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Er raffte seinen Mut zusammen, nahm sein Brot in die Hand und trat vor die Haustür. Da saß der Pfau, als wäre nichts gewesen, auf dem Borkendach und rief ihm ein ungeduldiges "Whiwhi" zu, denn die Hirse und das Wasser waren zu Ende gegangen. Erst wollte Justinus ihn gleich ansprechen, aber dann dachte er: Lass es lieber. Solange er nicht selbst von dem Unsinn dieser Nacht zu reden anfängt, wollen wir ihn gar nicht erst reizen. Und um sicherzugehen, dass ihm nicht doch die Zunge ausrutschte, nahm er seine Stulle quer in den Mund und versorgte den Vogel mit Speise und Trank.
Der Pfau musterte ihn von oben herab, und sein Blick erschien dem jungen Mann einmal wieder überaus hochmütig. Aber er traute sich nicht einmal in Gedanken, sich darüber zu erbosen, denn er war gewiss, dass das Folgen gehabt hätte.
Eins wüsste ich doch zu gern, dachte er so verstohlen, wie er nur konnte, nämlich, ob auf seinem Schweif wirklich diese Mädchenbilder zu sehen sind, die er mir in der Nacht vorgeführt hat. Kaum war der Gedanke zu Ende gedacht, da trippelte der Pfau hin und her und schlug sein Rad, so feierlich und hoheitsvoll-langsam, dass dem Justinus fast die Marmeladenstulle im Hals stecken blieb. Aber auf seinen Schwanzfedern waren keine Mädchenbilder, sondern ganz gewöhnliche, wenn auch wundervoll leuchtende Pfauenaugen.
Justinus starrte darauf und fühlte: wie er feuerrot geworden war, weil das Tier ihn bei seinen Gedanken ertappt hatte. Er drehte sich auf dem Absatz um und lief ins Haus, und erst als er die Tür hinter sich nicht nur zugeschlagen, sondern auch abgeschlossen hatte (was er sonst nie tat, nicht einmal nachts), meinte er, nicht mehr von den gedankenleserischen Augen des Vogels beobachtet zu werden.
Aber der Anblick des prächtigen Rades stand ihm auf einmal doch wieder vor Augen. Als wäre er noch immer im Mondtraum, ging er zu seiner Staffelei, auf der eine schöne weiße Leinwand aufgespannt war, und begann dies Bild zu malen, als säße ihm der Teufel im Nacken: die silberne Mondbahn in den nächtlichen Garten und davor der mit vielen Konterfeis prangende Pfau und statt des Mondes noch einmal das goldumstrahlte Gesicht.
So hatte Justinus noch nie gemalt. Er vergaß alles um sich her, und seine Hand führte den Pinsel schnell und sicher, als müsse er nur etwas durchpausen, was in seiner Seele fix und fertig war, gerahmt, signiert und aufgehängt im Oberstübchen; er brauchte keine Sekunde Zeit, um zu überlegen oder die Wirkung mit kritischem Blick zu prüfen, sondern er wusste es einfach. Kein einziges Mal musste er den Terpentinlappen benutzen, um etwas zu korrigieren, alles saß auf Anhieb. Die Zeit vergaß er ganz und gar, dachte zwischendurch mal schnell: Nanu, wieso knurrt mein Magen? Aber er vergaß auch das schnell wieder, bis er auf einmal sah, dass es dämmerte. Da war aber das Bild schon fertig.