Specials
Firmenlogo
Verlag für E-Books (und Bücher), Handwerks- und Berufszeichen
Sie sind hier: Plebejade oder die wundersamen Verrichtungen eines Riesen. Eine kreuz und quer wahrhaftige und ungelogen sehr frei in der Art des Francois Rabelais verfasste Historie von Gerhard Branstner: TextAuszug
Plebejade oder die wundersamen Verrichtungen eines Riesen. Eine kreuz und quer wahrhaftige und ungelogen sehr frei in der Art des Francois Rabelais verfasste Historie von Gerhard Branstner
Format:

Klicken Sie auf das gewünschte Format, um den Titel in den Warenkorb zu legen.

Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
04.11.2022
ISBN:
978-3-96521-782-9 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 185 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Humorvoll
Belletristik: Humor
Humor, Satire, Geschichte, Reise
Zahlungspflichtig bestellen

Sicherlich hat der Leser die Klugheit des Königssohnes, das kitzligste, zarteste, zurückhaltendste, hinterhältigste und untertänigste aller Papiere als Arschwisch zu nehmen, gebührlich bewundert, ohne jedoch über den Umstand zu stolpern, dass ein solchermaßen kluges Kind in unserer Chronik bis jetzt noch nicht zu Worte gekommen ist. Mit notdürftiger Ausnahme eben der Stelle, wo es seinen Vater um eine reichlichere Versorgung mit dem genannten Papier bat. Ich erwähne diesen sprachlosen Umstand auch nur, weil der eine oder der andere ohnehin auf ihn gestoßen wäre. Und dem musste ich zuvorkommen. Es gibt nichts Schlimmeres als einen Leser, der sich klüger dünkt, als der Autor es ist. Einmal dahin gelangt, misstraut er jedem Satz, zerlegt ihn in seine Teile und zerstört so die Seele des Ganzen. Den Verlust aber, den er damit dem Buche und sich selbst zufügt, kreidet er dem Autor an. Und eben das wollte ich vermeiden, weshalb ich den Leser bitte, auch nicht weiter nach dem Warum dieses sprachlosen Umstandes respektive der notdürftigen Ausnahme zu fragen, ich weiß es nämlich selber nicht

„Das soll mir nicht noch einmal vorkommen!“, rief der König. „Ein Prinz, und dazu einer aus dem Geschlechte der Riesen, darf sich nicht in die Hosen machen, auch wenn anders der Krieg verloren geht. Lieber in Ehren untergehen als solch einen beschissenen Sieg.“

Um dem König Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, muss ich an dieser Stelle endlich einmal sagen, dass Prolius ein Mann von Ehre und darauf bedacht war, den Schild derselben durch nichts beschmutzen zu lassen, wie er überhaupt die edelsten Eigenschaften in seiner Person vereinigte. Jedenfalls war es auf den des Öfteren gepriesenen Arschwischen zu lesen. Nachdem wir so dem König Gerechtigkeit haben widerfahren lassen, wollen wir zur Wahrheit zurückkehren. Und die ist, dass König Prolius von Ehre und Tugend nicht einmal einen Begriff hatte, weshalb er sich in Wirklichkeit über den Sieg seiner Truppen riesig freute, aber nicht Größe genug besaß, über die Ursache desselben mit Gelassenheit hinwegzusehen. „Wir brauchen einen Zuchtmeister“, rief er, „der diesem Schandfleck unseres Geschlechts beibringt, seine Angst für sich zu behalten und dem Feinde die Stirn, nicht den Hintern zu bieten!“ Und im ganzen Lande wurde bekanntgemacht, dass ein königlicher Zucht- und Fechtmeister gesucht werde. In kurzem liefen die Bewerber uns das Haus ein. Nach wenigen Tagen waren es mehr als sechshundert. Der König ließ jedoch noch einige Zeit verstreichen, denn er glaubte, die ersten würden nicht die besten sein. Endlich aber, als weit über zweitausendachthunderteinundvierzig Anwärter am Hofe versammelt waren, befahl Prolius, mit den Ausscheidungen zu beginnen. Jeder der Bewerber bekam eine Zahl und musste, wenn es eine ungerade war, gegen die nächsthöhere gerade, wenn es aber eine gerade war, gegen die nächstuntere Zahl den Degen ziehen. Der König befahl den Kampf auf Leben und Tod, so dass nach Ende der ersten Runde nur noch reichlich tausendvierhundertundzwanzig Kandidaten übrig waren. Jetzt wurden aufs neue Zahlen verteilt, und die zweite Runde ließ nur etwas mehr als siebenhundertzehn Kandidaten am Leben, während nach der dritten gerade gut dreihundertsechsundfünfzig Kandidaten neue Zahlen entgegennehmen konnten. Und so ging es fort, bis endlich nur noch zwei Bewerber übrigbliebcn. Der König hatte seine helle Freude am bisherigen Gang der Dinge und nannte sich einen klugen Kopf. Um aber am Ende nicht doch noch für einen Dummkopf zu gelten, ließ er die beiden letzten Bewerber statt mit dem Degen mit der Zunge gegeneinander kämpfen, denn es hätte ja leicht sein können, dass die beiden, eben weil sie die besten waren, sich gegenseitig auf den Tod verwundeten, und der König hätte am Ende nicht den besten, sondern überhaupt keinen der über zweitausendachthunderteinundvierzig Kandidaten mehr gefunden. Auch wusste er wohl, dass ein ordentlicher Zuchtmeister nicht nur eine geschickte Hand, sondern auch eine gewandte Zunge haben musste, um seinem Zögling die nötigen Unterweisungen geben zu können.

Der König ließ den ersten der Bewerber vortreten und stellte die Prüfungsfrage.

„Worin“, so fragte ihn Prolius und machte ein geheimnisvolles Gesicht, „worin besteht der eigentliche, tiefere und hauptsächliche Sinn, Zweck und Inhalt eines Kampfes, und worauf kommt es dabei im Wesentlichen, Grundlegenden und Allgemeinen, im Besonderen und Einzelnen, im Konkreten und Abstrakten an?“

Der Mann war ein Vertreter der alten Schule: Schlank der Körper, elegant die Bewegungen, schwarz die Haare, schmal das Bärtchen, war ihm eine solche Frage die reine Lappalie. Er zog den Mund zu einem spöttischen Schnütchen zusammen, wippte kurz mit den Ohren und machte einen Ausfallschritt gegen den König, womit er den Beginn seiner Antwort ankündigen wollte. Prolius verstand diese Geste freilich verkehrt und zuckte erschrocken zusammen. Dann forderte er den Kandidaten ärgerlich auf, den Abstand zu wahren.

Dieser trat artig einen Schritt zurück, machte eine gelungene Verbeugung, womit er andeutete, ein Mann von Welt zu sein, der sich auch von einem König nicht aus der Fassung bringen lässt, und begann seine Erwiderung. „Ein Kampf“, so führte er aus, „ist eine körperliche Aktion, der ein moralischer Anlass in Gestalt einer Ehrabschneidung, Stolzbeleidigung und Rechtsvermeidung oder auch ein finanzieller Anlass in Gestalt einer Geldabtreibung, Landabschneidung und Erbhintertreibung vorausgeht. Außer diesen und anderen Gründen eines Kampfes gibt es auch den Kampf ohne Grund, den Kampf des Kampfes wegen. Soviel zum Zustandekommen eines Kampfes. Bevor ich jedoch den Kampf an und für sich spezifiziere und seine einzelnen Hin-, Her-, Winkel- und Rückzüge definiere, will ich noch einige Betrachtungen über die …“

An dieser Stelle aber wachte der König wieder auf. Und da er annahm, schon sehr lange geschlafen zu haben, sagte er: „Sehr schön, sehr schön.“ Und: „Es genügt.“ Worauf er Raudolf, den anderen Bewerber, aufrief, die nämliche Frage zu beantworten. Raudolf aber trat neben den Rivalen und rief: „Worauf es in einem Kampfe ankommt, ist, seinem Gegner den Garaus zu machen!“ Und damit fasste er seinen Degen statt am Griff am vorderen Teil der Klinge und hieb seinem Rivalen den Degenkorb über den Schädel, dass von diesem, nämlich dem Schädel, nicht mehr die Rede sein konnte. Der König aber lachte herzlich, den er hatte schon befürchtet, auch die Antwort dieses Kandidaten zu verschlafen, was ihn in die schwierige Lage versetzt hätte, von zwei verschlafenen Antworten die bessere herausfinden zu müssen.

Damit war die Sache entschieden und Raudolf zum Königlichen Zuchtmeister und zum Lehrer des Königssohnes bestellt.

Plebejade oder die wundersamen Verrichtungen eines Riesen. Eine kreuz und quer wahrhaftige und ungelogen sehr frei in der Art des Francois Rabelais verfasste Historie von Gerhard Branstner: TextAuszug