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Adler mit gebrochenem Flügel von Ulrich Völkel
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Preis E-Book:
4.99 (8.99)) €
Veröffentl.:
29.09.2015
ISBN:
978-3-95655-510-7 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 454 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Geschichte, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Biografisch, Belletristik/Politik
Biografien: historisch, politisch, militärisch, Biografien: Literatur, Europa, Deutschland: Zeitalter der europäischen Revolutionen (1780 bis 1848 n. Chr.)
Ernst Moritz Arndt, Freiheitskriege, Völkerschlacht bei Leipzig, Napoleon, Rügen, Pommern, Preußen, Russland, Zar Alexander, 19. Jahrhundert, Theodor Körner, Bonn, Schriftsteller, Lyriker, Friedrich Ludwig Jahn, Hermann von Boyen, August Neidhard von Gneisenau, Friedrich Schleiermacher, Freiherr vom Stein, Demagogenverfolgung, Frankfurter Nationalversammlung, Heinrich Heine
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Frieder Oswald war eine Herausforderung für Ernst Moritz Arndt — und eine Mahnung. Er mochte ihn. Die forsche Art zu widersprechen erinnerte ihn an sein eigenes ungestümes Verhalten in diesem Alter. Was ihn aber auf besondere Weise mit ihm verband, war die Erinnerung an jene Abendstunde in Leipzig, als er diesen jungen Mann in der Uniform des Feindes ohne das Eingreifen Reils fast in den Tod getrieben hätte, ohne einen anderen Grund als seinen Hass auf den Eroberer Napoleon. Damals war ihm auf besonders nachdrückliche Weise deutlich geworden, dass es eine Sache ist, Aufrufe zur Vernichtung der Feinde des Vaterlandes zu verfassen, und eine ganz andere, einen Menschen in der Uniform des Feindes zu töten.

Als Oswald ihn in Frankfurt aufsuchte, kurz nachdem er Johanna weggeschickt hatte, war er, Arndt, es, der Hilfe brauchte, denn schon auf dem Weg in sein Zimmer war ihm klar geworden, wie ungerecht, ja wie gemein er sich gegen die Geliebte verhalten hatte. Er hätte sie um Verzeihung bitten müssen, weil ihm der Brief Wilhelms die erwünschte Gelegenheit bot, sich gegen sie zu entscheiden; und gemein war auch, wie er ihr seine Entscheidung mitgeteilt hatte. Er hätte ihr schwören müssen, dass er sie liebte und dennoch nicht mit ihr leben könne. Das wäre die Wahrheit gewesen. Aber er hatte dazu die Kraft nicht. Er hätte vor sich selber ausspeien können, so übel war ihm von der eigenen Schäbigkeit. Da kam Frieder Oswald, und die Wiedersehensfreude half ihm über die schlimmsten Selbstvorwürfe hinweg. Er musste dem Besucher Rede und Antwort stehen, also konnte er nicht mit sich selber ins Gericht gehen. Wer weiß, welche Abgründe er sonst in sich entdeckt hätte.

Arndt führten die Dienstgeschäfte häufig nach Mainz. Ergab sich die Möglichkeit, besuchte er Frieder Oswald in dessen Elternhaus, oder sie gingen, soweit das die noch immer schmerzenden Glieder Frieders erlaubten, am Rhein spazieren. Als sie eines Tages am Ufer des Stromes die Abendstimmung genossen, sagte Oswald mit freundlichem Spott, indem er aufs Wasser zeigte: „Der Rheinstrom, Deutschlands Weinstrom, aber nicht Deutschlands Rainstrom.“

Arndt brauste auf. „Mir scheint, Sie haben ein bisschen viel Kotzebue gelesen!“

Oswald grinste. „Wenn er recht hat, hat er recht. Ich mag seine rührseligen Stücke nicht und ebenso wenig seine albernen Possen, aber hat der von Ihnen über alle Maßen gepriesene Zar aller Reußen, der den Preußen liebend gern das P abschneiden würde, Kotzebue nicht zu seinem Generalkonsul in Königsberg ernannt?“

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