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Lametta, Hermann! – Satiren gegen die Torheit von Erich Weinert
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Preis E-Book:
2.99 €
Veröffentl.:
11.06.2025
ISBN:
978-3-68912-521-9 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 109 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Geschichte, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Politik
Belletristik: Humor, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Belletristik: Erzählungen, Kurzgeschichten, Short Stories, Historischer Roman
Absurdität, Antifaschismus, Bourgeoisie, Bürokratie, Doppelmoral, Empörung, Faschismus, Gesellschaft, Glosse, Göring, Groteske, Hitler, Humor, Ironie, Kabarett, Karikatur, Klassenkampf, Literaturkritik, Machtkritik, Medienkritik, Militarismus, Monarchie, Nazikritik, NS-Zeit, Operette, Parodie, Politik, Propaganda, Republik, Satire, Skurrilität, Sozialkritik, Spott, Sprachkunst, Sprachsatire, Statistikfälschung, Typenrede, Unangepasstheit, Weimarer Republik, Widerstand, Wortwitz, Zeitdokument, Zensur
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DIE WEIMARER REPUBLIK

(in verbogenen Zitaten Erich Weinerts)

 

Nachkriegswirtschaft

Eine Treuhand wäscht die andere

 

Mahnung an Kapitalflüchtlinge

Bleibe im Lande und aktionäre dich redlich!

 

Der arrivierte Hochstapler

Homo gannovus

 

Die frisierte Bilanz

Ich hab mein Sachwert auf nichts gestellt!

 

Der Arbeitgeber

… führt ein Kamel am Halfterband

 

Das möblierte Zimmer

Es ist zum Leben hässlich eingerichtet

 

Geßlers Reichswehrausgaben

L’Etat c’ est moi!

 

Artikel 48

Der Unsicherheitsschlüssel

 

Sondergerichte

Was dem einen Recht ist, wird dem andern nicht billig

 

Die Völkischen

Wo ein Wulle ist, da ist auch ein Weg

 

Hakenkreuzpennäler

Jeunesse diarrhoe

 

SA

Schnell fertig ist die Jugend mit dem Mord

 

Die Volksparteiler

Die Kleinkaliberalen

 

SPD

Bis hierher und so weiter!

 

Ein homo novus (lateinisch) ist ein neuer Mensch, hier als Emporkömmling zu verstehen. Ein Ganove (aus der Gaunersprache) ist ein Gauner. Was mag also homo gannovus bedeuten?

Otto Gessler, von 1920 bis 1928 Reichswehrminister der Weimarer Republik, bereitete mit seiner Armee einen neuen Krieg vor. Der Satz „L’Etat c’est moi!“ wird dem allmächtigen Louis XIV., dem absoluten Herrscher Frankreichs im siebzehnten Jahrhundert, zugeschrieben: Der Staat bin ich!

Der berüchtigt gewordene Artikel 48 der Weimarer Verfassung gab dem Reichspräsidenten (und unter Umständen auch den Landesregierungen) das Recht, unter Außerkraftsetzung der wesentlichen bürgerlichen Grundrechte „die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen zu treffen, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht einzuschreiten“, wenn … (nach Ansicht der herrschenden Gewalten!) im Deutschen Reich die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet war. Die Arbeiter in allen Teilen unsres Vaterlandes, die Opfer der Notverordnungen von 1931/1932, mussten sehr bald erkennen, was der Artikel 48 bedeutet und wie jene Regierenden ohne Verfassung und ohne Rechtsgarantien eine deutsche Republik und das deutsche Volk in Grund und Boden zu regieren verstanden.

Reinhold Wulle, Deutschnationaler, der 1922 aus seiner Partei austrat und dann gemeinsam mit einem Herrn von Graefe die antisemitisch-reaktionäre Deutschvölkische Freiheitspartei gründete.

Unter jeunesse doree versteht man (nicht nur in Frankreich, woher der Ausdruck stammt) eine Jugend, die Jugend der Bourgeoisie, die es sich leisten kann, nichts zu arbeiten und genießerisch zu leben. Und was ist eine jeunesse diarrhoe? Eine der fantasievoll witzigen sprachlichen Neubildungen Erich Weinerts. Was sie bedeutet, braucht nicht erklärt zu werden.

LAMETTA

Ein Freund, der jetzt aus Peitschland ausgerissen ist, erzählte mir folgende Tragikomödie, die sich vor Weihnacht 1933 in seinem Bekanntenkreise in Berlin abgespielt habe (se non è vero, è ben trovato):

Der Bankbeamte Hermann Kniep, dem neuen Regime übrigens wohlgesinnt, ging mit seiner Frau über den Weihnachtsmarkt am Dönhoffplatz. Frau Kniep sagte, dass sie noch schnell einmal ins Warenhaus hinüber müsse, Kniep solle hier auf sie warten. „Soll ich inzwischen Baumschmuck kaufen?“, rief Kniep ihr nach. „Ja, Lametta, Hermann!“, schrie Frau Kniep zurück, ziemlich laut, da sie schon in größerer Entfernung war.

Ein SS-Mann vertrat ihr den Weg. „Kommen Sie mit!“

„Erlauben Sie, ich bin eine anständige Frau!“

„Ein unanständiges Frauenzimmer sind Sie!“ Und der Schwarze packte sie am Arm und schob sie auf die nächste Polizeiwache.

„Wen bringen Sie denn da?“, feixte der Reviervorsteher.

„Wegen öffentlicher schwerer Beleidigung des Herrn Ministerpräsidenten Göring!“

Frau Kniep brachte vor Erregung nichts weiter hervor als: „Ich? Ich?“ Der Reviervorsteher ersuchte sie höflich, die Schnauze zu halten, nahm das Zeugnis des SS-Mannes zu Protokoll, in dem nun stand, dass Frau Else Kniep geb. Gollmann den Herrn Ministerpräsidenten Göring in nicht wiederzugebender Weise öffentlich beschimpft habe. Frau Knieps immer unartikulierter werdende Proteste wurden durch die liebenswürdige Anfrage des Beamten zum Schweigen gebracht, ob sie eins in die Fresse haben wolle. Dann führte man sie ab.

Herr Kniep hatte einen Tag lang alle Polizeiwachen abgeklappert, ohne vom Schicksal seiner Frau etwas in Erfahrung zu bringen.

Am nächsten Morgen bekam er eine Vorladung als Zeuge vor das Schnellgericht, in Sachen Kniep, Else. Zitternd schob er hin.

Die Gerichtsverhandlung spielte sich kurz und sachlich folgendermaßen, wie mein Freund berichtet, ab:

„Geben Sie zu, den Herrn Ministerpräsidenten Göring öffentlich beschimpft zu haben?“

„Aber ich habe doch überhaupt nichts gesagt!“

„Was haben Sie Ihrem Mann auf der Straße laut zugerufen?“

„Weiß ich nicht!“

Der Zeuge Kniep wird hereingerufen.

„Was hat Ihre Frau Ihnen zugerufen?“

Frau Kniep springt auf: „Jetzt weiß ich, was ich gerufen habe: Kerzenhalter, Hermann!“

„Haha! Wer soll denn mit Kerzenhalter-Hermann gemeint sein? Glauben Sie, wir wären so dumm?“

„Ja, was denn sonst?“

„Ich werde Sie in eine Ordnungsstrafe nehmen, verstehen Sie? Sie haben etwas ganz anderes gesagt. Aber hier muss ich erst die Öffentlichkeit ausschließen!“ Es geschieht. „Sie haben gesagt: Lametta-Hermann!“

„Ja, das kann auch sein.“

„Also geben Sie das zu?“

Der Zeuge Kniep: „Ja, ich glaube, das hat sie gesagt!“

Der Staatsanwalt beantragt vier Wochen; das Gericht verurteilt dementsprechend.

Herr und Frau Kniep gingen wie zermalmt heim. Mein Freund begleitete sie.

„Wofür bist du denn nun verurteilt worden?“, fragte der fassungslose Kniep. „Für Kerzenhalter oder für Lametta?“

Frau Kniep heulte laut auf der Straße auf: „Für Lametta, Hermann!“

In diesem Augenblick vertrat ihnen ein Individuum den Weg. „Halt! Kommen Sie mit!“

Mein Freund verdrückte sich unbemerkt. Er hat nie wieder etwas von Knieps gehört.

 

Orden, die er zumeist selbst sich verlieh, waren das Lieblingsspielzeug des fetten „Lametta-Hermann“, des gutmütig grinsenden Massenmörders Göring.

Se non è vero, è ben trovato: das ist ein italienischer Satz, den man oft beim Erzählen oder Anhören einer lebensnahen Anekdote verwendet: Wenn es nicht wahr ist, so ist es gut erfunden.

Lametta, Hermann! – Satiren gegen die Torheit von Erich Weinert: TextAuszug