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Der Esel als Amtmann oder Das Tier ist auch nur ein Mensch. Fabeln von Gerhard Branstner
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Preis E-Book:
4.99 €
Veröffentl.:
16.03.2020
ISBN:
978-3-96521-249-7 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 104 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Humorvoll, Belletristik/Satire
Moderne und zeitgenössische Lyrik (ab 1900), Mythen und Legenden (fiktional), Belletristik: Humor
Tierfabeln, Macht, Dummheit, Arroganz, Jasager, DDR
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Wer im ersten Kampf verlor, geht im zweiten anders vor

Als der Affe während einer Ratssitzung wieder einmal seine üblichen Grimassen machte, wurde es dem Löwen zu viel, und er hieß den Affen einen Blödian. Und wenn ich besser zählen kann als du, entgegnete der Affe, wer ist dann der Blödian?

Um die Frage zu entscheiden, wurde auf seinen Vorschlag hin vereinbart, dass er und der Löwe die Wellen zählen sollten, die im Verlaufe einer Stunde am Meeresstrande anbrandeten. Der Affe tat aber nur so, als ob er zähle, und schnitt wieder die fürchterlichsten Grimassen. Das machte den Löwen ganz konfus, sodass er einmal die Wellen und einmal die Grimassen zählte, bis er völlig durcheinander war und vorzeitig aufgab. Der Affe wurde zum Sieger erklärt. Das war ihm jedoch noch nicht genug. Um den Löwen noch mehr zu demütigen, verriet er, dass er nicht eine einzige Welle gezählt und den Löwen allein durch seinen Witz besiegt habe.

Das nun war des Witzes zu viel, und keiner sprang dem Affen bei, als der Löwe sich auf ihn stürzte und ihn in Stücke riss.

Rede nicht von Sonnenschein, regnet es zum Fenster rein

Als auch die Tierkinder zur Schule gehen mussten, wurde der Rabe zum Staatskundelehrer bestellt. Er nahm das Lehrbuch in die Hand und erklärte den Kleinen, wie positiv doch alles sei. Nicht einmal ein Wölkchen war auf dem Bilde zu sehen, das er von der Welt malte.

Da blickte ein kleines Mäuschen aus dem Fenster und rief: Herr Lehrer, es regnet!

Der Lehrer aber schaute in sein Buch, schüttelte den Kopf und sagte: Regen ist hier nicht drin.

Es regnet aber wirklich! rief das Mäuschen wieder.

Da schrieb der Rabe dem Mäuschen eine Fünf wegen schlechten Betragens ins Heft. Das kommt davon, krähte er, wenn man während des Unterrichts aus dem Fenster guckt.

Wer sich ums Gemeinwohl drückt, muss sich nicht wundern, wenn's nicht rückt

Der Esel genoss kein sonderliches Ansehen unter den Tieren. Als aber ein gemeinnütziges Amt zu vergeben war und keiner es auf sich nehmen wollte, waren alle froh, als der Esel sich dazu überreden ließ. Zum nächsthöheren Amt und den folgenden gelangte er auf die gleiche Weise, und immer waren die anderen Tiere froh, davongekommen zu sein. Bis sie eines Tages feststellten, dass sie einen Esel oben hatten.

Wie ist der bloß dahinauf gekommen?! riefen da alle verwundert.

Der Esel wusste das natürlich auch nicht so genau. Da aber das Amt den Esel und der Esel das Amt verdorben hatte, passten beide ganz gut zueinander, sodass es eine Weile brauchte, bis sie den Esel wieder herunterbrachten.

Schadenfreude macht dumme Leute

Der Kranich hatte einen Vortrag angekündigt und die Tierwelt zur großen Waldwiese eingeladen. Da der Kranich allgemein als platter Schönredner galt, rechneten alle damit, dass nicht einer hingehen würde. Um sich von dem Reinfall zu überzeugen, gingen alle hin.

Das war wirklich ein Reinfall, sagte der Igel zum Iltis, als sie auf der überfüllten Waldwiese standen. Der einzige, den ich nicht sehe, ist der Kranich.

Er wird etwas suchen, meinte der Iltis und blätterte ungerührt in einem Bündel Papiere.

Und was? fragte der Igel.

Das Manuskript, sagte der Iltis.

Der Esel als Amtmann oder Das Tier ist auch nur ein Mensch. Fabeln von Gerhard Branstner: TextAuszug