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Mit dem Paulsdamm bekam Schwerin einen besseren Anschluss nach Osten
Über den Sinn oder Unsinn der Verlängerung der Nordtangente in Richtung Paulsdamm wurde in den letzten Monaten viel diskutiert. Nun, dem Autor steht es nicht zu, an dieser Stelle darüber zu diskutieren, auch wenn er mehr einen Unsinn in diesem Projekt sieht. Sie wird wohl kommen, die neue Paulsdammbrücke. Anlass für mich, über ihre Vorgänger zu berichten.
Wie fing alles an? Nun, über Jahrhunderte führten die Handelsstraßen um den großen See, um von Osten nach Schwerin oder umgekehrt zu kommen. Ein Heidenaufwand an Strecke und Zeit, dem Handel nicht förderlich. So ließ man, wenn möglich, die Stadt, im wahrsten Sinne des Wortes, links liegen. Und auch für die Schweriner war der große See ein Problem. So wurde man keine Handels- oder sogar Hansestadt, hatte zwar seinen zollfreien Stapelplatz in Wismar. Doch das wars bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts.
Großherzog Paul Friedrich, 1837 aus Ludwigslust nach Schwerin zurückgekehrt, prägte in den Jahren seiner Regierung nicht nur das Bild der Residenz, sondern förderte auch das Gewerbe in seiner Residenz. 1840 begannen die Arbeiten für die Schüttung des Paulsdamms, der den Verkehr mit allen östlichen Landesteilen erleichtern sollte. Ob, wie oft zu lesen ist, wirklich jeder Bauer, der nach Schwerin kam, Feldsteine für die Schüttung des Dammes mit sich führen musste, bezweifle ich. Jedenfalls wurde ein Kanal vom Ziegelsee durch das Wickendorfer Moor gegraben, um die Erdmassen für die Schüttung des Dammes zu transportieren. Für die Befestigung des Dammes wurden 3.000 Fuder (4.170 m3) Faschinen benötigt. Die Bauleitung hatten die Baumeister Jatzow und Wier.
Bereits 1842 konnte die neue Chaussee übergeben werden! Sie war, wie auch die anderen mecklenburgischen Chausseen, nach dem Mc Adamschen Prinzip (siehe Wie aus Meklenburg Mecklenburg wurde, Edition digital 2021) gebaut worden. Auf einzelnen Streckenabschnitten wurde ein Sommerweg angelegt, die Bankette teilweise erhöht.
Die erste Paulsdammbrücke war bereits eine Drehbrücke. Das Tragwerk der Brücke unter der Fahrbahn als Ziegelmauerwerk, verbunden mit Kalkmörtel, die im Wasser ragenden Bauteile mit Zement gefugt. Die Brückenöffnung betrug 4,80 m. Die Länge der kürzeren Flügelmauer betrug 5,23 m, die nordwestlichen Flügelmauern 5,59 m. Beide Mauern deckten Sandsteinplatten ab. Die Höhe der Stirn und Flügelmauern betrug 2,08 m. Zur Sicherung der Mauern und des Drehkreises waren Spundwände aus tannenem Holze eingeschlagen. Die anderen Mauerwerke standen auf Pfahlrosten. Die Walzen zur Bedienung der Drehbrücke waren schmiedeeisern, der Drehmechanismus gusseisern ausgeführt. Der Kranz selbst nur aus Holz. Auf der Brücke lag eine 5,60 m lange Plankung, die 9,6 cm stark war. Das Brückengeländer war aus Tannenholz. Diese Brücke sollte über 60 Jahre ihren Dienst tun.
1912 kam man zu der Erkenntnis, dass die gesamte Brücke neu gebaut werden müsste, da sie in jeder Beziehung abgängig sei. Ein Jahr später begann man mit dem Neubau der Brücke. Sie sollte eine Tragfähigkeit von 23 Tonnen ausweisen. Als Baukosten wurden 23.000 Reichsmark veranschlagt. Die Arbeiten wurden durch Landbaumeister Wittmann geführt, der Bauführer hieß Klingberg. Ausführende Firmen waren für den Unterbau Hofzimmermeister Andreas, für den Oberbau die Norddeutsche Eisenbahnsignal- und Brückenbauanstalt Paul Harm mit Sitz in Güstrow. Diese ging nach dem Bau in Konkurs. Man hatte sich wohl verkalkuliert. Laut Vertrag führte die Firma die Eisenkonstruktion zum Neubau der Brücke aus. Baubeginn: 1. Juli 1913, Übergabe: 1. September 1913! Heute unvorstellbar Am 24. Januar 1914 wurde die Brücke offiziell übergeben. Die Durchflussöffnung betrug 8,60 m, die Höhe 1,93 m. Die Breite der Brücke 6,00 m, wovon 4,40 m für die Fahrbahn und je 80 cm beidseitig für den Fußgängerverkehr vorgesehen wurden. Während des Baus diente eine Notbrücke dem Verkehr. Ihre Kosten: 4.000 Reichsmark. Die gesamten Baukosten betrugen 42.500 Reichsmark. Nach dem Projekt vom November 1912 sollte eine feste Brücke gebaut werden. Das war aber durch das bautechnisch schwierige Terrain nicht möglich gewesen. Diese Brücke diente bis 1970 dem Verkehr.
Inzwischen hatte sich die Dichte des Straßenverkehrs stark erhöht, die Verkehrssicherheit war nicht mehr gegeben. Die Linienführung, ein starker Rechtsbogen erschwerte den Verkehr, musste geändert werden. Der Neubau erfolgte 1970/71 nach modernen bautechnischen Aspekten. Die Brücke, sie ist noch heute unter Verkehr, ist 66 m lang und wurde als Spannbeton-Zweifeldbrücke mit zwei Fahrbahnen und einem Radweg gebaut. Beim Bau wurde die Besonderheit der Lage zwischen der Gaststätte Seewarte und den beiden Seen berücksichtigt. Um die Standsicherheit zu gewährleisten, ruht der Brückenkörper auf 230 Stahlbetonpfählen, die 18 m tief in den Untergrund gerammt wurden. 80.000 Kubikmeter Kies aus der Kiesgrube Leezen wurden geschüttet. Da man mit einer langen Setzungszeit der Brücke rechnete, erfolgte die Schwarzdeckenbefestigung später. Diese Brücke ist nun genau 54 Jahre im Dienst.