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Karl XII. von Heinz-Jürgen Zierke
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Preis E-Book:
8.99 €
Veröffentl.:
13.04.2015
ISBN:
978-3-95655-280-9 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 530 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Biografisch, Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Geschichte, Belletristik/Politik, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Krieg & Militär
Abenteuerromane, Historischer Roman, Kriegsromane, Biografischer Roman, Familienleben
Schweden, Russland, Sachsen, Brandenburg, Polen, Nordischer Krieg, Lettland, Türkei, Zar Peter I., August II., August der Starke, 18. Jahrhundert, Biografie, Drama, Familienbeziehungen, Führung, historisch, Heirat, Krieg, Militär, Politik, Spannung, Tod und Sterben, Tragödie, Überleben
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Im Sommer lag das Gros der Armee noch immer im südlichen Grenzgebiet. Sven konnte das Zimmer nicht verlassen, die Tür war neuerdings verriegelt, das Fenster viel zu klein, als dass er hätte hinausklettern können. War er ein Gefangener? Er versuchte, seine Wärterin auszuforschen, aber die verstand kein einziges Wort. Melchior Neumann sagte nur kurz: „Damit Ihr Euch nicht überanstrengt“, und hatte es plötzlich sehr eilig. Was hatte man mit ihm vor?

Endlich ein Bekannter, ausgerechnet Kanzleirat Thorsson, nun Kapitän, wenn auch im Innendienst, was ihm mehr lag, als eine Kompanie zu kommandieren. Sven hatte viel zu fragen, wusste nicht, womit er beginnen sollte, und ließ den Kanzleirat reden.

„Man wird dich also, Verzeihung, Leutnant, du bist ja nicht mehr mein Schreiber, man wird Sie von hier fortbringen. Nicht der Armee nach, das strengte Euch zu sehr an; gepolsterte Chaisen sind bei der bekannten Genüg- und Sparsamkeit unseres Herrn Königs in unserer Armee nicht eingeführt.“

„Warum schließt man mich ein? Ein ruhiges Pferd ..., ich hätte mich längst daran gewöhnt.“

„Majestät sind besorgt, äußerst besorgt um Euer Leben und Eure Gesundheit. Die Polen hierorts, nachdem sie sich zuerst freundlich, freigebig zeigten, beweisen nun ihren wahren Charakter, verstecken die Vorräte, vergraben sie gar, hungern lieber, als mit uns zu teilen. Durchsuchen unsere Leute Keller und Scheunen, müssen sie gewärtig sein, nachts, in der Dunkelheit ... Ich will Euch nicht bange machen, aber man kann nur zu dritt oder zu sechst ... Ein unzuverlässiges Volk, diese Polen! Haben sie nicht uns ihren König zu verdanken? Ergo, Ihr könnt hier nicht bleiben, der König müsste denn ein ganzes Regiment zu Eurem Schutz kommandieren. Die Alte, Eure Besorgerin, eine fromme Seele, aber wenn ihre Landsleute ihr zusetzen, die Pfaffen vor allem ... Wir Schweden sind ja als gut lutherisch für die Römlinge Ketzer und Heiden.“

„Wohin bringt man mich?“

„Man könnte Sie über die schlesische Grenze ins Kaiserliche transportieren, nur wenige Meilen Weges. Doch Majestät in tiefer Sorge haben abgewinkt. Zu Recht, zu vollem Recht. Die Bewohner dieses Schlesiens, man weiß nicht, wer ist Pole, Deutscher, Jude. Sind auch alle gleich unzuverlässig. Keine Ordnung, österreichische Schlamperei. Zudem auch der Sachse, die kaiserliche Neutralität nicht achtend, schlankweg über die Grenze marschiert. Oberhaupt diese Südländer. Ohne den Norden wäre Gottes gerechte Welt längst aus den Fugen. Ja, wir Schweden, der göttlichen Ordnung Arm und Schwert! Der Herr über uns weiß schon, weshalb er unsere Nation mit dem strengen Nordland begabt hat. Da lernt man haushalten, einteilen, Disziplin.“

„Habt Ihr Nachrichten aus der Heimat? Erzählt, wie sieht es in Falun aus, in den Tälern?“

„Man bringt Euch zu den Brandenburgern. Ebenfalls Neutrale, aber anders, eben nördlicher, korrekt, sachlich, ordnungsliebend, Armee mit gutem Ruf, wenn auch etwas verweichlicht, die brandenburgische Majestät liebt Paraden, Bälle, Luxus.“

Sven konnte sich nicht für den Gedanken erwärmen, nach Brandenburg gebracht zu werden. Fehrbellin fiel ihm ein und das ewige Gerangel um das Erbe der Pommernfürsten; den östlichen Teil des Herzogtums hatten sich die habgierigen Hohenzollern schon angeeignet. Sowie Schweden auch nur die geringste Schwäche zeigte, würden sie auch den westlicheren, den wohlhabenderen Teil packen. Unter deren Schutz sollte er sich stellen? Laut sagte er: „Die brandenburgische Majestät? Der Hohenzoller ist Kurfürst.“

„Unser allergnädigster Herr, Carolus Magnus XII., hat bereits vor zwei Jahren Herrn Friedrich als König anerkannt. Das sollte Er wissen, Leutnant! “

„Ja, als König in Preußen, aber nicht in Brandenburg, und Preußen ist polnisches Lehnsherzogtum. Seid Ihr sicher, Herr Kanzleirat, dass der Hohenzoller zu unserm Polenkönig steht?“

„Will Er mich wohl nicht dauernd Kanzleirat nennen? Ich bin Kapitän, Sein Vorgesetzter! Mir scheint, Er ist von dem destruktiven Defätismus des pp. Hermelin angesteckt.“

„Pardon, Herr Kapitän.“

„Schon gut. Zivile Gewohnheiten, schwer auszumerzen. Punktum. Streusand drauf. Wo waren wir stehen geblieben? Also beim König in Preußen. Da Herr Friedrich schöne Kleider und glanzvolle Titel liebt, wünscht er für sein Ländchen die volle Souveränität. Wer kann sie ihm gewähren? Wer Herr ist in Polen. Und das sind wir, wir Schweden.“

„Herr Kanz ... Pardon, Herr Kapitän. Hatte Herrn Kapitän vorhin eine Frage gestellt, die Herr Kapitän wohl überhört haben.“

„Keine Sorge, Leutnant. Die Brandenburger sind brave Untertanen ihres Herrn. Wünsche beste Gesundheit. Au revoir.“

Weg war er. Ob Thorsson wusste, weshalb man ihn fortschickte? Er hatte nur seinen Spruch von des Königs tiefer Sorge aufgesagt. Diese Sorge war sicher echt, ganz bestimmt sogar, aber einer musste Karl eingeredet haben, dass Sven nur in Brandenburg die Ruhe fände, die er zur Genesung brauchte. Man hätte ihn besser nach Schweden oder wenigstens nach Schwedisch-Pommern schicken sollen. Stenbock marschierte nach Danzig, und von da gingen Schiffe. Nein, irgendjemand wollte ihn von Karl und vielleicht auch von Stenbock trennen. Aber wer? Der kleine Prinz? Der sah in seiner Schwärmerei für den König gar nicht, dass es außer ihm auch noch andere Menschen gab. Arvid Horn? Mit dem Hauptmann der Leibtrabanten war er früher gut ausgekommen, noch bei Krakau ... Wenn Horn aber von dem heimlichen Besuch seiner Braut an Svens Krankenlager erfahren hatte? Oder General Rehnsköld? Der fand immer Grund zur Klage über Sven — und er missgönnte Stenbock Krakau. Oder der Kanzleirat selbst? Warum hatte er Svens Frage nach der Heimat nicht beantwortet? Gab es schlimme Kunde, mit der er Sven nicht beunruhigen wollte? Wulfcronas Drohung? Was denn, stand nicht der König, wie es die Kaufleute verlangt hatten, in Polen? Die fruchtbaren Ebenen, die reichen Städte, der Weg zum ungarischen Erz, ja, zu den Türken, den Schätzen des Orients ... Oder war alles ganz einfach: Frage und Antwort standen nicht in Thorssons Konzept?

Der Kanzleirat hatte Mühe, seine militärische Autorität zu wahren. Dass er sich überhaupt zu Erklärungen herabgelassen hatte! Sven musste lächeln.

 

Karl XII. von Heinz-Jürgen Zierke: TextAuszug