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Anderthalb Stunden vergingen, ehe sie aufgerufen wurde. Im Vorzimmer fragte die Schwester mechanisch nach den üblichen Angaben.
Der Arzt, ein stattlicher Mann, beleibt, mit vollem weißen Haar, sah ihr vom Schreibtisch aus entgegen.
Ein Glück, dachte Lena, ein älterer hat bestimmt mehr Verständnis. Ich muss mit ihm sprechen.
Als sie vom Stuhl stieg, notierte er etwas in Lenas neu angelegter Patientenkarte.
Herr Doktor?
Ja, Sie sind schwanger, wahrscheinlich Ende des zweiten Monats. Der Uterus ist
Herr Doktor, unterbrach Lena ihn, ich stille mein Kind noch. In der Beratung haben sie mir gesagt, dass ich nicht schwanger werde, solange ich stille ...
Der Mensch ist keine Maschine, Frau ... er sah auf die Karte: Wagenbach. Im Allgemeinen trifft das zu. Bei Ihnen nicht, wie Sie sehen.
Lena griff hastig nach der Handtasche, die neben ihren nackten Beinen lag. Sie fühlte, dass ihr die Tränen kamen.
Ich habe so fürchterliches Erbrechen, jeden Tag. Bei meinen anderen Kindern war das nicht so.
Der Arzt sah sie nicht an. Das ist im Wesentlichen eine Frage der inneren Einstellung, wenn Sie sich auf das Kind freuen, wird es Ihnen besser gehen. Außerdem ist Übelkeit im frühen Stadium nichts Ungewöhnliches. Kommen Sie in einer Woche wieder. Nötigenfalls müssen wir medikamentös eingreifen. Lassen Sie sich von der Schwester ...
Die Tränen liefen Lena die Wangen herunter. Der Arzt bemerkte es nicht oder wollte es nicht merken.
Es ist meine vierte Schwangerschaft, begann Lena entschlossen. Bei den Entbindungen habe ich es jedes Mal sehr schwer gehabt. Ich bin geschieden. Und mein jetziger Mann hat auch zwei Kinder. Es wäre das sechste Kind, für das wir ...
Ungeduldig klopfte der Arzt mit dem Kugelschreiber auf die Platte des Tisches. Er sah Lena zum ersten Mal ins Gesicht. Was wollen Sie, das sind Ihre Probleme.
Und wenn ich es nicht bekomme?
Der Arzt stand auf. Das ist Ihre Entscheidung. Auf Wiedersehen.
Herr Doktor, mit wem soll ich denn
Bitte gehen Sie jetzt. Wenden Sie sich an die Schwester. Er gab ihr nicht die Hand.
In der engen Kabine suchte Lena weinend ihre Sachen zusammen und zog sich an. Sie gab sich Mühe, unhörbar zu weinen, damit sie nicht einen weiteren Anlass für den Unmut des Arztes bot.
Die Schwester betrachtete sie aufmerksam. Weinen Sie nicht, Frau Wagenbach, es hilft ja nichts.
Lena setzte sich auf den Stuhl neben den Schreibtisch. Die Schwester hatte mehrere vorbereitete Zettel vor sich. Sie zögerte. Wollten Sie eine Überweisung?
Lena schüttelte den Kopf. Ich wollte nur mit jemand darüber sprechen, mein Mann ist nicht da. Und er als Arzt Ich habe doch keinen.
Herr Doktor ist strikt dagegen. Wenn ich zum Beispiel ...
Es ist mein viertes Kind, der Kleine ist erst fünf Monate ... Ich kann nicht mehr , schluchzte Lena.
Die Schwester reichte ihr eine Lage Zellstoff hin. Wenn Sie wollen, ich schreibe Ihnen sofort eine Überweisung aus.
Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht!
Seufzend stand die Schwester auf, ging zum Waschbecken hinter einem Vorhang, stellte einen Hahn an. Sie kam mit einem Glas kalten Wassers zurück und reichte es Lena. Kaum hatte sie die ersten Schlucke getrunken, würgte sie Übelkeit.
Sie stürzte zum Waschbecken, erbrach sich. Zuerst das Wasser, dann nur noch Magensaft. Die Schwester stellte sich neben sie und hielt ihr die Stirn. Ruhig atmen, versuchen Sie ruhig zu atmen. Frau Wagenbach, es geht ja vorbei ...
Nach ein paar Minuten ließ der Anfall nach. Die Schwester führte Lena zum Stuhl. Sie ließ sich entkräftet fallen.
Ich mach Ihnen einen Vorschlag. Heute haben wir Spätsprechstunde. Wenn Sie eine Überweisung wollen, kommen Sie noch mal vorbei. Ich versuche, unabhängig davon, wie Sie sich entscheiden, einen schnellen Termin zu bekommen ich hab mal in der Klinik gearbeitet. Wenn Sie ihn nicht brauchen, findet sich schon jemand anders.
Lena nickte dankbar.
Kommen Sie allein nach Hause, oder wollen Sie sich nebenan auf die Pritsche legen?
Nein, es geht schon. Lena versuchte ein Lächeln, ich bin es ja schon fast gewöhnt.
Vor der Tür stand nur noch ihr Kinderwagen. Maik schrie. Er hatte das Zudeck hochgestrampelt. Beschwichtigend redete Lena auf ihn ein. Als er ihre Stimme hörte, beruhigte er sich.
Zu Hause klebte am Briefkasten ein Zettel. Telegramm oder Eilsendung zugestellt. Sie öffnete hastig den Umschlag und las.
telegramm erhalten vorzeitiges kommen unmöglich sei tapfer meine liebste dein werner
Schweine, murmelte Lena, ihr seid alles Schweine.