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Eine lästige Leiche. Ein Dresden-Krimi von Klaus Möckel
Autor:
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Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
25.01.2022
ISBN:
978-3-96521-602-0 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 246 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Krimis & Detektivgeschichten/Allgemein, Belletristik/Thriller/Spannung, Belletristik/Verbrechen
Klassische Kriminalromane, Kriminalromane und Mystery: Polizeiarbeit, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Raumwahrnehmung, Dresden
Erpressung, Mord, Raub, Krimi, Dresden, Entführung
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Milena gefiel es, großzügig hauszuhalten, in Kreisen zu verkehren, die sich etwas leisten konnten, Reisen zu machen, ohne die Urlaubstage zählen zu müssen. Am liebsten hätte sie sich irgendwo in Italien niedergelassen, an Spaniens Küsten, auf den Malediven, in Kalifornien oder Südamerika, in einer schönen, sonnigen Gegend. Doch dazu brauchte man mehr als Ein- bis Zweitausend monatlich.

Nach dem Ableben der Mutter, zu der sie zuletzt kaum noch Kontakt gehabt hatte, war sie auf dem Dachboden unter halb losen Brettern auf eine Art Geheimfach gestoßen. Darin eine flache Blechbüchse mit Liebesbriefen eines gewissen Fred Kramer, von Milena unschwer als ihr Vater auszumachen, an den sie sich freilich kaum erinnerte: Er hatte kurz vor ihrem vierten Geburtstag das Weite gesucht. In der Büchse, in einem Kuvert unter den Liebesbriefen, lagen aber auch noch andere Fotos mit den dazugehörigen Negativen. Der darauf abgelichtete Mann kam Milena gleichfalls bekannt vor. Sie war ihm als Kind ein paarmal begegnet – er hatte öfter die Mama besucht.

Der Mann hatte ihr Süßigkeiten und Spielzeug mitgebracht, trug oft helle und bunte Hemden. Auf den Fotos dagegen war er ganz in Schwarz gehüllt. Einmal hielt er eine Pistole in der Hand, ein andermal machte er sich wohl an einem Kranken zu schaffen. Milena schaute genauer hin und begriff, dass es sich um einen Toten handelte. Zunächst wusste sie nicht recht, was sie von den Aufnahmen halten sollte, doch dann dämmerte ihr: Das musste höchst brisantes Material sein. Auf einem der Fotos fand sich rückseitig ein Datum: 3.7.96, darunter eine Notiz: „Leider wurden wir überrascht, H. hat sofort reagiert.“

Viel zu erben gab es für Milena von der Mutter nicht, die Reserven von damals waren nahezu aufgebraucht. Die Fotos aber brachten sie auf den Gedanken, tiefer zu graben. Sie wusste ja von den Geschäften der Mama und reimte sich einiges zusammen. Der Mann mit der Pistole war bei seinen Besuchen als Dresdener Onkel vorgestellt worden, also suchte sie in der tschechischen und deutschen Presse nach besonderen Kriminalfällen alter Tage. Und tatsächlich war zur angegebenen Zeit ein Polizist aus Dresden spurlos verschwunden. Sein Konterfei war mehrfach abgebildet, es deckte sich mit dem des Toten auf dem Foto.

Blieb die Frage, wer H. war, ob er nach fast zwanzig Jahren noch existierte und wo er sich aufhielt. Milena stellte sich erneut auf ausgiebige Suche ein, doch zu ihrer Erleichterung konnte dieser Punkt schnell geklärt werden. H. war nicht gerade ein Mann der Öffentlichkeit, versteckte sich freilich auch nicht vor ihr. Sehr bald fand sie auf den Seiten neuerer Presseerzeugnisse Aufnahmen von ihm. Er tauchte an der Seite seiner Frau bei Kunstveranstaltungen auf, zeigte sich bei Spendengalas unter den Honoratioren der Stadt, stand bei der Einweihung irgendwelcher Neubauten im Hintergrund oder auch in der ersten Reihe.

Den Rest erledigte das Internet. H., so erfuhr Milena, nannte sich Ahn von Helm, seit er eine Adlige geehelicht hatte, besaß eine Villa in einem der Nobelviertel Dresdens und, wie es schien, Millionen. Sein Kapital vermehrte sich offenbar beim reinen Zuschauen, so wie sich Kapital reicher Leute hierzulande eben zu vermehren pflegte. Von dunklen Seiten seines Lebens stand kaum etwas geschrieben, nur in einem älteren Magazin fanden sich in einem Artikel Hinweise auf Verbindungen zum Drogenmilieu. Das aber lief unter Jugendverfehlungen und durfte als abgehakt gelten. Wenn ihr wüsstet!, dachte Milena.

Sie schmiss ihren Job in Halle, zog nach Dresden und gab überall vor, Kunststudentin zu sein. In Wirklichkeit fehlten ihr zur Immatrikulation die nötigen Abschlüsse und sonstigen Voraussetzungen, aber das interessierte niemanden. Sie lebte zurückgezogen von Erspartem und dem Wenigen, das sie ererbt hatte. Sie bereitete ihren Coup vor, forschte den Mann, der ihren Traum finanzieren sollte, nach allen Richtungen hin aus.

Milena glaubte sich ihres Vorgehens sicher, alles schien in ihrem Sinne zu laufen, doch nun, plötzlich, hatte von Helm zurückgeschlagen. Er konnte nicht wissen, wer hinter dem Erpresserbrief steckte, und hatte es doch ermittelt. Und das, bevor sie noch einen einzigen Euro von ihm in der Hand hielt.

Milena holte ihre große Reisetasche aus dem Schrank und begann ihre Sachen zu packen. Ich werde von hier verschwinden, mich vorübergehend in einer Pension einmieten, möglichst am anderen Ende der Stadt, dachte sie. Aus der Schusslinie, und dann zuschlagen. Ich werde meine Forderung erneuern und diesem windigen Adligen die Pistole auf die Brust setzen: Entweder die sofortige Zahlung nach einem von mir festgelegten Plan oder die Enttarnung. Trotz seiner Hinterlist – sie war sich noch immer gewiss, dass er letztlich das für sie und ihn Richtige wählen würde.

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