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Wo Kapitäne geboren wurden. Zur Geschichte der Seefahrtschule Wustrow von Rudi Czerwenka
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Preis E-Book:
5.99 €
Veröffentl.:
04.11.2015
ISBN:
978-3-95655-546-6 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 120 Seiten
Kategorien:
Geschichte / Maritim und Piraten, Geschichte / Studium und Lehre, Geschichte / Deutschland, Geschichte / 18. Jahrhundert, Geschichte / 19. Jahrhundert, Geschichte / 20. Jahrhundert
Geschichte der Seefahrt, Mecklenburg-Vorpommern, 18. Jahrhundert (1700 bis 1799 n. Chr.), 19. Jahrhundert (1800 bis 1899 n. Chr.), 20. Jahrhundert (1900 bis 1999 n. Chr.)
Seefahrtschule, Wustrow, Fischland, Kapitän, Nautik, Schiffstechnik, Kapitänspatent, Hochschule
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Die Ausbildung zum Seemann hatte sich in all diesen Jahren jedoch kaum geändert, war Tradition und oblag dem jeweiligen Schiffer und seiner Crew. Wer sich im Laufe der vorgeschriebenen Jahre vom Jung' zum Toppgast emporgearbeitet hatte, war mit allem vertraut, was mit dem Schiff, seiner Ladung, der Besegelung und den Launen der Natur eventuell auf ihn zukam. Zum Abschluss fehlte nur noch der Handschlag eines wohlmeinenden Schiffers, um zum Steuermann aufsteigen zu können.

Doch inzwischen führten viele Fahrten über unbekannte Meere, zu fremden Märkten. Umgang mit neuen Handelspartnern, Gewohnheiten sowie Behörden waren gefragt. Außerdem fehlte den Fischländern im Vergleich mit anderen allerhand Grundwissen. Allein das erklärt sich beispielsweise daraus, dass der im 17. Jahrhundert einzige Wustrower Schulmeister etwa 60 Schüler unterrichten musste. Die stürmische Entwicklung der Seefahrt forderte eine veränderte, umfassendere und auch spezialisierte Ausbildung, wie sie in anderen Küstenländern bereits erfolgte. Das sahen die Betroffenen selbst ein, wenn sie in den Hafenstädten mit Seeleuten aus Spanien, aus England oder den Niederlanden zusammentrafen. So zuverlässig, so praxiserfahren, so begehrt die Fischländer auch waren, sie hinkten hinterher.

Aus diesem Mangel zog endlich einer die erforderliche Schlussfolgerung: Johann Christian Cyrus, der nach seiner abenteuerlichen Seefahrerzeit schließlich als Dorfschullehrer in Althagen wirkte. Woher dieser Mann mit dem ungewöhnlichen Namen stammte, welches Schicksal ihn letztlich ausgerechnet aufs Fischland verschlagen hatte, ist unbekannt. Um 1770 war Cyrus „an Land gegangen" und hatte begonnen, in einem notdürftig umgebauten Katen Schule zu halten. In der einen der beiden Stuben wird er vermutlich gewohnt haben - mit Frau, mit Kindern? Auch das weiß man nicht. Der andere Raum war die Schulstube. Hier hockte, kauerte oder saß der Nachwuchs des Dörfleins, die älteren Jungen allerdings nur im Winter. Im Sommerhalbjahr waren sie ab 12,13 oder spätestens 14 Jahren fast vollzählig irgendwo auf See. Hier machte Cyrus seine Zöglinge nicht nur mit dem üblichen Unterrichtsstoff vertraut, er führte sie auch in das nautische Einmaleins ein. Aus dieser zunächst zusätzlichen Wissensvermittlung wurde allmählich ein regulärer nautischer Unterricht, den Cyrus den Jungen, die später mal zur See fahren würden oder bereits fuhren, im Winterhalbjahr erteilte. Die Grundlagen dazu fand er in den Erfahrungen seiner eigenen Seefahrerzeit und in einem einzigen holländischen Navigationsbuch. Das Jahr 1781 gilt als Beginn der zunächst privaten Seefahrerausbildung auf dem Fischland. 1795 ging Cyrus als Lehrer an die Stadtschule nach Barth, also ins pommersche Ausland. Hier verdiente er das Sechsfache der ihm in Althagen bewährten Bezüge. Hier endet auch seine bruchstückhafte Biografie.

Sein Weggang war in mehrfacher Hinsicht ein Verlust. Er soll es verstanden haben, den Jungen nicht nur ihre beruflichen Perspektiven zu verinnerlichen, sondern auch die trockene Theorie anschaulich darzustellen. Später schrieb der dann selbst schon 72-jährige Steuermann Claas Niemann: „Vor etwa 50 Jahren brachte der so berühmte Navigationslehrer Cyrus dem Fischländer ein helles Licht in die Seefahrt- und Steuermannskunde, und auch ich war einer seiner Schüler. Nach dessen Abberufung nach Barth übernahm ich dessen Geschäfte."

 

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