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Irrlichter von Barbara Kühl
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Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
27.06.2014
ISBN:
978-3-86394-678-4 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 187 Seiten
Kategorien:
Kinder-und Jugendbuch/Jungen und Männer, Kinder-und Jugendbuch/Familie/Adoption
Kinder/Jugendliche: Familienromane, Kinder/Jugendliche: Persönliche und soziale Themen: Familie
Waisenkind, Adoption, Fischer, Insel, Ostsee, Kinderheim, Freundschaft
8 - 12 Jahre
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Als Stunden später im Hafen neben Rotfuchs auch Christians Kopf aus der dämmrigen Vorderpiek taucht, verschlägt es Hinnerk Puttbreese zunächst die Sprache. Dann jedoch unterzieht er - vor der Kapp knieend - die Jungen einem strengen Verhör: Was und wie, und wann und warum? Und wer überhaupt diese dreimal verrückte Idee gehabt hätte.

„Na, raus mit der Sprache!“

Rotfuchs schweigt. Er hat genug von Puttbreeses Wutausbrüchen. Christian dagegen sausen tausend Gedanken durch den Kopf. Womit könnte er den Onkel beschwichtigen, damit er ihn nicht schon morgen zurückschickt nach Berlin?

„Ich!“, sagt er schließlich. „Es war meine Idee, Rotfuchs unseren Kutter zu zeigen. Und außerdem ... außerdem wollten wir dir ein bisschen helfen beim Fischen.“

Das letzte ist zwar eine Lüge, aber sie wirkt Wunder auf den erzürnten Puttbreese.

Dieser Bengel! staunt er. Scheint mehr Courage zu besitzen, als man ihm zutraut, wenn er auch man lütt und spillerig ist und einem Puttbreese so ganz und gar unähnlich von Gestalt. Egal, Ansch hat sich immer ein Kind gewünscht zum Bemuttern und Betuddern, zum Herausputzen und zum Liebhaben ...

„Und wie soll ich euch Bande unbemerkt vom Kutter schmuggeln?“, fragt er daher weit weniger wirsch. „Duster wird’s erst in ein paar Stunden.“

Der alte Katlow nimmt ihm die Antwort ab. „Da hab ich denn ja doch richtig gesehen da draußen! Ich dacht’, du hast Besuch vom Klabautermann, Hinnerk, und nu sind’s sogar zwei! Oha, Hans-Heinerich! Oha!“

Puttbreese weiß sofort, dass im Moment jede Rechtfertigung sinnlos ist, und schickt die Jungen nach Hause, die nur ahnen, in welche Schwierigkeiten sie den Fischer gebracht haben.

„Aye-Aye, Käptn, ohne Umweg zu Mutter Puttbreese!“

Das Netz mit dem Dorsch schwenkend, setzt Rotfuchs betont forsch an Land und hilft auch Christian vom Kutter.

Im Hafen herrscht Hochbetrieb. Seit Stunden wird tonnenweise Fisch angelandet, und nicht nur Katlow ist zufrieden mit dem ausgezeichneten Fang, der per Lastwagen in die Stadt gebracht wird.

Interessiert sieht sich Rotfuchs um. „Könnt mir gefallen, dein Inselparadies, ehrlich!“, sagt er zu Christian, der neben ihm hergeht und wortreiche Erklärungen abgibt, als wäre er hier seit Jahren zu Hause. Dabei scheut er sich nicht, ein bisschen zu flunkern.

„Onkel Hinnerk ist der beste Fischer von Seehusen!“, prahlt er und glaubt es selber. „Er ist der einzige Inselfischer, der noch einen eigenen Kutter besitzt. Die anderen gehören alle der Genossenschaft.“

Rotfuchs, vor Stunden noch seekrank, stolziert wie ein Held nach gewonnener Seeschlacht neben Christian her, grüßt hierhin und dorthin, und die Fischer grüßen teils verwundert, teils amüsiert zurück.

Als die Jungen in den Weg zum Dorf einbiegen, scheint die Sonne oberhalb der Kirchwälle in einen Dunststreifen zu rollen. Noch aber ist es septemberwarm. Plötzlich knufft Christian den Freund.

„Da!“

Thorsten Bamme kommt geradewegs auf sie zu.

„Deine Uhr?“, raunt Rotfuchs.

„Hm-m.“

„Okay.“

Als sie auf gleicher Höhe sind, stürzt Thorsten vornüber. Rotfuchs hat ihm ein Bein gestellt.

„Hoppla, Kumpel“, grinst er, „was gefunden?“

Im Gesicht des Gestürzten stehen Wut und Schmerz. Er keucht: „Aber sonst geht dir das gut, ja?“

„Schnauze! Her mit der Uhr!“

„Is was?“ Thorsten weicht zurück, doch Rotfuchs umklammert bereits sein Handgelenk.

„Wotsch! Klock! Tschaß! Du nix verstehn? Ei, was haben wir denn da?“

„Die is meine!“

„Von wegen! Kleinen Kindern die Quarzuhren klauen - th-th-th!“ Blitzschnell löst Rotfuchs das Metallarmband. „So, und nu zieh Leine!“

Thorsten - ungefähr ebenso groß und so stark wie Rotfuchs - weicht keinen Zentimeter. Er ballt die Fäuste und kreischt: „Du hast sie wohl nicht alle, was?“

„Verpiss dich, du Stinktier!“

„Selber Stinktier!“

„Kojote!“

„Morsopp!“

„Fischkopp!“

Das hat getroffen! Aufheulend springt Thorsten seinem Beleidiger um den Hals und reißt ihn nieder. Bald schon bluten beide Kämpfer aus der Nase, aber keiner gibt nach. Verbissen ringen sie miteinander, keuchend und sich wälzend.

„Hört auf! Hört doch endlich auf!“ Voller Unbehagen steht Christian daneben. Als Rotfuchs plötzlich aufschreit, rafft er das Dorschnetz aus dem Dreck und drischt damit auf die verknäulten Körper ein, dass es nur so klatscht. Doch weder Fischschleim noch Blutreste beeindrucken das Ringerpaar.

„’ne Pütz Wasser musst nehmen, Jung!“, rät jemand im Vorbeigehen. „Jaja, Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.“

Aus Angst um den Freund greift Christian zu einer List. „Achtung, Puttbreese kommt!“

 

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