Specials
Firmenlogo
Verlag für E-Books (und Bücher), Handwerks- und Berufszeichen
Sie sind hier: Deines Nächsten Haus. von Holda Schiller: TextAuszug
Deines Nächsten Haus. von Holda Schiller
Format:

Klicken Sie auf das gewünschte Format, um den Titel in den Warenkorb zu legen.

Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
02.09.2012
ISBN:
978-3-86394-798-9 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 298 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Geschichte, Belletristik/Moderne Frauen, Belletristik/Politik
Abenteuerromane, Historischer Roman, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Kriegsromane, Familienleben
Rumäniendeutsche, Bessarabien, Warthegau, 2. Weltkrieg, Juden, Polen, Umsiedlung, Sowjetunion
Zahlungspflichtig bestellen

Dass Rebekka in letzter Zeit oft und viel Brot backte, war Malve aufgefallen. Sie hatte sich aber nie darum gekümmert, wo all das Brot geblieben war. Heute nun entdeckte sie in der Speisekammer einen Henkelkorb voll geschnittenen Brotes und stutzte: "Warum hast du jetzt schon Brot geschnitten? Und so viel? So viel brauchen wir doch gar nicht, es trocknet ja auch bis zum Abend."

Rebekka, die gerade Kartoffeln schälte, antwortete nur: "Ja, meinst du?" Nach dem Mittagessen sah Malve dann, wie Rebekka den Korb nahm und auf die Scheune zuging. Erstaunt darüber lief sie hinterher, wollte fragen, was die Mutter vorhabe, doch die verließ inzwischen die Scheune durch die hintere Tür und steuerte auf die Gruppe straßepflasternder Juden zu. Sie schritt an ihnen vorbei, ohne jemanden anzusehen, als gehe sie ihres Weges, und ließ dabei Brotscheiben fallen. Deutscher sah ihr versonnen nach. Anstatt sie zu hindern, tat er so, als nehme er gar nicht wahr, dass da jemand vor seinen Augen gegen das Gesetz verstößt. Man konnte viel eher den Eindruck gewinnen, er genieße den Auftritt der Frau, es beeindrucke ihn, was sie tat und wie sie es tat. "Herr Born, warum lässt Deutscher das zu?", fragte Malve empört.

Es hatte sich so eingeschlichen. Als Rebekka zum ersten Mal mit dem Brotkorb vorüberging und ihn, Deutscher, flüchtig grüßend den Juden überaus geschickt Brot abwarf, dass selbst er es zunächst nicht bemerkte, war er so verblüfft gewesen, dass er ihr nur sprachlos hinterhersah und erst als alles vorüber war, im Stillen aufbegehrte: Das soll sie noch einmal wagen! Als sie es dann wieder wagte, beobachtete er sie verstohlen aus den Augenwinkeln, vergaß alle Vorsicht, war fasziniert von der Art, wie sie auftrat, von ihrem Gang. Das Bild der vorüberschreitenden Frau war in den romantischen Winkel seiner Seele gefallen, hatte ihn entrückt und ihn für Momente die traurige und schimpfliche Pflicht, mit dem Gewehr verhungernde Juden zu bewachen, vergessen lassen. "Er muss doch wissen, dass sie beide, meine Mutter und er, in Teufels Küche landen, Herr Born."

Rebekka benahm sich jedoch nicht ganz so leichtsinnig, wie es den Anschein hatte. Die Lange Straße war über weite Strecken unbebaut und führte an ihrem Haus vorbei. Gleich dahinter reihten sich die Grundstücke aneinander, auf denen zu beiden Seiten keine Häuser standen, und an diesem Abschnitt arbeiteten die Leute gerade. Jedes Mal, wenn sie mit dem Brotkorb loszog, hatte sie vorher von hinter der Scheune her die Straßen nach beiden Seiten abgespäht, ob ein Deutscher in Sicht sei. Polen würden sie nicht anzeigen, das wusste sie. Außerdem hatte sie einen zuverlässigen Verbündeten: Wazek.

 

Deines Nächsten Haus. von Holda Schiller: TextAuszug