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Am 2. Mai gegen vier Uhr rief mich Landrat Busch aus Hagenow an. Ich erfuhr, dass die US-Amerikaner auf Hagenow und Schwerin vorrücken. Sie würden sehr langsam vorgehen, legten vor jedem Dorf eine Marschpause ein. Alle halbe Stunde informierte er mich dann erneut über ihr Vorgehen. Wir vereinbarten, nach Unterbrechung des öffentlichen Telefonnetzes über die unterirdisch verlegte Leitung der Reichsbahn in Verbindung zu bleiben. Ich schickte einen Polizeioffizier zum Bahnhof und bekam somit bis zur Besetzung Hagenows durch die US-Amerikaner Informationen über ihr Vorgehen. Auch zwischen Hagenow und Schwerin kamen die US-Amerikaner nur langsam voran. Die Panzerbesatzungen warteten, bis geklärt war, dass sich nicht irgendwo noch ein deutscher Soldat versteckt hielt, der auf sie hätte schießen können. Zur gleichen Zeit rückten die sowjetischen Truppen zügig auf Schwerin vor. Wir fürchteten, dass sie als Erste bei uns ankommen könnten.
(Anmerkung: Es ist zu beachten, dass die Truppen der Roten Armee in Mecklenburg nicht frontal, sondern in Stoßkeilen vorgingen. Am Nachmittag des 2. Mai hatte ein kleiner sowjetischer Vortrupp den Wald im Schelfwerder bei Schwerin erreicht und befand sich damit westlich der Demarkationslinie. Am späten Nachmittag des gleichen Tages kam eine kleine Einheit der Roten Armee bis zum Störkanal, wo es jedoch zu keinen Kontakten mit den dort schon befindlichen US-Soldaten kam, die etwa zur Mittagszeit ihre Fahne an der dortigen Brücke gehisst hatten. Erst am 3. Mai etwa 15 Uhr drangen, aus der Richtung Brüel kommend, die sowjetischen Panzer in Crivitz ein. Am 4. Mai kam es zu Kontakten mit den in den Wäldern zwischen Crivitz und Raben Steinfeld kampierenden etwa 18 000 Häftlingen des Todesmarsches KZ Sachsenhausen-Schwerin, deren SS-Bewacher in der Nacht zum 3. Mai geflohen waren.)
Ich befahl deshalb der Polizei, ihnen mit mehreren Beiwagen-Krads entgegen zu fahren. Die Polizisten sollten in möglichst kurzer Entfernung vor ihnen halten, winken und so die Kolonnenspitze dazu veranlassen, ihnen schneller zu folgen.
In der Stadt war es ruhig. Als die Amerikaner wieder mal eine größere Pause einlegten, entschloss ich mich, ihnen selbst mit Polizei-Major Hoffmann in meinem Dienstwagen entgegenzufahren. Wir sahen dann deren lange Panzerkolonnen, die mit geöffneten Turmluken fuhren, in gebührlichem Abstand vor ihnen unsere Polizei. Vor den Panzern stiegen wir aus und winkten. Ein US-Soldat winkte zurück.
Als wir nach Schwerin zurückkamen, hatte es sich schon herumgesprochen, dass die Amerikaner im Anmarsch sind. Sie wurden an den Straßen von Frauen, Kindern und Flüchtlingen erwartet, die nun zunächst uns zuwinkten und wissen wollten, wann die Amis denn nun kämen.
Im Büro besprach ich mit den Mitarbeitern, wie wir uns den US-Soldaten gegenüber verhalten sollten.
Dann begab ich mich mit meinem Adjutanten, Amtmann Körner, zu Fuß wieder die Straße hinauf dorthin, wo die Panzer ankommen mussten. Viele Frauen dankten mir mit einem Händedruck, dass ich den Amerikanern entgegen gefahren war und damit eine Besetzung Schwerins durch sowjetische Truppen abgewendet wurde.
Ich selbst war auch froh, denn eine Gefangennahme durch die Sowjets hätte ich nicht überlebt, und wollte ich dann auch nicht, da sie in ihre Hände gefallene führende Politiker und Verwaltungsbeamte kurzerhand erschossen oder nach einem Scheinprozess aufhängten. Das war mir aus mehreren Meldungen und Berichten bekannt.