Home
eBook-Shop (nur Verlagstitel)
Links
Warenkorb
An einem freien Vormittag kaufte Martin in der Kreisstadt Werkzeug, Nägel, Gips, Leim, Tapeten und was er sonst für die Ausrüstung des Hauses brauchte. Mit Zement gab es Schwierigkeiten. Er ging zur Kreisverwaltung. Der Sachbearbeiter lachte ihn aus. Sie als Ingenieur des Betonwerks waten doch in Zement. Sie sind wohl ein Heiliger? - Na, dann lassen Sie sich vom Bürgermeister bescheinigen, dass Sie den Zement für Reparaturzwecke benötigen.
Am nächsten Tag hatte Martin seinen Zement. Er sägte und hämmerte, setzte Steine ein, verschmierte Fugen, besserte den Herd im Vorraum aus, verglaste die Fenster. Den Ofen und die Wände ließ er sich fürs Wochenende. Wenn seine Schicht begann, war er schon müde. Irgendwo muss doch der Mensch mal schlafen, rief der Arbeiter, der den Spannstahl an der Mastenform verkeilte, dem Mann am Dampftunnel zu. Und der Kranfahrer fragte blinzelnd: Haben Sie den Kasten Bier für das Richtfest schon bestellt?
Da bat ihn Frau Salscha zu sich, einen Grund nannte sie am Telefon nicht. Also wieder eine Beschwerde, dachte Martin und sagte, er könne jetzt nicht aus der Schicht fort. Dann solle er nach der Schicht kommen, also zu ihr nach Hause, antwortete sie.
Martin lehnte sich müde gegen die Wand, nur für zwei Minuten. Dann ist vielleicht Stefanie zu Hause, Stefanie Salscha, überlegte er und stellte sich das vor: Stefanie klappert in der Küche mit dem Geschirr, er aber sitzt im Sessel und liest die Zeitung. Die Couch steht schräge im Zimmer, davor der Tisch mit dem Schachbrett, zwischen den Fenstern der Gummibaum, gleich wird sie den Tee bringen - wer denn? Seine Mutter, Frau Salscha, Stefanie ..
Erschrocken fuhr er auf, rieb sich die Augen, reckte sich, öffnete das Klappfenster und atmete die kühle Abendluft ein. Er beschloss, am andern Tag eine Stunde länger zu schlafen. Was hatte er da geträumt, er kannte Frau Salschas Wohnung doch gar nicht!
Stefanie traf er nicht an. Auch stand die Couch nicht schräg im Zimmer, sondern glatt vor der Wand, daneben ein Krug mit Rohrkolben, kein Gummibaum. Und Frau Salscha bot ihm Kaffee an.
Sie haben sich eingelebt?
Ja ...
Er beobachtete, wie sie die Tasse hielt, das Handgelenk ein wenig gebeugt.
Wenn Sie sich eingerichtet haben, schau ich gelegentlich vorbei. Dass vor Ihnen niemand darauf gekommen ist, sich in der Kate einzurichten! Ich verstehe Sie. Es gefällt mir, wie Sie die Sache anpacken.
Haben Sie mich deswegen herbestellt?
Im Ernst, ich arbeite nicht gern mit Menschen zusammen, die mir fremd sind. Ich möchte schon wissen, wie meine Kollegen leben, was sie denken, fühlen.
Ist es nicht problematisch, sich nach ein paar oberflächlichen Gesprächen und Begegnungen ein Modell von einem Menschen anzufertigen? Für mehr bleibt Ihnen doch keine Zeit. Und Modelle haben auch bestenfalls nur Annäherungscharakter.