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Die Waldschenke. Oder Erbe und Erben des Harry Witt und andere Ausrutscher von Rudi Czerwenka
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Preis E-Book:
6.99 €
Veröffentl.:
31.10.2015
ISBN:
978-3-95655-555-8 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 182 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Liebesroman/Geschichte/20. Jahrhundert, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Moderne Frauen, Belletristik/Verbrechen
Kinder/Jugendliche: Natur- und Tiergeschichten, Kinder/Jugendliche: Märchen, Sagen, Legenden, Kinder/Jugendliche: Kurzgeschichten, Kinder/Jugendliche: Soziale Themen: Umwelt, Kinder/Jugendliche: Gegenwartsliteratur
Ostsee, Gasthaus, Vaterschaft, Totschlag, Liebe, Freundschaft, Graf, Schloss, Tod
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„Stellt euch das vor: Ich werde Gräfin!“

Mit diesem Jubelruf steckte Gritta, von ihrer Nachmittagstour aus dem Wald kommend, den Kopf in das offene Küchenfenster, während ihr Fahrrad laut auf den Hof schepperte, rannte gleich danach durch den Flur und zeigte sich in der Tür zur Gaststube, wo neben Ernst nur die durch den Alarmruf aufgeschreckte Vera sichtbar wurde.

„Ich werde Gräfin!“, wiederholte sie. „Gritta von Brandstetten, wie das klingt!“

Sie sprang hinaus auf den Vorderhof und trällerte dort trotz der an zwei Tischen sitzenden Gäste weiter.

„Ich werde Gräfin, eine richtige Gräfin!“

„Nun ist sie total übergeschnappt“, stellte Vera fest.

„Dahinter steckt bestimmt diese Frau“, kommentierte Ernst. „Die Grafentochter hat sie eingefangen. Und ich dachte, sie steht nur auf Männer.“

Vera erwischte ihre im Übereifer umherwirbelnde Tochter am Arm und zog sie ins Haus.

„Hör auf zu plärren! So benimmt man sich nicht vor den Gästen.“

„Aber es stimmt. Ich werde Gräfin.“

„Das kannst du dir abschminken. Das wirst du nicht, denn die Komtesse hatte zwischendurch einen bürgerlichen Mann geheiratet. Das Von ist weg. Auch nach der Scheidung heißt sie Frau Dagström, völlig normal, auch wenn sie selbst nicht ganz normal ist.“

„Ich rede doch nicht von ihr“, protestierte Gritta. „Ich rede vom Grafen. Der will mich heiraten.“

„Gott im Himmel!“, rief Vera.

„Der Graf und du?“, sagte Ernst. „Nichts gegen den alten Herrn. Aber der kriegte doch kaum noch die Beine hoch.“

„Nicht der alte, sondern der junge, der Sohn, der Werner.“

Werner von Brandstetten genoss sein üppig honoriertes Dasein als Filialchef einer deutschen Fluggesellschaft in Kairo. Die Alterszuflucht seines Vaters im stillen Norden hatte er nur zum Zeitpunkt der Übernahme flüchtig kennengelernt, die spätere Entwicklung kannte er nur vom Hörensagen, durch seine Schwester, die ihm per Telefon, per Post und durch einige Fotos allerhand vorgeschwärmt hatte, vor allem, seitdem sie selbst hier lebte und tätig geworden war. Seine Jahresurlaube hatte er bisher stets in Bayern, der Heimat seiner Kindheit oder im wilden Kanada oder in der Südsee verbracht. Neugierig geworden, auch in Sorge um den Gesundheitszustand des Vaters hatte er diesmal auf Reisen in die fernsten Winkel des Erdballs verzichtet und war in das von ihm bislang unerforschte Mecklenburg geflogen.

Begeistert von dem, was er hier sah, war er zuerst nicht gewesen, weder vom Schloss, noch von den Wäldern, noch vom Seebad. Das änderte sich, als er den stillen Küstenstreifen unweit des väterlichen Anwesens entdeckte bzw. die einzige Strandbesucherin. Werner von Brandstetten und Gritta Brucz lernten sich kennen und lieben. Bei ihr ging das wie gewohnt schnell. Er wollte sicher gehen. Er nahm sie mit ins Schloss, stellte sie dem Vater und der Schwester vor. Der alte Herr hatte seine Bedenken. Diese verflogen, als Gritta sich schon bei der ersten Begegnung in ihrem natürlichen Charme offenbarte. Auch Konstanze äußerte Vorbehalte, doch die hatten andere Gründe. Da sein Urlaub zu Ende ging, ersuchte er seinen Generalmanager um Verlängerung, wegen eventuell bevorstehender Familiengründung. Man zeigte sich kulant im Bereich der Chefetage und kam der Bitte nach.

Nach Begutachtungen innerhalb der Familie und der selbst verordneten Probezeit unterbreitete der junge Graf seiner Gritta den Antrag, und sie stimmte freudig zu, was zu den genannten Freudenausbrüchen führte.

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