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Der Himmel fällt aus den Wolken. Heitere Spiele dargestellt als eingebildete Aufführungen und wohlmeinend glossiert von zwei nicht minder eingebildeten Herren von Gerhard Branstner
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Preis E-Book:
8.99 €
Veröffentl.:
18.03.2020
ISBN:
978-3-96521-251-0 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 371 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Humorvoll, Belletristik/Satire, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Märchen, Volkserzählungen, Legenden und Mythologie, Kunst / Kritik und Theorie
Belletristik: Humor, Mythen und Legenden (fiktional), Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Heranwachsen, Familienleben, Moderne und zeitgenössische Dramen (ab 1900), Literaturwissenschaft: Dramen und Dramatiker
Theater, Humor, Satire, Griechenland, Antike, Schalk, Orient, Abraham, Ismael, Petrus, Johannes, Gott, Liebe, Roboter, Theaterkritik, Literaturkritik
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Der Kalif will dem sich vor Verlegenheit krümmenden Wesir an die Gurgel, doch Machmud entscheidet:

„Wenn er ein Nichts ist, dann darf er auch nicht zu sehen sein. Hinter den Wandschirm mit ihm!“ Der Kalif wird auf einen Wink Machmuds von einem Wächter hinter den Wandschirm gebracht. Machmud zum Wesir zur Rechten: „Und jetzt eröffne den Diwan! Ich will alle Streitfälle noch einmal verhandeln. Ankläger und Angeklagte mögen zum zweiten Mal vortreten!“ Zu einem Wächter: „Hol die Verurteilten aus dem Gefängnis!“

Der Wesir zur Rechten eröffnet den Diwan:

„Der Diwan ist eröffnet. / Nun kommt, ihr Leute, kommt. / Wer Klage hat, der klag, / solang’s dem König frommt!“

Das Fanfarensignal ertönt wieder, und die Leute auf dem Vorplatz setzen sich in Gruppen nieder. Die Gefangenen werden vorgeführt, und die Prügelknechte nehmen Aufstellung, nachdem sie den Bock zum Auspeitschen herbeigetragen haben.

„Führt die Verurteilten vor!“, fordert Machmud. Der erste Gefangene wird ihm vorgeführt. „Wer ist der Kläger?“

Der erste Kläger, ein reichgekleideter Alter, löst sich aus der Menge, tritt zu Machmud und verneigt sich, die Hände aufgestützt, mit der Stirn bis zum Boden und verharrt in dieser Stellung:

„O Herr, Allah sei dir gnädig und schenke dir ein langes Leben.“

„Heda!“, ruft Machmud. „Was machst du mit der Nase im Dreck?“

„Die Würde des Gerichts erheischt diese Stellung, o Kalif“, erklärt der Wesir zur Linken.

„Ein unbequeme Würde. Aber es sei.“ Machmud versteht die Erklärung bewusst verkehrt, rutscht vom Sessel und hockt sich, auf Knie und Hände gestützt, dem Kläger gegenüber. Der hebt verwundert die Nase. Machmud schneidet ihm Gesichter. „Also, halten wir Gericht.“

Der Wesir zur Linken hockt sich neben Machmud. „Diese Stellung, o König, ist nur dem Volke vorgeschrieben. Wir dagegen …“

Der Wesir zur Rechten hat sich zur anderen Seite Machmuds hingehockt: „O Herr, weshalb willst du den Diwan wiederholen, da doch alle Rechtsfälle zur Zufriedenheit der Parteien entschieden sind. Überdies hast du, wie ich sehe, keine Erfahrung, und die Fälle sind sehr verwickelt.“

Machmud richtet sich halb auf und lässt sich gemütlich auf den Hintern fallen: „Verwickelt, sagst du? Das ist gerade das Rechte für mich. Einem Fischer verwickeln sich die ausgelegten Netze und Schlingen so gut wie einem König. Ob der sie aber so gut zu ordnen versteht wie ich, ist noch die Frage.“ Er steht auf und setzt sich wie selbstverständlich auf den Thronsessel und wendet sich aufgeräumt dem ersten Kläger zu: „Steh auf, Alter, und rede. Aber nicht nach meinem Munde, sondern nach deinem Verstande!“

„Ich bin der Kaufmann Schubak, o Herr“, stellt sich der Kläger vor. „Dieser Dieb hat mir meinen kostbaren Ring vom Finger gerissen und ist damit weggelaufen. Auf mein Rufen hin wurde er gefangen und …“

Der Gefangene unterbricht: „Bei Allah, o Herr, es ist erlogen, ich …“

„Schweig“, fährt der Wesir zur Rechten dazwischen, „du warst nicht gefragt.“

„Auch du warst nicht gefragt“, weist Machmud den Wesir zurecht und wendet sich danach an den Kläger. „An welchem Finger trugst du den Ring?“

„An diesem, o Kalif.“ Er streckt einen Finger vor.

Machmud steigt vom Thron und besieht sich den Finger. „Irrst du dich auch nicht? Es ist kein Abdruck des Ringes zu sehen.“

„Der Ring war sehr weit.“

Machmud besieht sich erneut den Finger. „Der Finger ist gleichmäßig gebräunt. War der Ring so weit, dass du die Sonne darunterstecken konntest?“

Der Kläger gerät in Verwirrung und braucht ein Weilchen, um sich etwas einfallen zu lassen. „Ich trug ihn nur selten.“

„Und wenn du ihn nicht trugst, bewahrtest du ihn gewiss sicher auf. Wer außer dir wusste, wo?“ Der Kläger fürchtet, einen weiteren Fehler zu machen, und zögert mit der Antwort. „Überleg dir die Antwort gut“, warnt Machmud. „Zweimal hast du bereits gelogen. Ein drittes Mal geht es dir nicht durch!“

Der Kläger glaubt, die rettende Antwort gefunden zu haben. „Niemand weiß, wo ich den Ring, wenn ich ihn nicht trug, aufbe…“

„Das werden wir gleich erfahren.“ Machmud winkt einen Hofbediensteten heran. „Lauf zur Frau des Kaufmanns Schubak und ersuche sie, dir den bewussten Ring zu geben. Ihr Herr habe ihn dem Kalifen zum Geschenk bestimmt.“ Zum Kläger. „Nun wird sich zeigen, wo der Ring sich in Wahrheit befindet.“

Der Kläger wirft sich zu Boden. „Allah erbarme sich meiner! Ich bekenne mich der falschen Anklage schuldig. Ich schenke dir den Ring, o größter König aller Könige!“

„Steh auf und lass das Zittern!“, befiehlt Machmud und wendet sich an den Gefangenen. „Welche Strafe war dir auferlegt worden?“

„Ich wurde dem Kaufmann als Sklave zugesprochen. Für vierzig Monate, o Herr.“

Machmud gebietet dem Kläger: „So wirst du ihm den Lohn für vierzig Monate ausbezahlen. Als Zeichen dafür, dass die auferlegte Strafe abgeleistet ist.“ Die beiden verbeugen sich und machen sich im Rückwärtsgang davon. Machmud: „Führt den nächsten Verurteilten vor!“ Der zweite Gefangene wird vorgeführt: „Wer ist der Kläger?“

Ein anderer Reichgekleideter steigt zögernd die Stufen zur Vorhalle empor und verneigt sich. „Ich, o Herr.“

„Und welchen Vergehens beschuldigst du den Mann?“

„O mein König, ich habe mich geirrt. Seine Schuldlosigkeit ist mir inzwischen völlig klar geworden. Ich ziehe meine Klage zurück.“ Er verneigt sich hastig und will sich verdrücken.

Machmud ruft dem zweiten Gefangenen zu: „Lauf ihm nach und frag ihn, weshalb er es so eilig hat. Aber frag ihn ausführlich, verstehst du, und lass dir keine dummen Antworten gefallen.“

Der Gefangene stutzt einen Augenblick, reißt dann dem Folterknecht die Knute aus der Hand und rennt davon, so dass kein Zweifel daran besteht, auf welche Weise er seinen Kläger befragen wird.

Machmud fragt den dritten Gefangenen: „Und du, wer hat dich verklagt?“

„Dort läuft er!“ Der Gefangene weist auf einen Mann, der in der Volksmenge unterzutauchen versucht.

„O Herr“, ruft der Mann im Davonlaufen, „ich habe grad gehört, dass mein Haus brennt!“

„Hilf ihm das Feuer löschen!“, befiehlt Machmud dem Gefangenen. „Du bist mir aber dafür verantwortlich, dass das Haus wirklich gebrannt hat. Hast du mich verstanden?“

„Ja, Herr, deine Sprache versteht unsereiner sehr gut.“

Der Himmel fällt aus den Wolken. Heitere Spiele dargestellt als eingebildete Aufführungen und wohlmeinend glossiert von zwei nicht minder eingebildeten Herren von Gerhard Branstner: TextAuszug