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Aus früheren Zeiten, eine Ersatz-Weihnachtsgeschichte und ein Zeitdokument von großer Wucht - Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis
(Pinnow 20.06.2025) Können sich heutige Kinder und Jugendliche, die in Deutschland im Wohlstand und in sicheren Verhältnissen aufwachsen, vorstellen, wie das früher war? Zumindest einen Eindruck davon, vermittelt das zweite der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters, die sieben Tage lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 20.06. 2025 bis Freitag, 27.06.06. 2025) zu haben sind.
Erstmals 1979 erschien im Kinderbuchverlag der DDR Berlin Heiner, der Hütejunge. Die Geschichte einer Kindheit von Adam Scharrer. Der aus seinem Buch In jungen Jahren entnommene Text war für Leser ab 10 Jahren gedacht.
Heiner wächst in einem fränkischen Dorf in ärmlichsten Verhältnissen auf. Als Hütejunge muss er früh Verantwortung übernehmen, erlebt Hunger, soziale Kälte und die Härte des Lebens. Zwischen Stallarbeit, Schule und Schneesturm ringt er um Anerkennung, Gerechtigkeit - und um ein wenig Wärme. Dabei stellt er Fragen, wo andere schweigen, widersetzt sich, wo Gehorsam gefordert wird, und sucht unbeirrt seinen eigenen Weg durch eine Welt voller Widersprüche.
Adam Scharrer erzählt die Geschichte eines Jungen, der sich inmitten von Armut, Gewalt und rigider Moral seine Menschlichkeit bewahrt. Mit großer Empathie und scharfer Beobachtung schildert er das Dorfleben der kleinen Leute - rau, traurig, oft komisch und immer tief bewegt von Heiners Hoffnung auf ein besseres Morgen.
Heiner, der Hütejunge ist ein literarisches Kleinod über Freundschaft, Mut und die Suche nach dem eigenen Platz in einer ungerechten Welt - für Kinder ab 10 Jahren und für Erwachsene, die sich erinnern wollen, wie es war, arm zu sein, aber reich an Träumen.
Der heutige Newsletter präsentiert noch drei weitere Texte von Adam Scharrer. 1979 erschien im Aufbau-Verlag Berlin und Weimar die Sammlung Essays über Politik, Kultur und die Macht der Worte. Adam Scharrer, unbeugsamer Chronist des revolutionären Proletariats und kämpferischer Zeitzeuge des 20. Jahrhunderts, legt mit diesen Aufsätzen eine kraftvolle Sammlung literarischer, politischer und autobiografischer Reflexionen vor. Mit analytischer Klarheit, bissigem Humor und unerschütterlicher Haltung seziert er das Verhältnis von Kultur, Ideologie und Klassenkampf - von der expressionistischen Kunstdebatte bis zur literarischen Aufarbeitung von Faschismus und Exil.
Eine Weihnachtsgeschichte der etwas anderen Art, das ist seine Erzählung Der Weihnachtshase im Pfeffer. Ersatz für eine Weihnachtsgeschichte, die ebenfalls 1979 im Aufbau-Verlag Berlin und Weimar veröffentlicht wurde. Adam Scharrer erzählt allerdings keine märchenhafte Festgeschichte mit Lametta und Glockengeläut. Stattdessen nimmt er uns mit auf eine biografisch geprägte Reise durch Elend, Überlebenswille und Menschlichkeit - vom hungernden Handwerksburschen am Heiligabend bis zum Flüchtling im fernen Usbekistan. Mit scharfem Blick und schwarzem Humor entlarvt er falsche Wohltätigkeit, hinterfragt bürgerliche Moral und zeigt: Auch im tiefsten Pfeffer der Geschichte kann etwas Hoffnung wachsen - nicht durch Flitter, sondern durch echte Begegnungen. Ein Text voll Trotz, Mitgefühl und unbequemer Wahrheiten - eine literarische Weihnachtsgabe, die lange im Gedächtnis bleibt.
Als ein Zeitdokument von großer Wucht erweisen sich die beiden Erzählungen, die 1948, dem Todesjahr von Adam Scharrer, unter dem Titel Das letzte Wort im Verlag Lied der Zeit Berlin veröffentlicht wurden. Es sind Erzählungen vom Überleben, vom Aufbegehren, vom Verstummen. Adam Scharrer schildert in packender Sprache das Ringen einfacher Menschen mit harter Arbeit, familiären Zerwürfnissen, politischer Repression und dem Verlust von Menschlichkeit in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche.
Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Wie erleben Soldaten und Zivilisten den Krieg?
1942 entstand die Erzählung Das Kriegstagebuch des Leutnants Ludt von Friedrich Wolf. Sie bietet einen schonungslosen Einblick in die Gedankenwelt eines Artillerieleutnants an der Ostfront während des Zweiten Weltkriegs. In eindringlichen Tagebucheinträgen beschreibt Hans Ludt seine Erfahrungen zwischen zerbombten Schlachtfeldern, schwindender Moral und den erschütternden Folgen des Krieges - für die Front wie für die Heimat. Seine Worte spiegeln die Verzweiflung und Desillusionierung einer Generation wider, die in den Wirren eines endlosen Krieges gefangen ist. Dieses unverfälschte Dokument einer schrecklichen Zeit lässt die Leser tief in die Realität des Soldatenalltags eintauchen, bis das Tagebuch abrupt endet - möglicherweise mit dem Tod seines Verfassers. Wie viele andere Soldaten, die die Sinnlosigkeit des Krieges erkennen, könnte Ludt eine von vielen Stimmen gewesen sein, die stumm blieben, als das Grauen seinen Höhepunkt erreichte.
In seiner eindrucksvoll erzählten Kindheitserinnerung Heiner, der Hütejunge. Die Geschichte einer Kindheit schildert Adam Scharrer das entbehrungsreiche Leben eines Hirtenjungen im ländlichen Bayern der Vorkriegszeit mit scharfem Blick für soziale Ungerechtigkeiten, aber auch mit feinem Gespür für Menschlichkeit und Mitgefühl. Die folgende Episode zeigt, wie sich aus einem einfachen Schulgespräch unerwartet eine kleine Kette der Hilfe ergibt und wie selbst warme Suppe, gebrauchte Stiefel und eine Joppe zum stillen Wunder werden können. Doch nicht alle sehen das mit wohlwollenden Augen
Zum Glück ließ der Frost nun ein wenig nach, und Vater bat den Lehrer darum, dass wir während des Schulunterrichts Schuhe aus Flicken anziehen durften, die uns die Mutter genäht hatte. Da bei diesem Gespräch des Vaters mit dem Lehrer auch der junge Vikar zugegen war, kam auch ein Gespräch zwischen diesem und Vater über einige andere Dinge zustande mit dem Erfolg, dass der Vikar sich an einige wohlhabende Bauern mit der Bitte wandte, den von auswärts kommenden Schülern während der Schulpause eine warme Mahlzeit abzulassen, und da wir nur circa ein halbes Dutzend waren, konnten wir untergebracht werden. Ich wurde Rapphuber, dem Wirt Zum kühlen Grund in Erlendorf, zugeteilt und hatte es besonders gut getroffen. Meta, die Tochter, fütterte mich so gut, dass ich manchen Wecken und manches Stück Wurst heimlich von meinem Teller in meine Tasche verschwinden lassen konnte, und als sie mich eines Tages heimlich durch das Küchenfenster beobachtete und mich zur Rede stellte, machte ich mich schon darauf gefasst, nun meine Pension zu verlieren, die ich den Winter über gesichert glaubte, und sagte: Ich wollt halt für die Unseren daheim auch ein Stückl aufheben, und ob ich es hier selber esse oder mitnehme, ist doch eigentlich gleich.
Aber gerade diese Antwort imponierte dieser Wirtstochter, und nach einigen weiteren Fragen und Antworten sagte sie: Es ist aber nicht gut, wenn man so etwas heimlich verschwinden lässt, das kann leicht falsch verstanden werden. Dann gab sie mir Einwickelpapier und legte zu dem Stück Wurst, das ich aus meiner Portion Sauerkraut herausgefischt und uneingewickelt in die Tasche gesteckt hatte, noch ein weiteres, recht ansehnliches Stück hinzu und einen großen Wecken und sagte: Das kann mir eigentlich gefallen von dir, dass du auch an deine anderen Geschwister denkst. Von diesem Tage an legte sie fast regelmäßig etwas für mich bereit. Im Gasthaus Zum kühlen Grund wurden in der Regel allein zum Verkauf an Gäste wöchentlich drei Schweine und ein Stück Rindvieh geschlachtet, und die Suppe und die Klöße und das Sauerkraut waren so fett und die Portionen so reichlich, dass ich mich bald auf die mir hier gereichte Mahlzeit beschränkte, weil die Wassersuppen und die abgerahmte Milch und das trockene Brot, das mich zu Hause erwartete, mir nicht mehr schmeckten.
Vater und Mutter wunderten sich wohl, dass ich gar so freigebig bedient wurde, der wirkliche Grund kam jedoch bald ans Tageslicht. Meta war von dem jungen Vikar gebeten worden, mich bei ihren Eltern unterzubringen, und sie hatte ein großes Interesse daran, dem jungen Vikar gefällig zu sein. Es stellte sich bald heraus, dass der Vikar und diese Meta nicht nur meine Versorgung im Auge hatten. Ich machte mir darüber wenig Gedanken oder nur in der Richtung, dass Gottes Wege eben doch recht wunderbar seien, denn zu der fetten Kost ergatterte ich dann noch ein Paar Stiefel. Das Anziehen meiner mir zu engen Stiefel war nämlich eine Qual, deswegen lief ich zu Mittag stets in meinen Flickenschuhen zum Essen. Die Frage, warum ich also in diesen Flickenschuhen kam, lag auf der Hand für einen Menschen, der einen Anlass suchte, und Meta schien auf einen solchen Anlass gewartet zu haben, denn nach der entsprechenden Antwort hatte sie diese Stiefel sofort griffbereit. Langschäfter, bis über die Knie gingen sie mir, und es war auf den ersten Blick zu sehen, dass sie der Schuster eben erst instand gesetzt hatte. Neue Hauben waren angesetzt, und der eine hatte auch seitlich einen derben Flicken bekommen. Der Sohn des Gasthauses Zum kühlen Grund , der die Schule bereits verlassen hatte, mochte wohl, während diese Stiefel in der Rumpelkammer gelegen hatten, zwei Paar neue verbraucht haben, ich aber war nur von dem einen Gedanken beherrscht, ob mir diese abgegebenen Stiefel passen würden. Und sie passten! Auch ein Paar Filzsohlen, die Meta mir noch gab, konnte ich gut darin unterbringen. Der Fuß saß warm und bequem, und als mir Meta dann auch noch eine warme Joppe verehrte, eine richtige Jägerjoppe mit zwei schrägen Außentaschen, zwei Innentaschen, Hirschhornknöpfen und zum Glück mit zu langen Ärmeln, so dass durch das Abschneiden dieser Ärmel die schadhaften Stellen am Ende überflüssig wurden und mit den Stoffresten die durchgestoßenen Ellbogen ausgebessert werden konnten, da zweifelte ich nicht mehr daran, dass der liebe Gott mein Gebet bereits erhört und diese Hilfe nur als eine provisorische gedacht sei und die große Bescherung zu Weihnachten durch das Christkind ganz außer Zweifel stünde.
Bestärkt in diesem Glauben wurde ich noch dadurch, dass Meta mir eines Tages vorschlug, ich solle zu den Schlachttagen einen Eimer für Suppe mitbringen, eine Mitteilung, bei der jedoch trotz aller angenehmen Seiten auch die Schattenseite nicht zu verkennen war, denn wenn ich nach Schulschluss mit meinem Eimer Wurstsuppe erst durch Erlendorf, dann aber auch durch Gersdorf ging, war damit zu rechnen, dass es noch mehr Redereien geben würde als über meine Stiefel und meine Joppe. Nicht vorauszusehen jedoch war, dass ausgerechnet der Bürgermeister von Gersdorf sich über diese Wurstsuppe aufregte, weil, wie er sagte, dies aussehe, als könne die Gemeinde Gersdorf ihren Hirten nicht ernähren. Dass dem aber nicht so sei, denn die Gemeinde Gersdorf hätte ihrem Hirten nicht zur Bedingung gemacht, sich einen Stall voll Kinder anzuschaffen. Aber wenn ein Hirt dies dennoch für richtig halte, dann müsse er sich mit seinen Kindern eben mit Wassersuppen und Kartoffeln begnügen. Und der Bürgermeister von Gersdorf beauftragte Kesselmann, meinen Eltern dies auszurichten.
In seinen Essays über Politik, Kultur und die Macht der Worte verbindet Adam Scharrer politische Klarheit mit sprachlicher Schärfe. Mit analytischem Blick und leidenschaftlichem Engagement hinterfragt er kulturelle Mythen, entlarvt Ideologien und plädiert für eine Literatur, die nicht im Elfenbeinturm verweilt, sondern Stellung bezieht. In der folgenden Leseprobe setzt er sich kritisch mit Ricarda Huchs Werk auseinander und mit der Frage, was Literatur im Angesicht von Faschismus, Krieg und gesellschaftlicher Verantwortung leisten muss. Ein kraftvolles Plädoyer für Realismus, Haltung und intellektuelle Redlichkeit.
ÜBER DEN REALISMUS IN DER LITERATUR
Zwölf Jahre Hitler-Kultur haben nicht nur die deutsche Literatur in einem gefährlichen Ausmaß vergiftet, sondern auch die Hirne unserer Zeitgenossen. Die Bereinigung unseres geistigen Lebens ist daher eine der dringendsten, wenn nicht die dringendste Aufgabe überhaupt, und sie muss Stück- und Flickwerk bleiben, wenn sie sich auf die formale Säuberung unserer Literatur beschränkt und nicht zu den geschichtlichen Fehlerquellen zurückfindet, um so dem deutschen Geistesleben zu jenem Faktor zu verhelfen, der als Garantie gegen geistige Unsicherheit und Ohnmacht gewertet werden kann. Eine verantwortungsbewusste, auf die bitteren Erfahrungen fußende Kritik der Erscheinungen und Strömungen unserer Literatur ist unerlässlich, um nicht von neuem zum Spielball geistfeindlicher, machtlüsterner Gewalten zu werden. Denn auch die Wehrlosigkeit vieler Schriftsteller und Künstler, die sich intellektuell gegen die Hitlerbarbarei aufbäumten, um am Ende zu kapitulieren, beweist, dass die deutsche Literatur selbst überwiegend zum Instrument der Wehrlosmachung geworden war. Wie weit wir jedoch noch davon entfernt sind, diese Lehren zu beherzigen, zeigt ein Artikel Ehm Welks, Das Werk der Ricarda Huch, in Nummer acht dieser Zeitschrift.
Es ist unzweifelhaft ein gewagtes Unterfangen, anlässlich des Todes einer Dichterin wie Ricarda Huch in einem kurzen Aufsatz Wesentliches über ihr Werk aussagen zu wollen. Es steht wie ein Berg vor uns, gewachsen in einer Epoche katastrophaler Erschütterungen der kapitalistisch-imperialistischen Gesellschaftsordnung. Und der Weisheit letzter Schluss der kapitalistischen Gesellschafts-Wissenschaft manifestiert sich auch heute wieder in dem fanatischen Willen der herrschenden Klassen, das arbeitende Volk als den Träger der zukunftsträchtigen Idee des Sozialismus im weitgehendsten Maße zu verwirren und zu versklaven.
Diese grundlegende Erkenntnis ist als Ausgangspunkt auch für die Würdigung eines Werkes wie das der Ricarda Huch, das aus dieser schicksalsschwangeren Epoche herauswuchs, die einzig mögliche Position, die uns vor verhängnisvollen Irrtümern zu bewahren vermag.
Ehm Welk jedoch unterließ es, das Werk der Ricarda Huch dem Schmelztiegel dieser hässlichen Welt auszusetzen, um so zu verdeutlichen, inwieweit sich diese Erkenntnis auch in dem Werk der Ricarda Huch abzeichnet; was nur als Stütze zu soliderem Beginnen zu werten ist und in diesem Sinne wohl zum Werk, zum Ganzen gehört, dass aber nur der große, unter Irrungen und Wirrungen errungene Gewinn die befruchtende Kraft ausstrahlt, die in die Ferne und in die Tiefe wirkt. An Stelle kritischer, positiver Würdigung des Lebenswerkes der Ricarda Huch gibt Welk eine billige Heldenverehrung. Wir müssen uns durch eine ganze Seite Bericht über den ersten deutschen Schriftstellerkongress hindurchlesen, um am Schlusse zu erfahren: Wie die Allmacht des Geistes Besitz ergriff von einem verfallenden menschlichen Körper, wie er das fast schon Tote wieder zum Leben brachte, es durchblutete, erblühen und erglühen ließ, so dass von der lebensmatten Greisin, die da vordem gestanden hatte, nicht nur die Jahrzehnte abfielen wie überflüssig gewordene Mäntel, sondern auch die holde Täuschung sich vollzog, dort auf der Bühne stehe ein Mensch in der Vollkraft seines Geistes und Leibes, bereit, seinem geliebten Volke die Fackel voranzutragen in eine bessere Zukunft. Wir sehen, Welk ist von der Persönlichkeit Ricarda Huchs ehrlich begeistert. Durch die holde Täuschung dürfte ihm jedoch auch vom Gesichtspunkt seiner Betrachtung etwas sehr Wichtiges entgangen sein. Das Erhebende und Bleibende des Erscheinens und Wirkens der Ricarda Huch auf diesem Kongress war dies, dass sie mit einfachen und durch diese Einfachheit zu Herzen gehenden Worten ein offenes und eindeutiges Bekenntnis zum neuen Deutschland ablegte. In derselben bedingungslos begeisterten Weise berichtet Welk dann summarisch über die einzelnen Werke der Ricarda Huch und kommt zu dem Schluss: Wir müssen in der Literatur schon bis zu Goethe zurückgehen, um einen ähnlichen Fall zu schauen Der größten eine, welche die deutsche Erde trug: Dichterin, Historikerin, Philosophin, Christin und Weib in einem großartigen Zusammenwirken. Wir sehen, Welk ist auch bezüglich seiner positiven Einschätzung des Werkes der Ricarda Huch nicht zu übertreffen.
Literatur in ihrer Eigenschaft als gesellschaftliches Phänomen, als vorwärtstreibende und befruchtende Kraft auf die geistige Entwicklung der Menschheit muss sich erproben an den Problemen ihrer Zeit. Welchen von unseren Meistern der erste oder der zweite oder der dritte Platz gebührt und welche unter den Schriftstellern unter ferner liefen einzureihen sind, das möchten wir nicht voreilig entscheiden. Nur dies muss vermerkt werden, dass für die Fruchtbarmachung der Werke unserer Meister die gewissenhafte Interpretation von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist und in das Gebiet wissenschaftlicher Analyse gehört, also nicht eine künstlerisch-journalistische Angelegenheit sein kann mit dem Anspruch auf künstlerische Freiheit in der Behandlung des Stoffes. Diesem Irrtum ist es zuzuschreiben, dass Welk bei dem Versuch der Beweisführung für die Größe der Ricarda Fluch nicht erreicht, was er verspricht.
Dann stellt uns Welk Ricarda Huch als klare Protestantin vor und berichtet darüber, wie hier ein christlicher Philosoph oder ein philosophischer Christ das protestantische Christentum ins Volk tragen wollte, und als Quintessenz der christlichen Philosophie oder des philosophischen Christentums der Ricarda Huch erfahren wir: Alles, was wir als eine Kette von Gebirgen sehen, das schrumpft vor dem Auge des Ewigen zusammen, verliert Gestalt und Gehalt und ist im Lichte der Dauer des Lebens nur eine Aneinanderreihung von Sandkörnern! Epochen werden so zu Sekunden, Völkerauseinandersetzungen und Erdenschicksale zu Kindergezänk und Parzellenverteilung So unser Leben angesehen, gleichsam von einem fernen Stern, bleibt allein Gott die Wahrheit Darum lasse der Glaube die Ideale aus dem Schoße der Natur steigen, welche dem Ungläubigen, dem nur Wissenden, verschlossen bleibt
Was uns Welk hier als Beweis für die Bedeutung der großen christlichen Philosophin oder der philosophischen Christin vorsetzt, kann doch wohl nicht als besonderes Kennzeichen für die mobilisierende Wirkung des Werkes der Ricarda Huch angesehen werden. Es ist wohl ungefähr die Philosophie, an der Leo Tolstoi letzten Endes körperlich und geistig zerbrach, ein Beispiel, das für die weitere Befruchtung und Entwicklung der Menschheit zum Glück mehr abschreckend als anspornend wirkte. Leo Tolstoi hinterließ uns jedoch als Erbe noch etwas anderes als die Erinnerungen an sein tragisches Ende infolge der konsequenten Verfolgung seiner christlichen Philosophie. Das war sein Werk, das von der Philosophie der realen Welt erfüllt ist. Ein Werk von jener großartigen Realität, die dem der Wahrheit und der Gerechtigkeit Verhafteten die Feder führte. Die Philosophie des realen Lebens war es, die sein Werk durchtränkte und es auf jene künstlerische Höhe hob, hinter der sein religiöser Wahn verblasst wie der Schatten eines Grashalms angesichts der aufgehenden Sonne. Die Dialektik des materiellen Lebens ist es, die den Tempel unserer Künder und Kämpfer heizt, und damit ist auch das Geheimnis ihrer schöpferischen Methode enthüllt. Bekenne! heißt die unerbittliche Alternative. Auch Ricarda Huch hat sich durchgerungen zu jenen großen Bekennern. Welcher Weltanschauung ein Künstler außerdem noch verhaftet sein mag, bleibt von sekundärer Bedeutung. Ernst Wiechert wird wohl schwerlich auf die Philosophie Lenins schwören, aber als der große Bekenner und Ankläger im Kampf für Wahrheit und Gerechtigkeit bagatellisiert er den Kampf gegen die Barbarei nicht als Kindergezänk, sondern er kämpft mit in der ersten Reihe, und darauf kommt es an.
Welk vergisst, dass der Kritiker zu seinem Objekt eine klar erkennbare Distanz zu wahren hat. Er schreibt: Ricarda Huch besaß die gewaltige, bewundernswerte geistige Kraft, das Leben als Ganzheit zu erkennen: in seinem Miteinander von Gut und Böse, Lust und Grauen, Leben und Tod, Blütenduft und Verwesungsgeruch, im Kinderlachen und Greisengreinen, in sternenklarer Geistesklarheit und düsterer Stumpfheit, im Gott-Satan-Einssein. Und nicht nur zu schauen in dichterischen Visionen, nein, als Inhalt des Lebens überhaupt, als geschichtlichen Inhalt zu erkennen und zu gestalten. Sie besaß die Begnadung weiser Abgeklärtheit, nicht in Gestalten, Geschlechtern und Völkern zu denken, sondern das Leben selbst zu denken.
Dazu ist zu bemerken, dass die Entdeckung, das Leben als Ganzheit zu erkennen, bereits seit Beginn menschlicher Geschichte und Literatur kein Geheimnis mehr ist. Wozu aber dann der Nebel von Worten bis hinauf zu dem Gott-Satan-Einssein. Besehen wir uns die Sache bei klarem Tageslicht, dann heißt dies: Ricarda Huch besaß die Begnadung weiser Abgeklärtheit , sich nicht nur ein Leben ohne Gestalten, ohne Geschlechter, ohne Völker, also ein Leben ohne Leben, also das Nichts sich nicht etwa nur vorzustellen, sondern dieses Nichts zu denken. Als Schlussfolgerung aus dieser Theorie für die Schüler unserer Meister ergibt sich: Solange nicht die Begnadung weiser Abgeklärtheit über euch gekommen ist, Gestalten und Völkern und Geschlechtern, also der Menschheit, den Rücken zu kehren, um das Leben ohne Leben zu denken, solange lasst alle Hoffnung fahren. Das ist keine ermutigende Perspektive für unseren Schriftstellernachwuchs.
Das schon hundertmal totgerittene Steckenpferd von der Kunst um der Kunst willen wird hier von neuem aufgezäumt. Einer Kunst, die neben dem Grauen der Katastrophe im lebensleeren Raum des Elfenbeinturms blüht und gedeiht. Der Theorie, die sich ihrem Wesen nach gegen jede wirklich kämpferisch-fortschrittliche Literatur richtet und die von eh und je eine der heimtückischsten Waffen in den Händen demokratisch maskierter Dunkelmänner war, und die ihre Logik auch da hat, wo die Verfechter einer solchen Theorie sie nicht haben.
Welk schreibt: Aus dieser Verpflichtung zur Ganzheit des Lebens hat diese Frau, die philosophisch dem deutschen Idealismus zugehörte, den Weg gefunden auch zum Verstehen des geschichtlichen Materialismus. Und zum Beweis dafür zitiert Welk die Schlusssätze aus Alte und neue Götter: Ob es möglich ist, dass die Menschheit ohne jenseitige Götter lebt und eine Geschichte hat, kann niemand wissen. Es geht hier aber nicht um historisch-philosophische Flohknackereien auf einem Niveau, aus dem die philosophischen Wassersuppen der deutschen Universitäten gekocht wurden, sondern um die Fruchtbarmachung des realen Gewinns einer schöpferisch-kämpferischen Leistung.
Welk lässt jene Beweise aus dem Werk Ricarda Huchs vermissen, die wirklich für ihre Volksverbundenheit zeugen. Beweise aus ihrer künstlerischen Praxis, durch die sie sich letzten Endes selbst überwand und zu ihrer wirklichen Größe als Schriftstellerin aufwuchs. Der Hinweis Welks auf die letzte Arbeit der Ricarda Huch: die Gestaltung des Schicksals der Geschwister Scholl sowie die Rebellion des 20. Juli besagt dagegen wenig, denn wären diese Werke von der Philosophie durchsetzt, die uns Welk als die der Ricarda Huch deutet, dann wären sie wohl kaum ein Gewinn. Wir müssen zu einer klaren Frontstellung der fortschrittlichen Literatur und Literaturkritik gegenüber der reinen Kunst kommen. Das ist das Gebot der Stunde.
Wer glaubt, dass Weihnachtsgeschichten stets vom Lichterglanz, frommen Liedern und glücklichen Familien handeln müssen, wird hier eines Besseren belehrt. Mit bitterem Witz, schneidendem Sarkasmus und viel Mitgefühl erzählt Adam Scharrer vom Überleben am Rande der Gesellschaft und von einer Weihnachtsnacht, die alles andere als besinnlich ist. Die Erzählung Der Weihnachtshase im Pfeffer. Ersatz für eine Weihnachtsgeschichte ist kein Trostpflaster, sondern ein scharf gewürzter Blick auf Armut, Entwürdigung und eine Menschlichkeit, die sich im Abgrund bewähren muss.
Glaubt mir, Freunde, ich weiß sehr wohl, dass mancher von euch die Nase rümpft über soviel moralische Verkommenheit, ich jedoch möchte dieses Erlebnis nicht aus meinen Weihnachtserinnerungen streichen, und ich will euch sagen, warum. Eine Stunde vor diesem Sündenfall noch hatte ich diese Welt mitsamt ihrer gnadenbringenden Weihnachtszeit zähneklappernd verflucht. Über ein halbes Jahr war ich bereits auf der Suche nach Arbeit und den dadurch gesicherten warmen Platz, den man doch jedem Hund gönnt. In meiner Verzweiflung hatte ich bereits beschlossen, mich von meinem armseligen Leben loszusagen, und hätte es sicher auch getan, wenn dies so einfach gewesen wäre wie der Beschluss. Die praktische Seite stellt sich jedoch als ekelhafte und umständliche Geschichte dar, ganz gleich, ob man mit dem Erhängen beginnen will oder mit Ersaufen, und deswegen hatte ich beschlossen, es dem Frost zu überlassen, mich ins Jenseits zu befördern, und zu diesem Zweck hatte ich mich in einer Feldscheune gewissermaßen zur ewigen Ruhe niedergelegt. Der Frost hatte mich jedoch so unbarmherzig gepeinigt, dass ich nicht zum Sterben gekommen und wieder aufgesprungen war, und nun war ich ausgesöhnt, und wer von euch nun, liebe Freunde, immer noch die Nase über meine Niedertracht rümpft, den kann ich mit der Fortsetzung dieser Geschichte vielleicht beruhigen.
Man hatte an diesem Heiligen Abend auch uns Asylisten nicht vergessen. Einige Äpfel und versilberte Nüsse bekamen wir, und jeder drei große Bücklinge. Sie sahen nicht sehr frisch aus und rochen auch nicht sehr frisch, aber auch ich hätte sie mir vielleicht einverleibt, wenn ich nicht vorsichtshalber etwas mehr Wäsche von der Leine genommen hätte, als ich selbst benötigte. Dann wäre mir womöglich auch diese Weihnachtsgeschichte erspart geblieben, denn drei Asylisten starben während der Feiertage an Vergiftung. Der Inhaber des Räucherwarengeschäftes, der sich zu dieser hochherzigen Spende entschlossen, hatte sie nicht mehr verkaufen können, die faulen Fische, wollte sie aber auch nicht wegwerfen, wollte daher den Ärmsten der Armen zum Fest der Liebe ein wenig Freude bereiten.
Familiäre Konflikte, wirtschaftliche Not und ein unbeugsamer Patriarch: In der Erzählung Das letzte Wort zeigt Adam Scharrer, wie sich gesellschaftlicher Umbruch und persönliche Starrheit ineinander verhaken können. Mit klarer Sprache und scharfer Beobachtung schildert er das Zerbrechen familiärer Bindungen am Beispiel des Tinterbauern, dessen Autorität nicht nur vom eigenen Sohn, sondern auch von den Zeichen der Zeit infrage gestellt wird. Die folgende Leseprobe führt mitten hinein in ein Drama zwischen Generationen und in die Frage, wer am Ende wirklich das letzte Wort hat.
Ein stattliches zweistöckiges Haus inmitten eines prächtigen Obstgartens und dazu etwa dreißig Hektar Land nannte der Tinterbauer sein eigen. Alles in allem genommen einer der schönsten Bauernhöfe in Unterläuten. In guten Jahren warf der Hof einen ganz respektablen Überschuss ab, doch als die Zahl der Erwerbslosen in die Millionen ging, die zwar einen riesigen Hunger, aber nicht Geld genug hatten, um die Milch und das Fleisch zu kaufen, die die Bauern in die Städte lieferten, stockte der Absatz, obgleich die Preise stark gefallen waren. Und so kam es, dass auch der Tinterbauer Schulden machen musste. Es handelte sich um sechstausend Mark, im Verhältnis zu diesem Bauernhof eine ganz geringfügige Summe und genau so viel, als der Vermögensanteil, den Tinter seinem ältesten Sohn, dem Konrad, auszahlen musste.
Für Tinter jedoch bedeutete diese Wendung der Dinge etwas Tieferliegenderes, Ernsteres. Gerade die Auseinandersetzung mit Konrad schien ihm dafür ein entsprechender Beweis.
Konrad hatte sich nämlich eine Frau ausgesucht, die ganz und gar nicht nach dem Geschmack Tinters war. Es war die Tochter des Schmiedemeisters von Oberläuten, und diese Heirat konnte nach Tinters Meinung nicht gut ausgehen. Erstens war bei dieser Schmiede nur wenig Land, zweitens war Konrad kein Schmied und der Vater der zukünftigen Schwiegertochter schon in den Sechzigerjahren. Tinter gefiel die Schwiegertochter aber auch aus einem anderen Grunde nicht. Sie sagte ganz offen, dass es ihr keinen Spaß machte, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang auf dem Felde zu arbeiten und sich als einzige Entschädigung mit dem sonntäglichen Kirchenbesuch zu begnügen. Sie tanzte gern, lachte gern, fuhr gern mit Konrad in die Stadt zum Jahrmarkt, trug dabei gut auf ihre Figur gearbeitete Kleider, und ihre Figur war so, dass selten ein Mann an ihr vorbeiging, ohne sich nach ihr umzudrehen. Ein leichtsinniges, überkandideltes Frauenzimmer, urteilte Tinter, und es war ihm ganz unfassbar, dass Konrad Heiratsgelegenheiten ausschlug, die finanziell weit günstiger zu beurteilen waren.
Noch mehr jedoch ärgerte Tinter sich darüber, dass Konrad die Redereien seines Vaters überhaupt nicht ernst nahm. Auch die Mutter bekannte resigniert: Grad wie verhext ist er. Und so häufte sich der Groll Tinters immer mehr an, bis es eines Tages zu einem furchtbaren Krach zwischen ihm und Konrad kam. Tinter fand für das Verhalten Konrads keine andere Erklärung, als dass auch er von der Leichtsinnigkeit und Leichtlebigkeit angefressen war, die sich seiner Meinung nach in der Welt breitmachte, und die, wie ihm schien, auch der Grund war, dass alles drunter und drüber ging und nicht mehr in Ordnung kommen wollte. Tinter hielt es für ein Verbrechen, sich selbst durch falsch verstandene Nachgiebigkeit mitschuldig zu machen, denn dieses Gift fraß ja auch, wie er glaubte, an seinem Hof. Er zahlte Konrad den Vermögensanteil aus und verbot ihm ein für alle Mal das Haus.
In knappen, erschütternden Notizen hält Friedrich Wolf die zunehmende Hoffnungslosigkeit und das Entsetzen eines deutschen Frontoffiziers im Zweiten Weltkrieg fest. Das Tagebuch des Leutnants Ludt ist kein Heldengesang, sondern ein eindringliches Dokument innerer Zerrüttung, militärischer Selbstüberschätzung und des schleichenden Zerfalls. Die folgende Leseprobe aus Das Kriegstagebuch des Leutnants Ludt von Friedrich Wolf zeigt, wie der Krieg die Sprache verkürzt und wie das Schweigen am Ende alles sagt.
Am 19. Juni notiert das Tagebuch: Unsere Division besteht nur noch aus Trümmern. Unsere Herren Kommandeure aber fühlen sich so stark, als ob sie Moskau allein nehmen könnten. Diese Überschätzung unserer Kräfte hat uns den Winterfeldzug gekostet. Die Herren aber haben daraus gar nichts gelernt.
Dann werden die Eintragungen immer lakonischer. Der Russe greift an. Geschütze fallen aus. In einem Beobachtungsstand wird durch einen Volltreffer der russischen Ari der Leutnant Schweikart, sein bester Freund, getötet, auch dessen Chef. Dann wird es bei ihnen ein paar Tage etwas ruhiger. Aber plötzlich steht ein Satz da. Nördlich von uns ist der Russe durchgebrochen. Und am 7. Juli 1942: Mit der Ruhe scheint es vorbei zu sein Hier bricht das Tagebuch ab.
Der Text, in dem Adam Scharrer von der schwierigen Kindheit des Hütejungen Heiner erzählt, regt zum Nachdenken über eine gute und glückliche Kindheit an. Wie sieht sie aus? Und was gehört dazu?
Zu den wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass ein Kind gut und glücklich aufwachsen kann, gehören angemessene familiäre und gesellschaftliche Umstände.
Zu den familiären Umständen zählen die unbedingte Liebe der Eltern, aber auch die der Geschwister, Großeltern und anderen nahen Verwandten. Nur wenn der kleine Mensch spürt, dass er willkommen ist, kann er gut und glücklich aufwachsen und sich zu einem selbstbewussten und starken Erwachsenen entwickeln. Das ist die eine, die familiäre Seite.
Die gesellschaftliche Seite bezieht sich unter anderem auf die soziale Sicherheit und ausreichende Verdienstmöglichkeiten der Eltern, auf gesundheitliche Fürsorge und besonders wichtig auf Bildungsmöglichkeiten. Denn gerade eine gute Bildung ist das beste Startkapital für ein gelingendes Leben.
Erst wenn diese familiären und gesellschaftlichen Umstände zusammentreffen, lässt sich auf eine gute und glückliche Kindheit hoffen.
Zum Vergleich, was gemeint ist, hier noch ein Auszug aus dem Buch über die Kindheit von Adam Scharrer:
Mein Vater war sehr stolz auf seinen guten Ruf als Gemeindehirt, und als ich über die Schönheit meiner Heimat hinauswuchs und recht unliebsam an meine Bürgerpflichten erinnert wurde, hatte ich das fünfte Lebensjahr wohl kaum überschritten. Es war beschlossen worden, dass ich im kommenden Sommer die Gänse zu hüten hätte, und diesem Beschluss lagen recht nüchterne Erwägungen zugrunde. Ich war damals bereits der älteste von drei Geschwistern, aber zum Hüten der Gänse hatten die Eltern bis dahin einen aus der Schule entlassenen Jungen dingen müssen, so dass wir mit sechs Menschen um den Tisch saßen, ein Umstand, der mir bis dahin wenig Kopfzerbrechen verursacht hatte; aber nun kam so etwas wie ein jähes Frühlingserwachen über mich. Den ganzen Tag allein auf den Gänseanger verbannt, das schien mir ganz unfassbar, aber meine Bitten und Tränen dagegen wurden von meinem Vater mit dem Argument abgetan: Merk dir das ein für alle Mal, Heinrich, du bist nicht bloß zum Fressen auf der Welt!
Bleiben Sie ansonsten weiter vor allem schön gesund und munter und der Welt der Bücher gewogen. Die nächste Ladung mit E-Books ist schon ausgewählt und auf dem besten Wege zum Versand in alle Himmelsrichtungen.
Zum diesem Bücherpaket gehört ein Science Fiction-Roman von Alexander Kröger. Erstmals 2003 erschien im KRÖGER-Vertrieb Cottbus sein Buch Begegnung im Schatten. Dem E-Book liegt die 2., überarbeitete Auflage zugrunde, die 2012 im Projekte Verlag Cornelius Halle veröffentlicht wurde.
In einem Tagebau wird aus dem Kohleflöz ein Shuttle gebaggert. Das Öffnen gestaltet sich schwierig. Sein Inhalt, zunächst geheim gehalten, begeistert weltweit Wissenschaftler und führt zu Illegalem.
Nach abenteuerlichen Vorbereitungen gelingt ein unerhörtes Experiment. Ein Wesen aus dem Erbgut einer anderen Welt setzt seine Schöpferin in höchstes Erstaunen, und Ermittlungen fordern Sensationelles zu Tage.
Den spannenden Hintergrund zu Krögers wissenschaftlich-fantastischem Roman aus den Jahren 2003 und 2012 bilden Zerrüttungserscheinungen und Werteverfall in der Gesellschaft.
Hier der spannende Einstieg in das Buch, der neugierig macht auf mehr:
Der Morgen dämmerte.
Noch lagen Arbeitsebenen und Geräte im tiefen Schatten. Aber drüben über der höchsten Rippe der Kippe, als brenne der Kamm, fraß sich langsam gleißendes Licht herauf. Ein schöner Frühsommertag würde es werden.
Wie verloren stand Fritz Hegemeister neben dem Blechmonstrum, das er in der Nacht aus der Kohle gelöst hatte. Übermannshoch und stromlinienförmig, in der Tat einem Shuttle ähnlich, lag es da, kohlebeschmiert ohne sichtbare Zeichnung. Die Zähne des Schaufelrades hatten zwar vorn - wo war vorn? eine Kante leicht wellig verformt und die Oberfläche silbrig angeritzt, aber keinen wirklichen Schaden verursacht. Hartes Zeug, dachte Fritz. Er hieb mit der Faust an die Wandung, die aber anscheinend so stabil war, dass es noch nicht einmal hohl klang. Und natürlich bestand für ihn kein Zweifel, dass er eine Hülle, ein Gehäuse vor sich hatte.
Vom Dispatcher hatte Fritz die Nachricht erhalten, dass der Schichtsteiger vorbeikommen wolle, um sich das anzuschaun - wenn die Übergabestation wieder flott ist.
*
Erich Lange steuerte seinen heftig tuckernden schweren Bulldozer, der ein beachtliches Bündel Bahnschienen hinter sich her schleifte, die Baggerstrosse entlang. Fritz Hegemeister handelte.
Durch aufgeregtes Armeschwingen machte er auf sich aufmerksam. Der Kumpel brachte die Maschine zum Stehen.
Staunend und ungläubig stand Erich, beklopfte den Fund, murmelte immer wieder Menschenskind, das ist ein Ding!, und ließ sich zeigen, wo genau es in der Kohle stak.
Das muss hier weg, forderte Fritz. Es behindert mich beim Baggern, das siehst du doch.
Ja, ja. Aber ich will warten, bis der Steiger kommt!
Das kann lange dauern. Ich habe einen Berg Kohle auf dem Planum liegen. Den muss ich aufnehmen, wenns Band wieder läuft. Kommt ja sonst alles durcheinander. Also, was ist!
Na ja, sagte Erich zögernd. Er lüftete den Helm und kratzte sich am Kopf.
Los, häng schon ab und schiebs rüber. Hierher. Fritz machte einige Meterschritte vom Kohlestoß weg, bis er sich außerhalb der Arbeitsrichtung des Baggers befand. Bis hierher, rief er.
Mann, wer weiß, was das ist. Wir sollten nicht ... Na, meinetwegen.
Was es ist? Sieht aus wie ein solcher Amishuttle. Aber das kriegst du nicht kaputt, wenns die Jahre nicht geschafft haben. Also!
Erich bestieg seine Maschine, ließ den Diesel aufknattern, dass eine blauschwarze Qualmwolke für Augenblicke die Sicht nahm, und zerrte die Schienenlast ein Stück weiter, damit sie die weiteren Manöver nicht behindere. Dann senkte er den Schild, tuckerte behutsam an die Fundsache heran und berührte sie so sanft, wie man es weder ihm noch dem robusten Bulldozer zugetraut hätte.
Erich schob das Ding ein paar Meter, setzte um, dirigierte erneut, bis er den notwendigen Ansatz gefunden hatte, und er bugsierte das Klobige auf die von Fritz bezeichnete Stelle.
Ich will damit nichts zu tun haben, rief er. Aber halt mich ja auf dem Laufenden! Er hängte das Schienenbündel wieder an und gab Gas