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Fast bis zum Gipfel hinauf ist der glühende Berg mit Wein und Feldfrüchten angebaut. Viele Generationen von Bauern haben hier in den Jahrhunderten gearbeitet. Tausende und aber Tausende von Händen, selbst hart wie Stein, haben hier Stein auf Stein zu Wällen und Mauern geschichtet, die Erde zusammengescharrt und auf den Terrassen planiert, gedüngt, gegossen, gepflanzt. Sie haben die felsigen Steige gebaut, die sich zwischen den Terrassen hinaufschlängeln, die Zisternen gegraben zum Sammeln des Regenwassers, die kleinen Sommerhütten gezimmert, die Mensch und Vieh Schatten geben sollen, die Oliven- und Feigenbäume gepflanzt und gepflegt. Sie haben in den heißen Sommermonaten, wenn die Zisternen trocken liegen, das Wasser meilenweit über die glühenden Pfade geschleppt, um die Reben zu gießen. Aber die Regengüsse kamen im Winter, die Bora fegte über den Berg und warf die Mauern wieder ein. Nun, so begannen sie von neuem. Wieder wurde Stein auf Stein gelegt, festgekeilt, besser, sorgfältiger, und schon stand die Mauer wieder. Aber es kam die Reblaus, und in einem Sommer waren all die Millionen Reben vernichtet! Es wurden neue Reben geschnitten, gelegt, gehegt und gepflegt, gebunden, und schon waren die Gärten wieder grün.
Hunderte kleiner Weingärten und Felder bedecken heute den glühenden Berg. Die Mauern sind mit Schweiß gekittet, die Pfade sind salzig von Schweiß. Greift man die Erde der Weingärten auf, so riecht sie wie Kalk und Schweiß.
Diese Erde ist hart wie Zement, grau, und die Hitze reißt tiefe Spalten. Mitten in der Glut der Sonne kauert der Bauer, den Körper von Schweiß überströmt, und jätet das Unkraut zwischen den Reben. Mit einem kurzen Spaten zertrümmert er die zementharten Schollen. Dieser Spaten, ein dreieckiges, derbes Stück Eisen, spitzig, die Seitenkanten scharf, ist gewiss Jahrhunderte alt. Immer wieder muss ich ihn betrachten: So praktisch ist er, so wuchtig, ein ehrfurchterweckendes Gerät, als Waffe gleich furchtbar. Es sollte im Wappen Dalmatiens stehen!
Mit diesem Spaten haben die Bauern den fürchterlichen Berg seit Jahrhunderten bekämpft, mit ihm ringen sie, die Augen mit Schweiß angefüllt, um die Rebe, zart und lichtgrün. Leicht und locker muss die Erde um den Weinstock liegen, die Wurzeln zu schützen vor dem Brand der Sonne und das spärliche Nass zu hüten, das der Bauer über die kochenden Pfade geschleppt hat.
Das Schlagen des derben Eisens ist der einzige Laut in der brütenden Stille des Berges, bald näher, bald ferner. Aber horch! Plötzlich brüllt der Berg auf, das gemarterte Gestein schreit, die gefolterte Erde jammert, klagt, stöhnt in langen, unartikulierten, harten und hässlichen Lauten, die minutenlang die fiebernde Hitze erschüttern.
Es sind die Esel, die schreien, die kleinen Esel, die da und dort in den Weinbergen stehen und auf die Stunde warten, da die Sonne hinter dem gleißenden Grat verschwinden wird.
Sie, diese kleinen Esel, gehören dazu und müssen genannt werden, wenn man von den Eroberern der Berge Dalmatiens spricht. Viele Generationen von kleinen Eseln haben die kochenden Pfade mit ihrem Schweiß begossen. Man sollte sie, die kleinen Helden, noch vor den Schlachtrossen nennen, die berühmte Feldherren in die Schlacht tragen. Auf ihren zierlichen Hufen tänzeln sie über die glühenden steinigen Pfade und tragen den Bauern mit dem Eisenspaten, sie tragen den Bauern mit seiner Frau, seinen Kindern, sie schleppen die Fässer mit dem Wasser zum Angießen der Reben. Tagaus, tagein tänzeln sie hurtig durch die Hitze, die Last schwankt auf ihrem Rücken. Sie sind immer guter Laune, eifrig und geschäftig wackeln ihre zierlichen Hinterbacken, wenn sie dahintrippeln. Dies ist ihre Arbeit, sie erfüllen sie geduldig und ergeben, bis sie sich eines Tages in ihrem kleinen dumpfen Stall nicht mehr erheben können.