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Jenseits von Ninive von Renate Krüger
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Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
01.07.2014
ISBN:
978-3-86394-320-2 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 185 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Liebesroman/Geschichte/20. Jahrhundert, Belletristik/Liebesroman/Zeitreise, Belletristik/Medizin, Belletristik/Christlich/Klassiker und Allegorie
Liebesromane, Science-Fiction: Zeitreisen, Bezug zu Christen und christlichen Gruppen, 20. Jahrhundert (1900 bis 1999 n. Chr.)
Krebs, Sanatorium, Psychotherapie, Ninive, Jonas, Ehe
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Nach einigen Tagen fuhr ich nach Budapest zurück. Während ich durch die regennassen Straßen schlenderte, und mich fürchtete, auch hier dem Wort Ninive zu begegnen, fiel mir Teri ein. Ich könnte wieder einmal zu ihr gehen, zu ihr, nicht zu meiner Frau. Ich wohnte nämlich gar nicht zu Hause. Ich hatte Geld und konnte ein komfortables Hotelzimmer bezahlen, mit Telefon und Fernsehapparat. Doch vor beidem fürchtete ich mich. Also zu Teri.

Kaum hatte ich diesen Gedanken gefasst, fand ich mich auch schon auf dem Wege zu ihr. Ich fuhr einige Stationen mit der Straßenbahn, bog in die wohlbekannte Straße ein, zögerte einen Augenblick vor ihrer Haustür, stieg durch das dunkle schmutzige Treppenhaus, Teris Name stand noch an der Tür. Ich klingelte und musste warten. Natürlich, bei Teri musste man immer warten. Endlich näherten sich Schritte. Die Tür wurde geöffnet, und auf der Schwelle stand Teri in ihrem seidenen, nicht mehr ganz neuen Morgenmantel. Es war später Nachmittag, aber Teri trug zu Hause fast immer diesen Morgenmantel.

Erstaunt musterte sie mich von Kopf bis Fuß und fragte: „Du bist noch immer hier?“

Kein Wort über unsere lange Trennung, kein saloppes „Na, da bist du ja wieder!“, sondern die fast vorwurfsvolle Frage: „Du bist noch immer hier?“

„Wieso?“, gab ich zurück. „Was heißt hier ,noch‘? Wo sollte ich denn sonst sein?“

„In Ninive!“, antwortete sie prompt und sicher. „Jemand hat mir erzählt, du seiest nach Ninive gefahren, du hättest einen tollen Job erhalten, Ausgrabungen und so. Fällt der Flug wegen Nebel aus?“

„Ninive, immer nur Ninive! Wer hat sich bloß diesen Quatsch ausgedacht! Lass mich ein, ich hab’s satt!“

Auf Teris Sofa lagen die Kissen unordentlich herum wie immer. Ich ließ mich auf das Sofa fallen und sagte: „Das mit den Ausgrabungen stimmt. Aber doch nicht in Ninive. Da hat sich wohl jemand einen Spaß erlaubt.“

Teri sagte nur: „So?“

Und nach einer Pause: „Wirst du heute wieder dumme Schallplatten spielen? Oder hast du noch genug vom letzten Mal?“

„Was für Schallplatten?“, fragte ich zurück. „Ich erinnere mich an keine Schallplatten.“

Dann sah ich mich im Zimmer um.

„Hübsch hast du es hier.“

Das stimmte zwar nicht, aber ich wollte, dass es wahr wäre. „Kann ich nicht ein bisschen bei dir wohnen?“

„Du bist wohl noch verrückter geworden als du sonst schon warst? Du geh mal in dein komisches Ninive. Und lass mich in Ruhe.“

„Schon wieder Ninive! Dabei habe ich dir doch gesagt, dass das ein Irrtum ist!“

„Mir ist das ganz egal, wie diese Stadt heißt. Alle Städte sind gleich. Lass mich in Ruhe. Und jetzt muss ich saubermachen. Du störst nicht. Bleibe ruhig auf dem Sofa liegen, nimm aber die Beine hoch.“

Sie holte ihren Staubsauger, ließ ihn heulen, lauter als sonst. Heute störte es mich nicht. Sie arbeitete sich mit dem Staubsauger durch das Zimmer und sang dazu. Was? Ich mag es nicht noch einmal aufschreiben. Sie sang falsch wie immer, aber auch das störte mich nicht. Endlich war sie fertig, und der Staubsauger verstummte. Dann holte sie ihre Schreibmaschine und stellte sie auf den Tisch.

„Ich muss jetzt an meine Freundin schreiben“, sagte Teri. „Aber du kannst ruhig hierbleiben. Wenn du still bist, störst du nicht. Für mich bist du dann einfach nicht da.“

Die Schreibmaschine begann zu klappern, lauter als sonst. Aber auch das störte mich heute nicht. Auf einmal hielt sie inne. „Ach weißt du“, sagte Teri leise, „es könnte so schön sein, wenn das alles hier anders wäre. Wenn es jemanden gäbe, der wirklich ganz für mich da ist. Ohne den ich nicht leben kann. Jemand, der Pläne mit mir macht und mich doch in Ruhe lässt. Der nicht dauernd drängt und stört. Weißt du, das wäre doch ganz schön.“

Ich schwieg. Nach einiger Zeit erhob ich mich und sagte: „Ich muss jetzt gehen.“

„Gehen? Wohin gehst du eigentlich? Zu Krisztina?“

„Nein“, sagte ich, „ins Hotel.“

 

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