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Mit Dank zurück. Roman von Uwe Kant
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Preis E-Book:
8.99 €
Veröffentl.:
12.04.2023
ISBN:
978-3-96521-896-3 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 426 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Literarisch, Belletristik/Humorvoll, Belletristik/Geschichte, Belletristik/Biografisch
Moderne und zeitgenössische Belletristik, Biografischer Roman, Belletristik: Humor
Schriftsteller, DDR, Wende, Humor, Satire, Autobiografie
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Der Direktor sah aus wie ein britischer Weltkrieg-II-Offizier aus einem Film. Eine straffe Gestalt, die Haare dicht, rotblond, leicht gewellt, vom gleichen Stoff der Schnauzbart unter der kräftigen Nase, und über den graugrünen Augen die Brauen, von denen die eine gerade genug gewölbt war, um einen Hauch freundlicher Arroganz über das ganze Captainsgesicht zu legen.

Sehen Sie, sagte der Direktor, wir haben hier in unserer Einrichtung schon manchmal überlegt, auf welche Weise wir Sie noch einmal einladen könnten. Aber – die Termine. Und selbstverständlich haben wir auch kein Geld. Und nun kommen Sie sogar freiwillig. Hoffentlich kann ich Ihnen helfen. Wie lautet Ihr Problem?

Ach, sagte Mungk, es ist wahrhaftig nichts Weltbewegendes. Offen gesagt ist es aber für mich so wohl am einfachsten. Die Sache ist die … ich müsste mit einem Ihrer Schüler sprechen, und ich wusste nicht, wie ich ihn anders erreichen könnte …

Mit einem Schüler? Aha? Schreiben Sie ein neues Buch? Vielleicht über junge Sportler?

Nein, nein. Das heißt, ich schreibe schon ein neues Buch, ich versuche es jedenfalls immer, aber nix über … über Sportler, nein. Nein, ich … es dreht sich mehr um … um ein einfaches Gespräch … zwischen … zwischen Leser und Autor. Ja, so … könnte man sagen. Kurzum, ich muss mal mit dem Jungen reden, und ich weiß nicht, wie ich es anders anstellen soll. Ich nehme doch sicher richtig an, dass er hier im Internat wohnt. Und obwohl ich mich vorhin auf Sie berufen habe, hat mich der Pförtner nur mit knapper Not auf das Gelände gelassen.

Nun, immerhin hat er. Ich sehe mich ausgezeichnet. Da mögen Sie erkennen, wie weit mein Arm reicht. Alle Wetter. Wie heißt der Junge denn?

Ja, der heißt Pingel. Falko Pingel.

Pingel? Ist das nicht einer von unseren Fußballern?

Ja, ein Fußballspieler.

Ausgezeichnet. Lieber Dichter, haben Sie nicht eben noch gesagt, es handele sich um nichts Weltbewegendes? Und jetzt kommen Sie damit raus, dass Sie mit einem Fußballer sprechen wollen. Pingel? Pingel! Natürlich, das ist doch ein Auswahlspieler, nicht wahr?

Ja, ja, er ist der Libero der U-17.

Der Libero! Also, Genosse Mungk, Spaß beiseite: Das tut mir leid. Mit dem kann ich ja gerade noch so sprechen. Aber gerade so.

So schlimm ist das?

Schlimm, wieso denn schlimm? So gut sind wir, nicht wahr?

Haben Sie eine Ahnung, was es mit dieser Disziplinargeschichte auf sich hat?

Disziplinargeschichte? Sie wissen mehr als ich, verehrter Preisträger, scheint mir.

Der Direktor wählte einen Hausanschluss, horchte kurz hinein und sagte: Horst? Ich … nein, ich komm mal kurz zu dir.

Als er zurückkam, blieb er gleich in der geöffneten Tür stehen.

Der Schüler Pingel ist wegen Verletzung krankgeschrieben. Mit Heimreiseerlaubnis. Tut mir leid, mit dem können Sie nicht sprechen.

Mit Heimreiseerlaubnis, sagte Mungk bei sich, abgeschmettert auf dem Rückweg zwischen den Internatsblöcken.

Wohin mag er gefahren sein?

Der Sportklub Generator war bekannt dafür, dass er seine Kader von weit her holte wie der Soldatenkönig seine Langen Kerls. Frankfurt, Cottbus, Stralsund, Kap Arkona?

Heimreiseerlaubnis. Hatten wir dafür auch so ein doofes Wort? Oder gab es überhaupt einen derartigen Status? Zur Zeit Walter Ulbrichts des Sachsen und Fanfan des Husaren? Wie war das gleich, wenn, sagen wir mal, Schmidt erkrankte, genannt Schmidtowitsch, denn wir waren gar nicht so wenig russophon wie wir russophil waren. Oder Lehmann, genannt Zidderich, denn der war nun einmal damit geschlagen aus einem abgelegenen Ort gleichen Namens in die Kreisstadt gekommen zu sein. Oder die Geschwister Bockelow, genannt Avanti Bockelow; denn sowohl der Anklang, als auch ihr kämpferisches Auftreten gemahnten uns an das italienische Partisanenlied, welches wir bei der zuweilen wutschnaubenden Musikpädagogin Elise Weinberger ebenso lernten, wie die wehmütig-kosmopolitische Weise „Innsbruck, ich muss dich lassen“ – wenn also dieser oder jene von Siechtum und Bresthaftigkeit betroffen war, reiste die oder der dann nach Hause? Fuhr heimwärts gen Zidderich, Ziegendorf, Dargelütz, Zieslübbe und Neu Ruthenbeck?

Vorlage beim Rat des Gemeinwesens, Unterschrift der Eltern?

Ach wat, sagte Mungk. Und du sowieso nicht. Was für ein Gemeinwesen denn, und welche Eltern?

Nein, sagte er, ich sowieso nicht. Insofern zähle ich da nicht. Aber die anderen? Ach was, Unfug. Wurden wir überhaupt krank damals?

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