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»Verzeiht, Maler Beham, wenn ich Euch störe, erklärt mir doch bitte, nach welchen Spielregeln dieser Kampf geführt wird «
Barthel Beham blickt auf, aha, der junge Mann vom Männleinlaufen, der den Lebkuchenkaiser zum Verkauf anbot. Wie seltsam, dass ihre Wege sich jetzt so oft kreuzen! Der Bäcker scheint ja ein rechter Hansdampf in allen Gassen zu sein!
»Es ist das Kaiserturnier«, antwortet er, »ich habe es auch noch nie gesehen. Hier kämpft nicht nur Mann gegen Mann, sondern Ritterschaft gegen Ritterschaft. Die fränkischen Ritter haben zwar verloren, aber sie dürfen nun noch einmal zum Kampf antreten, seht Ihr, da sammeln sie sich schon wieder, rücken ihre Helme gerade und richten die Lanzen.«
Beham verstummt und wendet sich wieder seiner Zeichnung zu, denn gerade dieses Bild möchte er fest halten, Ritterschaft gegen Ritterschaft. Das Turnierspiel hat ihn wohl gefesselt, ihm aber dennoch nicht gefallen. Doch zeichnen muss er es, denn er wird mit den Bildchen einen guten Batzen Geld verdienen.
Der Kaiser hebt die Hand, und schon dröhnen Pauken, schrillen Flöten. Auf die zweite Handbewegung hin schmettern Trompeten, die Ritter geben ihren Pferden die Sporen und sprengen mit eingelegten Lanzen aufeinander los. Wieder hat Jockel Mühe, diesem Durcheinander zu folgen, die Fronten wogen hin und her, doch bald zeichnet sich die Entscheidung ab, und diesmal gewinnen die fränkischen Ritter. Die Anführer der Ritterschaften verneigen sich auf ihren Pferden vor dem Kaiser, und jeder erhält einen kostbaren Ring.
Männleinlaufen, denkt Barthel Beham, nichts als Männleinlaufen
»Wollt Ihr mit mir kommen, Maler Beham, und Euch erst einmal stärken?«, fragt Jockel. »Bei meinem Nachbarn gibt es knusprige Bratwürste, und bei mir könntet Ihr die besten Nürnberger Lebkuchen bekommen. Ich lasse sie Euch zum Freundschaftspreis.«
Barthel Beham nickt, das Angebot kommt ihm gerade recht. Doch als sie auf den kleineren Burghof zurückkehren, bietet sich ihnen kein erfreuliches Bild. Die meisten der rasch aufgeschlagenen Verkaufsstände sind umgeworfen, die Bratwürste liegen auf dem Boden im Schmutz. Sie dampfen noch. Jockels Lebkuchen sind über den ganzen Burghof verstreut, die schönen Häuser und Figuren!
Jockels Standnachbar, der Bratwurstverkäufer, ist außer sich.
»Die Ritterknechte!«, bringt er fast atemlos hervor. »Sie schrien uns an, wir sollten machen, dass wir hier fortkommen, sie wollten hier, gerade hier, auch ein Turnier veranstalten, und das taten sie denn auch Mit meinen eigenen Bratwürsten haben sie nach mir geworfen! Und die Burgwache lachte nur und sagte, hier oben hätten die Nürnberger nichts zu suchen, hier hätte nur der Kaiser zu bestimmen, und der wäre ja nun beschäftigt. Sie wollten auch mal ihren Spaß haben.«
Die anderen Händler packen die Reste ihrer Ware zusammen und verlassen mit hängendem Kopf den Burghof. Von den Kuchen und Würsten ist nichts mehr zu gebrauchen, daran machen sich schon die Hunde zu schaffen, und nun lässt einer der Burgknechte auch noch die Schweine aus dem Kober.
Jockels Augen schwimmen in Tränen. Für ihn bleibt hier nichts mehr zu tun. Es tut ihm gut, Barthel Behams Arm um seine Schulter zu fühlen.
»Komm, Lebkuchenbäcker, gehen wir auch!«
Jockel fühlt nach dem Geldbeutel an seinem Gürtel, viel ist nicht drin, Meister Würzner wird nicht zufrieden sein. Wusste er denn nicht, wie ungeschützt sein Eigentum auf der kaiserlichen Burg ist?