schenken? Könnte ich gut gebrauchen!“, lachte der Henker.

Ich verschloss die Tür, stellte mich neben ein schnaubendes Pferd, das gerade mit den Hufen in der Erde scharrte, und begann zu sprechen: „Nein, nein, mein Freund! Ich schenke dir natürlich nichts. Das waren deine Livre und dein Schmuck! Wir haben dich heute ausgeraubt, als du nicht zu Hause warst!“ Sogleich gab ich den Pferden einen Klaps auf das Hinterteil und Babette brauste mit seinem Hab und Gut davon, während der Henker erschauderte. Ich hatte ihn in der Tat dort getroffen, wo es ihm am meisten weh tat! Kurz darauf kniete sich der so brutale und äußerst starke Mann vor mir hin und seine widerlichen Glubschaugen füllten sich mit Tränen. „Du weißt nicht, was du da tust! Bitte … gib mir mein Vermögen wieder zurück. Ich muss hier weg. Will mich beim Königshaus freikaufen, weil ich bei der königlichen Familie verschuldet bin, und ein neues Leben beginnen“, stammelte er. „Ach so? Du willst hier weg? Ich fühle mich in Paris pudelwohl, bin aber auch derjenige, der in Paris alles gemacht hat, was die Leute über Jahre so amüsiert hat. Ich weiß, dass dich die Toten heimsuchen, und sie werden dich bis ans Lebensende verfolgen. Du ekelhaftes Stück Fleisch hast nichts anderes verdient. Wer solche Schandtaten begeht, der muss büßen“, sagte ich, wandte mich ab – und ging.

„Bitte! Sie verfolgen mich, ich kann nicht mehr. Jede Nacht sehe und höre ich sie. Gib mir mein Vermögen zurück – oder töte mich“, winselte er, als er auf allen Vieren hinter mir her kroch und mich wie ein Kind an einem Bein packte. „Dein Gold? Eigentlich hast du dieses Gold gestohlen. ‚Dein Gold‘ ist mit Blut besudelt und du hast es nicht erarbeitet. Aber nein! Lebe! Meine Elá bringt das auch nicht mehr zurück. Und grüß die Geister von mir. Auch die Magd und ihre Tochter. Wie kann man nur so ekelerregend sein?!“ Festen Schrittes zog ich von dannen, der riesige Schlächter kauerte am Boden, wimmerte und winselte, wusste nicht mehr, wie er sich von seinen Erscheinungen retten sollte. Ein paar Wochen darauf baumelte sein lebloser Leib im Wind, vor seinem Haus, an einer großen Eiche. Der rohe Schlächter hatte sich erhängt, konnte seine Wahnvorstellungen nicht mehr ertragen. Waren es überhaupt Wahnvorstellungen? Oder besuchten ihn wirklich seine geschändeten Opfer? Diese Fragen konnte niemand beantworten, doch bis heute glauben immer noch viele, dass seine ruhelose Seele, die keinen Frieden finden kann, durch Paris streift. Wenn es so wäre, hätte dieses abscheuliche Monster die gebührende Bestrafung erhalten. Mir selbst war dies zwar ziemlich egal, weil es meine geliebte Elá auch nicht mehr zurückbrachte, doch dieses ekelhafte Stück Dreck bekam so zumindest einen gerechten Denkzettel verpasst, der ihn schlussendlich später zum Selbstmord zwang. Der Mensch, der meine Frau ans Messer geliefert hatte, um seine Flucht zu finanzieren, war nicht mehr am Leben.

Leben aus dem Schatten. Die Memoiren von Cartouche, dem Meisterdieb und Templermeister, Teil 2 von Arnold Hiess: TextAuszug