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Nowgorodfahrer von Heinz-Jürgen Zierke
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Preis E-Book:
8.99 €
Veröffentl.:
13.04.2015
ISBN:
978-3-95655-282-3 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 495 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Geschichte, Belletristik/Politik, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Krimis & Detektivgeschichten/Geschichte, Belletristik/Liebesroman/Geschichte/Mittelalter, Belletristik/Liebesroman/Spannung, Belletristik/Verbrechen
Abenteuerromane, Historischer Roman, Kriegsromane, Kriminalromane und Mystery, Familienleben, Historische Kriminalromane, Belletristik: romantische Spannung, Historische Liebesromane, 1000 bis 1500 nach Christus
Stralsund, Nowgorod, Hanse, Lübeck, Dänemark, Verrat, Manufaktur, Rebellion, Drama, Familienbeziehungen, historisch, Heirat, Krieg, Politik, Spannung, Tod und Sterben, Tragödie, Verbrechen, Wirtschaft
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Natalia war nicht allein. Anjuta Pawlowna, die Hausfrau, trat mit ihr vor den Vorhang und machte auch nach der lebhaften Begrüßung keine Anstalten, wieder in die Weiberecke zurückzukehren.

„Was denn, Natalia", fragte sie, „willst du etwa Geschäfte machen hinter dem Rücken deines Onkels? Mit deinem Erbteil? Vergiss nicht, das wenige, das dein Vater hinterlassen hat, hast du längst aufgegessen. Oder meinst du, wir bekämen dich mit bloßer Liebe satt? Und woher nehmen wir die Mitgift, wenn einmal ein Freier über die Schwelle tritt? Wenn doch nur bald einer käme! Ach, ich fürchte, du schläfst dein Leben lang an unserm Ofen."

„Ich will nur wissen, was Onkel Bulgrin über das Schicksal meines Vaters erfahren hat."

„Warum bittest du nicht deinen Onkel, der dich im Schweiße seines Angesichts ernährt? Aber du musst einen Herrn belästigen, der auch ohne deine Flausen genug Sorgen hat. Ich bitte Euch, Herr, verzeiht dem dummen Ding, dass es Eure Zeit in Anspruch nimmt. Unnütz legtet Ihr den weiten Weg zurück. Ich will Euch gern Brot und Milch geben, Salz, Ihr wisst ja. Natalia, bewirte unsern Gast!"

Ganz in Schwarz war sie gekleidet, schwarz hing der Rock bis zu den Knöcheln herab, schwarz lag das Umschlagtuch über den knochigen Schultern, vielleicht trug sie es nur dem Gast zur Ehre in der Stube. Sie fasste Natalia am Ellbogen, um sie hinter den Vorhang zu schieben.

„Lasst gut sein, Anjuta Pawlowna! Ich bin weder hungrig noch durstig. Ich kam nur Natalias wegen. Da ich in der Tat wenig Zeit habe, bitte ich Euch von Herzen, mich für kurze Zeit mit dem Mädchen allein zu lassen; es dauert nicht länger, als Eure Kuh braucht, einen Eimer Wasser auszuschlürfen."

„Das schickt sich nicht! Ihr seid ein Herr, und sie ist ein junges Mädchen."

Anjuta hob die Lider ein wenig, ihre wässrigblauen Augen sprühten vor Zorn.

„Beste Anjuta Pawlowna, ich bin doch kein Fremder, weder für Natalia noch für Euch. Das Mädchen hat mir schon ihre Geheimnisse in den Bart geflüstert, als sie mir gerade bis ans Knie reichte und ich sie auf den Arm nehmen musste, um nur ihre Stimme zu hören. Es gibt eben Dinge, über die zwei Frauen nicht miteinander sprechen können. Glaubt mir. Euer Mann würde Euch auslachen."

Die Frau hob die Arme. Unwillkürlich trat Natalia einen Schritt zur Seite, als fürchtete sie, einen jener Wutanfälle zu erleben, mit denen die Tante nicht nur ihr, sondern auch dem Hausherrn die Tage vergällte. Aber nein, die plumpen Arme fielen wieder herab. Angesichts des Gastes beherrschte sich die Frau und begnügte sich damit zu schimpfen: „Mein Ehgemahl, mein Bäcker, wo bleibt er nur? Warum fährt er auch selbst ins Kloster? Könnte doch einen Knecht schicken. Er muss das Brot vorher zählen, dann betrügt ihn schon keiner."

Sie trat an die Tür, lauschte hinaus, aber vergeblich, und sie schloss sie sofort wieder. „Wartet, bis Anastas Kyrillowitsch kommt. Er darf doch wohl die Mädchenworte hören, die für ein Weiberohr zu fein sind."

Die offene Feindschaft der Frau erregte Bulgrin nicht sonderlich, aber sie war ihm peinlich. Er wäre gern gegangen, doch als er Natalia ansah, wusste er, er musste bleiben.

„Vielleicht seid Ihr doch so gut, mir einen Becher Milch zu geben."

„Wie Ihr wünscht, Herr. Natalia, bewirte deinen Gast!"

Sie wandte ihr rundliches, aber nicht hässliches Gesicht, das nicht recht zu dem plumpen Körper, den mageren Schultern und der Gänsehalsstimme der Frau passte, nicht von Natalia ab, sodass das Mädchen ihrem väterlichen Freund nicht einmal ein Zeichen geben konnte.

Jetzt aber hatte die Frau etwas gehört, Kettengerassel vielleicht, Achsenknarren oder einen Peitschenknall. Wieder öffnete sie die Tür einen Spalt, schloss sie aber sofort und blickte misstrauisch das Mädchen an.

„Gleich könnt ihr miteinander sprechen, meine Lieben. Anastas Kyrillowitsch spannt schon aus. Bevor Ihr noch die Milch getrunken habt, ist er da. Oder wollt Ihr hinausgehen und den Hausherrn vor der Tür begrüßen, lieber Gast?"

„Nein, ich möchte ihn hier erwarten."

„Wie Ihr wollt." Sie öffnete die Tür weit. „Wo bleibt er nur?"

Nach einem schnellen Blick ins Zimmer rief sie krächzend: „Anastas Kyrillowitsch, ein Gast!"

Der Hausherr meldete sich nicht, schickte auch keinen Knecht, um nachzufragen. „He, Anastas!" Kein Laut. „Trofim, Trofim, ruf den Herrn!" Aber auch Trofim meldete sich nicht. „Dieses Volk, dieses Pack! Mit der Peitsche -" Sie sah Natalia und Bulgrin an, als wollte sie mit den Augen die Entfernung zwischen ihnen ausmessen, um nachher festzustellen, ob sie gleich geblieben war, und stob hinaus, ohne die Tür zu schließen.

„Onkel Pjotr, ist der Deutsche wirklich schuld an Vaters Tod? Das kann doch nicht sein."

„Man verdächtigt ihn zu Unrecht."

„Man muss etwas tun, ihn retten!"

Da trat Jablonin ein. „Ah, Pjotr und meine Nichte!"

Seine Frau schloss die Tür. Mit einer Kopfbewegung schickte er sie hinter den Vorhang. Dann wandte er sich an Natalia: „Und das Fräulein? Willst du nicht in die Weiberecke?"

„Ich habe mit Onkel Pjotr zu reden."

„Geh! Ich werde dir mitteilen, was du wissen musst. Und was du sagen willst, weiß ich besser."

„Es geht um Vater."

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