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Lilith – oder: Wie kam die Untreue in die Welt? Ein Essay von Volker Ebersbach
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Preis E-Book:
3.99 €
Veröffentl.:
03.03.2022
ISBN:
978-3-96521-630-3 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 44 Seiten
Kategorien:
Religion/Christliche Kirche/Geschichte, Religion/Christliche Theologie/Geschichte
Religionsphilosophie, Christentum, Alte Religionen und Mythen
Altes Testament, Schöpfungsgeschichte, Adam, Eva, Lilith, Patriarchat, Inzest, Monogamie, Untreue
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Wieder allein, wird der erste Mann vom Herrgott, in dessen Brust schließlich auch ein Männerherz schlägt, mit einer neuen Frau versorgt: Eva. Adam, der erste Mensch, hat in der außerbiblischen Überlieferung des jüdischen Mythos also zwei Frauen. Die „Ehe“ mit der windigen bis stürmischen Lilith wurde ja nie im modernen Sinn „geschieden“. Der Tatbestand des böswilligen Verlassens nach dem ersten Ehekrach der Menschheit scheint einer patriarchalischen Sicht der Dinge aber erfüllt. Die Ursache dafür war nicht etwa Gottes Wille, sondern ein Priesterstreit. Zwei verschiedene Überlieferungen, die „Jahwistische“ und die „Elohistische“, gaben der „Genesis“ im Ersten Buch Mose jene unterschiedliche Gestalt, noch bevor die Kirche Teile davon zum Alten Testament kanonisierte. Die Jahwistische Überlieferung ging als I. Mose 2, 21f. in die Bibel ein. Die etwa 500 Jahre jüngere „Priesterschrift“ war es, die in I. Mose 1, 27f. die Elohistische Überlieferung so schlecht vertuschte.

Der Grund für den Streit zwischen Adam und Lilith liegt auf der Hand. Beide sind „von der Erde genommen“, also gleich. Darauf beruft sich die erste Frau. Der erste Mann, „fromm und rechtschaffen“, will davon freilich nichts wissen. Er wurde zuerst geschaffen, den Elohisten zufolge sogar aus „reiner“ Erde, die Frau nach ihm aus „schmutziger“ Erde. Mythen sind Legitimationsmodelle, Modelle für die Legitimation einer Macht von Menschen über Menschen. Schöpfungsmythen vom ersten Menschenpaar modellieren die Legitimation der Macht eines Geschlechts über das andere. Der Streit, in dem „eins nicht auf das Wort des anderen“ hört, der erste Zwist zwischen Mann und Frau, ist keine Eifersucht, sondern eine Machtfrage, und diese Machtfrage ist in patriarchalischer Überlieferung bereits entschieden: Lilith setzt sich selbst ins Unrecht, indem sie fortgeht, sich mit bösen Geistern verbündet. Ihr Fluch gefährdet die weibliche Nachkommenschaft länger als die männliche.

Nur auf diesem Hintergrund wird der ganze Sinn der mythischen Variante sichtbar, in der Eva aus einer Rippe Adams erschaffen wurde: „Da ließ Gott der HERR einen tiefen Schlaf fallen auf den Menschen, und er schlief ein. Und er nahm eine seiner Rippen und schloss die Stelle mit Fleisch. Und Gott der HERR baute ein Weib aus der Rippe, die er von dem Menschen nahm, und brachte sie zu ihm. Da sprach der Mensch: Das ist doch Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch; man wird sie Männin nennen, weil sie vom Manne genommen ist. Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen, und sie werden sein ein Fleisch. Und die waren beide nackt, der Mensch und sein Weib, und schämten sich nicht“ (I. Mose 2, 21-25).

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