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Weihnachtshund und Bambusrüssel. Tiergeschichten von Dietmar Beetz
Autor:
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Preis E-Book:
6.99 €
Veröffentl.:
12.08.2018
ISBN:
978-3-95655-922-8 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 144 Seiten
Kategorien:
Kinder-und Jugendbuch/Tiere/Elefanten, Kinder-und Jugendbuch/Tiere/Vögel, Kinder-und Jugendbuch/Tiere/Hunde, Kinder-und Jugendbuch/Soziale Fragen/Freundschaft
Kinder/Jugendliche: Natur- und Tiergeschichten, Kinder/Jugendliche: Kurzgeschichten, Kinder/Jugendliche: Persönliche und soziale Themen: Behinderung und besondere Förderung, Kinder/Jugendliche: Soziale Themen: Kriege und Konflikte
Vietnam, Elefant, Hund, Wellensittich, Freundschaft, Dschungel, Taifun, Krieg, Weihnachten, Behinderte Kinder, Kinderheim
9 - 11 Jahre
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Wieder war die Kolonne unterwegs - neuerdings ein Dauerzustand. Seit auch die Häfen des Landes bombardiert wurden und Hölzer nicht mehr ausgeführt werden konnten, mussten die Elefanten fast ständig als Fernlastträger auf den Beinen sein.

Sie transportierten hauptsächlich Waffen und Munition.

So auch an jenem Septembertag.

Eigentlich war die Gefahr geringer als sonst; denn über den Bergen hing eine dichte, vom Wind geblähte Wolkendecke. Bei solchem Wetter, bei solcher Sicht blieben die Düsenbomber zwar nicht fern, doch gelang es ihren Piloten trotz aller Geräte schlechter als bei klarem Himmel, Schaden anzurichten.

Um so unverständlicher - die Unruhe, die Nervosität von Bambusrüssel.

Hanh hatte schon sämtliche Tricks probiert, dem Elefanten auf den Zahn zu fühlen, seine Signale zu ergründen oder als Schabernack zu enttarnen. Vergebens. Wie vertraut er auch mit ihm war - sprechen konnten sie nicht miteinander, was Hanh nicht abhielt, Bambusrüssel die Haut hinter den Ohren durchzuwalken und forschend oder besänftigend auf ihn einzureden.

Nicht einmal das half weiter. Der Elefant blieb schreckhaft, spürbar nervös; die Walkerei schien ihn sogar zu stören, ihm lästig zu sein.

„Was hast du nur?“, fragte Hanh in eines der wedelnden, vibrierenden Ohren. „Hörst du was, oder ist dir zu heiß?“

Keine Antwort, nichts außer einem klatschenden Schlag.

„Ach, Bambusrüssel! Meinst du, mich piesackt das Mückengesindel nicht? Aber was hilft 's? Wir können doch nicht auf und davon fliegen oder uns vor dem Ungeziefer verkriechen!“

Als sei der Elefant absolut und entschieden anderer Meinung, verließ er plötzlich den Pfad, dem er bisher gefolgt war, und drang ohne weitere Warnung ein in das Dickicht eines Quer-Tals, aus dem ein Bach floss.

„Halt!“, schrie es aus der Kolonne. „Spielt ihr verrückt?“

Hanh spürte die Versuchung, Bambusrüssel gleichfalls anzuschreien, ja auf ihn einzuschlagen. Wie vor jenem ersten Bombenangriff fegten Äste über ihn hinweg oder peitschten auf ihn herab, und nicht nur das; sie überschütteten ihn auch mit Nässe und - schlimmer - mit Blutegeln, die ihm zu Dutzenden unter das Hemd und auf die Haut gerieten.

Eine Weile empfand der Junge Ekel und Angst.

Dieses widerliche Gewürm! Als wäre die Schwüle nicht schon lästig genug! Nun auch noch die Bisse der Blutsauger und ...

Ein Zweig schlug ihm ins Gesicht, und Hanh fuhr sich unwillkürlich über die Lider.

Im nächsten Moment glaubte er, seinen Augen nicht trauen zu dürfen. Ein zweiter Bach, einer, der bergauf fließt, bergauf - krabbelt?

Auch Bambusrüssel schien das Gewimmel auf einer Felsnase, die in das Tal reichte, bemerkt zu haben, mehr noch: Er hatte offenbar vor seinen Füßen den verborgenen Lauf dieses fast meterbreiten Ameisenstromes ausgemacht, die Straße im Unterholz, über die er jetzt vorsichtig hinwegstieg.

Indessen kamen andere Elefanten heran, Lastträger, die dem Leittier gefolgt waren - auf dem ersten der Vater von Hanh, der gleichfalls zu jener Felsnase blickte, wortlos, gebannt.

Dann hatte Bambusrüssel die Ameisenstraße überquert, und nun hielt er sich neben dem Strom aus Insekten, der hinter dem Felsvorsprung streckenweise wieder in Modder und Grün versank. Überall, wo er sichtbar wurde, hatte es den Anschein, als wäre er schneller als die Elefanten, als eilten ihnen die Ameisen davon.

Dabei bewegten sich Bambusrüssel und seine Artgenossen keineswegs gemächlich voran. Sie durchbrachen das Dickicht, das bald dicht, bald lichter wuchs, stapften durch Sumpf, der sich an jenem Bach gebildet hatte, drangen so immer tiefer ein in das Quer-Tal. Bis sie plötzlich vor einem Hang standen.

Hier endete auch die Ameisenstraße. Wie Quellwasser, das rückwärts fließt, verschwanden die Insekten unter Felsbrocken.

Ameisen, die sich unter Geröll verkriechen, die fliehen?

Hanh war herabgeglitten von Bambusrüssel, und auch Vater und die anderen Treiber saßen ab. Sie alle atmeten schwer, und sie alle starrten auf den scheinbar endlosen, im Hang verschwindenden Strom.

Oder horchten sie, lauschten auf das Fauchen, das die Lüfte über dem Tal erfüllte?

Der Himmel hatte irgendwann die Farbe gewechselt. Aus Septembergrau war Grün geworden, ein Licht, das jetzt in Sekundenschnelle einen gelblichen Schimmer bekam. Dazu dieses anschwellende, heulende Fauchen ...

Vater und die anderen Männer wechselten einen Blick und traten wie auf Verabredung noch dichter zusammen. Dabei fiel kein Wort, doch hatte inzwischen auch Hanh begriffen, wovor die Ameisen geflohen waren und was Bambusrüssel schon vorher gewittert hatte.

Und dann erlebte der Junge gleich allen anderen, wie dort, wo sie abgebogen waren, ein Taifun vorbeizog.

Der Wirbelsturm folgte offenbar dem Tal, durch das ihre Marschroute verlief, und vermutlich war das, was sie da unten zu sehen bekamen, nur ein Ausläufer des Orkans. Dennoch verschlug den Atem, was sich in einiger Entfernung über den Wipfeln bot, dieser Wirbel aus empor gerissenem, hochgeschleudertem Erdreich, Laub, Gehölz - eine Säule, die aufstieg, zusammenfiel, weiterwandernd wieder in die Wolken wuchs.

Weihnachtshund und Bambusrüssel. Tiergeschichten von Dietmar Beetz: TextAuszug