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Eine leise Sehnsucht von Karin Sorkalla
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Preis E-Book:
8.99 €
Buch:
16.80 €
Veröffentl.:
13.05.2019
ISBN:
978-3-95655-975-4 (Buch), 978-3-95655-976-1 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 336 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Geschichte, Belletristik/Psychologisch, Belletristik/Liebesroman/Geschichte/Mittelalter, Belletristik/Liebesroman/Geschichte/20. Jahrhundert, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Moderne Frauen, Belletristik/Familienleben
Belletristik: Erzählungen, Kurzgeschichten, Short Stories, Historische Liebesromane, Familienleben, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Liebe und Beziehungen, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Tod, Trauer, Verlust, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Seelenleben, Sachsen, 20. Jahrhundert (1900 bis 1999 n. Chr.)
2. Weltkrieg, Liebe, Sehnsucht, Landleben, Kurzgeschichten, Trauer, Kindheit, Bauernhof, Hunnen, Palucca, Kunstmaler, Junker
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Strohsackstopfen

Es war schon später Nachmittag, als Sophie oben an der Straßenbiegung ankam, wo es hinunter ins Tal ging und dann weiter die steile Straße hinauf in das letzte Dorf vor dem Berg mit der großen Silberpappel, die als Wahrzeichen vom weiten Elbtal aus gesehen werden konnte und die auf der höchsten Erhebung vor dem Erzgebirge stand.

Das Dorf auf halber Höhe lag schon dunkel im Sonnenschatten, es war ja Septembermond, die Tag- und Nachtgleiche, und sie hatte ein ungutes Gefühl, denn ihr erschien es wie eine Zwingburg aus dem Mittelalter. Das Tal davor, in das sie nun noch hinunter und drüben wieder heraufsteigen musste, hatte für sie nichts Liebliches an sich, obwohl es das schönste Tal unterhalb des Gebirges sein sollte.

Nur langsam und widerwillig ging sie nun weiter, es war schon Abend, als sie in dem Bauernhof ankam, der ihr Zuhause für das angeordnete „Landpflichtjahr“ werden sollte.

Man empfing sie freundlich, aber ohne viel Worte, denn alle saßen gerade im Gesindezimmer am großen Tisch beim Abendbrot. Die Bäuerin zeigte ihr ihren Platz zwischen den Knechten und meinte nur, sie solle nur zulangen, hungern müsse man hier nicht.

Nach dem Essen sagte die Bäuerin zu einem der jungen Knechte: „Erich, bitte, geh mit Sophie und hilf ihr beim Stopfen.“

Sophie erblasste, stopfen, was sollte sie denn nun und ausgerechnet mit diesem Mann, der sie die ganz Zeit lächelnd angesehen hatte, stopfen?

Erich erhob sich, kam auf Sophie zu und nahm sie einfach an der Hand und zog sie mit sich aus dem Zimmer hinaus und weiter in die Scheune.

Es war der Strohsack, auf dem sie nun eine sehr lange Zeit ihre Nächte verbringen würde. Und dass sie diese Nächte, gerade jetzt im Herbst, irgendwann nicht immer sehr allein darauf verbringen musste, war das Schönste daran.

Allerdings nur bis zu dem frühen Morgen, als Sophie während des Kühemelkens spontan das Plumpsklo aufsuchen und erbrechen musste. Nun ja, dachte sie, es sind die roten Bete, auf die sie in den letzten Tagen so erpicht gewesen war und die sie nicht vertrug. Es war die Bäuerin, die am Mittagstisch zu Erich sagte, es sei nun wohl Zeit, bei Sophies Eltern um ihre Hand anzuhalten. Beide wurden rot und Sophie musste schon wieder rennen, und als sie zurückkam, nahm Erich sie liebevoll in den Arm und sagte laut und deutlich: „Ich liebe dich, liebste Sophie, lass uns heiraten!“

Hand in Hand mit Erich lernte sie dieses bergige Land ringsum lieben, mit der Silberpappel oben auf der Höhe und dem lieblichen Gebergrund mit den Mühlen. Und selbst im Herbst, wenn das Dorf im Sonnenschatten lag, empfand sie es nicht mehr bedrohlich, sondern als etwas, zu dem sie gehörte.

Eigentlich wäre nun nicht mehr sehr viel zu sagen, aber inzwischen war Krieg und Erich musste an die Ostfront.

Von nun an stopfte Sophie ihren Strohsack allein, eine Weile später waren es dann zwei, auch wenn der zweite etwas kleiner war.

Im Septembermond 1943 kam der Brief: vermisst.

Sophie hatte keine Zeit zum Trauern. Die Arbeit auf dem Bauerngut war schwer, denn Knechte gab es keine mehr, es war ja Krieg.

 

Jahr um Jahr ging Sophie in die Scheune, stopfte ihre Strohsäcke und wartete.

Und dann war der Krieg vorbei. Und Sophie wartete weiter und weiter und stopfte ihre Strohsäcke Jahr für Jahr allein. Und von Jahr zu Jahr fiel es ihr schwerer.

Einmal wollten ihre Tochter und der Schwiegersohn ihr ein Bett mit Matratze kaufen. Sophie lehnte ab.

Es war ja der Strohsack, der ihr als einzige Erinnerung geblieben war …

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