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Wer ist denn das, der alte Perner?, erkundigte ich mich. Der Wirt kuckte mich erstaunt an. Hat Ihnen Ihr Chef nicht von diesem Original erzählt? Er setzte sich wieder an meinen Tisch. Tja, ein verrückter armer Teufel. Er ist nicht mehr ganz richtig im Kopfe, seit sie fünfundvierzig seinen Sohn erschossen haben.
Ich musste mir Mühe geben, nicht sofort vom Tisch aufzuspringen. Ach, die Amerikaner, sagte ich so nebenher.
Er schüttelte den Kopf. Nein, nein, junger Mann. Die eigenen Landsleute, das ist ja das Traurige daran. Der Amerikaner muss schon im Oberharz gestanden haben. Wir hörten deutlich den Kanonendonner. Jeden Tag kamen versprengte Landser hier durch, einigen haben wir noch heimlich Zivilklamotten gegeben, obwohl das für uns verdammt gefährlich war. Aber seit Wochen lagen ja keine Truppen mehr im Dorf, und wir waren ganz froh, dass uns keiner verteidigen wollte. An einem Vormittag kam Perner aufgeregt zu mir und erzählte, dass sein Junge wieder da sei. Der muss damals so sechzehn gewesen sein. Die Nazis hatten ihn von der Oberschule weggeholt und mit seinen Kameraden noch in die graue Uniform gesteckt. Kurz darauf war er ausgerissen und hatte sich zu seinen Eltern durchgeschlagen. ,Was mach ich bloß mit ihm?, stammelte Perner, der völlig die Nerven verloren hatte. ,Erzählt es nicht im Dorf herum, riet ich ihm, ,vergrabt die Klamotten im Garten und lasst den Jungen im Schuppen. Eine Viertelstunde später näherte sich eine kleine Kradabteilung dem Dorf. Wir wollten schon die weißen Lappen raushängen, weil wir dachten, nun ist es soweit. Aber es waren deutsche Soldaten in voller Kriegsbemalung, ein Feldwebel mit einem Panzerjagdkommando. Der Feldwebel quartierte sich mit drei Leuten bei mir ein, den Rest verteilte er auf ein paar andere Häuser. Am andern Morgen sollten wir alle mit raus vors Dorf, einen Panzergraben ausheben. Zunächst waren die Brüder so erschöpft, dass sie sich erst mal auspennen wollten. Tja, wie das nun eigentlich mit Perners Sohn war, weiß ich nicht mehr ganz genau. Ich glaube, die haben in der Eile die Grube mit den Sachen nicht mehr richtig zuschaufeln können, und als der Unteroffizier, der bei Perners lag, da was entdeckt hat, ließ er das ganze Gehöft durchsuchen. Und dann haben sie den armen Bengel gefunden. Ich war dabei, als der Unteroffizier hierherkam und dem Feldwebel die Meldung machte. Der fackelte nicht lange. ,Nimm dir zwei Mann mit, und wenn es dunkel ist, legt ihr ihn um, aber nicht im Dorf! Und man stand dabei und konnte nichts machen, denn man hatte ja selber Angst um sein bisschen Leben. Bald darauf hörten wir flussaufwärts drei Schüsse. Tja ...
Hat der Amerikaner die Bande wenigstens noch erwischt?, fragte ich endlich und merkte, wie mir eine Gänsehaut den Rücken hochkroch.
Der Wirt schüttelte den Kopf. Noch im Morgengrauen sind sie abgerückt, und wir haben sie nicht mehr gesehen. Am nächsten Tag waren die Amis hier. Tja, eine traurige Geschichte. Dem alten Perner starb ein paar Jahre später die Frau, und er selber ist seit fünfundvierzig ein bisschen wunderlich. Bis zum Herbst hat er noch im Forst gearbeitet, aber seit er nun den ganzen Tag allein in seinem Haus sitzt, geht es abwärts mit ihm. Er redet fast nur noch von seinem Sohn und dass er mit dem Mörder noch abrechnen wird.