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Der Präsident kommt oder Zwei Feldherren, vier Rosen und ein paar Tränen von Friedrich Wolf
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Preis E-Book:
0.99 €
Veröffentl.:
09.10.2024
ISBN:
978-3-68912-313-0 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 27 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Humorvoll, Belletristik/Satire, Belletristik/Psychologisch, Belletristik/Geschichte, Belletristik/Politik
Belletristik: Humor, Historischer Roman, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Belletristik: Erzählungen, Kurzgeschichten, Short Stories
Absurdität, Bürokratie, Chaos, Diplomatie, Eitelkeiten, Humor, Komik, Machtspiele, Menschlichkeit, Missgeschicke, Mission, Politische Satire, Protokoll, Staatsbesuch, Staatsoberhaupt, Tradition, Überraschung, Verhandlungen, Vorbereitung, Zeremonien, Polen, Warschau
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Die Nachricht schlug ein wie der Blitz. Der Chef berief die Mitglieder der Mission zu einer außerordentlichen Beratung; er wies auf die historische Bedeutung der Stunde hin und begann die Aufgabengebiete zu verteilen.

Dem ersten Sekretär oblag neben den Protokollpflichten und den Einladungen die Gesamtüberwachung der zwei Tage. Der Kanzleichef, ein soldatischer Draufgänger, erhielt alle Funktionen des Außendienstes, einschließlich der Einteilung der Fahrzeuge und der Besorgung der Kränze samt Beschriftung der Schleifen. Der Konsul hatte sich um den Bahndienst und mit Hilfe der Sachbearbeiter um die Ausschmückung des Missionsgebäudes zu kümmern. Ludwig, der Pressemann, war für die Nachrichtenübermittlung, den Tag- und Nachtdienst am Telefon, verantwortlich. Die diversen Ehefrauen aber wurden mobilisiert für das kalligrafische Schreiben der Namen von etwa dreihundert Einladungen des Empfanges der Mitglieder des diplomatischen Korps und der Regierung. Denn diese Staatsvisite durfte nicht vorzeitig bekannt werden und musste intern vorbereitet sein.

 

Es war aber bereits ein genaues Programm nach dem Stundenplan der befreundeten Regierung ausgearbeitet worden. Ein noch präziserer „Minutenplan“, in dem vom ersten Atemzug der Delegation nach Betreten des Staatsgebietes bis zum letzten Lebewohl beim Verlassen des Territoriums alles minutenmäßig festgelegt sei, würde folgen.

Der Chef der Mission, nachdem er seine Mitarbeiter derart ins Bild und zugleich in rotierende Großkampfstimmung versetzt hatte, erhob sich von seinem Stuhl und erklärte dumpf: Die geringste Unachtsamkeit auch nur eines der Missionsmitglieder müsse bei der historischen Größe der bevorstehenden Stunde sich zwangsläufig ins Astronomische ausweiten und unweigerlich zu seiner Demission und der des ersten Sekretärs führen. Während die männlichen Mitglieder diese ernsten Worte des Chefs stark beeindruckt in sich aufnahmen, hatten die jungen weiblichen Kräfte, die wie vier griechische Grazien nebeneinander auf einer Couch saßen, sich bereits in das „Stundenprogramm“ vertieft. Plötzlich sagte Ruth: „Was heißt denn das hier – von dreizehn bis vierzehn Uhr Mittagessen des Präsidenten im eigenen Kreis?“ Irene, in ihrer stillen Sicherheit, meinte: „Das ist doch klar, unser Präsident speist mit seinen Leuten.“ – „Weshalb soll er denn nicht bei uns hier essen?“, fragte jetzt kess die kleine Inge. Und Gertrud assistierte: „Bestimmt erwartet er, dass wir ihn einladen.“

Der Präsident kommt oder Zwei Feldherren, vier Rosen und ein paar Tränen von Friedrich Wolf: TextAuszug