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Liesken und Wiesken und andere Jugendgeschichten von Theodor Krausbauer
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Preis E-Book:
2.99 €
Veröffentl.:
03.06.2025
ISBN:
978-3-68912-503-5 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 121 Seiten
Kategorien:
Kinder-und Jugendbuch/Action und Abenteuer/Allgemein, Kinder-und Jugendbuch/Kurzgeschichten, Kinder-und Jugendbuch/Leser/Anfänger
Kinder/Jugendliche: Familienromane, Kinder/Jugendliche: Historische Romane, Kinder/Jugendliche: Kurzgeschichten, Kinder/Jugendliche: Sachbuch: Natur und Tiere, Kinder/Jugendliche: Persönliche und soziale Themen: Familie, Kinder/Jugendliche: Persönliche und soziale Themen: Tod und Trauer
Abenteuer, Bienen, Dorfleben, Elternliebe, Fantasie, Freundschaft, Geschwister, Herzensbildung, Jahreszeiten, Kindheit, Märchen, Moral, Natur, Reue, Strafe, Tiere, Wolf, Bär, Enten, Tod, Ungehorsam, Verantwortung, Ziegen
9 - 11 Jahre
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Schlohweißchen

Es war einmal ein armer Holzhauer, der hatte das Haus voller Kinder, aber kein Bröckelchen Brot mehr in der Lade. Da sagte des Holzhauers Bub zu seiner ältesten Schwester, die hieß Schlohweißchen – denn ihr Gesicht war so rein und fein wie der schlohweiße Schnee –: „Schlohweißchen“, sagt’ er, „ich will in die Stadt zum Bäcker gehen und einen Laib Brot holen, dass wir über Nacht ein Bröckelchen im Haus haben. Geh’ mit mir, Schlohweißchen.“ Aber Schlohweißchen wollte nicht. Und so ging er allein. Der Weg führte aber durch einen großen Wald.

Und da er nun in den Wald kam, stand der Wolf am Weg. Der wartete, bis er ganz nahe bei ihm war, und fraß ihn auf und ließ nichts von ihm übrig als das Herz und zwei Beinerchen.

AIs es nun Abend ward und der Bruder nicht heimkam, da hatte Schlohweißchen keine Ruhe mehr. Und derweil die andern schliefen, setzt’ es ein Licht ans Fenster und wartete und wartete.

Aber der Bruder kam nicht. Da nun am Tage die Sonne aufging, ging Schlohweißchen, den Bruder zu suchen.

Im Walde stand der Wolf wieder am Weg und wartete, bis Schlohweißchen ganz nahe bei ihm war.

„Guten Morgen, Wolf“, sagte sie da zu ihm, „hast du meinen Bruder nicht gesehen?“

Der Wolf dachte: „Wo der ist, da wirst du auch gleich hinkommen“, und sperrte schon den Rachen auf, sie zu verschlingen.

Aber als er sie ansah, konnte er ihr doch kein Leid antun, so schön war sie, und er sagte: „Nein, Schlohweißchen; aber der Bär wird’s wissen, der wohnt hinter den sieben Bergen.“

Und nun ging Schlohweißchen hin zu dem Bären hinter den sieben Bergen.

„Bär“, sagt’ es zu ihm, „weißt du nicht, wo mein Bruder ist?“

Der Bär hatte seinen Rachen schon aufgesperrt, Schlohweißchen zu verschlingen.

Als er es aber ansah, da konnte er ihm kein Leid antun, so schön war es, und er sagte: „Nein, Schlohweißchen, nein, aber wenn du sieben Tage bei mir bleibst, so will ich ihn dir hernach wohl suchen helfen.“

Das war Schlohweißchen zufrieden, und sie blieb sieben Tage bei dem Bären.

Der Bär machte Schlohweißchen das schönste Kämmerchen, das er im Hause hatte, zurecht. Darin schlief es in einem wolleweichen Bett.

Und zu essen gab es jeden Tag Gebratenes und Gebackenes und die feinsten Leckerbissen, die man sich nur ausdenken konnte.

Und der Bär legte sich vor die Kammertür, dass niemand hinein konnte und Schlohweißchen auch nicht hinaus.

Als nun die sieben Tage um waren und der Bär immer noch nichts sagte, dass er mitgehen wolle, den Bruder zu suchen, da kam die Angst über Schlohweißchen, und einmal des Nachts, als der Bär auch wieder vor der Kammertür lag und schlief und schnarchte, als ob er am Holzsägen wäre, da klinkte sie leise die Tür auf und huschte in den Wald und suchte den Bruder.

Als sich am Morgen der Bär den Schlaf aus den Augen rieb, da stand die Tür zu dem Kämmerchen, darin Schlohweißchen geschlafen hatte, sperrangelweit offen, und nun ward er gewahr, dass Schlohweißchen davongegangen war, und er lief in den Wald und suchte nach ihm.

Er fand im feuchten Gras auch bald die Spur, wo hinaus es gegangen war.

Schlohweißchen aber war zu einem See gekommen, der war so groß, dass man nicht hinübersehen konnte.

Und nun saß es am Ufer, und die bittern Tränen liefen ihm wie zwei Bächelchen über die Wangen.

Da kam eine grasgrüne Ente über den See geschwommen bis ans Ufer und sagte:

 

„Schlohweißchen, Schlohweißchen,

was weinst du so sehr?

Alle deine Tränen

fließen ins tiefe, tiefe Meer.“

 

Und Schlohweißchen antwortete:

 

„Graseqrüne Ente, Ente auf dem See,

ach, könntest du mir helfen

von meinem bittern Weh.“

 

„Das könnt’ ich wohl, Schlohweißchen“, sagte die Ente, „aber dann musst du dich auf meinen Rücken setzen und mit mir über den See fahren.“

Da gruselte Schlohweißchen, wenn es an das tiefe Wasser dachte, und wollte nicht, saß am Ufer und weinte weiter.

Der Bär aber war nicht mehr weit ab und dachte: „Am See wird Schlohweißchen wohl am Ufer sitzen.“

Da kam eine gritzegraue Ente über den See geschwommen bis ans Ufer, die sagte:

 

„Schlohweißchen, Schlohweißchen,

was weinst du so sehr?

Alle deine Tränen

fließen ins tiefe, tiefe Meer.“

 

Und Schlohweißchen gab zur Antwort:

 

„Gritzegraue Ente, Ente auf dem See,

ach, könntest du mir helfen

von meinem bittern Weh.“

 

Und die Ente sagte: „Das könnt’ ich wohl, Schlohweißchen, aber dann musst du dich auf meinen Rücken setzen und mit mir über den See fahren.“

Das wollte Schlohweißchen nicht, denn es gruselte ihm vor dem tiefen Wasser, es möchte im See ertrinken, saß am Ufer und weinte weiter.

Der Bär aber war schon bis an das Schilf gekommen, wo Schlohweißchen am Ufer saß.

Da kam eine schlohweiße Ente über den See daher bis an das Ufer, wo Schlohweißchen saß, und sagte:

Liesken und Wiesken und andere Jugendgeschichten von Theodor Krausbauer: TextAuszug