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Der Mann mit der gelben Tasche. Erzählung von Hasso Grabner
Autor:
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Preis E-Book:
6.99 €
Veröffentl.:
30.03.2021
ISBN:
978-3-96521-411-8 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 176 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Thriller/Spannung, Belletristik/Thriller/Politik, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Politik
Kriegsromane: Zweiter Weltkrieg, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Erste Hälfte 20. Jahrhundert (1900 bis 1950 n. Chr.)
2. Weltkrieg, Griechenland, Partisanen, Dokumente, Kameradschaft, Spannung
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Mit raschen Schritten bog Czirwinski um die Ecke. Er brachte den Armvoll Lebensmittel und sagte lachend: „Soweit ist es. Der Oberschnäpser holt für den Jäger Piefke im dritten Glied die Menage. Da – Brot, Käse, drei Löffel Zucker, ein Maggiwürfel. Der Maggiwürfel ist Sondergefechtszulage. Es lebe der Führer. Und nun steh auf, du Trottel. Dienst – das Schlachtfeld absuchen nach Toten, Verwundeten et cetera pp. Allez hopp. Setz den Blechhut ab. Am Tage schießt’s nicht, die haben von der letzten Nacht genug.“ Mit langsamen Schritten stiegen sie den sanften Abhang hinunter, auf dessen Kamm sie vor wenigen Stunden gelegen hatten. Rechts und links von ihnen zog sich eine lange Schützenlinie quer durch das Gelände.

„Sei vorsichtig, wenn du auf einen Verwundeten stößt“, sagte Franz, „sie schießen noch mit dem letzten Blutstropfen in den Adern.“

Karl antwortete nicht. Er starrte vor sich hin. Der ist wie gestorben, dachte der lange Obergefreite und überlegte sich, ob er nach seinem ersten Nahkampf damals in Polen auch so völlig am Ende gewesen war wie dieser Neuling heute. Wenn man schon zwanzigmal „das Weiße im Auge des Feindes gesehen“ hat, wie es in der Verleihungsvorschrift für die bronzene Nahkampfspange hieß, die Czirwinskis Rock dekorierte, war man über Erschütterungen solcher Art hinweg. Stich, hau, tritt, beiß, damit du nicht gestochen, gehauen, getreten, gebissen wirst! Krieg ist Krieg! Das würde dieser Neubauer noch lernen.

Sie fanden den ersten toten Partisanen. Ein älterer Bauer, fünfzig mindestens, bekleidet mit weiten wollenen Hosen, an den Knien zerrissen, einen dicken Schal von undefinierbarer Farbe um den Leib, einer schmutzigen Pelzweste, die über der Brust geöffnet war. Ein Auge starrte zu dem blauen Himmel seiner Bergheimat hinauf, durch das andere war der tödliche Schuss gedrungen. Das war ich nicht, ging es Karl durch den Kopf; aber wie mit dumpfen Glockenschlägen dröhnte eine zweite Stimme in ihm: Was hilft dir, dass du das nicht warst. Hinten liegen zwei, um die hast du feige einen Bogen gemacht, weil du dort keine Ausrede gehabt hättest.

„Die Büchse haben sie natürlich mitgenommen, da findest du fast nie eine“, erklärte Franz sachlich, ehe sie weitergingen. Nur wenige Schritte von dem ersten entfernt, fanden sie noch zwei Tote. Einer von ihnen hatte die Augen geschlossen und lächelte, als habe sein letzter Atemzug der Freiheit gegolten.

Ein unerträglicher Schmerz ergriff Karl. Groß ist der Tod, wenn ihn die Gerechten erleiden. Ach, wie gut wäre es, an der Seite dieses Toten zu liegen.

„Nummer drei“, sagte Franz, „die Gruppe Lechleitner ist schon quitt. Nach Hitlers Norm: hundert für einen geht es nur, wenn die hundert nicht zurückschießen. Komm weiter, hier gibt’s nichts abzukochen.“

Rechts von ihnen hallte ein Schuss. Sie fuhren herum, aber es blieb alles still.

Czirwinski sagte: „Ein Verwundeter. Sie haben ihm den Fangschuss gegeben. Seine Leute müssen ihn für tot gehalten haben, denn sie schleppen jeden Verwundeten mit.“

Mit würgendem Kummer im Halse ging Karl weiter. Ein erstaunter Ausruf seines Nachbarn ließ ihn gleich wieder stehenbleiben.

„Na, sieh dir das doch mal an. Ein schneidiger Offizier, da staun’ ich aber.“

Karl trat näher. Da lag tatsächlich einer, der eine Uniform aus feinem Tuch trug. „Ein hoher griechischer Kommandant?“, fragte Karl dumpf.

„Unwahrscheinlich, die hohen Herren seiner Majestät werden sich kaum hier in den Bergen herumtreiben. Aber ein Kommandeur ist es bestimmt. Die Uniform wird er gefunden haben. Wir konnten nicht gleich jeden Bunker durchstöbern, als wir die Metaxaslinie überrannten. Da blieb für die Partisanen manches übrig. Jetzt könnten wir die Stellungen gut gebrauchen, die wir damals in die Luft gejagt haben. Aber wer hätte geglaubt, dass hier noch einmal HKL wird.

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