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„Thomas, der Satellit muss jeden Moment in Position sein. Fahr den Monitor hoch.“
Das Bild auf dem Schirm zeigte die Ortslage von Nador. Ein grüner Punkt bewegte sich durch das virtuelle Straßengewirr.
„Grün sind wir. Wo der große Balken ist, müssen wir hin.“
Vorsichtig manövrierte der Fahrer den Mitsubishi durch die engen Gassen zwischen den abgestellten Schiffscontainern. Jetzt kam Bewegung auf den Bildschirm. Zuerst erschienen blaue Punkte auf dem Wasser, die sich dem Pier näherten. Kurz darauf leuchtete am rechten Rand ein roter Punkt.
„Jean. Das Objekt Rot wird angeliefert. Alles ist ruhig. Moment. Ich sehe drei sich schnell nähernde Fahrzeuge in Richtung Hafen. Liebe Grüße an Igor.“
„Die Zeit ist um. Klaus in Position. Tomy, du hältst die Standleitung zu Mr. Tacht. Sie werden von Thomas geführt.“
Der Geländewagen rollte langsam zur Mitte des Piers. Ivo und Tamara stiegen aus und gingen ruhig auf den stehenden Krankenwagen zu. Sie hatten die Hälfte zurückgelegt, als es in Ivos Ohrhörer knackte.
„Vorsicht, Fahrzeug nähert sich schnell von rechts. Beeilt euch, Deckung zu finden.“
Ivo stieß Tamara hinter einen Container und ging allein weiter. Die Türen des Krankenwagens wurden von innen geöffnet. Er sah einen Mann auf einer fest installierten Trage. Nochmals beschleunigte er sein Tempo und sprang in den Krankenwagen. Ein Blick auf die Person genügte, um zu sehen, dass es sich wirklich um seinen Vater handelte. Sofort gab er das vereinbarte Zeichen. Vom Boot lösten sich mehrere Personen. Da rasten drei alte schwarze Limousinen auf den Pier. Heraus sprangen schwer bewaffnete Männer. Aus einem der Autos stieg ein Mann im Maßanzug.
„Nicht so schnell, meine Herren. Wenn Sie uns schon nicht den kleinen Finderlohn für die sensationelle Grabanlage gönnen, müssen wir uns an den Patienten halten.“
„Wie ist das zu verstehen?“
„Wir sind eindeutig in der Überzahl. Auf dem Boot mit der Flagge des ‚Roten Halbmondes’ dürfen keine Waffen sein und mehr als eine Pistole werden Sie nicht haben. Wir hatten so an zehn Millionen Dollar gedacht. Das ist für Leute wie Sie durchaus machbar.“
„Sie scheinen sich um einige Nullen vertan zu haben.“
„Nein, nein, Sie haben schon richtig gehört. Ich muss ja schließlich im Exil auch leben. Ihre übermäßige Korrektheit kostet mich meinen Posten und ich muss meine geliebte Heimat verlassen. Übrigens, die Waffe bitte.“
Ivo händigte ihm seine Pistole aus, ließ aber das Magazin in seine Tasche gleiten.
„Wenn ich Sie in meinen Wagen bitten darf, dort können wir das Geschäftliche klären.“
Ein ohrenbetäubender Knall zerriss die Luft. Von einem etwa dreißig Meter neben dem Boot von Jean Sade liegenden alten Kahn flogen sämtliche Aufbauten ab. Der Containerstellplatz wurde von dem Dröhnen anlaufender Rotorblätter zweier Apachi-Kampfhubschrauber erschüttert. Aus dem Nichts tauchten im Hafenbecken neben dem Boot, das soeben seine Tarnung abgesprengt hatte, sechs Kampftaucher mit Harpunen auf. Sie eröffneten unverzüglich das Feuer auf die Männer aus den Limousinen. Körners Mitsubishi raste auf den Krankenwagen zu, drehte sich beim Bremsen so, dass er die freie Sicht auf das Hafenbecken versperrte. Unverzüglich begannen sechs Männer in schwarzen Kampfanzügen, Raven aus dem Krankenwagen zu bergen. Es schien, als regiere das blanke Chaos. Die Hubschrauber waren aufgestiegen und standen über den Containern. Aus dem linken Apachi löste sich die erste Rakete und eine der schwarzen Limousinen ging in Flammen auf. Ivo bekam über sein Headset mit, dass alle Maßnahmen von einem Mann koordiniert wurden. Mit ruhiger Stimme erteilte er seine Befehle. Diese Gewissheit, nicht allein zu sein, setzte in ihm ungeahnte Kräfte frei. Die Marokkaner hatten Verstärkung bekommen. Ivo verstand aber nicht, warum die herbeigerufenen Hilfstruppen unschlüssig die Köpfe zusammensteckten. Er folgte ihren Blicken und sah, dass an dem zweiten Boot mehrere Flaggen aufgezogen wurden. Auf Anhieb erkannte er die Ständer der UNO, der UNESCO und die Flagge des Königs von Marokko. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Tamara ihre Deckung verließ und versuchte, ihm ihre Pistole zuzuwerfen. Er befreite sich mit einem Rippenstoß von dem lästigen Gastgeber, fing wie ein Handballtorsteher die Waffe in der Luft, lud durch und feuerte, was das Magazin hergab. Dann richtete er sie direkt auf seinen Widersacher. „Geben Sie auf, es ist vorbei.“
Höhnisch grinsend riss der die Ivo abgenommene Pistole hoch, legte an und zog den Abzug durch. Nichts passierte. Das Magazin war wohlverwahrt in Ivos Tasche. Um sie herum gingen Fahrzeuge in Flammen auf. Die Hubschrauber leisteten ganze Arbeit. Unterstützung erhielten sie von Körner und seinen Leuten, die mit panzerbrechenden Waffen die übrigen Fahrzeuge entsorgten. „Ich sagte doch, es ist vorbei.“
Immer noch klackte der Abzug der entladenen Pistole in der Hand seines Gegners. Ungläubig, mit einem Anflug von Wahnsinn in den Augen, starrte er auf die Waffe. Ivo hielt ihm die Pistole an die Schläfe und führte ihn zur Mitte des Piers. Er benutzte ihn im Falle eines Schusswechsels als Schutzschild. Als er in der Mitte angekommen war, trat augenblicklich Ruhe ein.
„Legen Sie die Waffen nieder, es ist vorbei. Wer seine Waffe in den Krankenwagen wirft, kann ungehindert abziehen.“
Zögernd traten zwei Mann vor und warfen ihre Waffen weg. Andere folgten ihnen. Ihr Anführer, inzwischen wieder bei Sinnen, schrie und tobte, als immer mehr seiner Leute den Platz des Geschehens kampflos verließen. Vom zweiten Boot her näherte sich Ivo ein Mann in Montur. Er klopfe Ivo anerkennend auf die Schulter. Vor ihm stand Jack McMahon.
„Gut gemacht, Junge. Feuerprobe mit Bravour bestanden.“