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Das schöne Mädchen, die zwölf Brüder und die größte Ohrfeige der Welt. Vier sorbische Märchen von Jurij Koch
Autor:
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Preis E-Book:
5.99 €
Veröffentl.:
30.06.2014
ISBN:
978-3-86394-677-7 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 111 Seiten
Kategorien:
Kinder-und Jugendbuch/Legenden, Mythen, Fabeln/Andere, Kinder-und Jugendbuch/Wissenschaft und Technik, Kinder-und Jugendbuch/Tiere/Drachen, Einhörner und Fabelwesen
Kinder/Jugendliche: Märchen, Sagen, Legenden, Kinder/Jugendliche: Fantasy und magischer Realismus, Kinder/Jugendliche: Natur- und Tiergeschichten
Lausitz, Zwerg, Drache, Hexe, Gutsbesitzer, Schmied, Geist
4 - 10 Jahre
Zahlungspflichtig bestellen

Eins von ihnen rief: Will Schmied werden und heißt nur Jan.

Ein anderes setzte hinzu: Schlag zu! Aber nicht auf die Ohren, dort sind noch Eierschalen dran.

Jetzt holte Jan aus. Er wollte zeigen, was er hinter den Ohren hatte. Von wegen Eierschalen!

Der Hammer sauste durch die Luft. Er traf den Amboss, dass Funken sprühten und die dunkle Schmiede für einen Augenblick hell aufleuchtete. Der Schlag, der einem Kanonenschuss glich, ließ die Augenpaare vor Schreck zuklappen. Als sie sich wieder öffneten, sahen sie keinen Amboss mehr. An seiner Stelle war ein Loch im Fußboden. Und in der Schmiede polterte es noch, als rollten hundert pferdelose Kutschen eine holprige Steinstraße abwärts.

Als erster fand der Meister die Sprache wieder. Sein Mund war wie ein aufrecht stehendes Ei. Ja... Jan, was … wie ... wo ... ist .. mein Amboss? Hast ihn in die Erde geschlagen. Wo ist er jetzt?

Jan hob seine Schultern: Was weiß ich? Vielleicht am anderen Ende der Erde.

Ein Geselle sagte: In Amerika! Dann fiel er um. Ein anderer sagte: In Australien! Dann fiel er auch um.

Mein Amboss in Amerika! stotterte der Schmied. Was sollen die Amerikaner mit meinem Amboss? Haben selber genug. Er trottete wie von Sinnen herum und wäre in das Loch hineingefallen, wenn ihn Jan nicht im letzten Augenblick aufgefangen hätte. Also, was ist? fragte Jan. Kann ich bleiben?

Der Schmied erholte sich langsam von seinem Schreck und begann wieder vernünftige Fragen zu stellen. Schlägst du immer so zu? wollte er zunächst wissen.

Immer nicht, beruhigte ihn Jan. Aber ich kann noch besser. Manchmal kommen meine Ambosse in Japan als Ofenrohre heraus. Das war natürlich ein Scherz. Der Meister lachte, und die Gesellen lachten auch. Sie traten aus ihren dunklen Winkeln und biederten sich an.

Ja, weißt du, wand sich einer. Es ist ein bisschen schade um unseren Amboss.

Und ein zweiter fügte hinzu: Macht nichts. Wir haben ihn ohnehin nicht oft benutzt. Nur, wenn es gar nicht anders ging. Nur der Meister schaute traurig in das Loch hinein, durch das das schwere Eisen entschwunden war. Eine Schmiede ohne Amboss! jammerte er. Und was wird meine Frau sagen? Ich muss erst mal mit meiner Frau sprechen, jetzt hatte der Schmied die Person genannt, die in der Schmiede alles zu bestimmen hatte.

Deine Frau? wunderte sich Jan. Na, dann frage sie schnell, sonst gehe ich weiter.

Der Meister verschwand hinter einer eisernen Tür. Dort war es noch finsterer als in der finsteren Werkstatt. Er tastete sich durch allerhand Gerümpel und kam schließlich in die Küche. Die erkannte man an einem Ofenrohr, aus dem es dampfte, das an einem Ofen befestigt war, auf dem ein Topf stand, in dem eine Frau mit einem rostigen Löffel rührte. Die Frau sah sehr schlampig aus. Ihr Rock bestand aus hundert zusammengenähten Löchern. Solche liederlichen Frauen gibt es heute nicht mehr. Was ist? krächzte die Alte.

Er erzählte ihr schnell von Jan, der auf Antwort wartete.

Was du nicht sagst! So viel Kraft in einem Mann? wunderte sie sich und vergaß den Brei.

Er könnte uns das ganze Werkzeug nach Amerika befördern, gab der Schmied zu bedenken.

Was für Werkzeug? Du hast doch nicht viel mehr als einen Amboss, der nun auch noch fehlt, zwei Hämmer und drei Zangen, dummer Mann! schimpfte sie. Dabei rührte sie wieder den Brei, dass er über den Topfrand lief und zischend auf dem Ofen verbrannte, dass es gottsjämmerlich stank.

Ja, wenn du mir das ganze Geld verjubelst, setzte sich der Mann zur Wehr.

Ach, ich das ganze Geld ...! Natürlich ich ...! Sie hob den rostigen Löffel, von dem der Brei kleckerte, und schlug auf den Mann ein. Es sind die lieben Mitarbeiter! schrie sie. Ein Geselle fauler als der andere. Daran liegt es, dass wir zu nichts kommen. Sie wärmen sich die Bäuche an dem Feuer, das du ihnen jeden Morgen machst. Und wenn ein Pferd beschlagen werden soll, zittern sie vor Angst. Ach, geh mir doch mit deinem ...

Sie steckte den rostigen Löffel in den Brei zurück. Der Löffel stand. Das war das Zeichen, dass das Essen fertig war. Angesichts fertiger Speisen kamen ihr manchmal Gedanken. Jetzt kam auch einer. Ei, ich glaube, das wird unsere Rettung, sagte sie.

Was für eine Rettung? wollte der Mann wissen. Alle deine Rettungen erwiesen sich bis jetzt als Katastrophen.

Das machen wir.

Was machen wir?

Wir schicken sie zum Teufel.

Wen?

Der Schmied verstand seine Frau nicht. Sie hatte kleine Augen und schien irgendwo in der Ferne ein goldenes Schloss zu sehen.

Die lieben faulen Mitarbeiter, murmelte sie. Die schicken wir zum Teufel. Der starke Jan erledigt alles besser, schneller. Wir sparen Geld. Die Leistung steigt, der Lohn verringert sich.

 

Das schöne Mädchen, die zwölf Brüder und die größte Ohrfeige der Welt. Vier sorbische Märchen von Jurij Koch: TextAuszug