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Widersprüche zwischen Schein und Sein aufgedeckt - EDITION digital trauert um Schriftsteller Jürgen Ritschel

 

GODERN bei Schwerin – „Habent sua fata libelli“: Bücher haben ihre Schicksale. Das hat zu DDR-Zeiten auch der Schriftsteller Jürgen Ritschel bitter erfahren, der am zweiten Weihnachtsfeiertag 2024 im Alter von 81 Jahren in Pirna gestorben ist. Sein Roman „Harte Jahre“ über die Zeit „bei der Fahne“ wurde gleich zweimal aus dem Verkehr gezogen - zunächst aus dem Mitteldeutschen Verlag in Halle an den DDR-Militärverlag in Berlin weitergereicht, war das Buch dann ganz weg vom Fenster. Hauptthema dieses aufmüpfigen Romans ist der Widerspruch zwischen Schein und Sein, wie er in der DDR nicht länger zu verbergen war - auch in der Armee des Volkes nicht. Das muss auch Werner Rosenkranz erfahren, der sich gleich nach dem Abitur als Soldat meldet und Funktechniker einer Fliegerabwehr-Raketeneinheit wird: Als er sich beim Geländelauf einen Knöchel verstaucht und hinkt, wird er von den Offiziersschülern gehetzt: „Laufen Sie! Laufen Sie! Sie sollen laufen!“ Doch Rosenkranz reagiert schnoddrig, provokant, wütend, weil er auf Strenge und auf gesunden Leistungsdruck eingestellt war, nicht aber auf Vorgesetzte, die ihn mit Genuss nach ihrer Laune tanzen ließen: „Kann nicht. Bein verstaucht.“ Doch das zählte nicht. „Was bilden Sie sich ein, wer Sie sind?“, schrie ihn ein Offiziersschüler an. „Ich hatte befohlen: Laufen Sie! Name und Gruppe. Sie melden sich im Gruppenführerzimmer!“ Wollte man ihm seine Würde auszutreiben, seinen Charakter brechen? Die Druckausgabe von „Harte Jahre“ konnte erst nach der Wende 1990 im Brandenburgischen Verlagshaus erscheinen. EDITION digital hat zwei weitere Bücher von Jürgen Ritschel im Angebot: In seinem 1981 erschienenen Roman „Barackencarlos“ erzählt der Autor von einer Umsiedlerfamilie, die nach dem Krieg in ein Barackenlager am Rande einer kleinen Elbstadt verschlagen wird und mit den Vorurteilen der ansässigen Städter zu kämpfen hat. Mit „Barackencarlos“ hat der Autor ein unverwechselbares Buch aus dem Volksleben der Nachkriegszeit geschrieben - handlungsreich, voller Spannung, oft humorvoll, nicht selten kriminalistisch anmutend und immer den Wahrheitsgeist der damaligen Zeit treffend. Unter dem Titel „Hoffnungen“ veröffentlichte Ritschel 1987 einen Band mit drei Erzählungen über Jugendliche der DDR, über ihre Auffassungen vom Leben, ihre Erwartungen und ihre Hoffnungen. Die drei E-Books sind unter edition-digital.de sowie im Online-Buchhandel zu haben.

Jürgen Ritschel wurde am 13.03.1943 in Roßlau/Elbe geboren. Nach Abitur und Armeezeit studierte er an der TU Dresden Feinwerktechnik-Regelungstechnik und unternahm dort auch erste Schreibversuche. Nachdem er in mehreren Betrieben als Konstrukteur und Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war - die längste Zeit im Zentrum Forschung und Technik Robotron Dresden – wurde Ritschel 1978 freiberuflicher Schriftsteller. 1982 zog er in die Sächsische Schweiz um und wurde Mitglied im Schriftstellerverband der DDR, nach der Wende Mitglied im Verband Deutscher Schriftsteller (VS) und im Förderverein für Literatur e.V. in Dresden. 1999 trat er sowohl aus dem VS als auch aus dem Förderverein wieder aus. Die Trauerfeier beginnt am 28. Januar 2025, 13 Uhr, auf dem Pirnaer Friedhof.

EDITION digital: Presse 30.12.2024 - Widersprüche zwischen Schein und Sein aufgedeckt