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»Mann, haut bloß ab, ihr beiden Spielverderber!« Hans und Hanna blieben und buddelten mit an der Höhle. Bald konnten die Geschwister bequem darin sitzen.
Ulla spitzte die Lippen. »Komm, Leo, komm!« Leo kam nicht.
Das Mädchen kroch zum engen Höhlenausgang und rischelte mit dem Stroh. »Komm, Leo! Such, such das Mäuschen!«
Der Hund sprang vor und zurück und fiepte leise. »Das hätte ich dir gleich sagen können.« Aus Hannas Stimme klang Schadenfreude. »Feige bleibt feige.«
Das saß. In roter Wut zerrte Ulla an Leos Ohren, obwohl sie wusste, dass man das keinem Hund antun darf. Leo jaulte und ruckte sich frei. Hannas Gelächter traf Ulla wie ein Hieb, und sie verspürte große Lust, sich mal wieder mit der Schwester zu prügeln.
Als Ulla zurückkriechen wollte, krähte ihr Hans aus der Höhle entgegen: »Du bist die Mutter. Du musst jetzt Mehlbeeren holen.«
»Und du bist doof!«, schrie Ulla. Warum war Leo nur so feige?
Da passierte es. Ohne jede Vorwarnung lösten sich über den Kindern einige Strohbunde, andere rutschten nach, verschütteten die Geschwister. Ulla, mit dem Gesicht zur Erde, wollte sich bewegen und vermochte es nicht unter der Last des Strohs. Irgendwo wimmerte es leise: »Oma, Oma, Oma!« Hänschen. Von Hanna kein Laut. Die Angst kam heiß und dunkel. Wir werden ersticken. Schrei doch endlich! Schrei um Hilfe! Doch Ullas flacher Atem reichte nur für ein Stöhnen. Da! Ein Kratzen und Scharren. Ein Zerren am Fuß. Leo! Hilf mir, Leo! Hilf uns! flehte Ulla. Hol uns hier raus!
Der Hund heulte, als hätte er den Hilferuf empfangen. Dann hörte und spürte Ulla nichts mehr. »Wo die Kinder nur bleiben«, wunderte sich die Großmutter. »Sonst kommen sie doch alle Naslang zum Topfgucken, wenn es »Himmel und Erde« gibt.«
»Himmel und Erde« war das Lieblingsgericht der Kinder. Es bestand aus Äpfeln und Kartoffeln, die getrennt gekocht und kurz vor dem Essen zusammengerührt wurden.
»Sie werden schon kommen. Brauchst du noch mehr?« Großvater Burmeister zeigte auf die eben mit Holzscheiten gefüllte Kiste.
»Zum Abend dann. Bei dem Dreck draußen muss ich wohl die ganze Gesellschaft samt Hosen und Hund in den Bottich kriegen.«
»Lieber dreckig und gesund ...« Der Großvater sprach nicht weiter. »Hörst du den Hund? Ich glaube, die Kinnings kommen.«
Sie kamen nicht. Und die Großmutter wurde allmählich ärgerlich. Unpünktlichkeit war ihr verhasst.
Der Großvater war längst in seine Joppe geschlüpft. »Ich seh mal nach.«
»Kannst ihnen gleich die Ohren lang ziehen.«
»Hanna, Ulla, Hänschen!«
Niemand antwortete auf Großvater Burmeisters Rufe. Nur aufgeregtes Hundegebell hallte irgendwo hinter der Scheune.
»Aha! Die Strohmiete. Na, wartet, ihr Flinkfläuter! Wenn ich euch erwische!«
Wenig später starrte der Großvater entsetzt auf den braunbestrumpften, aus der Strohmiete ragenden Fuß, den Leo winselnd umtänzelte. Immer wieder schnappte er danach, beschnüffelte ihn und heulte. Dann scharrte er wie besessen den Erdboden beiseite, als wolle er einen aufgespürten Maulwurf ausgraben.
»Oh, mein Gott«, stöhnte der Großvater, »oh, mein Gott!« Eilig und doch vorsichtig zog er Strohbund um Strohbund heraus, zitternd und kurzatmig vor Entsetzen. Den Hof würde er opfern und das Vieh dazu, wenn nur die Kinder lebten. Die Sorge um sie und die körperliche Anstrengung überstiegen fast die Kraft des alten Mannes, doch es gelang ihm, die Verschütteten zu befreien. Sie waren unverletzt.
Als sie sich ausgeheult hatten und die Vorhaltungen der Großeltern überstanden waren, als sie frisch gebadet und satt in ihren Betten lagen, sagte Ulla leise zu Hanna: »Weißt du nun, warum Leo nicht mit in die Höhe wollte? Weil der die Gefahr gewittert hat. Weil er schlauer ist als wir und kein bisschen feige.«