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Ippen IV von Adam Scharrer
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Preis E-Book:
0.99 €
Veröffentl.:
07.05.2025
ISBN:
978-3-68912-469-4 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 62 Seiten
Kategorien:
Arbeiterleben, Arbeiterliteratur, Frachtschiff, Gesellschaftskritik, Hafengespräche, Hafenstädte, Hoffnungslosigkeit, Kameradschaft, Kapitän und Koch, Klassenbewusstsein, Lebensbericht, Matrosenalltag, Mensch und Maschine, Ostsee, Schiffsküche, Schiffsnarrativ, Schiffsreise, Schiffsroutine, Solidarität, Sozialer Realismus
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„Ippen IV“ ist schon ein alter Kämpe. Seine Nachfolger laufen schneller, haben stärkere Rippen. Vielleicht brechen seine alten Knochen einmal in einer Brandung – dann werden die andern seinen Weg fortsetzen. Die Mannschaft auf „Ippen IV“ meint das auch. Aber sie will nicht von „Ippen IV“ herunter. Wozu auch? Sie wohnen alle so in der Nähe: in Stralsund, in Ziegenort, in Rostock, in Stettin. Dort haben sie Frau und Kinder und kommen, wenn sie Glück haben, für ein paar Stunden nach Hause. Sie wissen, dass „Ippen IV“ so lange fährt, bis er einmal müde untertaucht und sich schlafen legt. Und so lange fahren sie mit. In ihren Augen glänzt keine Hoffnung mehr. Sie sind mit „Ippen IV“ alt geworden und leben von ihrer Würde. Erster Steuermann, zweiter Steuermann, Matrose. Erster Maschinist, zweiter Maschinist, Heizer. Koch. Kapitän. Jeder sein eigener Vorgesetzter und Vorgesetzter über einen andern. Der Kapitän für alle. Auf „Ippen IV“ fährt eine alte Generation der Hoffnungslosigkeit entgegen. Nur der zweite Maschinist und der Heizer hoffen noch – in jedem Hafen auf ein junges Weib.

Auch der Kapitän und der Koch lieben „Ippen IV“, weil er verschwiegen ist. Er plaudert nichts aus von Gesellen, die der Sturm verschlug. Er trägt sie brav über die Ostsee, hin und her.

Mitunter scheint es, als verstünde er uns. Wenn vom Strande her ein Wasserball in unsere Fahrt schwimmt oder ein keckes kleines Schifflein, das spielenden Kindern am Strande fortsegelte, dann genügt ein scharfes Herumwerfen des Steuers, und aus unserm übermütigen Lachen scheint „Ippen IV“ herauszuhören, dass wir das Spielzeug haben wollen. Dann dreht er gutmütig bei mit seiner schweren Last und steuert auf den Wasserball, auf das Schifflein zu, ganz nahe, dass wir es greifen können, und setzt dann wieder seinen Kurs fort – Dorrototo – Dorrototo. Mit uns lacht die Sonne und spiegelt sich in der ruhigen See. Und die Möwen, die uns begleiten, holen das Brot aus unsern Händen, schießen pfeilschnell davon und schreien: Habt Dank, ihr Wassermenschen; ist es nicht herrlich, unter weitem Himmel, auf weiter See in der Sonne zu baden? So denke ich manchmal.

Gestern sahen wir die Ostseeflotte im Manöver auf der Höhe von Lübeck. Hei, wie die Lichter der Torpedoboote jagten, hin und her. Und im Hintergrunde sieht man, mit dem Glas, die schweren Brocken, vom matten Licht der Sterne verräterisch preisgegeben. Eine Salve rollt aus den schweren Rohren; rollt wie ein schweres Gewitter über das große Wasser.

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