Home
eBook-Shop (nur Verlagstitel)
Links
Warenkorb
Eine geheimnisvolle Insel, ein schussliger Zauberer und hohes Kopfgeld auf einen Wilddieb - Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis
(Pinnow 25.04.2025) Bücher haben ihre Schicksale, so heißt es. Manchmal sind es eher komische, manchmal sind es aber auch eher tragische. Das gilt auch für das zweite der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters, die sieben Tage lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 25.04. 2025 bis Freitag, 02.05. 2025) zu haben sind. Mit diesem Buch hatte es eine besondere Bewandtnis. Denn laut seinen Plänen wollte der Eulenspiegel Verlag den originellen Roman Die Geister von Thorland von C. U. Wiesner eigentlich im zweiten Quartal des Jahres 1989 auf den Markt bringen. Dann aber verschlang der allerletzte Parteitag der SED so viel von dem in der DDR ewig knappen Druckpapier, dass so manches Verlagsvorhaben zurückstehen musste. Vielleicht war das für die Sicherheit des Autors gut so, nicht jedoch für sein Werk, in dem er auf märchenhafte Weise sogar den Fall der Mauer vorhersagte.
Als sein Roman dann endlich doch in die Buchhandlungen gelangte, interessierte es keine Sau mehr, denn knapp sechs Wochen vorher war tatsächlich die Mauer gefallen, und die DDR-Literatur war, wie man heute sagt, mega-out. Bleibt nur zu hoffen, dass Die Geister von Thorland wie dermaleinst das kleine Inselreich Thorland eine Chance zum Wiederauftauchen bekommen. Aber wo lag eigentlich dieses geheimnisvolle Thorland, das unter- und später wieder auftauchte?
Einen ersten Hinweis gibt folgende Nachricht des Verfassers, dass Anfang Juli 1985 verschiedene Tageszeitungen folgende Meldung brachten: Dem Fährschiff Saßnitz, das an den Wochenenden zwischen Saßnitz (Rügen) und Rönne (Bornholm) verkehrt, fiel östlich des 14. Längengrades und südlich des 55. Breitengrades aus ungeklärten Gründen kurzzeitig die Radarortung aus: Die Radarantenne fuhr Karussell. Ebenso ungeklärt sind eine dichte Nebelwand bei strahlendem Sonnenschein und hohem Luftdruck sowie eine rätselhafte Wellenfront bei spiegelglatter See in der Höhe des Adlertiefs.
Niemand wäre seinerzeit darauf gekommen, dass an dieser Stelle, mitten in der Ostsee einst das nördlichste souveräne Herzogtum Thorland gelegen hatte. Es musste im Jahre 1885 untergehen wie einst die legendäre Stadt Vineta. Auch seine Bewohner hatten damals nicht gut getan. C. U. Wiesner erzählt die fesselnde und anrührende Geschichte vom Untergang und Wiederauftauchen Thorlands und fügt als Beweis einen reich bebilderten 32-seitigen Originalreiseführer des Herzogtums von 1885 bei. Und spätestens jetzt ist es höchste Zeit fürs Wiederauftauchen der Geister von Thorland. Viel Vergnügen bei der Lektüre.
Spannende Abenteuer und eine Menge Überraschungen hält die fantasievolle Geschichte Lela Hundertschön, Krokodilkind und der schusslige Zauberer Prax von Klaus Möckel bereit, die im schönen Land Prix spielt, wo es noch Kobolde, Vampire und feuerspeiende Drachen gibt und wo in einem kleinen Haus der Zauberer Tino Prax lebt, ein lustiger Bursche mit langem Haar und großen Ohren. Da er in der Schule nicht richtig aufgepasst hat und überhaupt etwas schusslig ist, passiert es ihm oft, dass er beim Hexen etwas verwechselt. Und so muss immer mal wieder der Zauber-Reparaturdienst um Hilfe gebeten werden.
In Bagola. Die Geschichte eines Wilddiebs erzählt Jurij Koch von eben jenem Bagola, der Ende des 19.Jahrhunderts die Wälder der Niederlausitz unsicher macht. Der von der Polizei seit Jahren gesuchte Bauer aus Drachhausen versorgt seine arme Familie heimlich mit Wildfleisch aus dem gräflichen Forst. Und Bagola führt den Polizisten Bismarck, der dem Gesuchten, auf dessen Kopf viel Geld ausgesetzt ist, nachstellt, mit List und Bauernschläue an der Nase herum. Das scheint auch eine ganze Weile gut zu gehen. Doch dann spielt das hohe Kopfgeld doch noch eine entscheidende Rolle
In dem erstmals 1991 in der DIE-Reihe des Verlags Das Neue Berlin erschienenen Krimi Wer nicht stirbt zur rechten Zeit von Jan Eik beginnt die Handlung mit einer Leiche. Auf einem kleinen Podest, unter einem seiner überdimensionalen Gemälde, liegt der Malers Seibold, der zu Lebzeiten gesoffen hat wie ein Loch. Aber ist er wirklich an den Folgen seiner Alkoholsucht gestorben? Oder hat jemand nachgeholfen? Kommissar Dietmar Timm hat allen Grund, misstrauisch zu sein.
Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Wer waren die Leute, die den Krieg vorbereitet und geführt haben? Wie dachten sie? Das heutige Buch bietet aufschlussreiche Innenansichten.
1942 schrieb Friedrich Wolf die Erzählung Der Luftballon. Wenn die Welt zerbricht, in der er auf eindringliche Weise die moralische Verwüstung des Krieges und die Realitätsverweigerung jener anprangert, die ihn führten. Friedrich Wolf beleuchtet das Denken eines deutschen Offiziers im Zweiten Weltkrieg, dessen zynischer Optimismus und Verdrängung die Absurdität und Vergeblichkeit des Krieges aufzeigen. Mit scharfsinniger Ironie und tiefem Verständnis für die menschliche Psyche zeichnet Wolf ein düsteres Bild von einer Generation, die ihre eigenen Träume und Werte in den Trümmern der Welt verlor. Diese zeitlose Erzählung zwingt den Leser, sich den Abgründen des Krieges zu stellen und über die bleibenden Narben der Geschichte nachzudenken.
Zu Beginn des Textes konfrontiert der Autor die Leserinnen und Leser seiner Erzählung mit einem Brief, mit einem Brief von der Front:
Und hier der Brief des Oberleutnants Siegfried G., Feldpost Nr. 27 090, der an den Leutnant Rolf W., Feldpost Nr. 25 597, gerichtet ist, und der in dessen Nachlass gefunden wurde. Dieser Brief zeigt eine flüssige, geübte Handschrift und ist mit studentischen Floskeln wie O tempora, o mores! durchsetzt.
Es ist an sich keinem Feldsoldaten zu verdenken, wenn wie es dort heißt die Urlaubsfrage das Brennendste ist, was uns interessiert, und wenn der Herr Oberleutnant von dem Freund ein paar Tipps für München und die dazugehörigen Mädels fordert. Denn diesmal werde ich unbedingt mich mal austoben müssen! Genehmigt für den Herrn Oberleutnant! Genehmigt auch, was er über seine gerade erlangte Auszeichnung schreibt: Das Deutsche Kreuz in Gold wurde mir verliehen: ein weniger schönes als seltenes Patschari. Eindruck macht er auf mich nicht, dieser ,Stern von Rio, aber die Mädchen werden natürlich sehr stolz sein! Unangenehm ist nur, dass wir immer mehr verwittern. Der Meinung bist Du doch auch? Genehmigt, Herr Oberleutnant!
Erschreckend aber ist, dass in dem drei Seiten langen Brief des Herrn Oberleutnants in diesem für Deutschland so schicksalsschweren Jahr kein einzig ernsthaftes Wort steht es seien denn jene zwei kurzen Sätze der erste: Wir haben uns hier als Kulturdünger eingesetzt! Der zweite Satz aber lautet: Und wenn die ganze Welt zusammenkracht, dann fahren wir im Luftballon!
Die Magie in Prix ist stark doch sie kann in die falschen Hände geraten. In dieser dramatischen Szene spitzt sich der Kampf zwischen der mutigen Direktorin Tramora und dem ehrgeizigen, skrupellosen Hexer Wassilow Dongi gefährlich zu. Es geht um nicht weniger als das Schicksal verzauberter Kinder und die dunklen Pläne eines Zauberers, der alle Regeln missachtet. Wird Tramora die Mädchen retten können? Und welche Rolle spielt Lela Hundertschön in diesem mysteriösen Spiel?
Tauchen Sie ein in das E-Book Lela Hundertschön, Krokodilkind und der schusslige Zauberer Prax in einen packenden Moment voller Magie, Mut und finsterer Absichten:
"Du gibst also zu, mein Hufeisen gestohlen zu haben?", rief die Direktorin.
"Nicht gestohlen, nur ausgeliehen. Ich mache dir einen Vorschlag. Du legst dich jetzt wieder ins Bett, und morgen früh sprechen wir über alles. Ich weihe dich in all meine Pläne ein, zeige dir, was für wunderbare Dinge durch mich entstanden sind und noch entstehen werden. Du wirst mich verstehen und mir zustimmen. Ganz Prix wird in Verehrung zu mir aufblicken. Ich werde den Leuten Zugang zu meinem Reich gewähren und zu meinen Schätzen. Dann, wenn alles vollbracht ist, bekommst du dein magisches Werkzeug zurück."
"Und wegen deiner großartigen Pläne musstest du Jakine einsperren, Mirtal in diese Raubkatze verwandeln?"
"Du hast es also schon herausgefunden", sagte Dongi heiter, "Respekt, meine Liebe! Ja, das ließ sich leider nicht vermeiden. Um bestimmte Ziele zu erreichen, müssen bescheidene Opfer gebracht werden. Aber sieh doch, welch prächtiges Geschöpf Alma ist. Und für Jakine habe ich mir gleichfalls etwas Großartiges ausgedacht. Die Vollendung steht den beiden übrigens noch bevor."
Der Panther stieß wieder einen Klagelaut aus, der dann aber wieder in ein Fauchen überging. Dabei zeigte er erstmals drohend die scharfen Zähne.
"Lass das, Alma!" Die Miene des Hexers verfinsterte sich. "Du weißt, dass du gegen mich nichts ausrichten kannst."
"Die Vollendung", rief Tramora. "Was meinst du damit? Was hast du mit Mirtal, mit Jakine und gewiss auch mit Lela noch alles vor?"
"Lela Hundertschön wird die Krönung sein", erwiderte Dongi verzückt. "Genau darum geht es. Aber das kann ich dir nur am praktischen Beispiel erklären. Beruhige dich, Tramora, Lela bleibt, wie sie ist, ich werde sie nicht verändern. Nur das Gehäuse wird ein anderes sein."
"Das Gehäuse? Ich begreife gar nichts. Lass sie frei!"
Der Hexer wurde ungeduldig. "Du bist halsstarrig, Tramora, du willst mich nicht verstehen. Deshalb bitte ich nun nicht mehr, ich verlange, dass du wieder ins Bett gehst. Morgen früh wirst du mehr erfahren."
"Und du bist von Sinnen, Wassilow, du verletzt alle Regeln sittsamer Zauberei, die dir auch in unserer Schule beigebracht wurden. Die Zeiten, da böse und barbarische Geister Menschen in Tiere verwandelt haben, sind längst vorbei. Gib die Mädchen frei, ich sag's noch einmal. Sofort, sonst wirst du es bereuen!"
"Du willst mir drohen, Tramora?", zischte nun der Hexer. "Das soll dir schlecht bekommen. Ich wiederhole es, du bist halsstarrig und eingebildet, warst es schon immer. Wenn du nicht hören willst, musst du eben fühlen, das lehrt man in eurer Schule ja auch. Damit du zu dir findest, werde ich dich jetzt ans Bett fesseln, und du wirst bleiben, bis du dich wieder vernünftig benimmst."
Wassilow Dongi zog blitzschnell seinen Zauberstab aus dem weiten Ärmel und murmelte einige Worte. Aus dem Nichts schossen glitzernde Fäden auf die Direktorin zu und hüllten sie ein.
Tramora begriff, dass sie den Hexer zu sehr gereizt hatte, aber der Zorn über sein Verhalten hatte sie alle Gefahr vergessen lassen. In letzter Not zog sie ihre Anstecknadel aus dem Kleid. Drei Worte nur: "Hilf mir, zerschneide", und die Nadel in ihrer Hand wurde zur scharfen Klinge, die das Gespinst um sie her zerfetzte.
Schon glaubte sich die Direktorin befreit, aber Dongi schwang den Stab erneut, und kräftige Stricke umschlangen ihren Leib. Die Klinge kam nicht dagegen an.
Tramora stampfte mit dem Fuß auf - ein Donnerschlag hallte durchs Zimmer und aus dem Messer wurden zwei, drei, vier Schwerter, die sich völlig selbstständig über die Stricke hermachten, um sie zu zerstückeln. Als der Zauberer aber erneut den Stab zückte, sprang ihn unvermutet von der Seite her der Panther an, warf ihn zu Boden. Mirtal hatte allen Mut zusammengerafft und sich zum Angriff entschlossen.
Schon sah es nach einem Sieg der Direktorin und ihrer zum Panther gewordenen Schülerin aus, doch die besseren Trümpfe lagen bei Dongi. Ehe Tramora ihre Fesseln ganz gelöst hatte, und ehe Alma-Mirtal den Hexer im Genick packen konnte, hatte er sich, aus den weiten Ärmeln Blitze schleudernd, die das Tier blendeten, wieder aufgerafft. Ein Feuerstrahl traf den Panther, der gelähmt zu Boden sank. Dazu kam, dass die Kräfte der Anstecknadel aufgebraucht waren, die Schwerter stumpf wurden. Der Hexer schleuderte ein Netz aus Stahldrähten über die Direktorin, in das sie eingeschlossen wurde. Vergeblich versuchte sie sich zu befreien. Der Kampf war aus, sie verlor das Bewusstsein.
Der Hexer stieß den Panther mit der Fußspitze an, Mirtal stöhnte leise. "Gegen mich aufzubegehren", brummte er, "was für eine Frechheit. Aber du lebst, und das ist gut, ich brauche dich noch. Genau wie dich, Tramora, du wirst meinen Ruhm nach Prix tragen oder sterben." Er trat ans Bett, auf das die Direktorin zurückgesunken war, und nahm ihr die magische Anstecknadel ab. "Besser ist besser", murmelte er. Dann verließ er schnellen Schritts das Zimmer.
Ein nächtlicher Schuss, ein vermeintlich getroffener Flüchtiger und dann die bittere Erkenntnis: Der Wilddieb war schneller, schlauer, dreister. In dieser Szene begegnen wir dem Polizisten Bismarck, der nicht nur um seine Autorität, sondern auch um sein Dienstrad gebracht wird und all das von einem Mann, der ihn mit listiger Gelassenheit an der Nase herumführt. Wer ist dieser Bagola? Und warum lässt er sich nicht fassen?
Ein atmosphärischer Ausschnitt aus Bagola. Die Geschichte eines Wilddiebs voller Spannung, Spott und sorbischem Trotz.
Bismarck hatte den Finger am Hahn. Jetzt, dachte er. Jetzt... Aber im selben Augenblick meldete sich der Mann auf der anderen Seite. Links. Und Bismarck riss die Flinte dorthin, aber das Holz knackte rechts. Und weit entfernt. Jemand floh. In wilder Eile. Und die Flucht hatte etwas Verhöhnendes an sich: Versuch mich zu kriegen! Hier bin ich. Hier...
Jetzt schoss Bismarck endlich. Die Blätter erzitterten, Späne flogen oder Splitter, und der Krach, der aus tausend Nebengeräuschen bestand, löste die Spannung. Bismarck glaubte, dass er den Mann getroffen hatte. Als der Widerhall des Schusses verklungen war, trat wieder jene Stille ein, die trog. Der Dieb lag im Gras. Auf dem Bauch. In den Rücken getroffen. Auf der Flucht erschossen, wird im Protokoll stehen. Und so ist es gewesen, dachte Bismarck, als er sich auf den Weg machte, um ihn zu finden, so, wie er sich den Ausgang der Dinge vorstellte. Auf jeden Fall mit dem Gesicht auf der Erde... Er suchte. In höchster Eile. Schon erkannte er kaum noch etwas. Schon stolperte er. Über eine Wurzel. Nun wusste er, dass er auf dem Weg war, auf dem er gekommen war. Hier musste sein Fahrrad stehen. Aber es stand nicht da. Es war weg. Gestohlen. Und ihn durchzuckte ein Schreck: Er hat's genommen. War nicht getroffen. Nicht auf der Flucht erschossen. Im Gras liegend. Umgekehrt. Der Dieb fuhr auf einem Dienstrad der Polizei ins Dorf, aus dem er gekommen war. Und mit einem Hasen unterm Arm. Und Bismarck fluchte vor sich hin. Sorbisch fluchte er. Immer, wenn er vergaß, dass er im Dienst war, blieb er Wilhelm Konzan. So waren die Flüche kräftiger. So konnte er besser toben.
Dann blieb ihm nichts anderes, als zu Fuß ins Dorf zurückzukehren. Der Mond war aufgegangen. Ein bleicher Mond. Aber der Mann in ihm lächelte. Und als der Polizist das Dorf erreichte, als der Schein des Mondes auf der Straße lag, wo der zerfahrene rillige Morast feucht glänzte, erblickte er sein Rad. Wie es lag. Am Straßenrand. Abgelegt. Mit bestem Dank zurück.
Bismarck drehte sich nicht um. Der Nichtsnutz konnte ihn beobachten. Wie die Staatsmacht ihr Fahrrad aufhob. Wie sie davonfuhr. Wenn der Mond nicht alles blass gemacht hätte, wäre die Röte in Bismarcks Gesicht zu sehen gewesen.
Am nächsten Tag stellte er sich Bagola in den Weg, der von der Arbeit kam. Auch Woitowy war dabei. Bis Drachhausen hatten sie denselben Weg. Als Woitowy den Polizisten sah, bog er ab.
Stopp! sagte Bismarck. Bürger Bagola, ich habe mit Ihnen zu reden.
Ein Todesfall ohne klares Motiv, eine rätselhafte Frau und viele lose Fäden: Kommissar Timm steht im Fall Seibold vor einem undurchsichtigen Geflecht aus Schweigen, Lügen und verschwundenen Beweisen. Während er mit Übermüdung und privaten Spannungen kämpft, lässt ihn ein Verdacht nicht mehr los war es wirklich nur ein Unglück, oder steckt hinter dem scheinbaren Alkoholtod ein perfektes Verbrechen?
Ein atmosphärisch dichter Ausschnitt aus dem Kriminalroman Wer nicht stirbt zur rechten Zeit, der den Leser tief in menschliche Abgründe und die Widersprüche scheinbar gewöhnlicher Leben führt.
Im Fall Seibold war er keinen Schritt weitergekommen. Lola Belicke hatte auf eine Anzeige verzichtet, weil sie beim besten Willen nicht angeben konnte, was nach dem Einbruch fehlte. Gräfe hatte lediglich zwei schwache Abdrücke eines Turnschuhs etwa der Größe 36 gesichert. Also doch nur neugierige Kinder? Hätten die nicht mindestens Fingerabdrücke am Fenster hinterlassen?
Timm hatte keine Zeit, sich darum zu kümmern. Auf den endgültigen Obduktionsbericht musste er unter Umständen noch vierzehn Tage warten. Er fand nicht einmal Zeit, bei den Biologen nachzufragen. Nur auf den bloßen Verdacht hin, dass dem Inhalt einer Flasche Whisky Methylalkohol beigemengt gewesen sein konnte, ließ sich wenig unternehmen.
Seibolds Todesanzeige fand er in der Sonnabend-Zeitung. Lola Belicke, deren Name ohne jede Ergänzung unter dem schlichten Text stand, musste über gute Beziehungen verfügen, dass die Annonce so schnell erschienen war. Am Mittwochnachmittag war schon die Trauerfeier im Krematorium Baumschulenweg. Auf der Kulturseite wurde Seibolds Tod nicht erwähnt.
Timm las die Zeitung erst am Sonntagvormittag, als er vom Dienst heimgekehrt war und nicht wusste, wie er sich Heikes boshafter Vermutungen über seinen Dienstverlauf erwehren sollte. Sie war mit Steve zur Demonstration gegangen. Der erzählte munter davon. Da hatte jemand eine Großmutter gemalt, mit ganz großen Zähnen und einem Kopftuch!
Großmutter, warum hast du so große Zähne. Heike bleckte ihre, die eher klein waren. Gemeint war dein Freund Egon! Und auf der Rückseite Tapeten-Kutte mit einem Papierhelm.
Timm hatte die Bilder im Fernsehen gesehen. Du weißt genau, was ich von den beiden halte, sagte er ärgerlich. Er war übermüdet, und er wagte noch immer nicht, Heike in die Augen zu blicken. Aus anderen Gründen allerdings, als sie vermutete. Seine Hoffnung, ihre Beziehung würde sich nach der gemeinsamen Nacht normalisieren, hatte sich nicht erfüllt. In den folgenden Nächten, soweit er sie nicht im Dienst verbrachte, schlief er wieder im Wohnzimmer. Allmählich wurde der Zustand unerträglich.
Darf ich wenigstens jetzt das Schlafzimmer benutzen?, fragte er rau. Ich bin ziemlich fertig.
Du hast die ganze Wohnung für dich. Ich mache mit Steve einen Ausflug. Sie nahm den Rekorder aus der Anbauwand und probierte, ob er lief. Was sind das für Kassetten in der Tüte?, wollte sie wissen.
Timm erschrak. Weshalb hatte er Gunhild die Kassetten nicht zurückgegeben und sie zu allem Überfluss auch noch hier liegen lassen? Inzwischen hatte er im Amt zwei weitere abgehört, ohne daraus irgendwelche Schlüsse zu ziehen. Nur Gunhilds Stimme auf den Bändern beunruhigte ihn.
Gib das her, sagte er heftig. Das ist dienstlich!
Sie sah ihn an mit diesem Blick, aus dem er nie in seinem Leben klug werden würde, und warf ihm die Kassetten vor die Füße. Glaubst du, ich will mich in deinen Scheißdienst einmischen?
Trotz seiner Übermüdung konnte er nicht einschlafen. Die Traueranzeige beschäftigte ihn. Hatte es Lola Belicke besonders eilig, den Lebensgefährten, der sie anscheinend schikaniert hatte, unter die Erde zu bringen? Objektiv betrachtet, gab es eine Menge Unstimmigkeiten im Fall der schönen Witwe, die sie dem Gesetz nach nicht einmal war. Eine verheiratete Frau konnte sich scheiden lassen, wenn sie der Trunksucht und der berechtigten oder unberechtigten Eifersucht ihres Gatten überdrüssig war. Welcher Weg blieb einer Lola Belicke, wenn sie nicht auf alles verzichten wollte? Methanol? Weshalb aber fehlte dann das Testament über das Geld von einem Konto, zu dem nur Lola Belicke, nicht aber die Tochter, die Bankvollmacht besaß? Achtzigtausend Mark waren kein Pappenstiel.
Dazu dieser fingierte Einbruch, den nur eine der Seiboldschen Bezugspersonen begangen haben konnte. Timm war sicher, dass ihn sein kriminalistischer Spürsinn da nicht trog. Was hatte der Einbrecher oder die Einbrecherin gesucht? Nur das Testament, das zu seinen oder ihren Ungunsten verändert war und deshalb verschwinden musste? Oder die Whiskyflasche mit der Methanolspur? Frau Loebe hatte es sehr eilig gehabt, alle Flaschen aus dem Atelier zu beseitigen, an denen sich Lola anscheinend nicht gestoßen hatte, handelte es sich doch um den sichtbaren Beleg für Seibolds Trunksucht. Und die Flasche mit der Methanolspur war dabei gewesen ...
Was hatte Lola Belicke in den zwei bis drei Stunden ihres Alleinseins mit dem Toten im Atelier getan? Zeit genug, alle vorhandenen Spuren irgendeiner Unregelmäßigkeit gründlich zu beseitigen.
Es fiel Timm nicht schwer, sich Lola Belicke als femme fatale vorzustellen. So, wie er jetzt im Bett lag und über sie nachdachte, war er beinahe sicher, ihr trotz ihres Alters selber nicht widerstehen zu wollen, wenn es darauf ankam. Einer Frau, die ihren Lebensgefährten vergiftet hatte? Daran zu glauben, fiel ihm schon schwerer. Wo war das unmittelbare Motiv? Die achtzigtausend Mark, die sie ohne Schwierigkeiten von Seibolds Konto abheben konnte? Das ließ sich jederzeit und ohne Weiteres nachweisen, für Tigra oder auch für diesen Sohn, wenn es den gab. Immerhin hatten sowohl Frau Loebe wie Gunhild von ihm gesprochen.
Die achtzigtausend Mark gingen Timm nicht aus dem Kopf. Wer immer sie sich unter den Nagel riss, lief Gefahr, auf sich aufmerksam zu machen. Es sei denn, er scheute diese Gefahr nicht, weil ... Timm kam ein abenteuerlicher Gedanke. Doktor Henning war im Westen, und wenn doch etwas wahr war an der Beziehung zwischen ihm und der schönen Lola - sie konnte sich das Geld verschaffen und ihm auf irgendeinem der Wege folgen, die sich jetzt allerorten auftaten. War das die Lösung? Hatte sie deshalb gleich am Morgen in der Praxis angerufen? Henning hätte den Totenschein für den an übermäßigem Alkoholmissbrauch Verstorbenen problemlos ausgestellt. Wusste Lola Belicke wirklich nicht, dass da nur eine Vertretung agierte, weil Henning schon weg war ...
Eingangs stand zu lesen, dass Bücher so ihre Schicksale haben, manchmal eher komische, manchmal eher tragische. Aber auch Schriftsteller haben ihre Schicksale. Und mitunter werden ihnen, wie C. U. Wiesner in einer notwendigen Vorbemerkung zu seinem Roman Die Geister von Thorland schreibt, Dinge zugespielt, die neugierig machen und Grund genug sind daraus am Ende einen Roman zu machen. Aber lassen wir den Autor selbst zu Wort kommen:
Der Schatten der Insel - Eine notwendige Vorbemerkung
Im Herbst 1986 wurde mir ein Paket zugestellt. Es kam nicht mit der Post. Ein hagerer, bärtiger junger Mann gab es bei der Nachbarin ab. Es enthielt eines der merkwürdigsten Manuskripte, die mir je zu Gesicht gekommen sind, dazu die Bitte, ich möge mich für eine Veröffentlichung einsetzen. Das Anschreiben trug übrigens keine Unterschrift. Als Autor wurde Klemens Klingsporn angegeben. Ich kannte ihn flüchtig, weniger von Versammlungen unseres Verbandes, wo er mir nie aufgefallen ist, als von der Ostseeinsel Gelenthin, auf der ich in der Regel meinen Sommerurlaub verbringe.
In der Sanddornklause setzte er sich manchmal ungefragt an den Stammtisch, spendierte eine Lage, trank selber reichlich Bier und Korn und beteiligte sich mit schöner Selbstverständlichkeit an den nicht immer tiefschürfenden Gesprächen in der Runde.
Eigentlich wirkte er nicht unsympathisch. Ein großer schwarzhaariger Kerl, höchstens Mitte Vierzig, der seine entfernte Ähnlichkeit mit Fidel Castro betont zur Schau trug; dabei konnte der Vollbart sein Babyface nur unzulänglich tarnen. Klee, wie er sich gern nennen ließ, schien ein unkomplizierter Mensch zu sein, der gern und laut lachte, auch wenn es meiner Meinung nach gar nichts zu lachen gab, und grundsätzlich alle Leute duzte. Was mich mehr an ihm störte, war seine schnoddrige Art, über unsere Literatur und den Beruf des Schriftstellers zu lästern. Dass er meine Romane schachtgeschneiderte Konfektionsanzüge nannte, die man nach zwei Jahren nicht mal mehr wenden lassen könne - es war zu billig, um mich zu treffen. Unangenehmer war es schon, wenn er über hochgeschätzte Kollegen und Vorstandsmitglieder unseres Verbandes herzog und dabei mit Verbalinjurien wie Konjunkturritter, Hofschranzen, Hochstapler oder Maffiosi nicht gerade sparsam umging.
Da ich wenig Lust hatte, mich ausgerechnet mit Klingsporn vor Urlaubern und Einheimischen in fruchtlose Debatten einzulassen, machte ich mich fortan am Stammtisch der Sanddornklause etwas rarer. Im Stillen wunderte ich mich, was jemand wie er noch in unserem Verband zu suchen habe. Es lag lange zurück, dass er mit guten Reportagen aufgefallen war.
Einmal fragte ich ihn, vielleicht eine Spur zu anzüglich, wovon er überhaupt lebe. Von den Exposés heiterer Filme, die nie gedreht werden, antwortete er grinsend. Es sollen auch ein paar Fernsehschwänke von ihm über den Sender gegangen sein, aber ich sehe mir keine Fernsehschwänke an. So was ist Geschmackssache, und ich will mir da kein Werturteil erlauben. Hingegen waren die kleinen Humoresken, die er ab und an in der Wochenendbeilage einer bekannten Berliner Tageszeitung veröffentlichte, von einer so neckischen Fadheit, dass ich ihm einmal den guten Rat gab, zur Schonung seines Namens doch lieber ein Pseudonym zu benutzen. Wir saßen damals allein am Hafen. Klingsporn war sichtlich betroffen. Eigentlich hätte ich ihm gern geholfen, aber es war schwer, an ihn heranzukommen. Meinst es gut, Alter, sagte er, vielleicht hast du sogar recht. Wer's mit der Heiteren Muse treibt, sollte es nur noch mit einem Präservativ tun.
Dann aber liest er das Manuskript und macht sich auf die Suche nach diesem Klemens Klingsporn und erfährt Überraschendes, ja Bestürzendes
Und so fängt der Roman im Roman an:
Ich erwarte nicht, dass man mir auch nur ein Wort meiner Geschichte glaubt. Wenn das wirklich mal an die Öffentlichkeit kommen sollte, gibt es keinen Klemens Klingsporn mehr.
Gut so. Richtig so! Denn wenn es ihn noch gäbe, würde man ihn einen Lügenbaron heißen, schlimmer noch, einen Lügengenossen. Lügengenossen sind keine guten Genossen. Also ist es schon besser, es gibt sie nicht, so, wie ich, Klemens Klingsporn, aufgehört habe, als Klemens Klingsporn zu existieren. Dabei bin ich, der aufgehörte Klemens Klingsporn, seit ich das erste Mal in meinem Leben einen Bleistift, einen Kugelschreiber, die Tastatur einer Schreibmaschine bedient habe, der Wahrheit noch nie so nahe gewesen wie diesmal.
Thore, Thore, lang mig din väldige hammer!
Junge, hör auf mit dem Selbstmitleid! Thore hilft nicht. Parduina hilft nicht! Corinna hilft nicht. Jytte kann nicht mehr helfen. Nur Beweise könnten es. Ich habe keine.
Bleiben Sie ansonsten weiter vor allem schön gesund und munter und der Welt der Bücher gewogen. Für den Nachschub an E-Books ist gesorgt, die nächsten Sonderangebote für den Monat Mai sind bereits ausgesucht und für den Versand bei einem bekannten Logistik-Unternehmen angemeldet, welches sich auch schon alle Adressen der Andonnerten dieses Newsletters von EDITION digital hat geben lassen.
Die erste Post aus Pinnow im Monat Mai bringt nächste Woche auch einen neuen Band aus der Serie der Zeitreisenden von Hardy Manthey und zwar den inzwischen bereits 18. Teil Eric, der Sohn der Zeitreisenden. Ein phantastischer Roman, der soeben bei EDITION digital erschienen ist-
Dieser 18. Teil führt Hunderttausend Jahre in der Zukunft - eine Welt, die kaum noch an das erinnert, was die schwedische Ärztin Maria Lindström, jetzt bekannt als Aphrodite, einst kannte.
Und nun steht sie vor der größten Herausforderung ihres Lebens: sich in einer Epoche zurechtzufinden, die sich selbst als perfektes System betrachtet. Eine allwissende Künstliche Intelligenz lenkt das Schicksal der Menschheit, totale Überwachung garantiert Frieden - doch zu welchem Preis?
Aphrodite hat sich beinahe mit dieser Realität abgefunden, als eine erschütternde Wahrheit ans Licht kommt: Eine uralte, fremde Zivilisation hat vor Millionen von Jahren die Erde besucht und ein Vermächtnis hinterlassen, das das Verständnis der Menschheit über ihre eigene Geschichte infragestellt.
Die Herren der Zeit drängen darauf, ihren Sohn Eric auf eine riskante Mission zu schicken - eine Reise hunderttausend Jahre zurück in das finsterste Mittelalter. Dort soll er einen verschollenen Speicher bergen, der das Wissen jener längst vergangenen Zivilisation enthält. Doch der Preis ist hoch: Eric muss seine schwangere Freundin Lilli zurücklassen und sich einer gefährlichen Vergangenheit stellen, in der Macht, Aberglaube und Gewalt regieren.
Wer aber bestimmt sein Schicksal? Eric selbst oder wird er, wie schon seine Mutter, zum Spielball der Herren der Zeit?