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Thomas empfand abermals das Anormale der Situation: Er und Kai so gut wie nackt, Ann mit einem Handtuch umwickelt, so standen sie da, als Paterthik in der Uniform eines Kommandanten der Royal Navy forsch hereingestürmt kam.
»Hochstapler«, knurrte Ann leise. »Wäre gern Commodore gewesen.«
»Morgen«, grüßte Paterthik und tippte an die Mütze. »Bin leider gezwungen, meine Herren, Sie ein wenig zu internieren. Ihre Dame habe ich bereits über die Lage aufgeklärt.« Er machte eine Verbeugung zu Ann hin.
»Wogegen ich auf das Entschiedenste protestiere«, sagte Thomas Monig mit Bestimmtheit.
Paterthik hielt jetzt die Hände auf dem Rücken verschränkt und wippte auf den Füßen. »Aber gewiss doch«, entgegnete er lächelnd, und erst jetzt sah Thomas diesen listigen Zug in seinem Gesicht. Ansonsten war an diesem Mann nichts Besonderes. Thomas hatte ein Verbrechertyp vorgeschwebt, wie er ihn als Junge von einem Kriminalroman aus Großmutters Bücherkiste kannte. Paterthik war mittelgroß, hatte ein schmales Gesicht, das im Gegensatz zu seinem massigen Körper stand. Die Uniform zu knapp; sie spannte über der Brust, ein sicheres Zeichen, dass sie ihm nicht gehörte. »Das täte ich an Ihrer Stelle auch«, fuhr er jovial fort. »Glauben Sie mir, die Umstände zwingen mich. Aber ich bin überzeugt, dass unser Freund Neuber jemand ist, der für seine Mitarbeiter etwas übrig hat.«
»Ich glaube, sie werden dich aufhängen«, sagte Ann ruhig und begann, das Ei aufzuklopfen.
»Erst haben«, sagte Paterthik lächelnd, »erst haben. Und so schnell geht das nicht. Ich werde mir schon etwas Richtiges aussuchen.«
»Mit dem Gold - vorausgesetzt, du bekommst welches - kannst du doch nur noch in einigen Staaten etwas anfangen«, sagte sie obenhin. »Also wirst du da schon in einen davon müssen. Und dort lässt sich ein schwerer Junge finden ...«
»Mag sein«, sagte er, »vorausgesetzt, man will es.«
»Und da sind noch deine Männer, ich nehme an, alle mit Gold, aber die meisten mit Familie ..., alle bekannt.« Ann hatte lauter gesprochen. Frank und noch einer von der Mannschaft standen draußen vor der offenen Tür.
Das Lächeln auf Paterthiks Gesicht gefror. »Halt den Mund«, sagte er drohend. »Ich bin nicht auf einen Morgenschwatz gekommen. Hier, unterschreibt das!«
Er zog eine Mappe aus der Uniform, was ganz und gar unmilitärisch aussah, und schob sie zwischen die Frühstücksteller auf den Tisch.
Ann wischte sich den Mund, schlug die Mappe auf und begann zu lesen. Kai, der hinter ihr stand, blickte ihr über die Schulter. »Das können wir schon getrost unterschreiben, Jungs«, sagte sie. Thomas las die Aufforderung an die Leitung, ein Lösegeld von 200 Kilopond Feingold gegen die Freilassung der Besatzung von U 21 zu zahlen. Die Unterschriften der drei sollten lediglich ihre Gefangennahme bestätigen.
Paterthiks Blick ging lauernd von einem zum anderen. Er schien erleichtert, als Ann sagte: »Vielleicht gibst du mir etwas zum Schreiben. Ich habe meine Handtasche an der Garderobe abgegeben.«
»Aber bitte sehr!« Mike Paterthik war wieder die Höflichkeit selbst. Sie unterschrieben.
»Ich wünsche guten Appetit«, rief Paterthik und ging.
»Der bleibt bei seinem Vorhaben« sagte Monig. Er trank nachdenklich von seinem Saft. »Mich ärgert, dass wir so gar nichts tun können.«
»Warte ab«, sagte Ann kauend. »Wenn Frank kommt, und er ist unbewaffnet, blockiert ihr die Tür, klar?«
Aber als Frank Niesar zum Abräumen kam, war das was auffiel eine Armeepistole, die in seinem Gürtel steckte.
Thomas näherte sich trotzdem der halboffenen Tür. Kai, der ursprünglich folgen wollte, war beim Anblick der Pistole zunächst resignierend auf seinen Stuhl zurückgesunken.
Niesar räumte schweigend ab. Sund trank noch einen Schluck aus der Tasse, hielt das leere Gefäß sinnend in der Hand und stellte es wie gedankenverloren so auf den Tisch, dass es sich vom Standort Niesars am entferntesten befand. Thomas und Ann beobachteten gespannt die Szene.
Sunds Rechnung ging auf: Niesar beugte sich über den Tisch und langte nach der Tasse. Da griff Kai zu. Er zog rasch die Pistole aus Niesars Gürtel und sprang nach hinten weg. Der festgeschraubte Stuhl wäre ihm dabei beinahe zum Verhängnis geworden. Kai konnte sich im Straucheln abfangen und wich zur Wand zurück, die Pistole auf Niesar gerichtet.
Thomas hatte rasch den Außenriegel ausgeklinkt, die Tür zugedrückt, von innen verriegelt, und er stand, bevor Niesar reagierte, mit dem Rücken zu ihr.
Niesar wollte sich auf Kai stürzen und dazu den Tisch wegschleudern. Aber natürlich war auch der am Fußboden befestigt. »Schweine«, knirschte er.