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In alten Chroniken wie auch in neueren Berichten findet man Fälle oft mit Abbildungen wo Tiere sonst einander widerstrebender Art miteinander gute Freundschaft schlossen. So wurde beobachtet, wie eine Katzenmutter zugleich mit ihren Kätzchen kleine Doggenbabys säugte, ebenso, wie junge Bären, Wölfe und Ziegen miteinander in einem Gehege aufwuchsen und auch später Kameraden blieben, ja in der Not einander beistanden. Jüngst wurde von einem Landwirt berichtet, dass ein großer Schäferhund mit einer Henne derart sich anfreundete, dass diese öfters in die mit Stroh ausgelegte Hundehütte kam. Schließlich bemerkte man, dass die Henne dort auch ihre Eier legte, die der Schäferhund gewissermaßen als Quartiergeld sich zu Gemüte führte.
Nicht zufällig haben wir in einigen unserer Tiergeschichten jene Zuneigung einander sonst von Natur feindlicher Geschöpfe gezeigt, ebenso wie die Freundschaft zwischen Tier und Mensch. In dieser Geschichte soll von der seltsamen Kameradschaft zwischen der Henne Hanne und dem Hunde Strupps die Rede sein.
Die Sache verhielt sich nun so.
In den ersten warmen Apriltagen, als die Ranunkeln auf den noch feuchten Wiesen ihre gelben Blüten aufsteckten und die Hühner des Bauern Butterweck nicht bloß die neugierig aus der Erde auftauchenden Würmer pickten, sondern zur Darmreinigung auch die jungen Grasspitzen rupften und im warmen Sand sich badeten in diesen ersten wirklichen Frühlingstagen lag Strupps, eine Art grau-schwarzer zottiger Schäferhund, draußen an der Laufkette vor seiner Hütte und ließ sich von der Sonne das struppige Fell wärmen. Die Hennen scharrten und kratzten überall im Hof die Erde auf. Hallo, der Hahn, mit seinem in allen Regenbogenfarben schillernden Schwanz, stolzierte die Front seines Volkes ab, sprang dann auf die höchste Kante des Hühnergatters und ließ von dort, da die Amseln und der Kuckuck noch schwiegen, seinen Gesang erschallen:
Hallo, hallo, ich bin allhie,
Singe den Tag euch, Mensch wie Vieh,
Im schönsten Kikeriki.
Hallo, hallo, Haus, Hund und Hennen,
Ihr sollt mein Lied jetzt täglich kennen!
Strupps, der Hund, blinzelte zu dem Hahn hinauf und knurrte: Wenn mir die Nacht zu lang wird, der Mond übers Dach geklettert kommt und ich dann leise vor mich hin heule, so könnte man das wohl eher einen Gesang nennen als dein ohrenkrächzendes Gekrähe, von dem allein schon in der Küche die Milch sauer wird. Überhaupt, wenn man singt, so tut man das für sich allein, weil man sein Herz erleichtern will, wenn einem die Kette um den Hals schwer wird, aber nicht mit solchem Hallo mitten am Tag vor dem ganzen Hofgesindel.
Kaum hatte Strupps dies gesagt, da entstand ein gewaltiger Proteststurm unter dem Hühnervolk. Hofgesindel! Solch eine Unverschämtheit! Mit welchem Recht beleidigt er unsern Chef Hallo? Sein Hundeknurren klingt, als ob man einem mit einem Reibeisen übern Kopf fährt. Und Adelheid, die beste Legehenne, indem sie zornig mit ihren Zehen den Boden scharrte, dass die Erdbatzen nur so flogen und ihr Kämmchen geradezu hahnenmächtig anschwoll, Adelheid schrie: Gesindel hat er uns genannt! Ich betrete den Hof nicht eher wieder, bis er dieses Wort zurückgenommen hat!