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"Aber ich muss den Niger erreichen", sagte er trotzdem, nur mehr zu sich selbst, "wenn es auch schwierig ist. Nichts soll mich hindern. Ich habe es mir in den Kopf gesetzt. Und wenn ich der erste Fremde bin, eines Tages werde ich am Niger stehen!"
Der König wiegte den Kopf. Er begriff den Gast nicht. Seine Pflichten als Gastgeber verboten ihm jedoch zu widersprechen. Als Park den König verließ, war er mit dem Ergebnis dieser ersten Unterhaltung nicht besonders zufrieden.
Er saß wenige Minuten in seiner Hütte. Da holte ihn ein Bote zurück zum Herrscher.
"Schlechte Nachricht muss ich meinem Freunde sagen", begann Dumi. "Es ist Krieg zwischen den östlichen Ländern Kaarta und Bambarra. Die Wege durch diese Reiche sind gefährlich geworden. Soeben erhielt ich die Botschaft."
"Ich verstehe nicht, was mich dieser Krieg angeht."
"Der Weg meines Gastes zum Großen Fluss führt durch diese Länder."
Park biss sich auf die Unterlippe, dass sie schmerzte. Es war zum Verzweifeln. In den letzten Wochen häuften sich die Schwierigkeiten. Er kam nicht voran. Es musste doch noch andere Wege zum Niger geben, wenn es auch Umwege waren! An diesem Negerkrieg, wenn er wirklich so gefährlich war, durfte seine Expedition nicht scheitern.
"Seit wann ist Krieg?", fuhr er fort.
"Seit vier Monden", antwortete der König. "Noch sprechen nicht die Waffen. Aber die Lanzenträger beider Reiche sammeln sich. Bald werden die Grenzdörfer brennen."
Park seufzte und ließ sich langsam auf das Sitzpolster gleiten. König Dumi hatte Mitleid. "Wenn Allah will, ist bald wieder Friede", tröstete er. "Wenn König Däsi die Rinder zurückgibt, werden die Flammen über den Dörfern verlöschen."
"Was haben Rinder mit dem Krieg zu tun?"
"Mauren haben in Bambarra Rinder gestohlen und sie in Kaarta verkauft. Bambarra hat davon erfahren und fordert die Rinder zurück. König Däsi in Kaarta hat die Tiere ehrlich gekauft und gibt sie nicht her. Da plündern die Soldaten Bambarras die Grenzdörfer von Kaarta. Der Krieg ist da. - So sprechen die Boten, die ich ausgeschickt habe."
Park musste lächeln. Wegen ein paar hundert Rindern wurden in Afrika Kriege geführt. Wie notwendig es war, dass Europa zu diesen Schwarzen kam.
Sein Lächeln war dem König aufgefallen. "Gibt es in der Heimat meines Freundes keine Kriege?", fragte er.
"Doch. Aber wir schlagen uns nicht wegen gestohlener Kühe gegenseitig tot."
"Warum denn?"
Ja, warum eigentlich? Darüber hatte Park noch nie nachgedacht. Warum hatte England in Amerika Krieg geführt? Warum kämpfte Europa gegen Napoleon? Die Antworten wären für Park unangenehm gewesen. Er zog es vor zu schweigen.
Sein Selbstbewusstsein kehrte zurück. "Ich werde trotzdem nach Osten reisen. Ich habe den Negern nichts getan. Sie werden auch mich in Frieden lassen."
"Kriege säen schlechte Absichten in die Brust der Menschen", warnte König Dumi. "Keiner ist vor dem andern sicher. Wenig gilt das Leben eines Menschen."
"Ich kann mich wehren. Ich werde aufpassen."
"Seine drei Diener werden meinen Freund wenig schützen können. Der eine ist alt, der andere ein Knabe. Nur der Maure erweckt den Eindruck, dass er kämpfen kann."
Park verzog den Mund. "Gerade auf ihn kann ich mich am wenigsten verlassen. Er spioniert mir nach. Er bestiehlt mich sogar."
"Und mein Freund lässt sich das alles gefallen? Warum hat er den Mauren nicht davongejagt?"
Park holte Luft zu längeren Erklärungen. "In den Urwäldern, in der Steppe war ich selbst ständig in Gefahr. Hier in Kuniakari will ich den Mauren genau beobachten. Der Kerl ist listig und wird sich herausreden wollen. Ich muss erst Beweise gegen ihn haben. Dann werde ich ihn... "
Park brach ab. Sein Mund blieb geöffnet. Seine Augen starrten zur Tür.
Dort stand Madibu, der Maure. An seinem unbewegten Gesicht war nicht zu erkennen, ob er etwas gehört hatte.
"Herr", sagte er und verneigte sich, "ich kann eine Schlafdecke für Euch kaufen. Der Slati verlangt dafür ein Baumwollkleid. Soll ich die Decke kaufen?"
Park schluckte. "Wann - bist du hereingekommen?"
"Soll ich die Decke kaufen, Herr?"
Parks Mund war ausgetrocknet. Die Zunge klebte am Gaumen. Er nickte.
Madibu verbeugte sich und ging.
In Parks Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. Wenn Madibu jetzt wusste, was er vorhatte? Was war zu tun? Auf jeden Fall musste er sich bald entscheiden. Madibu war gewarnt und würde sich in Acht nehmen.