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Eine Stunde Sanduhr von
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Preis E-Book:
8.99 €
Veröffentl.:
22.12.2016
ISBN:
978-3-86394-634-0 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 528 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Liebesroman/Spannung, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Moderne Frauen, Belletristik/Sport
Sportromane, Lifestyle-Literatur, für Frauen und/oder Mädchen, Familienleben, Belletristik: romantische Spannung
Liebe, Seitensprung, Familie, Vergewaltigung, Ehe, Emanzipation, Fußball
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Du bist dann ja im Prinzip so etwas wie das Zugpferd der Mannschaft, oder? Torschützenkönig. Goldenes Tor. Ich finde den Ausdruck total toll. Goldenes Tor. Träumt man da nachts von?

Henry Ercher hatte sich wieder bei ihr hingesetzt, das vierte Mal.

Ricarda hatte ihn angeschleppt. Ich muss dir heute Abend wenigstens den Oberfrauenhelden von diesem Verein vorstellen, bevor du auf ihn reinfällst, hatte sie gesagt, aber ihr kennt euch ja.

   Er hatte nur müde gelächelt.

Du warst schon mal witziger. Lass es lieber und hol mir ’ne Cola, bitte. Hab ich vergessen.

Er nannte sie Ricardchen.

   Die gemeinsame Schulzeit, wenn auch in verschiedenen Jahrgängen, erwies sich als ein schier unerschöpfliches Thema. Sie ertappte sich dabei, dass sie immer lauter lachte. Jedenfalls schien es ihr so. Er war lustig, erzählte Grimassen schneidend Episoden, die ihr vor Lachen Tränen in die Augen trieben, und entschuldigte sich wortreich, wenn er meinte, nun auch mal wieder eine Stippvisite zu seinen Mannschaftskameraden unternehmen zu müssen. Beim dritten Mal hatte er gefragt, ob er wiederkommen soll. Sie hatte mit den Schultern gezuckt, ein gleichgültiges Gesicht gemacht. Warum nicht. Es sei doch lustig.

Dann hatte sie ihn beobachtet, so unauffällig wie möglich hinübergeschaut, wenn er lärmend und lachend von einem Tisch zum anderen ging, und versucht, ihn mit Henner zu vergleichen, aber es war nicht viel zu vergleichen, nein, sie schüttelte den Kopf, wahrlich nicht, welch dummer Vergleich. Da konnte sie gucken, von welcher Seite sie wollte, er war das totale Gegenstück zu Henner, war größer, breiter, brauner, wirkte ungemein elastisch, sportlich. Wirklich schicker Kerl.

Sie sah ihn kommen, quer über die Tanzfläche, sah, wie er ihr entgegenlächelte.

Er hatte jedes Mal, wenn er an den Tisch gekommen war, etwas zu trinken mitgebracht. Auch diesmal balancierte er wieder ein Tablett mit exotisch aussehenden Getränken, stellte ein Glas mit vollendeter Geste vor sie ihn.

   Das schönste Glas der Schönsten im Saal. Oder doch eher, er lachte, am Strand.

   Sie stieß die Luft aus. Puh, ich habe schon drei von diesen komischen Gemischen getrunken. Irgendwie ist mir  ganz schummrig. Vielleicht sollte ich …

Sie spürte den feinen Stoß im Rücken.

   Wie war das mit der Sau?

   Ergeben griff sie zum Glas, nippte daran. Dann beugte sie sich zu ihm hinüber.

Das Lied gefällt mir. Wollen wir …? Sie wies mit dem Kopf Richtung Tanzfläche.

Er tanzte herrlich.

Sie lehnte sich zurück, schaute ihn an. Lassen wir die Schule. Erzähl mir was von dir. So jetzt, meine ich. Was machst du?

   Fußball spielen ... arbeiten ... feiern, er lachte, Fußball spielen ... arbeiten ... feiern, na ja, und manchmal mit schönen Frauen tanzen.

Er zog sie ein wenig dichter. Und ansonsten? Sieh mal da rüber. Da müsstest du auch einige von kennen. Siehst? Ja, und mit denen ...

   Sie hatte die Augen soweit geschlossen, dass sie durch die Wimpern hindurch das Licht der vielen Leuchten als unzählige farbige Strahlen sehen konnte, und bemühte sich zu verstehen, was an dem einen Tor so wichtig und an dem anderen so unwichtig gewesen war und warum wer ...

Sein Kopf war dicht, ganz dicht. Seine Stimme. Sie lauschte. Wie Henner, die Stimme, so dunkel, gleichmäßig. Sie nickte, sie ihn kurz an. Doch. Hatte sie verstanden, ja, ja, klar.

Die Musik wurde langsamer. Den noch, den mag ich, den einen noch. Ja?

Katt Stevens. Morning has broken.

Sie schloss die Augen, summte mit.  Der Druck seiner Hand auf ihrem Rücken, seinen Atem an ihrem Ohr. Ein Frauenheld. Ihr Tag.

   Morning has broken – das konnte ich auch mal.

   Sie nahm den Kopf zurück. Wie – konntest du auch mal?

   Er zog eine Schulter hoch, hielt den Kopf schräg. Gitarre. Ein paar Lieder hatte ich drauf. Das habe ich früher gerne gemacht. Eine Zeit lang war ich auch mal in einer Band, allerdings als Schlagzeuger.

   Cool. Das wäre mal was.

   Was wäre was?

   Sie hörte auf zu tanzen. Sieh dich mal um. Sie waren allein auf der Tanzfläche. Ist das nicht langweilig. Alles sitzt da, kann man auch gleich nach Hause gehen. Sie zog ihn von der Tanzfläche, zum Feuer, das leise mit einer kleinen blauen Flamme vor sich hinzüngelte. Wie wäre es, wenn du deine Gitarre holst, wir uns da hinten hinsetzen und du etwas spielst?

   Er schaute sie verblüfft an, blies die Wangen auf. Hier?

   Sie stocherte in der Glut. Warum nicht. Wäre doch vielleicht mal was Anderes, was Verrücktes. Ja, man müsste irgendwas Verrücktes machen. Sie schaute auffordernd zu ihm hoch. Du warst doch an der Schule bekannt für solche Ideen – schlag was vor.

   Er sah eine Weile schweigend zum Meer, wiegte dann betont bedächtig mit dem Kopf und schob die Unterlippe weit nach vorn. Was richtig Verrücktes? Wir beide?

   Sie  zuckte mit den Schultern. Noch verrückter.

   Er nahm ihre Hand. Komm mit, ich verrate es dir im Auto.

   Sie zog beide Augenbrauen, soweit es ging, nach oben, schmunzelte. Na, da bin ich aber gespannt. Hoffentlich ist das origineller als diese Idee.

 

Eine Stunde Sanduhr von : TextAuszug