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Soweit es möglich war, habe ich versucht, zu erfahren, wie es Euch dort im schönen Südwest geht. Durch die Zeitung oder durch das Radio. Der Schreinermeister Basel vom Nachbardorf, dem ich, wenn Not am Mann war, schnell mal einen Reifen aufs Rad zog oder eine Achse richtete, der hatte einen ziemlich modernen Empfänger. Als aber verfügt wurde, alle Rundfunkgeräte der Juden einzuziehen, war er seinen Super los. Im Dezember dann lag Basels jüngste Tochter auf den Tod, eine verschleppte Lungenentzündung, das passiert hier in unserer Gegend mit den Kindern immer wieder mal. Das Mädchen wünschte sich so sehr ein Stück Schokolade, aber der Verkauf von Schokoladenerzeugnissen an Juden war durch die Behörden längst schon verboten worden. Ich war gerade in unserem kleinen Dorfladen, als Basel sein Fuhrwerk davor anhielt. Die gute Kaufmannsfrau aber, eigentlich eine Seele von Mensch, konnte Basel das Gewünschte nicht geben, also kaufte ich die Schokolade für das Kind. Ich weiß nicht, wer es später dem Ortsbauernführer gesteckt hat, wir waren nur drei Personen im Laden.
Dieser Tage nun musste ich in die Kreisstadt. Da ich nicht arischer Abstammung bin, kam der aktive Dienst in der Deutschen Wehrmacht für mich nicht infrage, mich hatten sie gemustert für den Wehrdienst im Beurlaubtenstand, Ersatzreserve bis zum fünfunddreißigsten Lebensjahr, heißt das. Nun hatte man mich hinbestellt, um mir mitzuteilen, dass ich mit sechsunddreißig, und das bis zum fünfundvierzigsten Lebensjahr, zur Landwehr gehöre. Plötzlich war von mir als Abkömmling die Rede, der Name Basel kam ins Spiel, und ich wurde gefragt, wie ich die geistige Entjudung in unserem Dorf einschätze. Was soll man darauf wohl antworten? Die Leute hinter dem Amtstisch waren freundlich, aber mir war nun klar, sie hatten mich entdeckt.
Seit diesem Donnerstag geht mir so allerlei durch den Kopf, ob ich nun unseren Warmblütern hier die Hufe beschneide oder am Schmiedefeuer stehe. Am schlimmsten ist es abends, wenn ich vor Sonnenuntergang auf unserem Acker hinter der Schmiede schnell noch mit der Pferdehacke durch den Boden gehe. Das wächst und wächst, und wer wird ernten? Doch, Vater, solcher Art sind die Gedanken. Die Leute, die uns umgeben, gehören kraft ihrer rassischen Anlagen zu den Völkern, die die Fähigkeit zur staatsgestaltenden Leistung, zum Kulturschaffen haben, sie gehören zu den Herrenvölkern. Es ist ihr Recht, diese Anlagen auszuschöpfen, und das vom Lebensrecht des Stärkeren her und nicht aus irgendwelchen juristischen Gründen. Das sagt Dir hier der kleinste Pimpf, und Du kannst es überall lesen: Wir als Herrenvolk haben durch unsere Erbanlagen das Urrecht, Herrenvolk zu sein. Ich aber schaue am Abend in den Spiegel, sehe mein müdes Mulattengesicht und frage mich: Wer bin ich, wo ist denn nun mein Platz, wo der meiner Familie, was wird mit dem Kind, das in Inge wächst. In trüben Stunden glaube ich es manchmal selbst, dass es besser wäre, ein reinrassiger Neger zu sein, dann wäre ich, für meine Rasse gesehen, ausgeglichen wie der reine Europäer. Ich wüsste dann sicher aus Instinkt heraus, was ich innerhalb meiner Artung tun darf und was nicht. Warum, so frage ich mich an schlimmen Tagen, und ich bitte um Verzeihung, Vater, warum hast Du Dir nicht eine weiße Frau als Mutter für mich nehmen können oder Mutter nicht einen Hereromann? Vielleicht stimmt es, wie es in den Illustrierten steht, dass der Mischling zuerst den Instinkt für ein bestimmtes soziales Verhalten verliert, eben weil er mal dieser, dann wieder jener sein will, dass aber die Rassenmischung überhaupt die Höchstwerte der beiden Ausgangsrassen zerstört?
Durch Vater Holländer glaubte ich erfahren zu haben, und auch durch meine Bücher: Mit der Taufe bin ich Mitchrist, bin ich Bruder geworden. Nun stellt sich das als ein riesiger Irrtum, ja als Anmaßung heraus! In kühner Selbstüberschätzung, der Waffendienst für Frankreich im Rheinland hat sicher noch das Seine dazugetan, wähnte ich mich in der Gemeinschaft der Christen auch zum Europäer erhoben!