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Die Ehrgeizigen von Günter Görlich
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Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
24.05.2022
ISBN:
978-3-96521-681-5 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 465 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Politik
Moderne und zeitgenössische Belletristik, Zeitgenössische Liebesromane, Familienleben, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Heranwachsen, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Liebe und Beziehungen, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik
DDR, Berlin, Nachkriegszeit, Westberlin, Buntmetalldiebstahl, Kinderheim, Jugendwerkhof, Antifaschist, Faschist, Liebe, Freundschaft
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In Fallers Zimmer war es still. Die Augen der Frau, eben noch liebenswürdig, waren kühl und abweisend geworden. Der Mann saß mit gespreizten Beinen auf dem Stuhl, die Hände hielt er gekreuzt.

Faller hatte gesagt, dass er sich um Paul Sorgen mache …

Der Mann nickte, und in seinem Gesicht war ein Ausdruck, als wolle er sagen: Hab ich doch recht gehabt. Trotzdem forderte er Faller unwirsch auf, konkreter zu werden.

Er möchte jetzt nicht nur als Pädagoge, sondern auch als Genosse zu ihnen sprechen, sagte Faller.

Die Frau presste die Lippen aufeinander, und der Mann setzte sich aufrecht.

Faller betonte, dass er Paul für einen sehr begabten Menschen halte. Das habe aber bei ihm zur Überheblichkeit geführt; er zeige egoistische Züge und ein übersteigertes Geltungsbedürfnis.

Der Mann wiederholte ungeduldig: „Konkreter, bitte!“

„Ich frage mich“, sagte Faller, „ob Paul von Ihnen nicht in einigen entscheidenden Fragen falsch erzogen wurde. Ich möchte ein Beispiel bringen. Warum kaufen Sie ihm ein Motorrad? Das muss doch zur Überheblichkeit führen. Er verliert den Blick für die wirkliche Welt. Erarbeiten soll er sich so etwas.“

Die Frau protestierte aufgeregt: „Sie übertreiben. Natürlich übertreiben Sie. Er hat gespart. Ist Sparen keine Erziehung?“

„Wenn man viel hat und sich nicht einzuschränken braucht, ist Sparen keine Kunst.“

Der Mann sagte: „Sie haben recht!“

Faller berichtete auch über das Verhältnis Pauls zu dem Mädchen Hannelore, dass Paul mit den Gefühlen des Mädchens nur gespielt habe und sie, als er ihrer Zuneigung anscheinend überdrüssig geworden sei, einfach beiseite geschoben habe.

Die Frau senkte die Augen, ihre dichten Wimpern waren wie schwarze Fächer.

Der Mann sagte aufrichtig: „Danken muss man dir, Genosse!“ Er seufzte und fügte zögernd hinzu: „Jetzt fahren wir weg, man hat wieder keine Zeit. So war das schon immer. Man gibt dem Bengel alles, will damit sein Gewissen beruhigen … und es ist alles verkehrt …“ Unsicher strich er sich mit der Hand über sein schütteres Haar.

Die Frau schnappte mit dem Verschluss ihrer Tasche.

Der Mann drückte lange die Hand Fallers.

„Nimm ihn ran! Hörst du! Ich war Arbeiter, er soll kein Schnösel werden …“

Der Händedruck der Frau war flüchtig.

Faller lauschte den auf dem Korridor verhallenden Schritten nach.

Er dachte: Das sind nun die Eltern, kluge Menschen, Genossen, die ihre Kräfte nicht schonen. Ja, mehr Zeit müsste man haben. Wir, die Verantwortlichen, dürfen nicht immer alles auf einen Ruck lösen wollen. Warum habe ich nicht schon einmal einen Brief an die Eltern geschrieben? Natürlich wäre das gut gewesen.

Faller seufzte. Er schob die Bücher auf dem Tisch zusammen. Es waren auch Bücher über Pädagogik dabei.

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