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Die Hexe vom Fischland. Leben und Leiden der Tillsche Schellwegen von Rudi Czerwenka
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Preis E-Book:
6.99 €
Veröffentl.:
30.10.2013
ISBN:
978-3-86394-429-2 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 169 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Thriller/Spannung, Belletristik/Thriller/Geschichte, Belletristik/Liebesroman/Geschichte/Mittelalter, Belletristik/Liebesroman/Spannung, Belletristik/Verbrechen
Thriller / Spannung, Kriminalromane und Mystery, Belletristik: romantische Spannung, Historische Kriminalromane, Historische Liebesromane, 1000 bis 1500 nach Christus
Hexenverbrennung, Folter, Verleumdung, Liebe, Mord, Ribnitz, Güstrow, Teufel
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David Hinrichs sprach sie auf dem Markt an.

"Du hättest auf mich hören sollen", begann er unvermittelt, "als ich dich vor diesem Manne warnte."

"Dass die Leute im Dorf über uns herziehen, macht mir nichts aus", antwortete sie unbefangen. "Und in der Küsterei wohnt er, weil er ja doch eines Tages Küster dort sein wird."

"Ja, weißt du denn nicht ...? Er ist doch bereits Küster, seit Monaten schon. Und seitdem heißt die Klare Bradhering Frau Holste."

Der Himmel über dem Markt drehte sich vor Tillsches Augen. Sie suchte Halt und fand ihn mit Hinrichs Hilfe auf dem Karrenrand.

"Ich dachte schon", wisperte sie, "weil er mich in letzter Zeit wieder öfters besucht hat ..."

"Und er hat nichts von all dem gesagt?"

Sie verneinte wortlos.

Eine Welt war in ihr zusammengebrochen. Eine maßlose Wut auf sich selbst und auf Holste stieg in ihr auf, die sie im Augenblick nur an ihrem Karren auslassen konnte, während sie über das Holperpflaster hinunter zum Hafen ratterte. Es war ihre eigene Schuld, dass sie alle Zweifel beiseitegeschoben, dass sie diesem Mann leichtgläubig vertraut hatte. Doch er war ihr Gott gewesen, leider, wie sich nun zeigte, ein falscher Gott. Ihre unermessliche Liebe wandelte sich zu abgrundtiefem Hass.

Holste jedoch wiegte sich weiterhin in Sicherheit und schlich abends wieder einmal zu Tillsches Kate.

Sie hatte den Riegel noch nicht vorgeschoben, als er plötzlich in der halbdunklen Hütte stand.

"Du traust dich noch hierher?", schrie sie ihn an. "Du ehrloser Lump, du Betrüger!"

Er stand wie angewurzelt und wollte sich ihr nähern.

Da warf sie ihm nicht nur den hölzernen Rührlöffel ins Gesicht, sondern auch all das entgegen, was sie von Hinrichs erfahren hatte.

Er versuchte, sie zu beruhigen.

"Glaub mir, du bist meine Liebe, und du bleibst meine Liebe, meine einzige. Aber was sollte ich denn tun? Ich wollte es dir schon immer sagen."

"Du hättest mich haben können, für das ganze Leben. Du hast dieses blöde Amt vorgezogen. Und damit hast du dich entschieden. Red also kein dummes Zeug! Raus mit dir!" Sie wies zur Tür.

"Aber ich liebe dich doch."

"Verschwinde, habe ich gesagt! Scher dich zu deiner Frau oder gleich zum Teufel!"

Mit gesenktem Kopf zog Holste von dannen. Draußen begegnete er mehreren neugierig gewordenen Leuten. Der Lärm aus der Kate hatte sie aus der Nachbarschaft hervorgelockt.

Er jedoch war es nicht gewohnt, so leicht aufzugeben. Er ließ ein paar Tage verstreichen, in der Hoffnung, Tillsche würde sich beruhigen. Dann wagte er einen neuen Vorstoß. Doch sie blieb bei ihrer Ablehnung, verriegelte beizeiten die Tür und öffnete nicht, so stark er auch dagegenwummerte. Einmal begegneten sie sich am Strand. Er trat ihr nicht zu nahe, hielt sie nur am Arm fest, um sie zu überreden, sich nicht vollends von ihm zu lösen. Sie blieb unerbittlich, gab ihm, um sich aus seinem Griff zu befreien, einen kräftigen Tritt in den Leib und ging stolz ihres Weges.

Im Dorf sprach man sehr bald von nichts anderem. Man grüßte Holste zwar immer noch respektvoll, doch sogar die Kinder flüsterten sich hämisch zu, welche Misserfolge ihr Schulmeister bei der forschen Tillsche Schellwegen einstecken musste. Unter den Alten gab es allerdings auch andere Stimmen.

"Sie ist es, die keine Ruhe gibt", hieß es da. "Sie hat ihn verhext."

Die hochschwangere Klare verschonte man weitgehend mit Details über die erfolglosen Ausflüge ihres Mannes, aber dennoch erfuhr sie davon. Sie wunderte sich selbst: Es berührte sie kaum. Sie hatte nun andere Sorgen. Der Geburtstermin rückte heran, doch in ihrem Leib rührte sich nichts.

Es geschah, als sie morgens die Miststreu hinter den Kühen wegforken wollte. Ihr Wehgeschrei lockte Holste herbei. Rat- und hilflos stand er daneben, während sich seine Frau vor Schmerzen krümmte. Die Stunden krochen dahin, ohne dass sich an Klares Zustand etwas änderte.

"Hol Hilfe!", jammerte sie.

Er rannte hinaus, spannte das Pferd ein und jagte über die Brücke nach Ribnitz zum Doktor.

Als er bereits eine Stunde später mit dem Stadtchirurgus wieder zu Haus vorfuhr, war alles überstanden. Klare lag wie tot, und ihr zu Füßen lag quarrend ihr Kind, ein Junge. Der Doktor schickte die Frauen, die inzwischen herbeigelaufen waren, nach Hause und brachte die geschwächte Klare wieder zum Leben.

"Ich habe wohl so laut geschrien", stammelte sie erschöpft, "dass die Nachbarinnen herbeiliefen, auch die Schellwegensche. Wenn sie nicht gewesen wäre, ich weiß nicht ..."

Holste blickte sich um, doch Tillsche war nicht mehr im Haus.

Der Medikus beäugte die Frau und ihr Kind fachmännisch.

"Alles was recht ist", nickte er anerkennend, "obwohl das Weib nicht im besten Rufe steht."

 

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