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Elchritter von Elisabeth Schulz-Semrau
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Preis E-Book:
4.99 €
Veröffentl.:
14.07.2014
ISBN:
978-3-86394-362-2 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 57 Seiten
Kategorien:
Kinder-und Jugendbuch/Familie/Allgemein, Kinder-und Jugendbuch/Mädchen und Frauen, Kinder-und Jugendbuch/Legenden, Mythen, Fabeln/Altnordisch, Kinder-und Jugendbuch/Leser/Mittleres Niveau, Kinder-und Jugendbuch/Liebe und Romanze, Kinder-und Jugendbuch/Märchen und Folklore/Adaptionen, Kinder-und Jugendbuch/Soziale Fragen/Freundschaft, Kinder-und Jugendbuch/Soziale Fragen/Jugendalter
Kinder/Jugendliche: Familienromane, Kinder/Jugendliche: Persönliche und soziale Themen: Familie, Kinder/Jugendliche: Märchen, Sagen, Legenden, Kinder/Jugendliche: Liebesromane, Freundschaftsromane, Kinder/Jugendliche: Persönliche und soziale Themen, Kinder/Jugendliche: Persönliche und soziale Themen. Freunde und Freundschaft
Mädchen, 2. Weltkrieg, Samland, Träume, Soldat, Ostsee, Freundschaft, 20. Jahrhundert
10 - 99 Jahre
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„Hören Sie“, sagte das Mädchen streng, „ich bin eins neunundfünfzig und - “ hier zögerte sie kurz, „zwölf!“ Das musste er ja nun wirklich sehen! Und dann der Badeanzug - zweiteilig nach endlosem Trotzkampf gegen die Mutter.

Der junge Mann strich sich überrascht den Lockenschubs aus der Stirn und begann, was da vor ihm stand, zu sehen. Zöpfe bis zum Badehosenende, Farbe: Hafer, und wahrscheinlich von der voranqeqangenen Flucht so zoddrig. Braune schlenkrige Glieder, Lippen aufgeworfen, und die Augen, grau oder grün, hakten sich in den seinen fest. Also eine kleine kratzende Strandkatze. Es mochte Spaß machen, sie zu ärgern. Plötzlich jedoch waren die Zöpfe braun und die Augen braun, und die füllten sich mit Tränen, und zwei Fäuste trommelten ihm auf die Brust, als er fragte: „Und hat das Fräulein schon einen Bräutigam?“ Der Betrommelte war er beim letzten Urlaub - und das wütende Mädchen seine Lieblingsschwester Gesine.

Da zog sich um seinen Mund ein Lächeln, und er verneigte sich. „Pardon“, sagte er, „habe das Fräulein unterschätzt, muss wohl nun Sie sagen?“

Dem Mädchen kroch eine Röte übers Gesicht, es wurde hilflos. „Ach, das bloß nicht“, sagte sie, „ich heiße , dabei begann sie aus dem Boot zu klettern, stand nun richtig neben dem Mann, reichte ihm bis nahe an die Schütten, „ich heiße Anne.“ Sie machte einen Knicks und hätte ihn am liebsten rückgängig gemacht, so, wie man schnell über Sand oder Schnee streicht, um Spuren zu verwischen. Wieder verbeugte sich der Mann. „Ich bin Markus!“ Er setzte sogar seinen Nachnamen dazu. Es wunderte ihn sofort.

Ach Gott, dachte das Mädchen, Markus, das war doch so ein Biblischer mit Klapperlatschen - Almasor müsste er heißen oder Said oder Achmed.

Wie selbstverständlich stapfte sie neben dem Mann die Düne hoch, merkte erst, was sie tat, als sie vor einem Bündel Kleidungsstücke stand, die, den Schuhen nach, ihrem Begleiter zu gehören schienen.

Sie wollte umkehren, aber der Ritter bat sie, ihm Gesellschaft zu leisten.

Da hockte sie sich, während er sich bäuchlings dünenauf legte, ungefähr zwei Meter von ihm weg und zog die Knie ans Kinn, während die Zopfschwänze den Sand fegten, und blickte grau oder grün zu ihm hinüber.

„Warum haben die dich eigentlich gejagt?“, begann der Mann das Gespräch.

Das Mädchen bekam eine Falte zwischen den Augenbrauen. „Das sage ich nicht!“ Sie merkte selber, dass er diese Kürze nicht verdient hatte. „Ich kenne Sie ja noch gar nicht!“

Aha, fasste er zusammen, das stimme nun freilich, aber es bestünden ja wohl Aussichten, denn sie habe „noch“ gesagt. Und da sei er der Meinung, sie sollten mit dem Kennenlernen beginnen, wenn sie es mochte, natürlich. Das Mädchen sagte nichts, aber es nickte.

Das Erste, was dabei zu beachten sei, erklärte der Mann, wäre wohl, dass man sich gegenübersteht, und darum - er hatte sich hochgerekelt, kroch zu dem Mädchen hinüber und streckte ihr seine Hand hin - biete er ihr sein Du an.

Sie blieb, die Arme um die Knie geschlungen, sah ihn misstrauisch an. „Richtig ‚Du‘?“, fragte sie.

Natürlich richtig! Er überlegte einen Augenblick Es seien immer nur die richtigen Du, die im Leben Wert hätten. Aber das verstünde sie wohl noch nicht.

Grade, sagte Anne, verstehe sie das, nur müsste er Geduld mit ihr haben, sie könne ein Du nicht so schnell... Und sie legte zögernd ihre Hand in die seine.

„Die ist aber kalt“, sagte er, dachte, und so kindlich, und die Nägel haben ähnliche Nagespuren wie bei meiner Schwester. Da war ihm eigenartig, dem Neunzehnjährigen, in dieser Gegend, die ihm unvertraut fern seines Heimatortes war, in seiner Hand diese fremden Mädchenfinger, die jetzt ziemlich vertrauensvoll darin ruhten.

Jetzt hat er beinahe solche Augen wie meine Mutti, wenn ich sie am meisten mag, dachte das Mädchen, ach, meine Mutti... Dabei fiel ihr ihre Hand ein, sie zog sie rasch aus dem warmen Nest und stand auf. „Ich geh’ baden“, sagte sie, „kommst du - Sie mit?“

Sie ging schon, warf die Zöpfe mit Schwung hinter sich, den Kopf nach oben.

Ach, sah der Mann ihr nach, du Kind - Mädchen, erhob sich und ging etwas schwerfällig, Körper und Kopf zur Seite geneigt, hinterher.

An der Schwelle des Meeres wartete sie.

„Mögen Sie - du“, betonte sie nun, „es?“

„Ich weiß nicht“, Markus wiederholte ihre Worte von vorhin, „ich kenne es ja noch gar nicht...“

„Ja, aber woher bist du denn“, sie fuhr in das Du hinein, wie in ungewohnte, neue Schuhe.

„Aus Thüringen“, erwiderte er.

Elchritter von Elisabeth Schulz-Semrau: TextAuszug